Ich weiß von mir, dass ich so eine Geschichte wie eine Leihmutterschaft nie gemacht hätte, dafür kenne ich mich zu gut. Ich wüsste, dass ich das seelisch nicht verkraften würde, ein Kind wegzugeben oder auch ein Kind abzutreiben. Aber Mia war sehr jung, vielleicht weiß man das in dem Alter noch nicht so genau.Ich finde Mias Geschichte sehr bewegend. Auch sie stand vor einem moralischen Dilemma. Ich kann verstehen, dass sie sich auf diesen ungewöhnlichen Handel eingelassen hat
Dieser Stolz ist ja ehrenwert, nimmt aber auch abstruse Formen an. Warum kann Mia so schwer etwas von anderen annehmen ? Es muss an der Erziehung liegen. Die Möglichkeit, sich von Pauline unterstützen zu lassen, muss doch angenehmer sein als eine Leihmutter zu sein... Aber vielleicht hat @Leseglück recht: die Bedeutung der Mutterschaft kann man in so jungen Jahren wohl noch nicht erfassen. Allerdings fand ich den Plot rund um die Ryans sehr unrealistisch: Das ein Mann durch die Gegend streicht, um die Idealbesetzung einer Leihmutter zu finden...- nun ja.Ihr Stolz verhindert, dass sie Geld von Pauline Hawthorne annimmt, die sehr sympathisch wirkt und die begabte Mia unterstützt.
So detailliert ist der Bericht nicht, nur wir Leser*innen erfahren Mias Geschichte in aller Komplexitiät:Unwahrscheinlich ist auch, dass Mias Eltern der Reporterin derart detailliert Auskunft über ihre Tochter geben. Aber im Roman darf das so sein
Und deshalb kann regelgerechtes Handeln auch kein Garant für ein gutes Leben bieten. So leicht macht es uns das Leben einfach nicht. es ist komplizierter.
Leider oder Gott sei Dank?
STIMMT! In dem Moment, als ich es las, war es mir noch klar, anschließend habe ich es wohl erfolgreich verdrängt"Von alldem konnte Mrs Richardson natürlich nichts wissen. Sie kannte nur die grobe Geschichte, die die Wrights ihr erzählt hatten: dass Mia mit dickem Bauch aufgetaucht war und behauptete, die Ersatzmutter für ein Ehepaar namens Ryan zu sein - an die Vornamen konnten die Wrights sich nicht mehr erinnern." (270)
Dafür ist die geballte Kompetenz der Leserunde daSTIMMT! In dem Moment, als ich es las, war es mir noch klar, anschließend habe ich es wohl erfolgreich verdrängt
Das meinte ich mit "Veränderung der Erzählperspektive als Kameraschwenk"... Aber klar: so genau werden es die Eltern nicht erzählen. Zum Glück erfahren wir die ganze Geschichte.
Ich weiß von mir, dass ich so eine Geschichte wie eine Leihmutterschaft nie gemacht hätte, dafür kenne ich mich zu gut. Ich wüsste, dass ich das seelisch nicht verkraften würde, ein Kind wegzugeben oder auch ein Kind abzutreiben. Aber Mia war sehr jung, vielleicht weiß man das in dem Alter noch nicht so genau.
Mia hat sich während der Beerdigung ihres Bruders (bei der sie nicht dabei sein durfte) entschieden, das Baby zu behalten. Es war also nicht so, wie ich früher vermutet hatte, dass sie das Baby erst nach der Geburt nicht weggeben konnte.
Warum hat sie sich umentschieden? Das wird nicht erzählt. Ich vermute es war wegen ihres Bruders, der ja böse mit ihr war, als sie ihm von der Leihmutterschaft erzählt hatte und sich als Onkel des Kindes bezeichnet hatte. Wohl kaum wegen der Reaktion ihrer Eltern.
Mrs. R. hält sich für eine gute Mutter, jedenfalls für eine bessere als Mia. Lexie wendet sich allerdings in ihrer Not nicht an ihre Mutter. Das ist schon bezeichnend. Nicht nur für Lizzy, auch für Lexie scheint Mia die bessere Mutter zu sein.
Ich bin da völlig bei dir!Mrs Richardson kommt bei mir nicht gut weg. Alles was sie tut, tut sie nur für das Bild, was sie nach außen präsentieren möchte. Müssen denn alle Menschen die gleichen Werte haben?
Da schließe ich mich an. Wirklich ein beeindruckendes Buch...Mir gefällt der Roman sehr gut. Er ist unheimlich vielschichtig.
Hier erfahren wir Mias tragische Geschichte angestoßen durch die Recherche von Mrs. Richardson. Ihre Unsicherheit, ihr Zweifel aber auch ihre Konsequenz bei der Entscheidung, Pearl bei sich zu behalten, die sicher ähnlich schwer gewesen sein dürfte wie die gegenteilige Entscheidung, sie an die Ryans abzugeben.
".In der Nacht, .... hatte Pearl ununterbrochen geschrien, bis auch Mia weinte. sie fragte sich, ob die Ryans in ihrer schicken Wohnung in New York noch wach waren und was sie wohl sagen würden, wenn sie den Hörer in die Hand nähme und sagte: Ich habe gelogen. Das Kind ist bei mir. Kommen Sie und holen Sie es ab.... Sie konnte nicht sagen, ob der Gedanke schrecklich oder reizvoll oder beides zugleich war, während sie und Pearl weinten."
Diese Gefühlszerrissenheit ist für mich sehr glaubwürdig und ehrlich. Und letztlich Wesenszug des ganzen Romans, der immer wieder sagt: es gibt kein eindeutiges Gut oder Böse, kein Schlecht oder Gut. Irgendwie steckt in jeder Entscheidung von beidem etwas. Und mit der Entscheidung für vermeintlich Gutes stärkt man auch zum Teil das Böse mit. Und andersherum. Und deshalb kann regelgerechtes Handeln auch kein Garant für ein gutes Leben bieten. So leicht macht es uns das Leben einfach nicht. es ist komplizierter. Leider oder Gott sei Dank?
Mrs Richardson kommt bei mir nicht gut weg. Alles was sie tut, tut sie nur für das Bild, was sie nach außen präsentieren möchte. Müssen denn alle Menschen die gleichen Werte haben? Wenn es nach ihr geht ja, alles was von der Norm abweicht ist unter ihrer Würde, so scheint es mir zumindest oft.
Auch wenn Mia Pearl nicht das bieten kann, was die Kinder der Richardsons haben, sind mir ihre Werte lieber.
Ja, das ist für mich auch die Kernaussage des Romans. Insofern ist Celeste Ngs Buch auch ein unbequemes. Denn es entscheidet nicht für uns, was richtig ist und was falsch. Sondern es legt alle Fakten auf den Tisch und lässt den Leser damit allein. Ich jedenfalls bin schon an einigen Stellen ins Grübeln geraten - und das macht den Roman zu etwas Besonderem. Schön zu lesen, aber eben auch ein gewaltiger Denkanstoß...