4. Leseabschnitt: Kapitel 15-19 (S. 230 bis S. 301)

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Dieser Abschnitt umfasst gerade einmal 70 Seiten und es sterben mal eben drei zentrale Figuren. Natürlich auch, weil Nelly beim Erzähltempo auf die Tube drückt und zwölf Jahre einfach überspringt. Kann man machen, aber überrascht hat es mich dennoch, weil das Drama um Heathcliff und Cathy ja gerade in den Dialogen ausführlich ausgebreitet wird.

Charmant finde ich abermals, wie Emily Brontë mit den Erzählstimmen spielt und Lockwood begründen lässt, warum er weiterhin Nelly nicht als die eigentliche Erzählerin ablösen will: "Sie erzählt im Ganzen wirklich sehr gut, und ich glaube nicht, dass ich ihren Stil verbessern könnte." (S. 230).

Insgesamt hat mich dieser Abschnitt emotional bisher am meisten gepackt. Diese überbordende ungezügelte Leidenschaft der Figuren überträgt sich in meinen Augen sehr gut auf die Leser:innen. Herzzerreißend fand ich beispielsweise die Szene auf S. 249, als Heathcliff bei der toten Cathy die Haarlocke im Amulett austauscht. Doch auch schon die Szene davor, als Nelly Heathcliff die Todesnachricht überbringt, ist so schmerzhaft wie schön.

Nun bin ich gespannt, wie es mit der neuen Generation weitergeht. Wobei ich die Geburt Cathys ziemlich unvermittelt fand, weil zuvor in meinen Augen gar nicht darauf hingewiesen wurde. Die Figur war natürlich vom Beginn des Buches bekannt, dennoch trat sie sehr plötzlich ins Geschehen. Großartig finde ich in dieser Hinsicht die Bemerkung auf S. 243: "...doch der Beginn des Daseins war so leer an Liebe, wie das voraussichtlich sein Ende sein wird. "

