4. Leseabschnitt: Kapitel 17 bis 22 (Seite 244 bis 324)

Anjuta

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8. Januar 2016
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Essen
Der Roman hat den Bogen hingekriegt: wir sind wieder etwas mehr im historisch-politischen Geschehen und nicht mehr nur in der Liebesgeschichte. Das haben wir Paul zu verdanken, der auf den wirklich bescheuerten Gedanken kommt, die bei ihm gestrandeten Pamphlete bei Jean abzulegen und die Polizei darauf hinzuweisen. Das tut er in dem Gedanken, damit der weiteren Entwicklung seiner Beziehung zu Marianne zu helfen. Wie blöd kann man sein, sorry?! Wie schlecht kennt er seine Geliebte? Wie schlecht kennt er die Verhältnisse?
Diese Wendung der Geschichte hat mich also alles andere als überzeugt und insgesamt mag ich die Handlung des Buches immer weniger. Es ist ein doch sehr konventioneller, vorhersehbarer Erzählfaden, der uns da geliefert wird. Ich kann mir jeweils schon immer vorstellen, was wohl als nächstes passieren könnte. Geht es Euch auch so?
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Der Roman hat insofern angezogen, als der Einbruch/Diebstahl jetzt wirklich über die Bühne gegangen ist. Jean wird festgenommen und gefoltert. Er kann einem leid tun, denn abgesehen von seiner Stoffeligkeit hat er nichts Böses getan. Er hat alles verloren. Seinen Reichtum - ein Haus hätte man nicht so leicht stehlen können, seine Frau, seine Gesundheit. Dass er auch unter der Folter keinen Verdacht gegen Paul und Marianne äußert, ist wiederum recht unglaubwürdig.

Marianne macht sich ein paar Gedanken. Aber nicht viele.

Marianne ist nicht gut getroffen, meiner Meinung nach. Zwar kann man verstehen, dass sie sich hat verführen lassen, aber dass sie Paul so verfallen ist, dass sie dafür alles riskiert, ist schwer verständlich. Am Anfang kommt sie als recht vernünftiger Mensch rüber, aber danach ist sie zu naiv dargestellt.

D.h. die Autorin versucht durchaus, uns ihre Zerrissenheit darzustellen, aber diese Darstellung wirkt irgendwie hilflos. Einerseits scheint sie sich so schlecht zu fühlen, dass sie den Tod in Kauf nehmen würde, andererseits gelingt es ihr nicht, sich innerlich von Paul zu distanzieren.
Sie müsste vor Angst vergehen: vor Entdecktwerden. Vor Existenzangst. Nichts davon finde ich wieder. Außerdem denkt sie nicht an ihren Sohn. Das nehme ich der Figur nicht ab.
Marianne wäre die Identitätsfigur. Aber sie ist leblos. Emotionsarm.

Sie geht zum Abbé. Der aber natürlich mit seinen eigenen Angelegenheiten befaßt ist.

An besten an dem Roman ist noch das Drumrum. Das historische Setting nimmt man ab.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Marianne ist nicht gut getroffen, meiner Meinung nach. Zwar kann man verstehen, dass sie sich hat verführen lassen, aber dass sie Paul so verfallen ist, dass sie dafür alles riskiert, ist schwer verständlich. Am Anfang kommt sie als recht vernünftiger Mensch rüber, aber danach ist sie zu naiv dargestellt.
Die Handlung nimmt durch den Einbruch wieder an Fahrt auf, das sehe ich auch so. Und auch die politische Affäre um dieses Pamphlet rückt in den Vordergrund, das ist interessant. Mariannes Verhalten kann ich auch gar nicht nachvollziehen. Ihre Zerrissenheit wird zwar dargestellt, aber wie @Wandablue bemerkt hat, sie denkt nicht an ihren Sohn, daran, was Paul ihr und Jean mit seiner Dummheit angetan hat. Auf Distanz gehen, ihn verraten wäre das, was sie tun sollte.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Also Paul ist noch am besten getroffen. Ein machthungriger, eitler junger Mann, emotional ungefestigt, das hat die Autorin auch schön erklärt, der nur auf seinen Vorteil bedacht ist- sich das aber nicht einmal selber eingestehen kann. Paul verstehe ich: er denkt, es steht ihm ein Ausgleich zu. Da hat er auch nicht ganz unrecht.
 
