4. Abschnitt: Erstehilferot bis Schneeweiß (S. 225 - 286)

Literaturhexle

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Hat sich doch im letzten Abschnitt alles auf den Höhepunkt, das Gartenfest, zubewegt, kehrt jetzt Ruhe ein.

6 Jahre sind vergangen. Mara und Karl haben sich gerade getrennt. Sehr erhellend werden Zeitungs-und Interviewausschnitte mit der Erzählstimme abgewechselt, um zu verdeutlichen, wie es zur endgültigen Trennung kam. Beide galten als erfolgreiches Glamourpaar.

Karl ist nicht wieder nach Leinsee zurückgekehrt, ein gegebenes Versprechen Mara gegenüber hatte es ihm verboten. All die Jahre hat er eine undefinierbare Sehnsucht nach Tanja gehabt, er bezeichnet sie als Freundin oder Verwandte, hat selbst keine klare Definition für sie.

Lange ringt er mit sich, ob er nach Leinsee zurückkehren soll, denkt darüber nach, ob er das Erbe der Eltern annehmen und in ihrem Sinne seine Kunst fortführen soll, "um ein Teil seiner Familie zu werden".
Letztlich merkt er aber, wie falsch dieser Gedanke wäre und macht einen radikalen Schnitt: er fährt zwar ins Elternhaus, schichtet aber fast das komplette Inventar der Villa auf, um es zu verbrennen.

Endlich taucht Tanja wieder auf, die sprechen sich aus.
Die erneute Freundschaft und das befreiende Feuer lösen einen Schaffensdrang in ihm aus. Es geht ihm gut, er trinkt wenig. Sein Galerist Raiken kommt, um das Kunstwerk abzuholen. Karl wirkt völlig gelöst. Als Max abreisen will, findet Karl eine riesige Schneekugel im Garten: Sein Weihnachtsgeschenk!

Eine Frage in die Runde:
Tanja lässt sich von Karl die Haare schneiden- erste Berührungen zwischen den beiden. Die Frisur ähnelt der Karls.
Hat das eine tiefere Bedeutung?
Freunde im Geiste, oder so etwas?

Tanja ist nun 14, Karl wohl 32 Jahre. Bislang geht nichts Sexuelles von den beiden aus. Dennoch ist die Beziehung sehr intensiv. Mal sehen, was sich daraus ergibt.
 

Querleserin

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@Literaturhexle hat das inhaltlich Wichtigste präzise zusammengefasst. Mir hat die Montage aus Zeitungsbericht und Karls Kommentaren auch sehr gut gefallen. Obwohl 6 Jahre vergangen sind, hat er Tanja immer vermisst. Etwas tragisch finde ich, dass nur in Urlaub war...nicht bewusst, nicht wiedergekommen ist. Dass auch sie Sehnsucht hatte, zeigt sich am Karlschaf ;)


Eine Frage in die Runde:
Tanja lässt sich von Karl die Haare schneiden- erste Berührungen zwischen den beiden. Die Frisur ähnelt der Karls.
Hat das eine tiefere Bedeutung?
Freunde im Geiste, oder so etwas?

Tanja will Karl nahe sein, das ist unübersehbar. Sie streift absichtlich seinen Arm, bevor sie sich die Haare schneiden lässt. Die Berührungen und die Ähnlichkeit schaffen eine Verbindung zwischen den beiden - ja Freunde im Geiste trifft es gut, finde ich. Gleichzeitig ist die Situation aus meiner Sicht eindeutig sexuell aufgeladen und es scheint offensichtlich, worauf es hinausläuft - in der Zukunft.
 

Literaturhexle

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Etwas tragisch finde ich, dass nur in Urlaub war...nicht bewusst, nicht wiedergekommen ist.
Ich hatte an so etwas schon gedacht und habe auch irgendwo geschrieben, dass sie verhindert gewesen sein könnte. Dabei dachte ich aber eher an eine Verletzung. Seltsam auch, dass Karl bis heute nicht zu wissen scheint, wo Tanja wohnt. Eigentlich spricht man doch über so etwas...
Daran merkt man vielleicht, dass von Anfang an "etwas Besonderes" im Busche war.
 