Kompliziert finde ich übrigens insgesamt die Namen der Figuren: Catherine, genannt Cathy und ihre Tochter Cathy. Hindley, Hareton, Heathcliff - alle mit H. Nelly wird manchmal bei ihrem richtigen Namen Ellen genannt, mal Mrs. Dean. Isabella ist Miss Linton (nicht Mrs. Linton wie Cathy), später Mrs Heathcliff. Und nun als Highlight auch noch der kleine Linton Linton. Skurril, aber irgendwie auch witzig. Manchmal muss ich aber überlegen, wer nochmal mit wem verwandt war und warum. :)
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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An Emotionen wird uns hier viel geboten. Eine Sterbeszene wie in der Oper.
Cathy scheint im Tod den Frieden gefunden zu haben, den sie im Leben nicht finden konnte.
Liebe scheint bei Emily Bronte eher etwas zu sein, was denjenigen der liebt, in tiefe Verzweiflung stürzt. Sie selbst hat in ihrem kurzen Leben , so wie man liest, sie nicht erlebt zu haben.
Ihr literarisches Können beeindruckt mich, so das Spiel mit den verschiedenen Erzählern und auch einige sprachliche Wendungen. Den Satz, den Du oben erwähnst, habe ich mir auch angestrichen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Nun bin ich gespannt, wie es mit der neuen Generation weitergeht.
Bei der ersten Begegnung zwischen Catherine und Linton wird schon die Richtung angedeutet. Die beiden scheinen sich zu verstehen, bis Catherine vermutet, dass Linton ein Bediensteter ist und sich dementsprechend ihr gegenüber verhalten soll. Daraufhin ist Linton erstmal gekränkt.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Bei der ersten Begegnung zwischen Catherine und Linton wird schon die Richtung angedeutet. Die beiden scheinen sich zu verstehen, bis Catherine vermutet, dass Linton ein Bediensteter ist und sich dementsprechend ihr gegenüber verhalten soll. Daraufhin ist Linton erstmal gekränkt.
Nun bin ich auch mit den Namen durcheinandergebracht. Nicht Linton, sondern Hareton
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Heathcliff mäßigt sich ein wenig, jetzt wo er eher willensstarke Menschen wie Hareton um sich hat. Sollte sein Sohn Linton zu ihm kommen, wird vielleicht alles wieder anders, denn dieser Junge ähnelt vom Wesen her doch sehr stark seiner Mutter.
Die Tatsache, dass Cathy in Wuthering Heights gelandet ist und Hareton kennengelernt hat, lässt mich direkt an den Anfang des Buches denken.
Nelly führt rasant durch die Geschichte, ich frage mich wie alt sie mittlerweile ist? Sie begleitet die beiden Familien ja bereits viele Jahre. Ich muss beim lesen oft daran denken wie es für Angestellte wohl gewesen sein mag, ein eigenes Leben konnten sie im Grunde nicht führen. Sie waren in allem abhängig von ihren Dienstherren.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Insgesamt hat mich dieser Abschnitt emotional bisher am meisten gepackt. Diese überbordende ungezügelte Leidenschaft der Figuren überträgt sich in meinen Augen sehr gut auf die Leser:innen. Herzzerreißend fand ich beispielsweise die Szene auf S. 249, als Heathcliff bei der toten Cathy die Haarlocke im Amulett austauscht. Doch auch schon die Szene davor, als Nelly Heathcliff die Todesnachricht überbringt, ist so schmerzhaft wie schön.
Da bin ich ganz bei dir. Während des Besuchs von Heathcliff zeigt dieser sonst kalte Mensch wahre Emotionen, die man ihm sonst gar nicht zugetraut hätte. In dieser Szene wurde mir klar, dass die beiden wirklich füreinander geschaffen waren, es hört sich zwar kitschig an, aber so fühlte es sich an. Mit ihr an seiner Seite wäre er nicht zu diesem Racheengel geworden.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Liebe scheint bei Emily Bronte eher etwas zu sein, was denjenigen der liebt, in tiefe Verzweiflung stürzt. Sie selbst hat in ihrem kurzen Leben , so wie man liest, sie nicht erlebt zu haben.
Habe überlegt, ob es auch ein wenig mit hineinspielt in welchen Kreisen sich alles bewegt. Bei Reichen war es üblich vernunftbezogen zu heiraten, da war die Liebe oft zweitrangig. Was wäre geschehen, wenn Catherine nicht Linton, sondern Heathcliff hätte heiraten wollen. Wäre ihr Bruder eingeschritten, oder hätte er diese Verbindung unterstützt?
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Nelly führt rasant durch die Geschichte, ich frage mich wie alt sie mittlerweile ist?
Sie war Hindleys Milchschwester; ihre Mutter war seine Amme. D.h. sie ist 1757 geboren, also Anfang, Mitte Vierzig.
Ich muss beim lesen oft daran denken wie es für Angestellte wohl gewesen sein mag, ein eigenes Leben konnten sie im Grunde nicht führen. Sie waren in allem abhängig von ihren Dienstherren.
Deshalb nimmt sie auch so starken Anteil an der Familie ihres Dienstherren, eine eigene hatte sie nicht.
Ja, so ein Leben ist für uns heute unvorstellbar.
Wäre ihr Bruder eingeschritten, oder hätte er diese Verbindung unterstützt?
Er hätte das bestimmt nicht gebilligt und alles Mögliche dagegen getan. Sogar für Catherine erscheint die Verbindung nicht möglich, ansonsten hätten sie ja heiraten können.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Insgesamt hat mich dieser Abschnitt emotional bisher am meisten gepackt. Diese überbordende ungezügelte Leidenschaft der Figuren überträgt sich in meinen Augen sehr gut auf die Leser:innen.

Oh ja, so ging es mir auch. Wieder ein Abschnitt, den ich - wie den ersten - in einem Rutsch durchgelesen habe, weil er mich so gefesselt hat.


Kompliziert finde ich übrigens insgesamt die Namen der Figuren: Catherine, genannt Cathy und ihre Tochter Cathy. Hindley, Hareton, Heathcliff - alle mit H. Nelly wird manchmal bei ihrem richtigen Namen Ellen genannt, mal Mrs. Dean. Isabella ist Miss Linton (nicht Mrs. Linton wie Cathy), später Mrs Heathcliff. Und nun als Highlight auch noch der kleine Linton Linton. Skurril, aber irgendwie auch witzig. Manchmal muss ich aber überlegen, wer nochmal mit wem verwandt war und warum. :)

Da sagst bzw. schreibst du was! Das verwirrt mich schon von Anfang an. Man muss aber bedenken, dass früher Verwandte und nahestehende Personen oft ähnlich oder gleich hießen. Zumindest in Deutschland war das so. Deshalb vermute ich das auch für England.

Ich muss beim lesen oft daran denken wie es für Angestellte wohl gewesen sein mag, ein eigenes Leben konnten sie im Grunde nicht führen. Sie waren in allem abhängig von ihren Dienstherren.