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sursulapitschi

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18. September 2019
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Ich hatte mich gefreut, dass Marianne ihr Hirn eingeschaltet und die Beziehung beendet hatte, da kippt sie wieder um. Wirklich schade. Jetzt ist sie nur noch ein Nervenbündel.

Hier hadern alle ausführlich mit sich und der Welt. Marianne hadert ohne Ende und wird dann vom Abbé abgelöst. Es interessiert mich leider nicht besonders. Das ganze Thema interessiert mich nicht so sehr, glaube ich. Es wird wohl demnächst jemand zu Unrecht verurteilt, aber das ist weder eine Überraschung noch ein Einzelfall zu dieser Zeit. Ich bin noch ein winzig klein wenig gespannt, wen sie verurteilen. (Ich habe den Klappentext nach euren Bemerkungen betont nicht gelesen. Steht das da etwa drin???)

Also gut, wir erhalten Einblick in das eher spezielle Rechtssystem, das fair ist, außer wenn es um Belange des Königs geht und das systematische Folter beinhaltet. Allerdings wird diese Information in schrecklich viel Tamtam verpackt.
 

Querleserin

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Also Paul ist noch am besten getroffen. Ein machthungriger, eitler junger Mann, emotional ungefestigt, das hat die Autorin auch schön erklärt, der nur auf seinen Vorteil bedacht ist- sich das aber nicht einmal selber eingestehen kann. Paul verstehe ich: er denkt, es steht ihm ein Ausgleich zu. Da hat er auch nicht ganz unrecht.
Und wirklich unsympathisch, der andere gebraucht und benutzt, wie das Mädchen, bei dem er für eine Nacht unterkommt. An die Abmachung hält er sich auch nicht und allzu intelligent scheint er nicht zu sein, das mit dem Pamphlet hat er völlig unterschätzt.
Aber er ist glaubwürdig gezeichnet, was man von Marianne nicht behaupten kann.
 

Wandablue

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@sursulapitschi : In diesem Roman vermag es Janet einfach nicht, uns in die Geschichte hineinzuziehen. Sie kann sich nicht entscheiden: historisches Setting oder Figurenzeichnung. Mit den Figuren hätte sie sich ausführlicher beschäftigen müssen, damit die Leserschaft mitgehen kann. Oder mehr Historie bringen, mehr Königszeug. So ist es eine Mischung, die uns auf beiden Seiten nicht so recht zufriedenstellt.
 

sursulapitschi

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18. September 2019
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So ist es eine Mischung, die uns auf beiden Seiten nicht so recht zufriedenstellt.
Ach, ich glaube, das wäre schon gegangen, wenn sie nicht alles mit so vielen Randinformationen zugeklatscht hätte. Mich stört am meisten, dass mich die Menschen nicht interessieren. Man kann nicht mit Figuren mitfiebern, von denen man die meiste Zeit denkt, wie kann man nur so dumm sein.
 
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Wandablue

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Man kann nicht mitfiebern, weil Janet L. sich nicht genug mit den Figuren befasst hat. Und hätte sie z.b. einen weiteren Handlungsstrang mit Nicolas oder auch mit Jean im Gefängnis, hätte sie das müssen. Und schon, voilà, wären wir interessierter gewesen. Oder Simone. Das Personal hatte sie doch zur Hand. Selbst der Laternenmann wäre geeignet gewesen. Ich bekomme den Eindruck nicht los, dass der Roman schnell fertig werden musste!
 

Querleserin

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Nicolas oder auch mit Jean im Gefängnis, hätte sie das müssen. Und schon, voilà, wären wir interessierter gewesen. Oder Simone. Das Personal hatte sie doch zur Hand. Selbst der Laternenmann wäre geeignet gewesen.
Das frage ich mich auch, statt sich auf die Historie zu konzentrieren, wäre doch eine Innensicht Jeans viel interessanter gewesen. Wenn ich mich dabei ertappe, dass ich nachsehe, wie viele Seiten ich noch lesen muss, ist das kein gutes Zeichen :eek:.
Allerdings ist der letzte Teil etwas besser, um euch etwas Mut zu machen ;).
 