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Bibliomarie

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@Literaturhexle - Der Zusammenfassung ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
Mir scheint, die 6 Jahre in Berlin hat Karl wie in einem vom ihm geschaffenen Vakuum gelebt. Die Entfremdung von Mara ist immer deutlicher geworden. Es wundert mich, wie lange er gebraucht hat, das zu erkennen.
Den Kunstgriff, die Geschichte des Paares aus Pressemitteilungen zusammenzufassen, fand ich genial.
Zurück in Leinsee gelingt Karl der radikale Schnitt, er räumt die Villa aus, aus und errichtet aus all den Dingen einen großen Scheiterhaufen.
Da taucht auch Mara auf, auch sie steckt eine Box in den Haufen, von was sie sich wohl befreit hat?
Karl entdeckt eine neue Schaffenskraft in sich, seine Kunstwerke werden radikaler. Er selbst hat ja bemerkt, dass seine Stücke sich immer wiederholten und er sie eigentlich belanglos fand. Aber es machte ihm auch Spaß den Kunstmarkt zu bedienen.

Bei Tanjas Haarschnitt kommt es zu einer ersten Berührung, die mir auch sehr intensiv schien. Aber ich finde auch, es ist keine vordergründige sexuelle Färbung dabei, aber ich denke, im Hintergrund ist da bei Beiden ein Begehren zu spüren, dem sie - noch - keinen Raum geben.
 

Renie

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Tanja ist nun 14, Karl wohl 32 Jahre. Bislang geht nichts Sexuelles von den beiden aus. Dennoch ist die Beziehung sehr intensiv. Mal sehen, was sich daraus ergib
Da ist ganz klar etwas im Busch. Es fällt mir sehr schwer, diese Beziehung, die die beiden haben zu begreifen. Dazu bin ich wahrscheinlich zu altmodisch, oder es fehlt mir an Vorstellungsvermögen. Ich vermisse einen Wechsel in der Erzählperspektive hin zu Tanja. Das würde mir das Verständnis wahrscheinlich einfacher machen.
 
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Anjuta

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Die 6 Jahre ohne Leinsee, die zu Beginn dieses Leseabschnittes liegen, sind wirklich wie ein Vakuum für Karl (jemand hatte das oben schon so sehr gut bezeichnet). Es war ein Leben ohne Sinn und Zweck:
Dazu ein Zitat S. 242:
"Es lief gut, hätte man sagen können. Nur dass es nicht gut lief. Die Arbeiten, die Karl wie am Fließband fabrizierte, waren, wenn man genauer hinsah, langweilige, beliebige Scheiße."
Das ist mal klar und deutlich und woran es hapert, wird auch eine Seite später deutlich:
"Er müsste sich, verdammt noch mal, irgendwie zum Erbe seiner Eltern positionieren. Irgendetwas müsste mit der Villa, dem Atelier, dem Zeug darin passieren."
Er wünscht sich sein Pseudonym zurück, kommt aber aus der Stiegenhauer-Nummer einfach nicht mehr raus und muss sich diesem Namen und dem damit Verbundenen stellen.
Und so stellt er sich schließlich der Realität.
S. 250: "Er wusste dass er nach Leinsee fahren musste. Er wollte nach Leinsee fahren."
Es ist ein inneres Ringen in Karl darum, wie er mit der ausgebliebenen und ausbleibenden Aufarbeitung seiner Vergangenheit umgehen soll und kann. Ausblenden und Verdrängen oder schmerzhaftes Aufarbeiten und sich den Gegebenheiten stellen? Er tut dann im Prinzip beides: kehrt zurück nach Leinsee aber lässt alles Interieur so weit es geht in Flammen aufgehen und macht daraus ein kleines Happening bzw. eine Kunstperformance.
Erst nach diesem reinigenden Feuer kann er dann
1. Nähe zu Tanja finden (Haare schneiden)
2. neu und kreativ künstlerisch tätig werden (Pavillon).
Aufarbeitung der Vergangenheit also auf ganz besondere Weise, aber wohl erfolgreich.
 

