4. Leseabschnitt: Kapitel 4 (S. 215 bis 275)

KrimiElse

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Der Engel ein Liebhaber?
Der lange goldene Pfeil mit einem Feuer an der Spitze ein erigierter Penis?
Die Verzückung nicht aufgrund religiöser, sondern sexueller Ekstase?
Warum denn nicht?
Man darf seinen Fantasien ja mal freien Lauf lassen…-;)
Man darf mal hinter die Kulissen schauen.
Man muss nicht immer nur das Offensichtliche sehen.
Man darf seinen gedanklichen Spielraum erweitern und Fantasien haben.
Dass er diese aufgrund seiner Sexsucht und potentiellen Perversionen den Nonnen unterbreitet steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt und ist einfach nur zum kaputtlachen, beinhaltet aber auch eine wichtige Botschaft.
...ich konnte es nicht lassen und habe mir die Statue angesehen. Kunsthistoriker sehen das wie du.
https://de.wikipedia.org/wiki/Verzückung_der_heiligen_Theresa
 

KrimiElse

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Und wieder habe ich das Gefühl, einem subtilen Gegensatz begegnet zu sein. Subtil, unaufdringlich, leicht übersehbar, verschleiert und gleichzeitig beabsichtigt.

Die Handlung in diesem Kapitel wird deutlich verlangsamt. Es passiert nicht viel. Und gleichzeitig schafft sie es, dass eine Verdichtung stattfindet. Bedrohlichkeit und Bedrängnis werden immer spürbarer. Verunsicherung, Verängstigung, Ambivalenz, Zweifel an der eigenen Wahrnehmung und an den eigenen Gefühlen werden immer deutlicher vermittelt.
Es ist zugleich ein Bremsen und ein Zuspitzen.

Ich bin echt von der Rolle, wie die Autorin das macht.

Dieser Roman ist so vielschichtig und hat so viele Ebenen. Selbst wenn man ihn nur so liest, wie er daherkommt, fesselt er einen, aber wenn man die Raffinessen hinter der Kulisse erkennt (oder zu erkennen glaubt), dann ist es fast so, wie wenn man an Ostern versteckte Eier findet und sich über die Überraschung unbändig freut. Also mir geht es zumindest so…
Das ist genau der Punkt, den ich wie du empfinde. Die Autorin schafft einen äußerst dichten Text indem sie alles wie in Zeitlupe laufen lässt. Das Gespräch, bei dem eigentlich gar nichts passiert, und die Reflexion der Erzählerin zuvor erzeugen eine unheimliche Dramatik für mich.
 

KrimiElse

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SuPro

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ulrikerabe

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... Nicht nur amüsant, sondern auch interessant, psychologisch höchst plausibel und schriftstellerisch brillant.
Der Engel ein Liebhaber?
Der lange goldene Pfeil mit einem Feuer an der Spitze ein erigierter Penis?
Die Verzückung nicht aufgrund religiöser, sondern sexueller Ekstase?
Warum denn nicht?
Man darf seinen Fantasien ja mal freien Lauf lassen…-;)
Man darf mal hinter die Kulissen schauen.
Man muss nicht immer nur das Offensichtliche sehen.
Man darf seinen gedanklichen Spielraum erweitern und Fantasien haben.
Dass er diese aufgrund seiner Sexsucht und potentiellen Perversionen den Nonnen unterbreitet steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt und ist einfach nur zum kaputtlachen, beinhaltet aber auch eine wichtige Botschaft.
Habt ihr euch Bilder von der Statue angeschaut "Die Verzückung der Teresa von Avila" das gibt schon reichlich Stoff für Interpretation. :)
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Nachdenklich gemacht hat mich die Aussage, dass Sprengstoff zu tragen in dieser "Umwelt" normaler angesehen wird als das "Im-Gehen-Lesen", ein Symbol dafür, dass sie sich heraushalten will. Das bringt ihr den Ruf einer Übergeschnappten ein, die Gemeinschaft hat ihr Urteil gefällt.

Die Erzählerin will sich ja mit den Büchern dem Geschehen entziehen. Dabei bewirkt sie offensichtlich das Gegenteil, von dem was sie will und erregt mit ihrem "abnormalen" Verhalten Aufmerksamkeit.
 

KrimiElse

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Die Erzählerin will sich ja mit den Büchern dem Geschehen entziehen. Dabei bewirkt sie offensichtlich das Gegenteil, von dem was sie will und erregt mit ihrem "abnormalen" Verhalten Aufmerksamkeit.
Wie du das schreibst ist das wie Negation der Negation...sehr geschickt eingefädelt, um die völlige Verdrehungen zu beschreiben, die dort in den Köpfen stattfanden.
 

Mikka Liest

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@Anjuta

Die Beste-Freundin erschien mir sehr fragwürdig. Wie schlimm, eine Freundin so anzugehen, weil sie im Gehen liest! Auch wenn sie dafür allgemein als sonderbar betrachtet wird, würde ich von einer Freundin doch erwarten, damit anders umzugehen.

Ja, in diesem Abschnitt wurde das Tempo etwas gedrosselt. Ich fand ihn dennoch sehr interessant, weil man hier spürt, wie sehr und zunehmend die Situation der Erzählerin zusetzt.

