4. Leseabschnitt: Dritter Teil - Bumerang (Seite 249 bis Ende)

Circlestones Books Blog

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28. Oktober 2018
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Wienerin auf Rügen
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Ende und Neubeginn? Mir gefällt dieses leise Ende, Manuel geht es besser und er bleibt dabei, er will auf die Landwirtschaftsschule. Angelica heiratet und geht mit ihrem Mann nach Berlin, wo neue Chancen und Perspektiven warten. Eine bessere Zukunft, als in Radeni. Daniela hat vor, bei Manuel in Radeni zu bleiben, hofft auf eine Arbeit, den die Hoffnung, mit nennenswerten Ersparnissen zurück nach Rumänien zu kommen, hat sich, wie bei allen anderen Frauen in ihrer Situation, nicht erfüllt. Doch dann will sie sich von dem todkranken Oreste verabschieden, bucht den Flug. Der Bumerang von Opa Mihai: vor dem Werfen muss man sich etwas wünschen, wenn man es schafft, ihn zu fangen, gibt es Chancen und Möglichkeiten. Manuel kann nicht mehr werfen, also wirft Daniela für ihn. Was er sich wünscht, ich vermute, dass sie diesmal zurückkommt - und sie schafft es fast, den Bumerang zu fangen, bei diesem allerersten Wurf. Funktioniert das Bumerang-Spiel also im positiven Sinne, ich finde schon. Denn auf Seite 296 hat Daniela erkannt: "Ich muss nur einen Weg finden, mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen, damit es ihm an nichts fehlt, aber die Wahrheit interessiert mich nicht. Die ganze Vergangenheit interessiert mich nicht. Wäre die Erinnerung ein Stück Holz, ich würde sie ins Feuer werfen. Und dann zuschauen, wie sie zu Asche verbrennt." Meine Lieblingspassage in diesem Abschnitt und im ganzen Roman.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Ich fand den dritten Teil insgesamt nicht so stark. Irgendwie hat mir Angelicas Perspektive gar keine neuen Erkenntnisse gebracht, und ich frage mich, ob sie wirklich nötig war?

Natürlich geht es da vornehmlich um ihre Hochzeit und ihre Zukunft, aber über ihr Innenleben selbst erfahren wir gar nicht so viel Neues. Ich hätte lieber mehr über Manuel und seine Genesung oder über die Beziehung zwischen Manuel und Daniela erfahren.

Überrascht hat mich, dass Angelica während ihres Studiums überhaupt nicht gearbeitet hat. Das gibt es ja nicht mal mehr in Deutschland heutzutage. Sprich: Sie konnte aufgrund Danielas Arbeit in Italien ihr Studium völlig ohne Zusatzverdienst finanzieren. Wow! Dafür kommt Daniela in Angelicas Wertung dann doch ein wenig schlecht weg. Und das Geld, das Daniela verdient hat, erscheint plötzlich in ganz neuem Licht.