Querleserin

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Ich vermisse einen Wechsel in der Erzählperspektive hin zu Tanja. Das würde mir das Verständnis wahrscheinlich einfacher machen.

Ich finde, dass man Tanjas Gedanken, ihre Wünsche und Gefühle an ihrem Verhalten ablesen kann. Für mich macht es gerade den Reiz aus, dass wir als Leser*innen nur in Karls Kopf hineinsehen können.
 

Renie

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Ich finde, dass man Tanjas Gedanken, ihre Wünsche und Gefühle an ihrem Verhalten ablesen kann. Für mich macht es gerade den Reiz aus, dass wir als Leser*innen nur in Karls Kopf hineinsehen können.
Ich habe mir den Kopf zerbrochen, bin meine Notizen durchgegangen. Fehlanzeige. Ich habe kaum etwas über Tanja notiert. Daher muss ich es wissen ;) Wie würdest du sie denn anhand welcher Verhaltensweisen charakterisieren? @Querleserin Mir fallen nur Fantasie und Unbeschwertheit ein. Also nichts, was sie nicht von anderen Kindern unterscheidet und dadurch außergewöhnlich machen könnte. Ich steige einfach nicht dahinter, was Tanjas Anziehungskraft auf Karl ausmacht. Steht sie etwa stellvertretend für seine verlorene Kindheit?
 

Querleserin

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Steht sie etwa stellvertretend für seine verlorene Kindheit?
Das auf jeden Fall. Ich finde, dass ihre Fantasie und ihre Art mit Gegenständen umzugehen, sie zu gestalten weit über das Hinausgehen, was Kinder üblicherweise tun. Denk an die Steinplatten oder wie sie die Geschenke für ihn hinterlässt. Das ist besonders und passt wiederum zum Materiallager.
Dann sieht sie ihn. Sie nimnt ihn wahr. Das erkennt man an dem Blick in seinem Rücken, den er spürt oder den gemeinsamen Wegen, die sie hintereinander gehen. Im gleichen Rhythmus. Karl sieht in ihr eine Seelenverwandte und vielleicht sich selbst als Kind. Im nächsten Teil wird sich das ändern.
 
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Renie

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Dann sieht sie ihn. Sie nimnt ihn wahr. Das erkennt man an dem Blick in seinem Rücken, den er spürt oder den gemeinsamen Wegen, die sie hintereinander gehen.
Für mich ist das eher ein Spiel, das sie (mit ihm) spielt. Sie ist ein Kind, mit Verhaltensweisen, die Kinder halt haben. Das lässt für mich jedoch nicht auf ihren Charakter schließen.
Seelenverwandte sind die beiden auf jeden Fall. Es bedarf nicht vieler Worte, dass die beiden sich verstehen. Die Kommunikation findet hauptsächlich durch Handlungen statt. Da ahnt jeder, wie der andere tickt.
 

Querleserin

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Für mich ist das eher ein Spiel, das sie (mit ihm) spielt. Sie ist ein Kind, mit Verhaltensweisen, die Kinder halt haben. Das lässt für mich jedoch nicht auf ihren Charakter schließen.
Seelenverwandte sind die beiden auf jeden Fall. Es bedarf nicht vieler Worte, dass die beiden sich verstehen. Die Kommunikation findet hauptsächlich durch Handlungen statt. Da ahnt jeder, wie der andere tickt.
Sie ist fantasievoll, kreativ, empathisch und rücksichtsvoll, wie sie Ada behandelt. Nicht alle Kinder hätten das Spiel mitgemacht. Selbstbewusstsein und sie grenzt sich ab. Später...
 

