4. Leseabschnitt: Donnerstag, 25. Juni 1914 (S. 193 bis S. 278)

Xanaka

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12. Juli 2015
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Es ist doch fast nicht zu glauben, dass dieses Attentat gelingen konnte. Die Beamten hatten so viele Möglichkeiten, mittlerweile je mehr ich lese, so viele Hinweise und Informationen. Es wäre ein Leichtes gewesen dieses Attentat zu verhindern.

Aber mir gefällt an diesem Buch auch die kleinen Nebenschauplätze und die Menschen von denen man erfährt. Beim Lesen überlege ich natürlich immer, ob es wirklich alles so war? Aber das werden wir ja leider heute nicht mehr erfahren. Also nehme ich es einfach an.
 

Circlestones Books Blog

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28. Oktober 2018
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Es bleibt spannend, wie viele Kleinigkeiten und auch Zufälle auf Seiten der Attentäter dazu führten, dass diese doch noch erfolgreich waren. Vor allem wollte niemand in der starren österreichischen Beamtenhierarchie seinen Posten riskieren, wenn man dem aufbrausendenThronfolger zu dringlich von einer Reise abriet, die er unbedingt, vor allem aus seiner Sicht der politischen weiteren Pläne, unternehmen wollte. Mir gefällt der fiktive Rudolf Markovic, so wie er geschildert wird, sein Verhalten, seine Besonnenheit, auch seine zunehmende kritische Haltung und die Überlegungen, sich ins Privatleben zurückzuziehen. Auch seine unvoreingenommene Freundschaft zu Svetlana passt in dieses Gesamtbild.
Auf Seite 257 stellt Sophie in Gedanken fest, dass sich Franz Josef und Sisi nie geliebt haben, doch hier irrt sie. Sisi ist durch ihre langen Reisen und Auslandsaufenthalte nicht vor ihrem Ehemann geflohen, sondern vor den Intrigen und Zwängen am Wiener Hof und vor ihrer dominanten Schwiegermutter.
 

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Weil es früher schon einmal kam (im ersten oder zweiten Leseabschnitt), wie naiv doch die Österreicher waren zu glauben, irgendwer würde sich über sie freuen: Hier wird ja beschrieben, wie F.F. in Ilidža von jubelnden Menschen empfangen wird. Da musste ich ganz spontan an den Oktober 89 denken, als das 40-jährige Bestehen der DDR gefeiert wurde ... mit allem Drum und Dran ... und der Staat schon daniederlag und ein Jahr später nicht mehr exisitierte. Diese "Naivität" oder der Wahrheit nicht ins Auge schauen können/wollen, ob bewusst oder unbewusst, ist etwas, was auch die Geschichte durchzieht.

Schön, eindrücklich und fast schon philosophisch sind Gavrilos, ich nenne es jetzt mal einfach so, innerer Monolog und Sinnieren über die Krankheit als Strafe Gottes und das fünfte Gebot, "Du sollst nicht töten". Wenngleich er sich nicht der weiteren Folgen bewusst ist (was auch nicht möglich ist, aber darüber nachdenken könnte er), scheint er mir immer noch der reflektierteste von ihnen zu sein. Aber schauen wir mal, ob es ähnliche schöne Innenansichten auch von den anderen Attentätern gibt.
 

wal.li

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Ich glaube, ich habe schon in jedem Abschnitt geschrieben, wie unglaublich ich es finde, dass das Attentat bei der Lage nicht verhindert wurde. Heutzutage würde es so ein Bad in der Menge nicht geben. Eher ein dreifach gesicherter Panzerwagen oder vier Alternativrouten oder gar kein öffentlicher Auftritt.

Nach wie vor gefällt es mir gut, wie das Zusammenleben des Paares beschrieben wird, no normal. Sie nutzen ihr sturmfreies Apartment so wie andere Eltern das auch tun würden.

Sehr geschickt, wie Markovic seine Freundin engagiert, um an die Schwester ranzukommen. Sie versucht, ihrem Bruder zu helfen. Ich glaube, die Attentäter gehen ganz schön fatalistisch an die Sache ran. Sie wissen, dass sie krank sind und niemand ihnen helfen wird. Wer weiß, ob die Drahtzieher sie nicht gerade deswegen ausnutzen.
 

ElisabethBulitta

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Ich glaube, ich habe schon in jedem Abschnitt geschrieben, wie unglaublich ich es finde, dass das Attentat bei der Lage nicht verhindert wurde. Heutzutage würde es so ein Bad in der Menge nicht geben. Eher ein dreifach gesicherter Panzerwagen oder vier Alternativrouten oder gar kein öffentlicher Auftritt.

