Ich habe es so gelesen, dass es eindeutig ein Roman deswegen ist, weil Sorj Chalandon zwei zeitlich weit auseinanderliegende Ereignisse "verdichtet" und damit einen Roman "erdichtet", statt ein Sachbuch zu schreiben, welches eben den Anspruch auf authentische/faktentreue Darstellung hätte. Den Gerichtsprozess gab es, die Auseinandersetzungen mit dem Vater wird es gegeben haben, nur das tatsächliche Protokoll zum Tatbestand bezogen auf den Vater wurde dem Autor erst 2020 zugänglich. Er schiebt diese Ereignisse in den Sommer 1987 und schafft damit ein absolutes Kunststück.
Für mich zeigt dieser letzte Abschnitt inklusive - und besonders aufgrund - der Nachbemerkungen was für ein brillianter Schriftsteller Chalandon ist. Ich bin begeistert von dieser Vedichtung, die auch erklärt, warum dieser Roman erst in 2021 und nicht früher erscheinen konnte. Und gerade weil ich bisher inklusive diesem zwei großatige Romane von ihm gelesen habe, werde ich jetzt tatsächlich im Anschluss "Wilde Freude" lesen. Einfach weil es mich so stark interessiert, ob ich diesen auch so schrecklich wie einige andere finden werde.