Literaturhexle

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Marianne ist nicht gut getroffen, meiner Meinung nach. Zwar kann man verstehen, dass sie sich hat verführen lassen, aber dass sie Paul so verfallen ist, dass sie dafür alles riskiert, ist schwer verständlich. Am Anfang kommt sie als recht vernünftiger Mensch rüber, aber danach ist sie zu naiv dargestellt.
Marianne nervt mich auch unendlich. Anfangs war sie eine vernünftige Frau, die sich für die Belange ihres Sohnes selbstbewusst einsetzte....
Dann kommt der Abbé, sie fühlt ihren zweiten Frühling. Paul wird eingestellt, die Leidenschaft treibt den Verstand in den Keller.
Jetzt, wo Paul sie mehrfach betrogen hat. Ja, betrogen, müsste sie sich innerlich von ihm lösen. Er hat das GANZE Geld genommen. Da war auch Erbe und Rücklage für ihren Sohn dabei. So etwas verzeiht eine Mutter doch nicht mir nichts,dir nichts?! Sie ist so schrecklich eindimensional, hat nur noch Paul im Kopf, der ihren Mann völlig unnötig ans Messer liefert.... den Vater ihres Sohnes!
Ich stimme mit euch überein: Marianne hat alle Glaubwürdigkeit eingebüßt.
Außerdem denkt sie nicht an ihren Sohn. Das nehme ich der
Genau. Das soll glauben, wer will.
Ja, genau da setzt es aus. Selbst der Dümmste würde nicht so denken.
Eins muss man ihm zu Gute halten: offensichtlich war eine derart harte Bestrafung völlig unüblich und überhöht. Paul hatte ja nur mit einer Vernehmung/kleinen Strafe gerechnet, die ihm etwas mehr Zeit beim Abhauen geben würde. Mehr nicht.
Wir wissen durch die Gespräche des Königs und des Polizeigenerals, dass ein Exempel statuiert werden soll. Die Strafe stand schon vorher fest. Ich befürchte, dass Paul zum Tode verurteilt wird.
Ach, ich glaube, das wäre schon gegangen, wenn sie nicht alles mit so vielen Randinformationen zugeklatscht hätte.
Genau. Es darf auch mal etwas leichter sein. Aber diese "Randinformationen":mad:
Zuletzt diese Gedanken des Abbé: gefühlte 20 Seiten über seine Migräne, die Drogen, seine Degradierung, Madame Maintenon, deren ganze Freundinnenschar, der klatschende Besucher...
Ein Satz: nämlich, dass er den geplanten Brief nie geschrieben hat, hätte gereicht!
So etwas ist ermüdend. Es bringt die Geschichte null vorwärts!
 

Literaturhexle

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[zitat]In der Umarmung seines schlanken, geschmeidigen Körpers hatte sie die Heftigkeit seiner Leidenschaft und seines Triumphs gespürt. Nichts anderes war wichtig. Nichts anderes war wirklich. S.246[/zitat]

[zitat]Sie hatte aufgehört, als Jeans Frau oder Nicolas Mutter zu existieren. Statt dessen bangte sie mit jedem Herzschlag um Pauls Sicherheit. S 275[/zitat]

Will ich so einen Stuss lesen:confused::confused::confused:?
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Im Grunde wird auch Paul immer eindimensionaler. Es geht ihm nur noch um Gier, Macht und Geld. "Die stolze Bestätigung seiner Macht" und andere furchtbar übertriebene Formulierungen legen das wiederholt dar. Er hat nicht den geringsten Skrupel. So wurde er uns eingangs nicht vorgestellt.
Die Figuren haben sich zwar entwickelt, aber nicht glaubwürdig.
 

Wandablue

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Brandenburg
diese "Randinformationen

Ich fürchte, das, was wir als viel zu ausführliche Randinformationen wahrnehmen, als nervendes Tamtam, ist der eigentliche Roman. Die Kriminalgeschichte ist nur ein Aufhänger, um das Zeitkolorit darzustellen. Deshalb sind die Figuren in diesem Roman schematisch. Eindimensional. Oder modern ausgedrückt: langweilig und doof.

Jetzt müssen wir uns entscheiden, ob Janet Lewis das gut hingekriegt hat.
 
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