4. Leseabschnitt: ... 2 ... 1 ... 0

SuPro

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Ja. Das meine ich einerseits schon. Mir ist auch die Hochbegabung einleuchtend. Jedoch erscheint mir die Tölpelhaftigkeit, Lebensuntauglich- und Empathielosigkeit im Vergleich zu seinen geistigen Errungenschaften zu drastisch. Ich kriege diese zwei Seiten nicht unter eine Haube. Das fängt mit der Hochzeitsnacht an und hört beim Kinderdrachen auf. Diese Kleinigkeiten finde ich einfach nicht stimmig und übertrieben.
Und ihr kennt mich: ich kann über so etwas nicht lachen. Falls es dem Witz förderlich sein sollte, kam es nicht bei mir als Leserin an ;)
Ich glaube, da ging es nicht um Witz, sondern um das Aufzeigen dieser sehr konträren Seiten, die Hermann hat. Im Extrem sprechen wir ja auch von „Genie und Wahnsinn“... v. a. Hochbegabte Menschen haben diese extremen Seiten und ich glaube, Daniel Mellem wollte das zeigen. Aber ich kann mit dem Wort tölpelhaft nichts anfangen in Bezug auf ihn. Er ist alltagsuntauglich, emotional nicht intelligent und zwischenmenschlich inkompetent. Ein Tölpel hat aber meist auch geistige Defizite (das adoptiere ich mit Tölpel und das ist vllt der Grund, dass wir hier Begriffe wälzen) ... und die hat Hermann sicher nicht...
 
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Literaturhexle

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Ich glaube, da ging es nicht um Witz
Aber es wurde in der LR wiederholt geschrieben, das einzelne sich amüsiert und zuweilen schallend gelacht haben. Das zeigt ja, dass die Szenen (vielleicht absichtlich um des Effektes willen) etwas überzogen dargestellt wurden. So etwas kommt bei mir als Leserin nicht an. Warum sollte sich ein renommierter Physiker auf einen Drachen stürzen und letztlich daran scheitern? Oberth müsste doch selbst seine Stärken und Schwächen einschätzen können.
Ich habe selbst ein verkapptes Genie in der Familie. Der hält sich aber aus praktischen Dingen konsequent raus... (Besser so ;))
 

Wandablue

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18. September 2019
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...es ist doch aus Geschriebenem noch viel schwieriger als aus Gesagtem, Humor herauszuhören. Und wer weiß schon, ob der Adressat den gleichen Humor hat? Schwierige und heikle Sache...und hinter Ironie steckt ja schon die eigene Meinung, mit der man andere konsternieren kann, was in so einer Leserunde nicht passieren sollte.
Man muss aber auch keine Mimose sein und überdies kann D. Mellem sicher für sich selber sprechen.
 

Wandablue

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...genau das konnte man doch aus dem Buch herauslesen. Wäre es in dieser Form drin gestanden, hätte Daniel Mellem den Eindruck erweckt, er traut uns keine Interpretationsfähigkeit zu.

Das sehe ich nicht ganz so. Mein Eindruck von Hermann im Roman war der des tumben Toren (der er vllt auch ein wenig war, aber doch nicht durchgehend).
 
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Man muss aber auch keine Mimose sein und überdies kann D. Mellem sicher für sich selber sprechen.
Auch diese Äußerung erscheint mir zu scharf, angreifend und unsachlich. Es geht nicht um Mimose, sondern um Respekt und Höflichkeit. Es gibt neunmal durchaus Menschen, die etwas feinfühliger sind als andere. dass Daniel Mellem für sich sprechen kann, bezweifle ich nicht. Ich wollte einfach nur für mich sprechen.
Nichts für ungut.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich glaube, dass sie in ihrer Haltung ganz klar ist: Sie will wieder nach Hause. Sie hat es satt. Um diese Gefühle mit der Realität in den USA in Einklang bringen zu können, muss sie sie aus dem Bewusstsein verdrängen. Das ist ihr bis zu dem Unfall gelungen.
Tilla ist für mich eine Frau, die sich sehr gut mit den Gegebenheiten abfinden kann und das Beste daraus macht. Wahrscheinlich hat sie sich gedacht, wenn ich schon Amerika bin, schaue ich mir das Land an. Was soll ich die ganze Zeit daheim sitzen und auf Hermann warten? Aber letztendlich will sie wieder nach Hause. Der Schreck bei dem Unfall machte ihr das wieder bewusst.
 
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Renie

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Also, ich bitte dich. Ein wenig Humor muss man schon abkönnen. Als Autor steht man mindestens mit einem Bein in der Öffentlichkeit.
Außerdem hatte ich ihn vorgewarnt. Ich hatte Dich, liebe Wanda, bei meiner Warnung zwar nicht explizit erwähnt. Aber beim nächsten Autor mach ich's. Ich schwöre. :p
 

Renie

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Und ihr kennt mich: ich kann über so etwas nicht lachen. Falls es dem Witz förderlich sein sollte, kam es nicht bei mir als Leserin an ;)
Stimmt, in der Literatur hört bei Dir der Spaß auf. Wenn ich Dich nicht kennen würde, würde ich Dich für völlig humorlos halten:D
 

Wandablue

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Ich kenne nur einen Autor privat, aber bei dem habe ich festgestellt, dass Autoren sehr sensible Wesen sind. Welche Mutter mag es schon, wenn ihr Baby kritisiert wird?