Momo

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Nun hat mich die Szene mit dem Schaf erreicht, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Mittlerweile sind sechs Jahre vergangen. Dass Tanja nicht zurückkommt, damit habe ich gerechnet. Sicherlich hat sie, zu Recht, mit ihren Eltern über diesen Vorfall gesprochen, die ihr den weiteren Kontakt untersagt haben. Fiktiv gedacht.
 

Literaturhexle

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Nun hat mich die Szene mit dem Schaf erreicht, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Mittlerweile sind sechs Jahre vergangen. Dass Tanja nicht zurückkommt, damit habe ich gerechnet. Sicherlich hat sie, zu Recht, mit ihren Eltern über diesen Vorfall gesprochen, die ihr den weiteren Kontakt untersagt haben. Fiktiv gedacht.
Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.... :D
Lass dich überraschen !
 

Momo

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Eine Seite später ist Tanja wieder da. Schön.
Ich weiß noch immer nichts mit dem Schaf anzufangen.

(Da ich erst viel später mit dem Buch begonnen habe zu lesen, manchmal geschehen Dinge im Leben, die nicht vorhersehbar sind, werde ich mir die von euch geschrieben Beiträge erst durchlesen, wenn ich durch bin mit dem Buch. Ich glaube, ihr seid alle schon fertig, ich hechle euch hinterher. Doch nun habe auch ich den letzten Abschnitt erreicht. Somit bleiben mir jetzt noch die letzten 60 Seiten. Ich bin auf meine abschließende Meinung gespannt.
 

Momo

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Ganz am Anfang hatte ich es im Stillen geahnt, dass zwichen Tanja und Karl sich eine (sexuelle) Beziehung oder mehr noch entwickeln wird. Als aber Tanja erst nicht wieder aufgetaucht ist, habe ich diese Hypothese wieder verworfen.

Ich denke, dass ich morgen Abend mit dem Buch durch sein werde.

Ich habe gesehen, dass Literaturhexle und Querleserin ihre Rezension schon hinterlegt haben. Schön.
 
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Mikka Liest

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Hilter am Teutoburger Wald
wordpress.mikkaliest.de
Dass 6 Jahre vergangen sind, hat mich fast ein bisschen geschockt!

Wie traurig, dass Karl sich so lange nicht lösen konnte und auch künstlisch gesehen feststeckte. Dass Verbrennen der Möbel war sicher ein drastischer Schritt, aber ich glaube, es war wichtig für Karl, um sich von der Vergangenheit lösen zu könnne!

Ich mache mir ein wenig Sorgen, dass die Beziehung zwischen Karl und Tanja doch noch eine sexuelle Kompenente bekommen könnte, und ich hoffe, dass das nicht passieren wird. Auch wenn sie für Karl seine verlorene Kindheit symbolisiert, haben wir ja an seiner Mutter schon gesehen, dass er das schwer trennen kann. Er ist nicht gut darin, Grenzen zu ziehen, und in dieser Situation ist er der Erwachsene, der das eigentlich tun müsste.

Was wohl in der Schachtel war, die Tanja verbrannt hat? Und ich frage mich, wie Torben reagieren wird, wenn er von der Verbrennung der Sachen erfährt...
 
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parden

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Niederrhein
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@Literaturhexle
Zurück in Leinsee gelingt Karl der radikale Schnitt, er räumt die Villa aus, aus und errichtet aus all den Dingen einen großen Scheiterhaufen.
Da taucht auch Mara auf, auch sie steckt eine Box in den Haufen, von was sie sich wohl befreit hat?
Ich musste an die Dinge denken, die Karl ihr als 8jährigem Mädchen geschenkt hat. Die Kindheit lässt sie hinter sich, indem sie diese Sachen verbrennt. Nur so eine Idee. Mal schauen, ob wir die Auflösung dazu noch erfahren...
 
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