4. Leseabschnitt: Buch II, Kapitel III und IV (Seite 225 bis 334)

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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In diesem Abschnitt hat mich der Roman komplett verloren. Ich empfinde ihn nach wie vor als ziellos, langweile mich über weite Strecken sehr und bin stets versucht nur noch quer zu lesen (das mache ich natürlich nicht, aber dieses Gefühl habe ich auch sonst recht selten). Ich finde die "weisen" Einlassungen der Erzählinstanz zu Leben und Literatur irgendwie sehr selbstbeweihräuchernd bis leblos und der humoristische Einschlag ist mir zu gewollt.

Der Handlung selbst kann ich auch kaum etwas abgewinnen - ich finde sie dümpelt in Kreisen vor sich hin, jetzt also wieder Ester und Baraja und Rico, aber irgendwie ist es immer "same, same - but different". Zu diesem Zeitpunkt bin ich tatsächlich recht enttäuscht und angeödet - dabei hatte ich mir so große Hoffnungen nach dem letzten Abschnitt gemacht.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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aber vielleicht zum Teil etwas langweilig,
Das ist aber freundlich ausgedrückt! :smileeye
Man hätte lektorisch straffen und kürzen müssen.
Ja, aber unbedingt. Ich weiß gar nicht wie ich diese Längen überlebt habe. Die Hälfte der Seiten hätte es auch getan.
Aber @ Literaturhexle hat die verschiedenen Anliegen des Autors gut herausgearbeitet, bei ihm gehen sie in der ausufernden Handlung eher verloren.
Das sehe ich auch so. In dem ganzen überfrachteten Wust von "klugen" Sätzen, die irgendwie bedeutsam klingen sollen und der handlungsarmen Detailverliebtheit, die die eigentliche Handlung immer wieder vernachlässigt, verschwimmen Ziel und Funktion und werden fast unkenntlich.
Alles Mögliche, Sätze, die purer Blödsinn sind - das Ausschweifende, die Beispiele, die gesuchten Bonmots, alles.
Ja, strengt mich auch nur noch an. Ein Roman, bei dem die Erzählinstanz sich selbst abfeiert und das auf eine Art, die die eigene Cleverness und einen Genieverdacht gegen sich selbst unterstreicht - nicht meins, dabei liebe ich besondere Erzählinstanzen.

Ich sehe ja, dass ihr alle sehr begeistert seid :smileeye und auch wunderbar Dinge und Bezüge hergestellt habt, die zutreffen und den Roman als Ganzes aufwerten. Bei mir ändert das, zumindest augenblicklich jedoch nichts daran, dass der Text mich überhaupt nicht mehr erreicht und ich auch kaum noch Energie habe, mir Gedanken um Interpretationen und Funktionen zu machen. Ich fühle mich völlig zugedröhnt mit schicken Sätzen, die ich mir merken soll und die mich erstaunen sollen, weil sie mir so noch nie begegnet sind. Mir ist das alles "veel Jedöns" um nicht besonders viel und vor allem mittlerweile sehr kalkuliert und konstruiert. Das alles hätte man in der Hälfte der Zeit erzählen können und wo will der Roman eigentlich noch hin? Eins steht auf jeden Fall fest: es zieht sich.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Das sehe ich auch so. In dem ganzen überfrachteten Wust von "klugen" Sätzen, die irgendwie bedeutsam klingen sollen und der handlungsarmen Detailverliebtheit, die die eigentliche Handlung immer wieder vernachlässigt, verschwimmen Ziel und Funktion und werden fast unkenntlich.
Es beruhigt mich, dass Du das genauso siehst. Es liegt also nicht nur an mir, dass mich das Buch überhaupt nicht erreicht hat.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Es liegt also nicht nur an mir, dass mich das Buch überhaupt nicht erreicht hat.
Ganz bestimmt nicht. Für mich ist das tatsächlich ein Roman, in den ich zumindest augenblicklich mit viel Aufwand etwas reininterpretieren müsste, damit ich ihm etwas „abgewinnen“ kann. Aber da bin ich ab einem gewissen Punkt nicht mehr gewillt . Wenn dies eintritt, ist das für mich ein Zeichen dafür, dass das Buch und ich nicht wirklich zusammenpassen. Ich stelle für mich dann auch immer das „Handwerk“ infrage. Es gibt eben Romane wie „Nachleben“ oder „Eine Laune Gottes“ - da passt alles, sie funktionieren auf allen Ebenen und sie öffnen sich unmittelbar für Interpretationen. Das begeistert mich, wenn Autoren das so hinbekommen! Oder das Buch muss so mitreißend mich in eine andere Welt entführen, dass das „Literarische“ gar nicht mehr so wesentlich ist. Dafür kann ich mich auch begeistern. Hier ist im Augenblick aber weder das eine noch das andere gegeben.
 