Der Gedanke kam mir schon in den ersten Kapiteln, in denen Nelly auftaucht. Da wird ja bereits klar, wie lange sie in Diensten ist. Einfache Mägde, Knechte usw. sind nur auf dem Papier frei.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Eine Sterbeszene wie in der Oper.
Schönes Bild :cool:.
Ihr literarisches Können beeindruckt mich, so das Spiel mit den verschiedenen Erzählern und auch einige sprachliche Wendungen.
Ja, da bin ich auch mächtig von beeindruckt. Das Buch ist definitiv ein Reread-Buch.
In dieser Szene wurde mir klar, dass die beiden wirklich füreinander geschaffen waren, es hört sich zwar kitschig an, aber so fühlte es sich an.
Nix Kitsch - wahre Liebe nennt man das :cool:.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Diese überbordende ungezügelte Leidenschaft der Figuren
Aber so großartig, diese Getriebenheit, das Aufbäumen, der schnelle Wechsel zwischen Liebe und Hass, Freude und Verzweiflung.
Kompliziert finde ich übrigens insgesamt die Namen der Figuren:
Mit dieser Wiederholung spielt Bronte so herrlich. Am Schluss ist alles eins. Und das ist ja auch Heathcliffs Racheplan, dass einmal alles seins ist. Cathys Geburt spielt ihm dabei natürlich in die Hände, dass Edgar ohne männlichen Erben verbleibt (Wobei E. sich ja auch wiederverheiraten könnte, was damals wahrscheinlich gar nicht so unüblich gewesen wäre, zumal als "alleinerziehender Vater", aber die Trauer, die TRauer....)
Wobei ich die Geburt Cathys ziemlich unvermittelt fand, weil zuvor in meinen Augen gar nicht darauf hingewiesen wurde
stimmt, das war plötzlich

An Emotionen wird uns hier viel geboten. Eine Sterbeszene wie in der Oper.
Mein Gedanke. Ich habe vor zwei Wochen Madame Butterfly bei den Bregenzer Festspielen gesehen. Was für eine unübliche Szene. Eine Arie, der Mann liebt sie nicht, das Kind nimmt er mit, sie nimmt das Messer, zack tot. Erfrischend. ;)
Nix Kitsch - wahre Liebe nennt man das :cool:.
aber schon eine sehr ungesunde Liebe, voller Besitzansprüchen und Zügellosigkeit. Was wäre wenn kann ein schönes Gedankenspiel sein. Aber ob Cahtherine und Heathcliff miteinander glücklich geworden wären? Vielleicht so wie Liz Taylor mit Richard Burton :)
 
G

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Aber dass Catherine schwanger ist, wird schon thematisiert - Linton könne sich in absehbarer Zeit auf einen Erben freuen, heißt es.

Ich hab's gefunden: In Kapitel 13 (ich zitiere mal auf Englisch, ich habe nur die Ausgabe):
And there was double cause to desire it (= her recovery) , for on her existence depended that of another: we cherished the hope that in a little while Mr. Linton's heart would be gladdened, and his lands secured from a stranger's gripe, by the birth of an heir.
 
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Literaturhexle

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Ich scheine in meinem Hörbuch jetzt hier angekommen zu sein. Meine Güte! Welch ein Drama! Wie schnell junge Frauen und Männer einfach so wegsterben...
Mir war dieses Liebe und Hass Gedöns tatsächlich etwas viel. Da scheint meine zweite Lektüre nicht viel an der ersten zu ändern.
Wobei ich die Geburt Cathys ziemlich unvermittelt fand, weil zuvor in meinen Augen gar nicht darauf hingewiesen wurde.
Das ging mir auch so. Spielte gar keine Rolle und schwups war das Kind da.
Kompliziert finde ich übrigens insgesamt die Namen der Figuren:
Unbedingt! Und dann gibt es jetzt Kathy und Linton II.
So wird der Kreis zum Anfang geschlossen, trotzdem blöd und verwirrend.
Linton könne sich in absehbarer Zeit auf einen Erben freuen, heißt es.
Stimmt. Jetzt, wo du es sagst.

Ich höre weiter, aber Begeisterung geht anders.
 

Christian1977

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Literaturhexle

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2. April 2017
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Eieieiei. Bestimmt ist es nur schlecht vorgelesen!:p
Naja, der Vorleser (Gert Westphal) geht in den Emotionen sehr mit und spricht die verschiedenen Stimmen unterschiedlich. Aber eigentlich macht er das weitgehend gut.
Der Roman war ja schon beim Lesen (gewiss 10 Jahre her) kein Burner für mich. Ich wollte es aber nochmal versuchen und höre es auch zu Ende.