4. Leseabschnitt: ... 2 ... 1 ... 0

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Wir haben aber auch wahrgenommen, dass er überall ehrfurchtsvoll behandelt wurde und dass er gegen Ende Ehrungen erfahren hat. Ich hatte den Eindruck eines versponnenen Genies, der zwischenmenschlich unbeholfen, fachlich aber durchaus fähig war. Wernher von Braun hat sich bestimmt nicht mit Tölpeln abgegeben. Der war kein Samariter.
Trotzdem bleibt der Eindruck des Trottels - der wird hier ganz gezielt hervorgerufen. Die ganzen Preise und Ehrungen passen da gar nicht in das Bild, das ich im Laufe der Lektüre gewonnen habe. Da wurde auch beruflich ständig die Vergeblichkeit, Umständlichkeit, totes-Gleis-Wissenschafts-Gedönse betont.
 

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Zu Beginn des Buches haben einige darüber spekuliert, was wird wohl bei NULL im Countdown passieren und die Vermutungen gingen in Richtung Hermanns Tod. Aber es ist viel konsequenter und stimmiger für die Ges hichte des Romans: die Kapitel Null fällt natürlich zusammen mit der Zero des Countdowns für den Mondflug. Das hat mich wirklich überzeugt! Tolle Idee und Konstruktion.
Das letzte Kapitel hat mich auch überzeugen können. Gelungener und versöhnlicher Abschluss...
 

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Nein, bestimmt nicht. Die FAKTEN belegen ja, dass Oberth ein fähiger Wissenschaftler war. Die FIKTION zeigt ihn mir aber als gescheitertes, abgehängtes Genie. Diesen Bruch kann ich nicht recht nachvollziehen. Das Lächerliche an Oberth hat ihn für mich uninteressant gemacht. Ich schließe das Buch mit sehr gemischten Gefühlen.
Ja, da kann ich mich absolut anschließen.
 

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
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Niederrhein
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Ich mag mich hier gar nicht mehr lange äußern - ich gehöre leider zu denen, die der Roman nicht abholen konnte. Für mich ist die Diskrepanz zwischen dem historischen Oberth, soweit ich die Fakten im Internet nachgelsen habe, und dem literarischen Oberth zu groß. Ich sehe ihn auch weniger als tragische Figur (hier im Roman) denn als zwar hochintelligenten aber tölpelhaften Menschen. Das ist der Einruck, der bei mir haften bleibt, und das hätte ich so nicht erwartet. Einerseits ist es zwar nachvollziehbar, dass die Politik und das Weltgeschehen nur am Rande eine Rolle spielten, andererseits hätten ein paar mehr Verstrebungen auch die Gesinnung Oberths deutlicher machen können. So wirkt es fast, als könne er für seinen Beitritt zur NPD im Grunde nichts, weil er eben einfach nur ein tunnelblickbehafteter Tölpel ist, an dem das Leben irgendwie vorbeiläuft.

Über die Rezension muss ich erst einmal nachdenken.
 

DanielMellem

Mitglied
4. August 2020
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Für mich ist die Diskrepanz zwischen dem historischen Oberth, soweit ich die Fakten im Internet nachgelsen habe, und dem literarischen Oberth zu groß.
Vielleicht ganz spannend: Mein Bild von Oberth hat sich während der Arbeit am Roman sehr gewandelt. Die Vorstellung von Oberth, die ich nach Wikipedia und Google hatte, war eine ganz andere, als die, die ich heute habe. Gerade bei einer historischen Person, die geschichtswissenschaftlich noch nicht so gründlich durchleuchtet wurde wie z.B. Wernher von Braun, ändert die Recherche vieles. Aber es bleibt natürlich mein Bild dieser Figur und ich kann längst nicht alle Fragen beantworten. @Emswashed hat es sehr schön gesagt: Die Wahrheit steht niemals nur in einem Buch.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Ich lache auch gerne beim Lesen - aber eben selten. Über Hermann konnte ich nicht lachen. Andere in der Runde schon:)

Über Hermann konnte ich auch nicht lachen, aber die Art und Weise, wie er Lösungen für technische Probleme gefunden hat, hat mir ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert. Zeigt es doch, dass Rumhängen und Trottelsein so manch geniale Idee hervorbringt. (Mit der Art und Weise, wie meine Oma Teller getrocknet hat, konnte ich mal eine Sachaufgabe in Mathematik lösen, auf die unsere Klassengenies nicht gekommen sind - soviel zur "sinnlosen" Freizeitgestaltung.)
 