otegami

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17. Dezember 2021
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Na, wie ich hier lese, gehen die Meinungen über das Buch auseinander - es kommt bei allen unterschiedlich an! ;)

der Einstieg auf S. 226 ist klasse: "Es heißt, manche Bücher altern schlecht..."
Den fand ich auch sehr gelungen! ;)
Gelungen finde ich die abwechselnde Erzählweise: mal erleben wir Rico, mal Simon. Dadurch wird die Diskrepanz zwischen den beiden deutlich: Simon hat fleißig gearbeitet..........
Ja, Rico kommt da nicht gut weg und schmarotzt sich durch's Leben! Als er weg ging, konnte ich das ja noch nachvollziehen, aber dass er schon mal aus Dussligkeit seinen Pass vergaß.......... :rolleyes::think . Und da hört er auf und dort
macht er nicht weiter! (Und - logisch - solche Typen ziehen natürlich dann auch das Pech an!)

Was ich auch in diesem Zusammenhang nicht verstehe: die Haltung der Frauen! :monocle Betty/Beth hält ja auch weiterhin zu ihm, obwohl er einen Schlüssel nachmachen hat lassen und sie ihn mit einer 'älteren Dame' auf dem Sofa erwischt. Sie gibt ihm Arbeit, obwohl das ihrem Vater nicht recht ist, und was macht er? Nach ein paar Wochen verschwindet er wieder! (Zu Simón sagt sie sogar, er solle kein Hurensohn sein! :rolleyes: )
Indessen hat sich Rico ein Netz aus Lügen gesponnen.
Wenn man liest, w a s für einen Aufwand er damit betrieben hat! Wenn er diesen Aufwand geschickt eingesetzt hätte, hätte er wahrscheinlich auch das Ruder auch rumreißen können. Aber da kommt schon der Gedanke auf, ob er das überhaupt will! (Bei solchen Typen sind ja immer die anderen schuld! :p Selbstreflektion? Fehlanzeige!
Onas Vater z.B. reicht es nicht, Simon rauszuwerfen und kein Geld in sein Projekt zu stecken, nein, er muss ihm seine ganze Karriere verbauen
Ohja, solche Menschen gibt es! :p (Dass er Simón rausgeschmissen hat, konnte ich ja sogar nachvollziehen! :cool: )
indem er mit dessen Tochter anbandelt. (Die Folgen hätte er wirklich vorhersehen können - aber vermutlich wähnt er sich noch immer manchmal in einem Abenteuerroman und kann nicht anders.)
*Giggel* so habe ich das auch interpretiert!
Die Frauen sind meist in einer Mission unterwegs, aber ihre Mission wird oberlehrerhaft vorgetragen, sie dozieren und Simon findet es nervig.
Och, ich kenne da ein paar weibliche Veganer, die scheint der Autor auch zu kennen! :rofl
"Dinge renken sich nicht ein, indem man ein ernstes Gespräch führt, sondern indem man mit jemandem wieder richtig lachen kann." In den Siebzigern, die mich (Jahrgang 1957) geprägt haben, war das ernsthafte Gespräch eine Art Fetisch. Man glaubte, schlechthin alles mit einem ernsthaften Gespräch lösen zu können.
*Gg* an diese Zeit kann ich mich auch noch seeeeehr gut erinnern! Diskutieren ging über alles! Stundenlang!
Also das Kapitel über die Lachszucht zum Beispiel hat mir sehr gut gefallen.
Mir auch! ;)

Sätze, die mir gut gefielen, habe ich mir auch wieder notiert:

S 253: 'Romane und gute Menschen gehen der Sache auf den Grund, wenn jemand sagt, es sei nichts.' (Bei Männern sollten ja immer die Alarmglocken klingen, wenn eine Frau zu ihnen sagt: es sei nichts! :rofl )
S 265: ",denn er fand, dass die Fußnoten von kritischen Ausgaben, bloß die Handlung ruinierten.........
S. 289: "Die Flüssigkeit ihrer Freundschaft war noch da, aber sie war schal geworden. Keine Kohlensäure mehr."
S. 300: Drei Weisheiten gibt es für ein gelungenes Leben: die der Bücher, die der Straße und die der Weitsicht.
Auf S. 313: der Vergleich mit dem Timing in der Küche! (Soooo wahr und treffend! ;) )
S. 315: "Dass echte, nicht gespielte Tränen immer der Auftakt für eine Beichte sind."
 
