4. Leseabschnitt: Intermezzo bis Karton 2/12 (Seiten 205 bis 274)

Wandablue

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Knüppeldick kommt es jetzt.
Hat die geneigte Leserin gehofft, dass die Affäre mit Vadim Katharina von Hans lösen würde, ist das krasse Gegenteil eingetreten. Kaum hat Hans spitz gekriegt, was läuft, fährt er großes Geschütz auf. Katharina hat ihre große und einzigartige Liebe verraten und muss Buße tun.
Ohne Zweifel gerät die Beziehung in eine neues Fahrwasser und wir müssen Katharina ihre Jugend zugute halten, dass sie nicht schleunigst die Flucht ergreift.
Aber was fährt Hans auch für perfide Methoden ins Feld. Sie darf nicht mehr "Ich liebe dich" sagen, dieses Vorrecht hat sie sich verwirkt, ihre Briefe nicht mehr mit "deine" unterschreiben und überhaupt erträgt er ihre Handschrift nicht mehr, sie hat ihm seine Musik versaut und darf sie auch nicht mehr hören, dh. sie darf, wenn sie ihn verraten will. Will sie natürlich nicht.
Die Kassetten, die er für sie spricht, sind Kopfwäsche pur.
Du bist schuld. Du bist schuld. Du bist schuld. Was hast du mir angetan.
Dabei lebt Hans seine sadistische Ader voll aus und fühlt sich dabei noch als Opfer. Gar noch als Opfer der Geschichte.
Daneben treibt er Spielchen. Ich kann nicht mit dir nach Moskau fahren. Ich fahre doch mit. Ich fahre nicht mit. Ich bringe mich um. Ich bringe mich nicht um.
Krank ist das.
Wann wird Katharina Hans durchschauen?
Ein junges Mädchen sehnt sich nach der großen, wahren einzigen Liebe. Wie im Theater. Kein Wunder, dass der Hintergrund des Romans die Theaterwelt ist. Das ist sooo gut gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Buch noch abfällt und keine 5 Sterne bekäme.

Besonders schöne Sätze: "Sie fügen ein Wort zum anderen, bis ein ganzes Gespräch fertig ist."

"Kann das Schöne nur mit Hässlichem erkauft werden, und das freie Dasein mit Angst?"


Hans und auch Jenny ringen gleichzeitig mit der Neuen Welt, dem System, das leider einige sehr unschöne Makel aufweist. Blut. Inhaftierung. Ermordung durch die eigeen Leute. Schuld oder Unschuld spielt keine Rolle.
 

RuLeka

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Ich bin noch nicht ganz durch mit diesem Leseabschnitt, muss aber meine Wut loswerden.
Was für eine kranke Beziehung! Was für ein gestörter Typ!
Das ist ja unglaublich, was Hans für Forderungen stellt, an welche Bedingungen er sein Wohlverhalten knüpft. Warum läuft Katharina nicht längst schreiend davon?
Das lässt sich nicht mit jugendlicher Schwärmerei begründen.
Die Sprache begeistert mich immer noch, die Geschichte lässt mich etwas ratlos zurück.
Bin aber gespannt, wie es weitergeht.
 

Wandablue

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@RuLeka : Ein bisschen kann man sie schon verstehen.
Katharina ist auf die Illusion einer riesengroßen einmaligen unwiederholbaren Liebe hereingefallen, einer Romanze wie es sie nur bei Shakespeare gibt oder in anderen Theaterstücken oder bei Pilcher, da jedoch ohne Sadomasospielchen.

Ich glaube, es ist durchaus von Bedeutung, dass ständig das Theater eine Rolle spielt, als ständiges Hintergrundrauschen, ob als Praktikum oder wenn die beiden irgendwelche Aufführungen besuchen.

Hans jedoch ist der Regisseur dieses Theaterstücks.
 
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Barbara62

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@RuLeka : Ein bisschen kann man sie schon verstehen.
Katharina ist auf die Illusion einer riesengroßen einmaligen unwiederholbaren Liebe hereingefallen, einer Romanze wie es sie nur bei Shakespeare gibt oder in anderen Theaterstücken oder bei Pilcher, da jedoch ohne Sadomasospielchen.
Dass sie mit 19 darauf hereingefallen ist: o.k. Aber inzwischen sind mehr als zwei Jahre vergangen, sie hat eine eigene Wohnung, in Frankfurt die Welt des Theaters und andere Menschen kennengelernt, hat mit Vadim "normalen" Sex erlebt und nun studiert sie sogar, müssten da nicht ein Erwachen oder wenigstens Zweifel kommen? Was lässt sie sich noch alles bieten von einem kleinen B-Promi wie Hans, der nicht einmal von seiner Schreiberei leben kann?
 