Die Wiederaufnahme des Bumerangs fand ich durchaus gelungen und berührend. Überrascht hat sie mich grundsätzlich aber nicht, da ja der gesamte dritte Teil so heißt. Das hätte man vielleicht umgehen können.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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dritten Teil insgesamt nicht so stark. Irgendwie hat mir Angelicas Perspektive gar keine neuen Erkenntnisse gebracht, und ich frage mich, ob sie wirklich nötig war
Der dritte Teil hat für mich die Geschichte abgerundet. Wir sehen Danielas Fortgang noch aus der Perspektive der älteren Tochter, die einen anderen Blick darauf hat. Sie kommt emotional mit dem „ Verlust“ der Mutter besser klar, da sie schon ein eigenständigeres Leben führt und auch eine stärkere Bindung zum Vater hat. Was sie überfordert ist ihre Erzieherrolle bei ihrem Bruder.
Andererseits nimmt sie gerne die Möglichkeiten an, die der Verdienst der Mutter ihr bieten: Eine sehr gute Schulbildung, ein Studium ohne Nebenjobs usw. Auch im Haushalt macht sie anscheinend nur das Nötigste. Da machen es sich alle sehr bequem . Vater und Kinder waren es wahrscheinlich gewohnt, dass Daniela, trotz ihrer Berufstätigkeit, den kompletten Haushalt alleine machte.
Angelica wirkt auf mich nicht so sympathisch. Sie will nun endlich unbelastet von ihrer Familie leben, findet, dass sie genug getan hat für alle. Eigentlich müsste ihr doch klar sein, dass ihre Ausbildung von allen Einschränkungen fordert. Ihre Mutter hat sich dafür krank gearbeitet, der Bruder ist vereinsamt und sie jammert, dass auch von ihr was verlangt wurde. Ich musste mir für mein Studium in allen Semesterferien einen Job suchen und habe auch, so lange es möglich war, während des Semesters arbeiten. Als meine Mutter während meiner Examenszeit an Krebs erkrankt ist, war ich jedes Wochenende daheim und habe den Haushalt gemacht für meinen Vater und die jüngeren Geschwister. Wenn man nicht genug Geld hat, fordert das von allen Opfer. Angelicas Vorwürfe zeigen mir nur ihre Ich- Bezogenheit.
Und was macht sie nun mit ihrer Ausbildung? Sie folgt ihrem Mann ins Ausland, ohne Aussicht auf Arbeit. Dass Daniela hier sauer wird, kann ich verstehen.
Balzano zeigt hier wirklich komplexe Figuren. Nicht unbedingt nur liebenswerte Menschen.
Hätte der Vater im Familienverbund eine größere Rolle gespielt, wäre ein vierter Teil erforderlich gewesen. So aber nicht.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Hätte der Vater im Familienverbund eine größere Rolle gespielt, wäre ein vierter Teil erforderlich gewesen. So aber nicht.
"Mein Vater mag alle möglichen Mängel dieser Welt haben, aber er ist der einzige in der Familie, der mich nie ausgenutzt hat" sagt Angelica (S. 170).
Hier kam mir ehrlich gesagt ein wenig die Galle hoch, wie unterschiedlich Angelica ihre Eltern beurteilt. Der Vater ist weggegangen, genauso wie Daniela. Er schickt nicht mal Geld und meldet sich so gut wie nie. In meinen Augen hat er als Vater mindestens so sehr versagt wie die Mutter (ich spreche hier von "Versagen" aus Sicht Angelicas).
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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"Mein Vater mag alle möglichen Mängel dieser Welt haben, aber er ist der einzige in der Familie, der mich nie ausgenutzt hat" sagt Angelica (S. 170).
Hier kam mir ehrlich gesagt ein wenig die Galle hoch, wie unterschiedlich Angelica ihre Eltern beurteilt. Der Vater ist weggegangen, genauso wie Daniela. Er schickt nicht mal Geld und meldet sich so gut wie nie. In meinen Augen hat er als Vater mindestens so sehr versagt wie die Mutter (ich spreche hier von "Versagen" aus Sicht Angelicas).
Da ist die Tochter sehr parteiisch und ungerecht.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Angelica wirkt auf mich nicht so sympathisch.
Ging mir auch so, aber sie war ja offenbar auch während Danielas Anwesenheit nicht gerade eine sehr umgängliche Person.
Und was macht sie nun mit ihrer Ausbildung? Sie folgt ihrem Mann ins Ausland, ohne Aussicht auf Arbeit. Dass Daniela hier sauer wird, kann ich verstehen.
Andererseits zeugt es auch nicht von allzu viel Vertrauen, das Daniela in ihre Tochter setzt. Einerseits lässt ihre Mutter sie alleine mit ihrem kleinen Bruder, um den sie sich kümmern soll. Andererseits will sie ihr vorschreiben, wie Angelica ihr Leben leben soll. Erst überträgt sie ihr eine immense Verantwortung und sieht sie dann unfähig, eigene Entscheidungen zu treffen. Ich glaube, ich würde auch recht ungnädig reagieren.

Ein Buch, das trotz der Leichtigkeit mit der es sich lesen lässt, ganz schön viel zu sagen hat. Es geht zwar vorrangig um die Situation der Frauen, die ihr Leben für ihre Kinder aufgeben um ihnen ein besseres Leben zu bieten. Aber auch darum, ob die Kinder damit zur Dankbarkeit verpflichtet sind und wie weit diese gehen muss. Die Kinder leiden mindestens so sehr wie die Weggehenden - wo ist dann das bessere Leben? Genügend Stoff zum Nachdenken.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Überrascht hat mich, dass Angelica während ihres Studiums überhaupt nicht gearbeitet hat. Das gibt es ja nicht mal mehr in Deutschland heutzutage. Sprich: Sie konnte aufgrund Danielas Arbeit in Italien ihr Studium völlig ohne Zusatzverdienst finanzieren. Wow! Dafür kommt Daniela in Angelicas Wertung dann doch ein wenig schlecht weg. Und
Das hat mich auch überrascht. Welche 22-jährige kann von sich sagen, dass sie noch nie gearbeitet hat? Also zumindest die breite Mittelstandsmasse wird das nicht von sich sagen. Es muss aber auch daran liegen, dass Arbeit generell ein knappes Gut im ländlichen Rumänien zu sein scheint. Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, besetzen die normalen Leute die Jobs, die hierzulande für Schüler und Studenten abfallen.