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Christian1977

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Bei solchen Typen sind ja immer die anderen schuld! :p Selbstreflektion? Fehlanzeige!
Ich weiß, was du meinst, finde aber, dass das nur nach außen hin stimmt. Rico ist in meinen Augen eine tragische Figur. Eigentlich hätte er so große Möglichkeiten, versaut sie sich aber selbst durch notorische Lügen und eine völlig falsche Selbsteinschätzung. Ein hochintelligenter Mann, der wie ein lächerlicher Hanswurst daherkommt. Aber innerlich zerrissen und wahrscheinlich mit großen Selbstvorwürfen.
 

otegami

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.... finde aber, dass das nur nach außen hin stimmt.
Wieso 'aber'? Deine Meinung ergänzt doch nur meine Beschreibung von Rico! ;)

(So, und jetzt tauche ich wieder in meine Weihnachtsbäckerei ein :joy ! Die Teige ruhen schon seit gestern Nachmittag im Kühlschrank. Wundert Euch also nicht, wenn bald ein köstlicher Plätzchenduft in der Luft liegt! :helo )
 

Christian1977

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Wieso 'aber'? Deine Meinung ergänzt doch nur meine Beschreibung von Rico!
Das "Aber" galt deiner Anmerkung "Selbstreflexion? Fehlanzeige". Das glaube ich nämlich gerade nicht. Weil ich meinte als Leser seine innere Zerrissenheit spüren zu können, seine Selbstzweifel und damit eben auch die Reflexion. Auch wenn er sie nach außen hin nicht geäußert haben mag.
 

Literaturhexle

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Weil ich meinte als Leser seine innere Zerrissenheit spüren zu können, seine Selbstzweifel und damit eben auch die Reflexion.
Es steht zwar Simon im Mittelpunkt, aber Rico dürfte genauso sich selbst überlassen aufgewachsen sein - nur dass er keinen großen Cousin-Bruder hatte...
Das führt zu falschen Freunden, falschen Vorbildern, dem Traum vom schnellen Geld, ohne Spülhände davon zu bekommen.

Rico ist ein eher trauriger Held, ein ewig Kind gebliebener. Aber so hart kann ich mit ihm auch nicht ins Gericht gehen. Wahrscheinlich, weil seine Verletzungen für uns Leser doch iwie sichtbar sind. Damit will ich sein Verhalten aber keineswegs rechtfertigen. Er sollte in seinem Alter Verantwortung tragen können. Er ist verkorkst.
 

otegami

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Das "Aber" galt deiner Anmerkung "Selbstreflexion? Fehlanzeige". Das glaube ich nämlich gerade nicht. Weil ich meinte als Leser seine innere Zerrissenheit spüren zu können, seine Selbstzweifel und damit eben auch die Reflexion. Auch wenn er sie nach außen hin nicht geäußert haben mag.
Seine Zerrissenheit und seine Selbstzweifel: JA! Reflexion: immer noch NEIN!
'Wer einen Fehler nicht erkennt, ist gezwungen, ihn zu wiederholen'! Und Rico wiederholt oft, sehr oft! (Das immer-wieder-Hinschmeißen der Arbeit z.B.) Das wirkt auf mich so gar nicht als Selbstreflexion! ;)

