4. Leseabschnitt: Kapitel 13 bis 16 (S. 214 - 253)

Literaturhexle

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Welch ein Ende!
Da bin ich in Bezug auf Elisabeth auf den letzten Seiten noch einmal durch alle Gefühlslagen gegangen!

Zunächst war ich total empört: wie kann sie einen schwer kranken Mann durch die Dunkelheit zerren, nur um ihn für sich zu haben. Sie quält ihn regelrecht, er selbst bittet um etwas Ruhe, ist kraftlos, spuckt Blut...

Am nächsten Tag betäubt sie seine Frau(!!!), um erneut Zärtlichkeiten austauschen zu können. Sie versucht ihn wach zu rütteln, verliert völlig ihre Professionalität, handelt fast schon übergriffig am bewusstlosen Patienten. Sie steigert sich in diese Liebe hinein! Will ihn nicht lassen.

[zitat]Er hat etwas befreit, dass schon immer in ihr schlummerte. S.243[/zitat]
Das könnte die Antwort auf die Frage sein, warum sich E. verändert hat.

Crane berichtet weiter von seinen Erlebnissen. Verstehe ich das richtig, dass er Davis' Kameras und Fotoausstattung im Hotel zerstört hat (war es auch Feuer mit der umgekippten Lampe?) und dieser deshalb hinter ihm her war? Grell:D

Am Ende wird Elisabeth wieder Krankenschwester. Sie holt Cora, spritzt die richtige Medikation. Der Rausch ist zu Ende.

Wunderbar das Ende des Buches!
Es versöhnt mich mit der rücksichtslosen Elisabeth! Mit Köpfchen und geplant rettet sie Leutnant Fischer. Herrlicher Schlussakkord: Fischer mit zwei nackten Frauen im Bett. Klasse! (Nur niemand da zum Fotografieren;))
[zitat]Ich weiß bis heute nichts über den Wahrheitsgehalt all dessen, was er mir erzählt hat. S 249[/zitat]
Welch ein geschickter Zug des Autors: dadurch werden die berichteten Abenteuer in gewisser Weise unzuverlässig. Crane litt ja auch unter Fieberschüben und Ängsten. Es muss nicht alles biografisch verbrieft sein, was er von sich gegeben hat.

Auch der permanente Versprecher "Kriech" hat Sympathien für die Figur Elisabeth geweckt. Es passt, dass sie nun doch noch zu ihrer Tante geht und den Großen Krieg hinter sich lässt.

Hier hat Kollender die Geschichte zu einem schönen, runden Ende geführt, das mir sehr gut gefällt.
 

Yolande

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13. Februar 2020
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Zunächst war ich total empört: wie kann sie einen schwer kranken Mann durch die Dunkelheit zerren, nur um ihn für sich zu haben. Sie quält ihn regelrecht, er selbst bittet um etwas Ruhe, ist kraftlos, spuckt Blut...

Am nächsten Tag betäubt sie seine Frau(!!!), um erneut Zärtlichkeiten austauschen zu können. Sie versucht ihn wach zu rütteln, verliert völlig ihre Professionalität, handelt fast schon übergriffig am bewusstlosen Patienten. Sie steigert sich in diese Liebe hinein! Will ihn nicht lassen.
Ich war auch ziemlich wütend auf Elisabeth, wie kann sie nur, vor allem weil sie Mr. Crane angeblich doch liebt, handelt sie hier total egoistisch. Wie im Rausch, im Liebesrausch.
Der Mann denkt, sie habe eine Affäre mit Dr. Fraenkel.
Ich war froh, dass ich nicht schon nach Stephen Crane gegoogelt hatte, bin immer von ausgegangen, dass er Badenweiler lebend verlassen hat. Da hätte ich mir doch einiges genommen.
Und Fischer hat seine Verwirrheit nur gespielt, auch eine Überraschung. Die Flucht hat Elisabeth schön eingefädelt und das Schlußbild von Fischer mit den beiden Frauen im Bett hat mir auch gefallen.
Schön, dass Elisabeth nach Amerika zu Tante Hörmeinie geht, hätte sie schon viel früher machen sollen, aber wahrscheinlich hat sie erst diesen Abschluss gebraucht.
 

AndreasKo

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Ich war auch ziemlich wütend auf Elisabeth, wie kann sie nur, vor allem weil sie Mr. Crane angeblich doch liebt, handelt sie hier total egoistisch. Wie im Rausch, im Liebesrausch.
Der Mann denkt, sie habe eine Affäre mit Dr. Fraenkel.
Ich war froh, dass ich nicht schon nach Stephen Crane gegoogelt hatte, bin immer von ausgegangen, dass er Badenweiler lebend verlassen hat. Da hätte ich mir doch einiges genommen.
Und Fischer hat seine Verwirrheit nur gespielt, auch eine Überraschung. Die Flucht hat Elisabeth schön eingefädelt und das Schlußbild von Fischer mit den beiden Frauen im Bett hat mir auch gefallen.
Schön, dass Elisabeth nach Amerika zu Tante Hörmeinie geht, hätte sie schon viel früher machen sollen, aber wahrscheinlich hat sie erst diesen Abschluss gebraucht.
 