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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@Circlestones Books Blog

Ja, mir erschien es auch so, als würde Hermann schon lange immer wieder abgehängt, was er jedes Mal erst zu spät erkennt...⠀

In diesem Abschnitt hat meine Begeisterung auch einen echten Dämpfer erfahren.⠀

@Zunderköchin

Ich war unendlich enttäuscht von Hermann. Ich dachte die ganze Zeit, er wäre einfach so fixiert gewesen auf seine Rakete, dass er die Entwicklungen in Deutschland gar nicht vollends wahrnahm. Dann wäre seine Schuld einfach eine der stillschweigenden Duldung aus Ignoranz gewesen.⠀

Jetzt zu erfahren, dass er tatsächlich solches Gedankengut hegt, was bitter für mich...⠀

@RuLeka

Im Rückblick hätte ich mir gewünscht, dass der Leser schon viel früher mehr über Hermanns politische Gesinnung und seine Gedanken zum nationalsozialistischen Gedankengut erfahren hätte – jeweils bezogen auf die Zeit, in der die Geschichte gerade spielte.⠀

@sursulapitschi

Das war für mich ein herber Schlag: Hermann *wollte* in die NPD? Und seine unsäglichen Ansichten darüber, dass man Menschen doch nicht dafür verurteilen könne, dass sie etwas getan haben, was zu dem Zeitpunkt noch nicht illegal war... Ich wollte ins Buch greifen und ihn schütteln.⠀

@Wandablue

Ja, ich habe mir Wikipedia auch verkniffen, bis ich durch war, und war auch erstaunt!⠀

Als tumben Tor habe ich ihn im Buch jetzt nicht gesehen, aber er kam mir auch vor wie einer, der immer wieder gescheitert ist, der von Menschen wie Wernher von Braun letztendlich nur noch mitgeschleift wurde. Daher war ich dann auch erstaunt, wie viele Auszeichnungen er erhielt. ⠀

@Literaturhexle

Ja, ich finde auch, es passt zu Tilla, dass sie da endlich mal die Linie zieht und sagt: nein, das mach ich nicht mit, wenn du in der Partei bleibst, gehe ich.⠀

Man sieht im Buch tatsächlich wenige echte Erfolge, im Sinne von: hier ist ein ganz konkretes Result. Ein funktionierendes XYZ.⠀

@DanielMellem

Pädagogik, da hätte ich nicht mit gerechnet! Dem Roman-Hermann würde ich so eine Vernunftsentscheidung gar nicht zutrauen.⠀

Wie eine tragische Figur erscheint er tatsächlich, aber hier im letzten Leseabschnitt enthüllen sich auch ein paar sehr unschöne Aspekte seines Denkens. Das Ausmaß kam für mich recht überraschend – vieles, was Hermann hier sagt und glaubt, hätte meines Erachtens schon früher einfließen können, um die Geschichte in sich runder zu machen. ⠀

@Wandablue

Mein Mann arbeitet seit Jahren als Lehrer, ohne je Pädagogik studiert zu haben. Da er Physiker war/ist, erschien mir Hermanns Laufbahn vom Physiker zum Lehrer ganz plausibel, auch ohne von dessem Pädagogik-Studium zu wissen.⠀

@Emswashed

Ein paar von Hermanns Äußerungen im letzten Leseabschnitt fand ich recht bedenklich, das klang für ich so, als wäre er dem "rassischen" Denken nicht ganz abgeneigt. Auch seine Ansicht, Deutschland wäre ja erst Unrecht angetan worden, und daher seien die Deutschen quasi zwangsläufig in den Nationalsozialismus geschliddert, hat mich schockiert.⠀

Wie hat deine Oma denn Teller getrocknet?⠀

@SuPro

Das war eine Glanzleistung von Tilla, Hermann doch wegzuleiten von den Ufos – und ich fand großartig, wie der Rektor das direkt geschnallt und mitgespielt hat! Nur Hermann begreift es natürlich nicht, weil er immer davon ausgeht, dass jemand genau das meint, was er/sie sagt, und nichts anderes.⠀

Oh ja, "alltagsuntauglich, emotional nicht intelligent und zwischenmenschlich inkompetent" trifft es perfekt! Tölpelhaft wirkt er auf mich auch nicht.⠀

@Barbara62

Ein Teamplayer war er ganz sicher nicht, da stimme ich dir zu!⠀

Mein Bild von Hermann hat sich in diesem Leseabschnitt auch radikal verändert! Bei manchen seiner Äußerungen blieb mir die Spucke weg.⠀

@parden

In diese Leseabschnitt hat mich die Diskrepanz zwischen dem "echten" und dem literarischen Hermann das erste Mal richtig gestört. Und ich hätte gerne in früheren Leseabschnitten schon von seinem Verhalten im Dritten Reich und seinen Ansichten erfahren...⠀
 
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Circlestones Books Blog

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28. Oktober 2018
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Wienerin auf Rügen
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So wirkt es fast, als könne er für seinen Beitritt zur NPD im Grunde nichts, weil er eben einfach nur ein tunnelblickbehafteter Tölpel ist, an dem das Leben irgendwie vorbeiläuft.
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Ich denke, man muss hier schon auch das Gesamtbild sehen, die bewegte Geschichte Siebenbürgens, Menschen mit gesellschfatlich-kulturellen deutschen Wurzeln, die plötzlich keine Deutschen mehr waren. Die Sehnsucht Oberths, in Deutschland bzw. wenigstens in Österreich anerkannt zu werden und eine neue Heimat zu finden, hat sicher dazu geführt, dass er sich sehr stark "deutsch" gefühlt hat, sein Deutschland unbedingt verteidigen wollte und ihm daher das nationalsozialistische Gedankengut von den gesunden, starken Deutschen logisch vorkam. Andererseits war er immer auch etwas "wissenschaftlich-abwesend" und meiner Meinung nach war Wernherr von Braun in der Realität der Geschichte wesentlich stärker in der Partei verankert, als Oberth, was jedoch die Amerikaner aus bekannten Gründen nie groß gestört hat.