Rico ist ein eher trauriger Held, ein ewig Kind gebliebener. Aber so hart kann ich mit ihm auch nicht ins Gericht gehen. Wahrscheinlich, weil seine Verletzungen für uns Leser doch iwie sichtbar sind. Damit will ich sein Verhalten aber keineswegs rechtfertigen. Er sollte in seinem Alter Verantwortung tragen können. Er ist verkorkst.
Da gebe ich Dir sowas von Recht! Leider lernen das manche nie! :sad (Und am schärfsten finde ich es dann noch, wenn sie damit kokettieren, dass sie 'immer Kind geblieben sind'! :p )
 

parden

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Der vorherige Abschnitt ließ mich hoffen, dass mich der Roman jetzt mehr einfangen könnte, aber nein. Leider ergeht es mir wie @luisa_loves-literature - mich hat der Roman verloren. Die hier benannten womöglichen Aussagen des Romans - ja, kann sein. Aber wenn ich sie wie Nadeln im Heuhaufen suchen muss, weil hier viel um nichts herum geschrieben wird und einen einfach nur einlullt, dann mag ich einfach nicht mehr nach möglichen Bedeutungsebenen suchen. Ich bin einfach nur froh, wenn ich den Roman endgültig zuklappen kann und leider fällt mir die Vorstellung schwer, dass sich dies auf den letzten 100 Seiten noch ändern könnte. Glücklicherweise sind die letzten beiden LA deutlich kürzer, da kann sich dann vielleicht wenigstens mal das Gefühl einstellen, überhaupt voranzukommen. Es ist ja schön, dass es hier auch begeisterte Stimmen gibt. Leider gehöre ich nicht dazu.

Was ich überhaupt nicht verstehe: Das Baraja soll jetzt geschlossen werden. Die Stammkunden wissen davon, aber Simón erfährt es nicht von seinen Eltern. Warum reden die nicht mit ihm??? Vielleicht hätte er noch eine Idee, wie das Lokal zu retten ist, würde womöglich selbst mit einsteigen? Aber auch er nimmt es jetzt einfach so hin, ein wenig deprimiert, aber so what.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Die hier benannten womöglichen Aussagen des Romans - ja, kann sein. Aber wenn ich sie wie Nadeln im Heuhaufen suchen muss, weil hier viel um nichts herum geschrieben wird und einen einfach nur einlullt, dann mag ich einfach nicht mehr nach möglichen Bedeutungsebenen suchen.
Genau das ist mein Problem. Mir fehlt dann einfach irgendwann die Geduld und der Enthusiasmus. Ich kann mich kaum dazu aufraffen, nun noch die letzten Abschnitte über mich hinweg plätschern zu lassen...
 

otegami

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Was ich überhaupt nicht verstehe: Das Baraja soll jetzt geschlossen werden. Die Stammkunden wissen davon, aber Simón erfährt es nicht von seinen Eltern. Warum reden die nicht mit ihm??? Vielleicht hätte er noch eine Idee, wie das Lokal zu retten ist, würde womöglich selbst mit einsteigen? Aber auch er nimmt es jetzt einfach so hin, ein wenig deprimiert, aber so what.
So etwas verstehe ich auch nicht! Aber ich kenne solche Familien: da wird ein Thema (meistens ein Neidthema - 'die und jene bekommen alles in den Hintern geschoben') bis zum Erbrechen immer wieder durchgekaut, stundenlang mit wachsender Begeisterung, aaaaaber was bei den einzelnen Familienmitgliedern los ist, was die bewegt......... nix!!!! Absolut nix!!!!! Da sind die normalsten Dinge nicht bekannt! :rolleyes: Da wird einfach nicht drüber geredet! Für mich auch absolut unverständlich! :p
(Am Anfang hatte ich ja noch vermutet, dass sie es nicht sagen wollen, wenn wir fragten. Aber sie wussten es wirklich nicht!)

Zurück zu Simón: logisch nimmt er es jetzt einfach so hin, was soll er denn sonst machen? Er kennt doch die Strukturen in seiner Familie!
 
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Reaktionen: parden und RuLeka

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29. März 2022
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Mainz
Wieder sind ein paar Jahre vergangen. Simon ist etwas gereift.
Hier lesen wir abwechselnd von ihm und Rico. Mir ergeht es ein wenig wie Simon selbst, es kommt zwar endlich zur Begegnung, aber die Neugier ist ein wenig abgeflaut. Leider ist er bei weitem nicht mehr der, der er einst für Simon war. Auch Erfolg will sich nicht so richtig einstellen...
Was mich ein wenig nervt, sind die Frauengeschichten. Ich verstehe die Funktion auch nicht.
Der Abschnitt hat sich ein wenig gezogen, aber ich mag die Schreibweise und viele insbesondere bücherbezogene Weisheiten.
Ich hoffe, der nächste Abschnitt wird mich wieder etwas mehr packen.