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Barbara62

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Ich bin wie @RuLeka völlig fassungslos über diese zerstörerische Beziehung. Wie viele Therapiestunden wird es brauchen, Katharina wieder auf die Beine zu stellen? Die Albträume wird sie garantiert nicht mehr los. Realistisch kommt es mir inzwischen nicht mehr vor. So dumm/verblendet/verdreht... kann doch niemand sein?

Hans ist so ein mieses, kleingeistiges, egoistisches Ekel - mir fehlen die Worte. Er wirft ihr "spießbürgerliche Doppelmoral" vor und bleibt bei seiner Ingrid, es ist unglaublich! Der dritte Familienurlaub, in dem Katharina "dabei" ist! Stasimethoden sind nichts gegen das, was er bei ihr anwendet. Die Kassetten sind der Gipfel - oder sind es die Schläge mit der Reitgerte an ihrem 21. Geburtstag? Oder der unmögliche Brief an Vadim?

Nur absolut selten kleine Versuche der Wehrhaftigkeit von Katharinas Seite: Ob er jeden Jahrestag ihrer Verfehlungen feiern will? Oder sie trägt eine Hose, wenn er sich einen Rock gewünscht hat.

Hans packt als letztes Schwert die Selbstmorddrohung aus. Soll er doch von mir aus gern. Ich bin froh, dass ich aus dem Prolog weiß, dass Katharina überlebt hat, sonst würde ich viel eher um sie fürchten. Der Friseurbesuch mit der Selbstverstümmelung, einer Selbstbrandmarkung als Hure, war ein deutliches Warnsignal. Warum in aller Welt reagieren ihre Eltern nicht?

Im Intermezzo bin ich über den Hinweis gestolpert, dass Katharina eine Anfrage bei der Stasi-Unterlagenbehörde macht. Hat sie Hans im Verdacht? Oder hat das etwas mit dem ominösen Jens zu tun? Was hätte die Stasi bei ihr ausspionieren können? Sie scheint völlig unpolitisch zu sein. Schließlich hat man sie nach Köln reisen lassen, was sicher ein Vertrauensbeweis war. Oder war Jens zu ihrer Beobachtung abgestellt? So etwas hat doch hier schon mal jemand vermutet.
 
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Literaturhexle

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andere Menschen kennengelernt und nun studiert sie sogar, müsste da nicht ein Erwachen oder wenigstens Zweifel kommen? Wa
Wir dürfen Katharina nicht mit unseren Maßstäben messen. Sie scheint keine besonders selbstbewusste Frau zu sein. Oder sie ist es und ist Hans rettungslos verfallen. Das gibt es. Nicht bin unserem Dunstkreis vielleicht, aber es ist durchaus real. Was ich so schlimm Finde, ist, dass sie keine Vertrauensperson hat. Keine Freundin (auf die sie auch hört oder sie zumindest wohlwollend anhört), Vater und Mutter halten sich komplett raus. (Könnte meiner Erfahrung nach auch mit der Ost-erziehung zu tun haben: Eltern mussten arbeiten und gaben die Kinder früh in den Hort und die Verantwortung ab). Ich finde das schlimm, dass nicht einmal der Vater bremst. Hallo? Das Mädel gibt sich auf, hat Selbstmordphantasien und Hans macht sie nur klein und stempelt sie zur ewigen Sünderin... und die Eltern tun nix.
Ich muss noch 20 Seiten;)
 
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und die Eltern tun nix.
Das schockiert mich ebenfalls. Es geht ja nicht darum, der Tochter einen Mann auszureden. Aber ein Gespräch darüber, wie es ihr dabei geht, müsste doch drin sein. Sie müssen doch sehen, wie Katharina rumhängt. Aber anscheinend lässt hier jeder dem anderen alle Freiheit und denkt, das reicht. Sonderbares Verhalten von allen Beteiligten!
 