Und trotzdem ist die Angst vor Anschlägen allgegenwärtig. Nicht bei mir, aber in der Gesellschaft. Natürlich war es leichtsinnig (zumindest aus heutiger Sicht) und hätte, wiederum aus heutiger Sicht, verhindert werden können. Aber man darf auf nicht vergessen: Im Nachhinein ist man immer klüger. Die Menschen damals haben die Sicherheitslücken ausgenützt, die sie ausnützen konnten. Heute ist es genauso.
 
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Ulf Schiewe

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Und trotzdem ist die Angst vor Anschlägen allgegenwärtig. Nicht bei mir, aber in der Gesellschaft. Natürlich war es leichtsinnig (zumindest aus heutiger Sicht) und hätte, wiederum aus heutiger Sicht, verhindert werden können. Aber man darf auf nicht vergessen: Im Nachhinein ist man immer klüger. Die Menschen damals haben die Sicherheitslücken ausgenützt, die sie ausnützen konnten. Heute ist es genauso.

Außerdem war die Einstellung der Herrschenden anders. Sich hinter Sicherheitsbeamten oder gar Militär zu verstecken wurde als feige und beschämend empfunden. Haltung war angesagt. Und man wollte im Gegenteil zeigen, dass man vom Volk geliebt war. Der Kaiser war Jahre zuvor in Sarajevo gewesen und hatte sich hinterher bitter beschwert, dass die Straßen voller Militär waren. Das sei unwürdig! Das ist sicher ein Grund, warum Potiorek so peinlich darauf bedacht war, dass kein Militär sondern winkende Menschen die Route säumten.
 

Amena25

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Schön, eindrücklich und fast schon philosophisch sind Gavrilos, ich nenne es jetzt mal einfach so, innerer Monolog und Sinnieren über die Krankheit als Strafe Gottes und das fünfte Gebot, "Du sollst nicht töten".
Das gefällt mir auch sehr gut. Die jugendlichen Attentäter werden menschlich, fast schon bemitleidenswert gestaltet. Eine Frage an Ulf Schiewe: Ist diese Figreungestaltung rein fiktiv, oder gibt es dazu Archivmaterial?
Auch Gavrilos Begegnung mit Jelena zeigt, wie sympathisch der Junge ist, der befürchtet, vor seinem Tod so vieles nicht erlebt zu haben.
 
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Ulf Schiewe

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Das gefällt mir auch sehr gut. Die jugendlichen Attentäter werden menschlich, fast schon bemitleidenswert gestaltet. Eine Frage an Ulf Schiewe: Ist diese Figreungestaltung rein fiktiv, oder gibt es dazu Archivmaterial?
Auch Gavrilos Begegnung mit Jelena zeigt, wie sympathisch der Junge ist, der befürchtet, vor seinem Tod so vieles nicht erlebt zu haben.
Ich fürchte, das ist alles von mir. Es gibt allerdings ein dokumentiertes Interview mit ihm während der Festungshaft. Aus dem geht zumindest seine Gesinnung und Motivation hervor.
Die Episode mit Jelena ist aber echt.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Die Episode mit Jelena ist aber echt.
Und es könnte fast ein Grund gewesen sein, es sich doch noch einmal zu überlegen. Aber das wäre dann ein emotionaler historischer Roman...und wir müssen uns mit der Realität abfinden.
Sehr interessant, wie dicht der Geheimdienst auf der Spur der Attentäter ist. Wie viele Informationen sie gesammelt und die letztlich richtigen Schlüsse gezogen haben. Ich finde den Roman nach wie vor unglaublich spannend, obwohl man den Ausgang kennt. Die Innensichten tragen viel zur Spannung bei und wirken trotz der Fiktionalität sehr authentisch.
 

Amena25

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Ulf, woher weißt du das mit der Begegnung mit Jelena? Steht das auch in irgendwelchen Akten?
 

Ulf Schiewe

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Es wird in einem meiner Recherchebücher berichtet. Eine ehemalige Freundin von Jelena hat es viele Jahre später einem Journalisten erzählt. Er sei so wütend über ihre Zurückweisung geworden, er hätte selbst Gott erschossen.
 

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Mit vielen Umwegen und Missgeschicken kommen die Attentäter ihrem Zielpunkt näher. Was ist da alles schiefgegangen und wie oft sind sie trotzdem durch das Netz geschlüpft!