Ja, dann muss man zu Hause bleiben bzw. das Werk in der Schublade lassen. Die Aufgabe von Literaturkritikern ist es, den Finger in die Wunde zu legen.
 

Barbara62

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Ich habe mit Absicht erst nach der Beendigung des Buches in Wikipedia gestöbert und stelle nun zu meinem Erstaunen dreierlei fest:

1. Der Hermann hat ja durchaus auch Medizin studiert. Habe ich das im Buch überlesen (wollen?).

2. Er hatte durchaus einen Abschluss. Zwar nicht promoviert, aber diplomiert. Das ist sehr wichtig. Habe ich das im Buch überlesen (wollen?). Falls es nicht drin steht, ist das ein echtes Versäumnis!!!
Auch ich habe Wikipedia erst im Anschluss konsultiert und es ging mir genau wie dir. Dieser Abschluss in Klausenburg hätte mir vieles Nachgrübeln erspart, warum Oberth als Gymnasiallehrer unterrichten durfte. Und die Medizin-Semester verändern meinen Blick auf ihn als junger Mann. Meiner Meinung nach hätte man das auch in einem biografischen Roman nicht unterschlagen dürfen. Ich war regelrecht schockiert, als ich es gelesen habe.
 
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Barbara62

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Wir haben aber auch wahrgenommen, dass er überall ehrfurchtsvoll behandelt wurde und dass er gegen Ende Ehrungen erfahren hat. Ich hatte den Eindruck eines versponnenen Genies, der zwischenmenschlich unbeholfen, fachlich aber durchaus fähig war. Wernher von Braun hat sich bestimmt nicht mit Tölpeln abgegeben. Der war kein Samariter.
Mir kam es so vor, dass man ihn erst besonders geschätzt hat, als er nicht mehr überall hineinpfuschen wollte. Wahrscheinlich war er absolut nicht teamfähig, stur und unbelehrbach. Denn auch er als Genie hatte eben nicht immer recht.
 
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Barbara62

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Ich persönlich empfinde Oberth vor allem als eine tragische Figur, das Scheitern ist zentral in seinem Leben. Auch wenn er die Grundlagen für die Raketenwissenschaft mit gelegt hat (was sich dann in den Auszeichnungen im Alter auch widerspiegelt), ist ihm das, was er sich eigentlich immer gewünscht hat, nicht gelungen: Die Rakete zu bauen.
Ich stimme Ihnen zu - bis einschließlich zum dritten Leseabschnitt. Bis dahin tat er mir überwiegend leid. Im vierten hat sich dann bei mir das Blatt radikal gewendet, als er der NPD beitrat und sogar Adenauer zuviel Vergangenheitsbewältigung unterstellte. Ich lebe in der Stadt, die bis heute die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen beherbergt (Ludwigsburg) und ich habe in den letzten Jahren viele Veranstaltungen zu diesem Thema besucht. Jegliche Sympathie für Oberth (nicht für den Roman!) ist hier schlagartig verpufft, auch wenn er nach etwa zwei Jahren wieder ausgetreten ist. Er hat offenbar noch länger den Verein Stille Hilfe unterstützt, der sich für Kriegsverbrecher stark macht, für mich ein absolutes No-Go. Dass Oberth trotzdem u.a. 1984 den Bayerischen Verdienstorden bekam, macht mich fassungslos, passt aber zu dem, was ich oft in Vorträgen höre. Nein, Sympathie oder Mitleid kann ich überhaupt nicht mehr empfinden. Was er während der Nazi-Zeit getan oder nicht getan hat, ist eine Sache, aber sein Verhalten und Denken nach dem Krieg macht mich sprachlos. Ich schäme mich für solche Deutsche.
 
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Barbara62

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Aber es wurde in der LR wiederholt geschrieben, das einzelne sich amüsiert und zuweilen schallend gelacht haben. Das zeigt ja, dass die Szenen (vielleicht absichtlich um des Effektes willen) etwas überzogen dargestellt wurden. So etwas kommt bei mir als Leserin nicht an. Warum sollte sich ein renommierter Physiker auf einen Drachen stürzen und letztlich daran scheitern? Oberth müsste doch selbst seine Stärken und Schwächen einschätzen können.
Im Gegensatz zu dir lache ich sehr gerne beim Lesen, aber bei diesem Roman ist mir das nicht passiert. Ich habe mich gefreut, wenn Tilla ihren Hermann ab und zu überlistet hat, aber gelacht habe ich nicht. Allerdings hatte ich das auch nicht erwartet.