AndreasKo

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In "Mr. Crane" gibt es abscheuliche Bilder des Krieges - ein Rezensent meinte, der Roman sei auch ein Antikriegsroman, das hat mich zwar gewundert, aber das geht in Ordnung. Ich frage mich oft, warum "anschauliche" Bilder von Gewalt jederzeit akzeptiert werden, "anschauliche" Bilder der Erotik hingegen nicht. Ich habe die sinnlichen Szenen ganz bewusst gesetzt und habe selbst nicht das geringste Problem damit. Abgesehen davon halte ich die Erotikszenen in "Mr. Crane" für wirklich harmlos.
Gibt es im sonntaglichen "Tatort" eine Szene, in der eine Frau barbrüstig durchs Bild läuft, steht da vorher, der Film sei für Zuschauer unter sechzehn Jahren nicht geeignet. Wird da jemand verbrannt oder geköpft oder vergealtigt, steht das da nicht. Logische Folge: Brüste sind wahnsinnig gefährlich - Gewaltverbrechen nicht so sehr. Ohne mich, Leute, ohne mich.
 

wal.li

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Am nächsten Tag betäubt sie seine Frau(!!!), um erneut Zärtlichkeiten austauschen zu können. Sie versucht ihn wach zu rütteln, verliert völlig ihre Professionalität, handelt fast schon übergriffig am bewusstlosen Patienten. Sie steigert sich in diese Liebe hinein! Will ihn nicht lassen.

Da habe ich auch mit Elisabeth gehadert. Ihr Verhalten war völlig unprofessionell. Mit ihrem Verhalten dem Offizier Fischer gegenüber hat sie mich versöhnt.
 

wal.li

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Schön, dass Elisabeth nach Amerika zu Tante Hörmeinie geht, hätte sie schon viel früher machen sollen, aber wahrscheinlich hat sie erst diesen Abschluss gebraucht.

Das kann ich mir auch gut vorstellen. Ich frage mich allerdings, ob sie es schafft in Amerika einzuwandern. Zwar war Amerika noch nicht in den Krieg eingetreten, aber ob sie sich über so eine ungewöhnliche Deutsche gefreut hätten, wage ich zu bezweifeln. Trotzdem ein sehr schönes Schlussbild.
 

Literaturhexle

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Ich frage mich oft, warum "anschauliche" Bilder von Gewalt jederzeit akzeptiert werden, "anschauliche" Bilder der Erotik hingegen nicht.
Das darf man sich auch wirklich fragen! Da gibt es gerade in amerikanischen Fersehfilmen ein deutliches Ungleichgewicht. Ich für meinen Teil brauche beides nicht zu deutlich;)
Ich habe die sinnlichen Szenen ganz bewusst gesetzt und habe selbst nicht das geringste Problem damit.
So sollte es sein.
Die Szenen kontrastieren mit den Auszügen aus dem Allmanach "Die Frau als Hausärztin" und symbolisieren wohl auch Elisabeths (sexuelle) Befreiung.
Das passt schon. Ich persönlich hätte es so deutlich nicht haben müssen (das sagte ich ja schon) - aber das ist Geschmackssache. Außerdem handelt es sich wirklich nur um zwei Szenen, die den Gesamteindruck nicht beeinträchtigen.

Allerdings scheint mir auch dieses Erlebnis ursächlich für Elisabeths Obsession in Bezug auf Crane: Es geht ihr definitiv nicht nur ums Platonische;)
 

Renie

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Elisabeth kann Entsetzen auslösen - sie ist ein menschliches Wesen, durchgerüttelt, widersprüchlich... aber verdammt, ich habe sie so gemocht. Ich mag sie immer noch.
Ich musste zwischenzeitlich immer an den Roman "Sie" von Stephen King denken. Für diejenigen, die dieses Buch nicht kennen: hier nötigt Krankenschwester Annie ihren "Lieblingsschriftsteller", der nach einem Autounfall in ihre "Obhut" gerät, einen Roman für sie zu schreiben. Dabei ist sie bei den Mitteln, die sie zur Motivation ihres Schriftstellers einsetzt, sehr eigenwillig.
ein Rezensent meinte, der Roman sei auch ein Antikriegsroman,
Das ist für mich ein Teilaspekt dieses Romans. Aus der Sicht von Elisabeth ist der Kriech für Männer eine, von ihnen erdachte Freizeitbeschäftigung, bei der sie sich durch das Streben nach Ruhm und Ehre blenden lassen. Das ist für Elisabeth nicht ernst zu nehmen. Anstatt vor Ehrfurcht vor soviel Heldentum zu erstarren, macht sie sich darüber lustig. Das macht den Roman daher zu einem Antikriegsroman - also gar nicht so sehr durch schreckliche Kriegsbilder sondern durch die Lächerlichkeit der männlichen Denkweisen, was den Krieg betrifft.
 