@Literaturhexle

Danke für die Zusammenfassung!

Ich begreife nicht, warum die Erzählerin als so unsagbar sonderbar gilt, nur weil sie im Gehen liest und sich weigert, den Tratsch zu befeuern... Haben die nicht eigentlich ganz andere Probleme?

Die Erzählerin kommt mir vor, als habe sie posttraumatische Belastungsstörung, die ganze Sache nimmt sie sehr drastisch mit.

Ich frage mich auch, wer oder was die Freundin ist, sie muss ja wohl eine echte Sonderrolle einnehmen. Die Hochzeit mit Sonnenbrillen ist ja fast schon absurd.

@Leseglück

Ich denke, hier merkt man auch, wie jung die Erzählerin noch ist. Sie ist völlig überfordert.

Ja, die Freundin fand ich auch ganz und gar nicht freundschaftlich. Und da war die Erzählerin noch so erleichtert, das alles endlich jemandem erzählen zu können...

Mit einem klassischen Happy End rechne ich auch nicht, aber ich hoffe, dass die Erzählerin mit sich selbst ins Reine kommt.

@Querleserin

Es ist so absurd, dass diese Menschen tatsächlich die Energie haben, in Mädchen so zu verurteilen, wo es doch wirklich genug Grund gibt, sich aufzuregen...

@SuPro

"Sog" trifft es gut, und ich spürte auch ein starkes Gefühl der Beklemmung, von "Das kann nicht gut enden".

Zum Schwager: Ausgerechnet Nonnen, da muss ja bei ihm unterschwellig mehr vorgehen als reine Geilheit – so dumm, hier nicht mit Konsequenzen zu rechnen, kann er doch nicht sein. Aber dass er schon 12-jährige anbaggert, ist für mich ein Anzeichen, dass er eigentlich dringend in psychiatrische Behandlung gehört, bevor etwas passiert.

Das ist hier wirklich ein wiederkehrendes Thema: man muss sich an die Norm halten, koste es, was es wolle. Die Erzählerin geht gerade daran zugrunde, dass sie versucht, sich zu verweigern, und sich darüber selbst verliert.

Dadurch, dass hier an sich wenig passiert, wird viel Raum geschaffen für den Blick hinter die Kulissen und ins Innenleben der Protagonistin. Gefällt mir! Was die Bedeutungsebenen betrifft, ist das Buch wie eine literarische Matroschka: Bedeutung in Bedeutung in Bedeutung.

@Krimi-Else

Ja, es ist sehr bedrückend, was hier anscheinend echte Sünden sind, für die man ausgegrenzt wird, und dass in so einer Zeit....
 
G

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Wo ich gerade bei der Prüderie auf Seite 222/223 bin. :mad:
Es ist sehr interessant, dass gerade bei den "prüden" Leuten die wildesten Spekulationen entstehen. :mad:
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Das Gespräch der IE mit ihrer besten Freundin war deprimierend zu lesen. Unsere Protagonistin schüttet ihr Herz aus und sie antwortet mit: " Ich verstehe, dass du nicht reden willst." Die Freundin hat null Empathie. Sie versteht überhaupt nicht, was die Ich Erzählerin belastet. Stattdessen übt sie im Namen der Gemeinschaft weiteren Druck auf sie aus.

Für mich war dieser Abschnitt ein heftiger Abschnitt. Meine Gedanken im vorigen Abschnitt mit der Frage nach dem Status der Erzählerin bewahrheiten sich. Sie selbst wird schon als Übergeschnappte wahrgenommen. Und auch die Frage nach engen Freunden erübrigt sich, die beste Freundin, die hier auftritt, ist definitiv nicht die Freundin der Erzählerin. Sie steht allein da. Alles wirkt wie ein heftiges Psychospiel, dem sie aber schon unterliegt. Denn einiges vom Erleben der Erzählerin wird angezweifelt, von der Freundin, aber auch von der Erzählerin selbst. Aber solch ein Druck wird Folgen haben. Und die Frage ist welche genau. Auch ihr Denken in ihrem eigenen Zuhause ist recht eigen. Aber man darf nicht vergessen, die Erzählerin ist recht jung und wie verkraftet ein jüngerer Mensch solch ein bedrohliches Geschehen?
 
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Reaktionen: Literaturhexle
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Die Streitereien mit VF nehmen zu. Sie überträgt ihren Abscheu gegen den MM auf ihren VF, findet ihn zunehmend abstoßend, ist in dem Dilemma, ihn schützen zu wollen und gleichzeitig nicht auf ihn zu verzichten zu müssen. Auch VF wird zunehmend isoliert und gerät in den Strudel.
Hilfe gibt es keine.

Die Erzählerin wird isoliert, dieses Geschehen klingt nach einem ganz bösen Plan. Doch weshalb? Einfach nur weil der Milchmann sie haben will. Ist das nicht auch ein Verschließen der Augen vor der Wahrheit? Denn ich habe es schon mal gesagt, eine Frau, die ihn hasst, weil er ihr Leben zerstört hat, könnte auch eine Gefahr für den Milchmann sein. ...