Fast ein bisschen zuviel des Guten.
Im letzten Teil verlässt die Autorin das Konzept eines Romans.Sie haut jetzt ungefiltert alles rein, was in der koreanischen Gesellschaft schief läuft und die Frauen benachteiligt.
Das ist definitiv zu viel. Ausgestiegen bin ich als sie auch noch ein Schreikind hat.
Obwohl die Autorin die Schreikindkiste auch wieder abmildern musste, weil sie ja weiterführen wollte, was auch dann noch alles unrund läuft, wenn das Kind in eine Aufbewahrungsstätte kommen kann. Und ein Schreikind kann man nicht in einen Hort geben. (Ich kenne die Leidensgeschichte einer Schreikindmama. Die Probleme wurden laaaangsam besser als das Kind 15 Jahre alt wurde).
Dass die Mutter ihr Kind liebt, kommt nicht extra zur Sprache. Natürlich liebt sie es. Aber die Situation frisst sie auf und nur das ist die Thematik der Autorin.
Also, dass Jiyoung jetzt herhalten muss für
alles, als Platzhalterin, und die Autorin damit das Konzept eines Romans mit einer authentischen Figur verläßt, verärgert mich. Es wäre auch dann noch gegangen, wenn sie sich ein bisschen gebremst hätte oder diese Dinge anderen Frauen zugestoßen sein könnten.
Schade, bis zu Beginn des 3. LA habe ich diese Vermischung von Roman und Sachbuch gut haben können. Aber man muss wenigstens ein bisschen die Balance halten.
Kim Jiyoung, geboren 1984 ist trotzdem ein wichtiges Buch.
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Dieser Psychologenteil ist natürlich nicht echt, der ist ein Kunstgriff der Autorin. Einen Moment lang habe ich fast gedacht, ihr meint, das sei echt. Er zeigt aber, dass selbst verständnisvolle Männer selten willens sind, ein persönliches Opfer zu bringen. Dabei wäre es relativ einfach gewesen in seinem Fall, eine Lösung zu schaffen. Die Praxis erweitern, ein Teil Augenarzt, ein Teil Psychologie - jeder arbeitet die Hälfte der Woche und in der anderen Hälfte bleibt er zu hause. Abwechselnd.
Vllt hilft dieses Buch ein wenig, dass die koreanische Gesellschaft ein wenig aus der Schamkultur herauskommt. (Sagt man ja so, im Westen hätte man eine Schuldkultur und im Osten eine Schamkultur).