Sie folgt ihrem Mann ins Ausland, ohne Aussicht auf Arbeit
Das wissen wir nicht. Das mutmaßt zunächst nur Daniela. Ob ihr Studium international einen Wert hat, bleibt abzuwarten. Zumindest ihr Mann scheint eine gute Ausbildung zu haben, und sie heiratet ihn auch. Das ist ein Mindestmaß an Absicherung. Alles andere kann sich finden. Manche Frage bleibt im Raum stehen.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Mich hat dieser Abschnitt im Gegenteil noch einmal stark eingenommen. In Danielas Geschichte waren doch viele Dinge redundant, die verschiedenen Arbeitsstellen krankten immer in ähnlicher Weise. Immer wurde D. als das ausgebeutete Opfer dargestellt, das man ohne mit der Wimper zu zucken kaltstellen konnte. Warum will sie sich jetzt von dem alten Mann verabschieden? War das nicht der, der mit den Schlaganfällen demenzkrank wurde und ins Heim musste? Mit dem Kinderarzt-Sohn? Der Flug kostet unnötig Geld und der Mann wird sie nicht mehr erkennen. Egal, es steht eben so im Buch;)

Angelicas Perspektive finde ich wichtig, auch wenn ich ihr in einigen Dingen absolut nicht folgen kann. Dass sie z.B. den Vater als die einzige Person bezeichnet, der sie nie ausgenutzt hat. Hallo? Er hat Danielas Geld durchgebracht, das eigentlich für die Familie als Ganzes gedacht war. Er hat seine väterlichen Aufgaben nicht wahr genommen. Nur weil er von A. nichts gefordert hat, war er nicht gleich ein guter Mensch! (Vater)Liebe macht eben blind. Dass Filip kein neuer Mensch geworden ist, sieht man auch daran, dass er nur einmal im KKH war, er keine Anstrengungen unternimmt, der Hochzeit beizuwohnen und auch am Telefon schlecht erreichbar ist. Dieser Vater wird verklärt.

Mit Manuels Unfall dreht sich alles um ihn. Wir können davon ausgehen, dass sich Angelica auch vorher schon um ihren Bruder gekümmert, sich um ihn gesorgt hat. Irgendwann ist aber auch das gute Bier alle, wenn man merkt, dass man nicht helfen kann oder die eigenen Ratschläge verpuffen. Allerdings habe ich wie ihr auch den Eindruck, dass sie manche Dinge zu einengend und zu krass sieht. Objektivität ist schwer, wenn Gefühle im Spiel sind. Außerdem kann man Daniela auf alle Fälle zur Last legen, dass sie mit ihrem unangekündigten Fortgang Fakten geschaffen hat. Da war nichts besprochen worden, kaltes Wasser pur! Dass das die Sichtweise Angelicas verschärft, wundert mich nicht. Und diesen Satz: "Ich habe dir alles finanziert, du hast studieren können,...", würde wohl kaum eine Tochter laufend hören wollen.
Mich nervten diese Bemerkungen, das war ihre Masche, mir eine Verantwortung aufzuhalsen und sie als Kompliment zu tarnen,... 258
Dabei hat sie sich nicht mal zur Zeugnisvergabe in der Uni blicken lassen.
Hier spürt man die Eifersucht. Das Problemkind bekommt alle Aufmerksamkeit. Auch das ist aus ihrer Sicht mit ihrer Jugend nachvollziehbar und wird an weiteren Stellen deutlich. Angelica hat gelernt, mit ihren Problemen alleine zurecht zu kommen - mit dem Nachteil, dass auch ihre Familie sie nicht wahnimmt.
"Unsichtbar. Du brauchst gar nicht so ein Gesicht zu machen. Sieht mich denn hier jemand? Merkt jemand, dass ich da bin?" 271
Viele andere Konflikte dürften aus dem latenten Geldmangel entstanden sein. Zuwenig Geld zu haben, macht unglücklich. Das Land bietet wenige Chancen. Daniela hat das Beste gewollt, aber sie hat es ungeschickt angestellt. Sie hätte als Mutter auch wissen müssen, dass ihr Jüngster das nicht aushält. Auch die von ihr gewählte Schule war falsch. Der stressbedingte Haarausfall dürfte ein erstes Warnzeichen gewesen sein.

