4. Leseabschnitt: Kapitel 17 bis 22 (Seite 244 bis 324)

MRO1975

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11. August 2018
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Marianne ist nicht gut getroffen, meiner Meinung nach. Zwar kann man verstehen, dass sie sich hat verführen lassen, aber dass sie Paul so verfallen ist, dass sie dafür alles riskiert, ist schwer verständlich. Am Anfang kommt sie als recht vernünftiger Mensch rüber, aber danach ist sie zu naiv dargestellt.

D.h. die Autorin versucht durchaus, uns ihre Zerrissenheit darzustellen, aber diese Darstellung wirkt irgendwie hilflos. Einerseits scheint sie sich so schlecht zu fühlen, dass sie den Tod in Kauf nehmen würde, andererseits gelingt es ihr nicht, sich innerlich von Paul zu distanzieren.
Sie müsste vor Angst vergehen: vor Entdecktwerden. Vor Existenzangst. Nichts davon finde ich wieder. Außerdem denkt sie nicht an ihren Sohn. Das nehme ich der Figur nicht ab.
Marianne wäre die Identitätsfigur. Aber sie ist leblos. Emotionsarm.
Das sehe ich genau wie du. Marianne ist nicht glaubwürdig. Eigentlich hätte sie entsetzt sein müssen, dass Paul alles gestohlen, sie hintergangen und Jean ins Gefängnis gebracht hat. Statt nun alles zu gestehen und ihren Mann aus dem Gefängnis zu holen, hängt sie nur rum. Ja, sie geht zum Abbe - aber damit gibt sie nur Verantwortung ab. Keine Eigeninitiative und kaum Sorge um ihren Sohn. Wer ist diese Person?

An besten an dem Roman ist noch das Drumrum. Das historische Setting nimmt man ab.
Ja, aber leider kommt das zu kurz.
Also gut, wir erhalten Einblick in das eher spezielle Rechtssystem, das fair ist, außer wenn es um Belange des Königs geht und das systematische Folter beinhaltet. Allerdings wird diese Information in schrecklich viel Tamtam verpackt.
Das stört mich mittlerweile auch immer mehr. Die historischen Fakten sind interessant, aber die Verpackung wirkt zu gewollt.

Man kann nicht mitfiebern, weil Janet L. sich nicht genug mit den Figuren befasst hat. Und hätte sie z.b. einen weiteren Handlungsstrang mit Nicolas oder auch mit Jean im Gefängnis, hätte sie das müssen. Und schon, voilà, wären wir interessierter gewesen. Oder Simone. Das Personal hatte sie doch zur Hand. Selbst der Laternenmann wäre geeignet gewesen. Ich bekomme den Eindruck nicht los, dass der Roman schnell fertig werden musste!
Da könnte etwas dran sein. Die historischen Fakten hat sie noch liebevoll recherchiert und den Rest hat sie schnell drumherum gestrickt.
 

SuPro

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28. Oktober 2019
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Du bist ja großzügiger und breiter aufgestellt als ich. Es hätte mich aber dennoch kolossal gewundert, wenn deine anfängliche Begeisterung angehalten hätte...:confused:
...ganz ehrlich: mir tut das immer fast körperlich weh, wenn es so umschlägt. Am Anfang versuche ich meine Ahnung noch zu verdrängen, dann versuche ich ganz angestrengt, das Positive zu betonen, aber manchmal kippt es dann halt doch... und das tut mir dann so leid... für die Autorin, die sich bestimmt viel Mühe gegeben hat, den Roman, auf den ich mich so gefreut habe und mich, die jetzt mit der Enttäuschung klar kommen muss ;):);) ich will einfach fair sein in meiner Beurteilung und man kann doch an allem was Gutes finden ... ach, was soll‘s... es ist, wie es ist... und hier geht’s ja um Eindruck und Gefühl... und da hat sich nun mal ordentlich was zum Negativen gewandelt:(;):):(;):)
 

Literaturhexle

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... vielleicht leidet sie unter einer psychiatrischen Erkrankung? Psychose. Liebeswahn. Da wird nicht mehr klar gedacht... da steckt man so im Sumpf der Liebe...
(Kleiner Scherz am Rande)
Mit deinem beruflichen Hintergrund wirst du immer eine pathologische Entschuldigung finden...:D
Das macht den Roman allerdings auch nicht besser:p
 

ulrikerabe

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Der Roman hat insofern angezogen, als der Einbruch/Diebstahl jetzt wirklich über die Bühne gegangen ist. Jean wird festgenommen und gefoltert. Er kann einem leid tun, denn abgesehen von seiner Stoffeligkeit hat er nichts Böses getan.
Mich macht diese Art Ungerechtigkeit immer wütend. Und Paul ist so ein Trottel!