Hier lernen wir die jungen Leute besser kennen, ihre Geschichte, ihre Motivation. Bei Gavrilo kann ich vieles nachvollziehen. Er ist immer im Leben zu kurz gekommen und meint, er könnte so das Los seiner Landsleute verbessern. Das ist natürlich Unsinn, aber das wird ihm nie bewusst werden. Ein Romantiker ist er auch noch, dabei todkrank - eine hochexplosive Mischung.

Swetlanjas Schicksal ist exemplarisch und illustriert Sophies Gedanken während ihres nachmittäglichen Ruhestündchens. Sie bewundert Frauen, die etwas bewegen wollen, aber ich glaube, eher aus der Ferne. Auf alle Fälle hat das "lose" Geplauder der Hofdame etwas ausgelöst;)
 

Bibliomarie

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Vor allem wollte niemand in der starren österreichischen Beamtenhierarchie seinen Posten riskieren, wenn man dem aufbrausendenThronfolger zu dringlich von einer Reise abriet,

Da versickerte gewiss jede Menge Information, starre Beamtenhierarchien war aber auch lange Zeit ein Erfolgsgarant für die Verwaltung des riesigen Vielvölkerreiches. Aber wenn dann noch Eitelkeit und Ignoranz dazukommt......
 
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Bibliomarie

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Sich hinter Sicherheitsbeamten oder gar Militär zu verstecken wurde als feige und beschämend empfunden. Haltung war angesagt.

Aus dieser Sicht habe ich das noch gar nicht gesehen, aber das ist völlig logisch und passt in die Überhöhung der Militärs, wie es ja in Preußen und anderen Staaten üblich war.
 

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Ganz so sehe ich es nicht, der Gedanke Südslawien, also Kroatien, Bosnien, Dalmatien unter den Habsburgern, wurde ja nicht von der Bevölkerung hier in Bosnien abgelehnt, sondern von den Serben. Auch diese wollten ein vereintes Südslawien, aber unter der Führung Serbiens. Dies war ja nach 1918 dann auch der Fall, ein Königreich Jugoslawien unter der Führung Serbiens und der Zentralismus ohne Rücksicht auf die kulturellen Gruppen blieb der selbe, wie unter den Habsburgern, wenn nicht schlimmer. Wenn es nach zahlreichen erhaltenen Dokumenten und Aussagen Franz Ferdinands geht, war er ein Verfechter des Föderalismus-Gedankens. Ich vermute, er wäre nach dem Tod von Kaiser Franz Joseph (und nach einer entsprechenden Verjüngung des Beraterkreises am Hofe) ein modernerer Kaiser geworden, dafür hätte auch Sophie gesorgt (nur die Künstler wären wohl ausgewandert).
 

Renie

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In diesem LA taucht Vukosava auf, wie schön. Ich hatte angenommen, dass sie nur eine Randfigur aus Gavrilos Erinnerungen ist. Aber nun erleben wir sie in Aktion. Nur blöd, dass Gavrino Jelena über den Weg läuft. Und schon spielt Vukosava (erstmal?) keine Rolle mehr.
Aber es sei Gavrino gegönnt. Hier hatte ich auch gehofft, dass er sich eines besseren belehrt und sich das mit dem Attentat anders überlegt. (und das, obwohl ich doch weiß, wie die Sache am Ende der Woche ausgehen wird :D)

Zu Beginn dieses LAs treffen wir FF auf dem Kriegsschiff. Und ich werde den Eindruck nicht los, dass es sich hierbei um ein Kriegsspielzeug handelt. Zumindest ist FF mächtig stolz auf seine Marine.
Trotz aller Adelstitel und Thronfolgerei ist FF immer noch Vater. Das beweist das Telegramm, das er an seine Kinder sendet.

Und der Gipfel der Dekadenz ist für mich das Appartment, das eigens für das Thronfolgerehepaar anlässlich ihres Besuches erstellt worden ist. Ein einfaches Hotelzimmer - meinetwegen die Hochzeitssuite - hat wohl nicht gereicht:confused:
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Zu Beginn dieses LAs treffen wir FF auf dem Kriegsschiff. Und ich werde den Eindruck nicht los, dass es sich hierbei um ein Kriegsspielzeug handelt. Zumindest ist FF mächtig stolz auf seine Marine.
Trotz aller Adelstitel und Thronfolgerei ist FF immer noch Vater. Das beweist das Telegramm, das er an seine Kinder sendet.
Als Vater sollte man seinen Kindern Vorbild sein und sämtliches Kriegsgebaren dorthin verbannen wo es hingehört - in die Unendlichkeit der Nichtexistenz :D. Irgendwas ist bei der Planung des Mannes gründlich schief gelaufen...:rolleyes: