4. Leseabschnitt: Kapitel 11 bis Ende (Seite 147 bis 183)

Die Häsin

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Nach dem Motto "warum einfach, wenn's kompliziert geht?" könnte man auch spekulieren, dass es nicht mal Gus war, von dem hier die Rede ist. Das steht ja nirgends. Es könnte jedes beliebige Kind sein, das von Gleichaltrigen fertig gemacht wird. Vielleicht soll dieser Epilog einfach eine Art Parabel sein, eine Mahnung, dass man gequälte Kinder trösten soll.
Mich beschäftigt auch: was heißt, dass sie "vor der Katastrophe" hübsch war?
Ist damit der Krieg gemeint? Oder was sonst?
 

Renie

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In dem letzten LA war mächtig viel los. Ich komme kaum dazu, alle Informationen und Eindrücke zu verarbeiten.
Der Tod von Gus passt zu diesem Roman der Trostlosigkeit und Kargheit. Ein Happy End wäre völlig fehl am Platze gewesen. Gus' Leben war in seiner Einfachheit völlig unspektakulär. Ein Mensch, der keine Ansprüche an sein Leben hatte und einfach vor sich hingelebt hat, was für ihn völlig ausreichend war.
Es bleiben allerdings viele Dinge ungeklärt und lassen Raum für Spekulationen. Doch wisst Ihr was? Das ist mir völlig egal, weil dieser Roman so unglaublich fesselnd und in seiner Gesamtheit ein literarisches Kunstwerk ist. Ich bin begeistert.
 

Renie

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Nach dem Motto "warum einfach, wenn's kompliziert geht?" könnte man auch spekulieren, dass es nicht mal Gus war, von dem hier die Rede ist. Das steht ja nirgends. Es könnte jedes beliebige Kind sein, das von Gleichaltrigen fertig gemacht wird. Vielleicht soll dieser Epilog einfach eine Art Parabel sein, eine Mahnung, dass man gequälte Kinder trösten soll.
Mich beschäftigt auch: was heißt, dass sie "vor der Katastrophe" hübsch war?
Ist damit der Krieg gemeint? Oder was sonst?
Einen Faktor haben wir außer Acht gelassen. Wir sind davon ausgegangen, dass Gus' Mutter (die Hexe, die sich erhängt hat), deshalb Gus gehasst hat, weil sie von dem Vater vergewaltigt worden ist. Nun ist aber Abel der Vater. Entweder hat die Hexe Gus für jemanden anderen großgezogen (unwahrscheinlich). Oder sie ist von Abel vergewaltigt worden. Und wenn Abel eine vergewaltigt hat, war er bei anderen auch nicht zimperlich. Wer weiß, wieviele Geschwister Gus in dem Dorf noch hatte?
Daher könnte die alte Frau ein Vergewaltigungsopfer sein (Vegewaltigung = "Katastrophe")
 

Die Häsin

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Einen Faktor haben wir außer Acht gelassen. Wir sind davon ausgegangen, dass Gus' Mutter (die Hexe, die sich erhängt hat), deshalb Gus gehasst hat, weil sie von dem Vater vergewaltigt worden ist. Nun ist aber Abel der Vater. Entweder hat die Hexe Gus für jemanden anderen großgezogen (unwahrscheinlich). Oder sie ist von Abel vergewaltigt worden. Und wenn Abel eine vergewaltigt hat, war er bei anderen auch nicht zimperlich. Wer weiß, wieviele Geschwister Gus in dem Dorf noch hatte?
Daher könnte die alte Frau ein Vergewaltigungsopfer sein (Vegewaltigung = "Katastrophe")
Das verstehe ich nicht, hat nicht die Mutter an Abel mindestens einen Liebesbrief geschrieben?
Ich hatte es so verstanden, dass Gus ein Kind der Liebe zwischen der Mutter und Abel war.
Auf Seite 159 oben: ein Liebesbrief seiner Mutter. Ein Brief, den Gus seiner Mutter niemals zugetraut hätte.
Gus' Vater hat "einen Bastard" großgezogen, daher der Hass zwischen den Eltern, heißt es im nächsten Absatz.
 

Querleserin

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Auf Seite 159 oben: ein Liebesbrief seiner Mutter. Ein Brief, den Gus seiner Mutter niemals zugetraut hätte.
Genau, der 2.Brief ist ein Abschiedsbrief, wahrscheinlich hat die Mutter nicht gewagt, ihren Mann zu verlassen. Gus scheint tatsächlich aus Liebe gezeigt worden zu sein und Abel hat nach dem Tod seiner Mutter auf ihn „aufgepasst“ - etwas spät.
 

Renie

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Genau, der 2.Brief ist ein Abschiedsbrief, wahrscheinlich hat die Mutter nicht gewagt, ihren Mann zu verlassen. Gus scheint tatsächlich aus Liebe gezeigt worden zu sein und Abel hat nach dem Tod seiner Mutter auf ihn „aufgepasst“ - etwas spät.
Aber warum hat die Mutter Gus so schlecht behandelt?
Unklarheiten über Unklarheiten :rolleyes:
 
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Literaturhexle

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Nein, ich denke, es war jemand, der ihm wohl gesonnen war und ihm Empathie entgegengebracht hat.
Ich finde es nicht mehr, aber war die warme Milch, die er regelmäßig trinkt, nicht eine schöne Kindheitserinnerung? Das würde doch passen, dass es jemanden im Dorf gab, der ihm ein bisschen Liebe hat angedeihen lassen - neben der Oma.

In dem Talk noir wird explizit darauf hingewiesen, dass nicht alles beantwortet wird. Das gehört vielleicht dazu?
 
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wal.li

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da nehme ich die Unwahrscheinlichkeit des Endes in Kauf
Ich fand den Schluss auch etwas weit hergeholt, eigentlich den ganzen letzten Abschnitt. Allerdings glaube ich, dass Gus am Ende sterben musste, so wie die Geschichte angelegt ist. Vielleicht hat es auch was mit dem Aussterben der kleinen Bauernhöfe zu tun.
 
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Aber warum hat die Mutter Gus so schlecht behandelt?
Das habe ich mich auch gefragt, wenn er aus Liebe gezeugt wurde. Vielleicht hat die Mutter ihm die Schuld gegeben, dass ihr Mann sie schlecht behandelt hat, weil er wusste, dass er nicht der Vater von Gus war. Vielleicht sah Gus Abel auch ähnlich und so hat er sie immer daran erinnert, was war oder was hätte gewesen sein können. Vielleicht ist Gus auch deshalb gemobbt worden.
 
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wal.li

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Ich frage mich auch, ob ein geistig behinderter Mensch tatsächlich so grausam sein kann, wie Thomas dargestellt wurde. Das kann ich überhaupt nicht einschätzen.
 

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Langsam bekomme ich einen Knoten im Gehirn :D
Vielleicht sollten wir das einfach so stehen lassen, der Epilog hat für mich etwas Berührendes, dadurch endet der Roman nicht mit dem Tod Gus, sondern mit seiner Kindheit, in der ihm jemand zugetraut hat, ein guter Mensch zu werden. Und er schaut die Frau vertrauensvoll an. So geht man mit einem guten Gefühl aus dem Roman heraus.
 

Xirxe

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könnte man auch spekulieren, dass es nicht mal Gus war, von dem hier die Rede ist. Das steht ja nirgends.
Doch, Seite 183 unten wird ausdrücklich Gus erwähnt.
Aber warum hat die Mutter Gus so schlecht behandelt?
Ach, dafür kann es jede Menge Gründe geben. Die einen Menschen nehmen eine gegebene Situation an und versuchen das Beste daraus zu machen. Die Anderen weisen die Verantwortung Dritten zu, in diesem Fall Gus. Wäre er nicht auf die Welt gekommen, wäre vermutlich die Ehe halbwegs normal verlaufen. So hatte die Mutter jeden Tag die Ursache vor Augen, weshalb ihr Mann sie misshandelte ohne den Mut zu haben, ihn zu verlassen (was zu jener Zeit sicher nicht einfach war). Sie hat einen Fehler gemacht, ohne die Verantwortung für das Ergebnis übernehmen zu wollen, sondern schob die Schuld allein auf ihre Sohn.

Puh, was für ein Ende und wie sich das Alles auflöst. Wirklich grandios, auch wenn mir die Zusammenführung in der anderen Welt doch ein bisschen viel des Guten war. Aber egal, der Tod Gus' passt, auch wenn ich es mir anders gewünscht hätte.
Auch das ist ein Buch, das man/ich ein zweites Mal lesen sollte. Beim nochmaligen Durchblättern sind mir so manche Sachen aufgefallen, die mit Kenntnis der Herkunft von Gus eine ganz andere Bedeutung bekommen. Abel tauchte das erste Mal auf, als Gus' Mutter starb. Oder dieser tolle Satz mit den Dreierbeziehungen - alle Dreierbeziehungen gehen schief. Gus' Mutter, Vater und Abel; Abel, Gus und Thomas. Wer weiß, vielleicht finde ich noch eine ;)
Ganz klar 4,5 Sterne mit Tendenz zu fünf :D
 

Wandablue

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Brandenburg
Was für ein seltsames Ende. Wer hat Gus umgebracht? Paradis nehme ich mal an.
Wer hat den Schlüssel des Wagens aus Gus Haus entwendet? Der Bibelverkäufer?

Also mir hat der Schluss nicht gefallen. Es wäre ok gewesen, wenn Thomas gestorben wäre. Vllt auch durch ein Unglück. Aber die beiden Männer hätten doch durchaus weiterleben können. Sehr blöd. Gefällt mir gar nicht. Sagte ich bereits.
Das einzige Gute ist, dass die Tiere am Ende freigelassen werden.

Nein, ich würde das Buch nicht weiterempfehlen. Aber es ist wenigstens anders als andere Krimis. Sehr düster letztendlich. Keineswegs lebensbejahend. Gib es einem depressiven Menschen zu lesen und du wirst deines Lebens nicht mehr froh.

Die alte Frau war natürlich die Oma von Gus. Bin ganz sicher. (Augen zukneiff und wünsch). Sonst gibt das keinen Sinn zusammen.
 
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ulrikerabe

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Ich lese den Epilog als Rückblick in die Vergangenheit. Eine alte Frau gibt Gus nach der Schule Milch und Brot. Sie kennt die schwierigen Verhältnisse, unter denen Gus aufwächst.
"Die alte Dame sieht das alles, weiß das alles."
Sie stellt sich Gus als erwachsenen Mann vor. Sie hat aber keine Zeit mehr, länger für ihn da zu sein, weil sie bald sterben wird.

Gus' Zukunft ist ungewiss, alles ist möglich.