Allen ist auch mehr oder weniger bewusst, dass der Unfall kein Unfall war. Kein Schicksal, sondern in eigener Verantwortung herbeigeführt. Klar, aus einer Depression heraus. Aber muss die Schwester soviel Mitleid haben, dass sie diesen ganzen Bohei, der nun um ihren Bruder veranstaltet wird, ohne Neidgefühle akzeptiert?

Daniela jammert immer wieder: "Jetzt stehen wird wieder am Anfang." Alle diese entbehrungsreichen Jahre - für nichts und wieder nichts. Sie kann nur einen Schlussstrich ziehen, indem sie nach vorne blickt und die Vergangenheit ruhen lässt.

Angelica braucht nur etwas Abstand, einen neuen Aufbruch. Offenbar scheint das Studium in der Heimat auch keine Arbeit zu bringen, sonst hätte sie sich längst darum bemüht. Mit der Zeit wird sie zur Familie zurückkommen. Wahrscheinlich ist auch sie jetzt ein Stückweit ausgebrannt, sie möchte den Ballast hinter sich lassen. Ich kann das verstehen.

Für mich bildet diese Perspektive einen starken Schlusspunkt.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Mich hat dieser Abschnitt im Gegenteil noch einmal stark eingenommen. In Danielas Geschichte waren doch viele Dinge redundant, die verschiedenen Arbeitsstellen krankten immer in ähnlicher Weise. Immer wurde D. als das ausgebeutete Opfer dargestellt, das man ohne mit der Wimper zu zucken kaltstellen konnte. Warum will sie sich jetzt von dem alten Mann verabschieden? War das nicht der, der mit den Schlaganfällen demenzkrank wurde und ins Heim musste? Mit dem Kinderarzt-Sohn? Der Flug kostet unnötig Geld und der Mann wird sie nicht mehr erkennen. Egal, es steht eben so im Buch;)
Der Kinderarzt Matteo war der Sohn der dicken Elena. Oreste ist ein ehemaliger Journalist, bei dem Daniela es tatsächlich sehr gut getroffen hatte, die beiden gingen zusammen spazieren und kauften Maroni, und Daniela stellt fest: "Von Oreste habe ich mehr gelernt als in all den Jahren auf der Schule" (S. 235). Er hat ihr auch angeboten, Manuel zu sich zu holen, und wollte ihm ein Zimmer zur Verfügung stellen. Leider wurde er dann in Rekordzeit dement.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Der Kinderarzt Matteo war der Sohn der dicken Elena. Oreste ist ein ehemaliger Journalist, bei dem Daniela es tatsächlich sehr gut getroffen hatte, die beiden gingen zusammen spazieren und kauften Maroni, und Daniela stellt fest: "Von Oreste habe ich mehr gelernt als in all den Jahren auf der Schule" (S. 235). Er hat ihr auch angeboten, Manuel zu sich zu holen, und wollte ihm ein Zimmer zur Verfügung stellen. Leider wurde er dann in Rekordzeit dement.
Bis auf den falschen Sohn bin ich im Bilde:)
Dankeschön.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Ich habe mir nochmal den Anfang zu Gemüte führt, wo auch ein kleiner Abschnitt über Angelica steht, der sie in einem anderen Licht erscheinen lässt. Aber erst mal: Manuel ist Danielas besonderer Liebling, weil sie ihn bekommen hat, obwohl ihr die Ärzte sagten, sie könne nie wieder Kinder bekommen.
Vielleicht hat sie mich deshalb so geliebt, weil ihr hoffnungsloser Wunsch zu Fleisch und Blut geworden war.
Und dann kommen einige Sätze zu Angelica:
Angelica muss man einfach liebhaben. (...) Angelica ist gut organisiert und alles andere als kleinlich. Sie drückt sich nie vor der Arbeit, im Gegenteil. Sie ist eine, die sich aufopfert. (...) Meine Schwester sollte sie als Esel darstellen, weil Angelica halt so ist, sie zieht den Karren bis sie zusammenbricht. "Nimm dich in Acht vor denen, die sich klaglos schinden", sagte Opa Mihai immer, "eines Tages sind sie es leid, und man sieht sie nie wieder."
Sehr prophetisch, im Rückblick betrachtet.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Sehr prophetisch, im Rückblick betrachtet.
… bereits ein Hinweis, eine Vorausdeutung, wie sich Angelica entwickeln wird.
iIch finde auch, dass diese 3.Perspektive den Roman abgerundet hat, alle Beteiligten- außer dem Vater kommen zu Wort und legen ihre subjektive, auch ungerechte, Beurteilung der Situation dar. Das ist auch die Absicht des Autors, wie ich bereits im Nachwort gelesen habe.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Nun denn, dieser Abschnitt hat mir nicht gefallen. Und auch wenn, besonders hier in diesem Leserundenabschnitt und besonders hier in der Leserunde durch die Teilnehmer alles geklärt wurde, fällt dieses Buch für mich unrund aus und überzeugt mich nicht vollständig.