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Katharina ist auf die Illusion einer riesengroßen einmaligen unwiederholbaren Liebe hereingefallen, einer Romanze wie es sie nur bei Shakespeare gibt oder in anderen Theaterstücken oder bei Pilcher, da jedoch ohne Sadomasospielchen.
Sie hätte nun aber merken müssen, dass Hans kein Romeo ist. Und ich kenne nur wenige Pilcherromane ( Die Muschelsucher - vor ewigen Zeiten gelesen ), aber solche toxischen Beziehungen kommen dort nicht vor.
dass Katharina eine Anfrage bei der Stasi-Unterlagenbehörde macht.
Oder ist Hans ein heimlicher IM ? Würde zu ihm passen.
Hans ist so ein mieses, kleingeistiges, egoistisches Ekel - mir fehlen die Worte. Er wirft ihr "spießbürgerliche Doppelmoral" vor und bleibt bei seiner Ingrid, es ist unglaublich! Der dritte Familienurlaub, in dem Katharina "dabei" ist! Stasimethoden sind nichts gegen das, was er bei ihr anwendet. Die Kassetten sind der Gipfel - oder sind es die Schläge mit der Reitgerte an ihrem 21. Geburtstag? Oder der unmögliche Brief an Vadim?
Man weiß nicht, über was man mehr den Kopf schütteln soll. Eine Gemeinheit reiht sich an die andere und Katharina zweifelt an sich und nicht an ihm…
 

Literaturhexle

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Nur absolut selten kleine Versuche der Wehrhaftigkeit von Katharinas Seite: Ob er jeden Jahrestag ihrer Verfehlungen feiern will? Oder sie trägt eine Hose, wenn er sich einen Rock gewünscht hat.
Hm. Es sind nur kleine Versuche nach außen hin, aber stellt ihr nicht auch fest, dass K. irgendwie anfängt, Distanz zu bekommen auf den letzten Seiten dieses Abschnittes?
Sie legt auf S. 270 zum ersten Mal auf ihre eigene Erregung wert o_O und beginnt zu zweifeln, ob sie ihn überhaupt noch will.

Desgleichen stellt die die Sinnlosigkeit der Feiertage ihrer Verfehlungen fest und hat keine Lust mehr, sich diese Kassetten anzuhören. Das stimmt mich etwas hoffnungsfroh!

Politisch ist Hans ein 150%iger Sozialist. Habt ihr die ganzen Anlehnungen an Dichter und Gedichte nachvollzogen? Mich interessieren sie mäßig, ich würde das dem Fouilleton überlassen;). Allerdings ist der Tenor ziemlich zerstörerisch und tragisc, passt also zu Hansens Gemütslage.

Hans steigert sich völlig in den "Betrug" hinein, der ja eigentlich keiner ist vor dem Hintergrund, dass er selbst noch mit Geliebten verkehrt und eine Ehefrau hat. Schlimm fand ich auch, dass er K. zwang einen bescheuerten Brief an Vadim zu schreiben. Das geht schon ganz schön weit.

Die Zeit in Moskau wirkt harmonisch. Hier genießt der Ältere, dass er seine Kleine wieder belehren kann. Was findet wohl in dem Bett statt, dass es nach einmaliger Nutzung neu bezogen werden muss? Mich graust es!
Es wundert mich, dass auch Hans im Lokal zu weinen anfängt. Sollte er auch leiden? Und sei es nur mit sich selbst? Ein äußerst schräger Vogel! Und ja: Ich denke, es gibt eine Stasi-Akte über ihn. Er ist genau so ein Typ, der über Leichen geht und unschuldige Leute bespitzelt.
 

Wandablue

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Politisch ist Hans ein 150%iger Sozialist. Habt ihr die ganzen Anlehnungen an Dichter und Gedichte nachvollzogen? Mich interessieren sie mäßig, ich würde das dem Fouilleton überlassen;). Allerdings ist der Tenor ziemlich zerstörerisch und tragisc, passt also zu Hansens Gemütslage.
Das passt alles zu der Theateraufführung, die er inszeniert.
Hans ist ein Intellektueller. Und auch damit ködert er Katharina. Ich denke auch, dass da Auflösungserscheinungen sind in der Beziehung. Auch Hans spürt das und versucht, dagegenzuarbeiten. (Eigentlich aber macht er ja alles kaputt).
Komisch, dass der Intellektuelle so gar nichts mit dem anfangen kann, was im Land gerade passiert. Das Geschehen müsste doch in aller Munde sein.