Renie

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Allerdings scheint mir auch dieses Erlebnis ursächlich für Elisabeths Obsession in Bezug auf Crane: Es geht ihr definitiv nicht nur ums Platonische
Nein, natürlich nicht. Crane eröffnet ihr ein bis dahin völlig unbekanntes Terrain, wodurch sie auf den Geschmack kommt. Das muss der Autor schon beim Namen nennen. Alles andere wäre Sex unter der Bettdecke bzw. im Dunkeln, was Elisabeth bisher aus ihrer Ehe kannte. Da musste ein Kontrast her.;)
 

Amena25

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Zunächst war ich total empört: wie kann sie einen schwer kranken Mann durch die Dunkelheit zerren, nur um ihn für sich zu haben. Sie quält ihn regelrecht, er selbst bittet um etwas Ruhe, ist kraftlos, spuckt Blut...

Am nächsten Tag betäubt sie seine Frau(!!!), um erneut Zärtlichkeiten austauschen zu können.

Ja, das ist schon heftig, aber irgendwie auch menschlich und durchaus nachvollziehbar, da Elisabeth je ahnt, dass Mr. Cranes Zeit sehr bald abgelaufen ist. Und er hat ja auch noch was davon ;)
 

Literaturhexle

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Na, ich will ja auch, das Elli weiterlebt...
Sie haben ja an anderer Stelle schon angedeutet, dass Elli als literarische Figur möglicherweise noch nicht ausgedient hat...
Dann passen wir als Lesende doch mal genau auf, was Sie so in der nächsten Zeit veröffentlichen:D
Vielleicht gibt es ein Wiedersehen mit Elisabeth:)
 

AndreasKo

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Ja, das ist schon heftig, aber irgendwie auch menschlich und durchaus nachvollziehbar, da Elisabeth je ahnt, dass Mr. Cranes Zeit sehr bald abgelaufen ist. Und er hat ja auch noch was davon ;)
Ja,, das kann man so sagen, dass er etwas "davon hat." Man kann seinen letzten acht Tage sicher schlechtere verbringen als Mr. Crane.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Ich war auch ziemlich wütend auf Elisabeth, wie kann sie nur, vor allem weil sie Mr. Crane angeblich doch liebt, handelt sie hier total egoistisch. Wie im Rausch, im Liebesrausch.

Nicht nur egoistisch, sondern absolut leichtsinnig. Kann man sich wirklich so vergessen? In meiner Familie sind sehr viele Mediziner, und wenn ich mir deren Vorsicht in Bezug auf Infektionskrankheiten (nicht erst seit Corona) anschaue, habe ich Mühe, mir so viel Leichtsinn vorzustellen. Elisabeth sieht tagtäglich, wie ihre Patienten qualvoll sterben, kaum einer verlässt das Haus lebend, da mutet ihr Verhalten schon kamikazemäßig an...

Das darf man sich auch wirklich fragen! Da gibt es gerade in amerikanischen Fersehfilmen ein deutliches Ungleichgewicht. Ich für meinen Teil brauche beides nicht zu deutlich;)

Du sprichst mir aus der Seele!

In "Mr. Crane" gibt es abscheuliche Bilder des Krieges - ein Rezensent meinte, der Roman sei auch ein Antikriegsroman, das hat mich zwar gewundert, aber das geht in Ordnung.

Volle Zustimmung. Und es zeigt, was der vermeintlich Machtlose gegen den Krieg tun kann: der Freiburger Arzt, Elisabeth, Fischers Mutter... Aber Mut gehört schon dazu.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Der Schlussabschnitt ist sehr gelungen. Wieder einmal bin ich auf eine Romanfigur hereingefallen, auch wenn es dieses Mal keine Ich-Erzählerin ist. Bis zuletzt hatte ich geglaubt, Cora hätte ihren Stephen unter den Arm genommen und wäre mit ihm abgereist. Auch Elisabeths Schlussstrich unter die Klinik ist eine logische Entwicklung. Sie hat alles erreicht und Abenteuerlust hat sie genug.

Die Idee, Elisabeth vielleicht als Romanfigur zu recykeln, gefällt mir. Aber auch Fischers Schicksal fände ich einen eigenen Roman wert. Was ist ihm durch Elisabeths beherztes Eingreifen alles erspart geblieben!