Manuel redet nicht über das damalige Geschehen, nimmt es auch nicht an und nimmt keine Antidepressiva. Ist aber durchaus sauer über den Entschluss der Mutter! Und bittet sie den Boomerang zu werfen, weil er sich etwas wünscht. Das klingt nach einer Opferrolle und einem Verweigern/Nichtwahrhabenwollen/Negieren seiner eigenen Aktionen. Ebenso wie das Festhalten an der Pension im Dorf etwas waghalsig ist. Ob er seinen Weg finden wird? Oder ob hier etwas zerstört wurde?

Die Mutter geht nach Italien zurück, will aber wiederkommen, verlangt gleichzeitig von Angelica nochmals auf den Bruder aufzupassen. Sie hat also nicht begriffen, was sie ihrer Tochter angetan hat und hat es ebenso geschafft die Hochzeitsfeier im Dorf stattfinden zu lassen. Obwohl die Tochter dies nicht wollte. Das klingt nach einem an sich binden wollen. Und nach Dankbarkeit einfordern wollen. Gleichzeitig kann man sich fragen, wann denn die letzten glücklichen Zeiten im Leben der Mutter waren. Das war als Filip und sie sich geliebt hatten und bei Matteo und bei Oreste. Vielleicht will sie auch noch etwas Glück. Es wäre ihr sicher nicht zu verdenken!

Die Tochter möchte weg, sie kann ihre Familie anscheinend nicht mehr um sich ertragen und lässt ihren Vater in einem hehren Licht erstrahlen. Eine Trotzreaktion. Irgendwie schon. Dann die kurzentschlossene Heirat und die darauffolgende Fahrt nach Deutschland. Eine Flucht vor der Familie! Ein eventuelles Scheitern durch fehlende Sprachkenntnisse und ob das Studium anerkannt wird oder auch nicht, dass kommt nicht zur Sprache, wird verdrängt. So kommt es mir zumindest vor. Auch kann sie an der Mutter kein gutes Haar mehr lassen, erkennt auch deren Verzicht und deren Aufgabe für ihr Studium nicht mehr an. Außerdem ist diese schnelle Heirat auch irgendwie fragwürdig und ein darauffolgender Aufenthalt in einem fremden Land. Ein Wiederholen der Fehler der Eltern/der Mutter.

Oder ist alles eine Folge der veränderten Bindungen in der Vergangenheit durch den Weggang der Mutter und des darauffolgenden Verschwindens des Vaters. Klingt danach. Das Ende des Zusammenhalts einer Familie!
 
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Literaturhexle

Moderator
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2. April 2017
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Nun denn, dieser Abschnitt hat mir nicht gefallen.
Schade, denn am Anfang hast du dir die Perspektive Angelicas sogar gewünscht.

hat es ebenso geschafft die Hochzeitsfeier im Dorf stattfinden zu lassen. Obwohl die Tochter dies nicht wollte
Das fand ich auch nicht in Ordnung! Es passt aber zu Danielas Charakter. Sie gibt nicht von Herzen, sondern rechnet auf: "Ich habe dir ja auch..."

Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht! Dieser Spruch trifft auf Momas Verhalten oft zu. Sie hat gerne Recht und setzt sich durch - obwohl sie absolut kein schlechter Mensch ist.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Schade, denn am Anfang hast du dir die Perspektive Angelicas sogar gewünscht.


Das fand ich auch nicht in Ordnung! Es passt aber zu Danielas Charakter. Sie gibt nicht von Herzen, sondern rechnet auf: "Ich habe dir ja auch..."

Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht! Dieser Spruch trifft auf Momas Verhalten oft zu. Sie hat gerne Recht und setzt sich durch - obwohl sie absolut kein schlechter Mensch ist.
Und nicht gefallen ist hier nichts negatives fürs Buch. Sondern eher eine Bewertung der Charaktere. 4 Punkte bekommt das Buch von mir. :)
 

Barbara62

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19. März 2020
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mit-büchern-um-die-welt.de
Angelica wirkt auf mich nicht so sympathisch.
Ich bin gespalten, aber nicht ganz so streng wie du. Bei ihr kommt noch ein anderer Aspekt dazu als bei Manuel: Sie war mehr Papakind und nimmt ihrer Mutter die Zerstörung der Familie übel. Natürlich hat sie am meisten profitiert, aber andererseits hat sie auch genau die Wünsche der Mutter erfüllt und stand trotzdem nie im Fokus. Prinzipiell ging es Daniela immer mehr um Manuel.

Angelicas Perspektive finde ich wichtig, auch wenn ich ihr in einigen Dingen absolut nicht folgen kann. Dass sie z.B. den Vater als die einzige Person bezeichnet, der sie nie ausgenutzt hat. Hallo? Er hat Danielas Geld durchgebracht, das eigentlich für die Familie als Ganzes gedacht war. Er hat seine väterlichen Aufgaben nicht wahr genommen. Nur weil er von A. nichts gefordert hat, war er nicht gleich ein guter Mensch! (Vater)Liebe macht eben blind. Dass Filip kein neuer Mensch geworden ist, sieht man auch daran, dass er nur einmal im KKH war, er keine Anstrengungen unternimmt, der Hochzeit beizuwohnen und auch am Telefon schlecht erreichbar ist. Dieser Vater wird verklärt.
Allerdings beurteilst du damit den Vater ausschließlich aus Danielas Sichtweise. Als einzige Figur kann er sich nie rechtfertigen. Vielleicht hat er unter der überehrgeizigen Frau ja sehr gelitten? Hat ihre Pläne für das teure Gymnasium, auf das Manuel gar nicht wollte, nicht gutgeheißen? Vielleicht sah er keinen Sinn darin, sich für Angelicas Schulbesuch derart abzurackern? Schließlich hätte sie eine normale Schule vermutlich gratis bekommen. Wir wissen es nicht, aber nachdem Angelica so an ihm hängt, wird schon irgendetwas an ihm dransein ;).
 

Barbara62

Bekanntes Mitglied
19. März 2020
3.898
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Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
"Ich bin weggegangen, damit wir eines Tages wieder alle zusammen sein können..." (S. 275). Wenn man diesen Satz als Maßstab nimmt, ist Daniela ganz und gar gescheitert.

Ich hatte mir Angelicas Perspektive schon früh gewünscht, weil ich sie für ein entscheidendes Opfer von Danielas Entschluss halte, obwohl sie gleichzeitig die Nutznießerin ist. Zum ersten Mal entspricht sie nun nicht den Wünschen ihrer Mutter und doch bin ich überzeugt, dass sie das Richtige tut und ihren Weg machen wird. Sie ist gut ausgebildet, weiß, was sie will, und wird in Berlin einen Job finden. Sie wirkt hart, aber wenn sie jetzt nachgeben würde, käme sie nie mehr weg.

In Manuels Sinn hoffe ich, dass Daniela ihn endlich machen lässt, was er möchte. Es kann doch nicht ihr Ernst sein, dass sie ihn zurück auf das verhasste Gymnasium schicken will? Je länger der Roman geht, desto weniger kann ich sie verstehen. Am Anfang hatte ich Hochachtung vor ihr, weil sie alles für die Familie gibt, aber inzwischen überwiegen Rechthaberei und Starrsinn. Das Geld ist ihr, wie Angelica sagt, zur fixen Idee geworden.

Die sympathischste Figur im Buch bleibt für mich der Großvater. Schade, dass er so früh gestorben ist.
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
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Prinzipiell ging es Daniela immer mehr um Manuel.
Die Sympathien in einer Familie sind ja oft Überkreuz etwas unterschiedlich gelagert;)

Wir wissen es nicht, aber nachdem Angelica so an ihm hängt,
Hm. Sie sagt ja schon, dass er alle Fehler der Welt hat - nur habe er sie eben nie ausgenutzt.
Liebe trübt die Objektivität. Aber mit Sicherheit wäre es interessant gewesen, auch Filips Sicht zu erfahren. Alles hat schließlich immer mindestens zwei Seiten.