Rezension (4/5*) zu Ein Mann namens Ove: Roman von Fredrik Backman

W

wal.li

Gast

Wie kann man einem gerade 59jährigen nur erzählen, er könne nun kürzer treten und brauche nicht mehr zu arbeiten. Ove versteht die Welt nicht. Seine Welt ist eigentlich schon mit dem Tod seiner geliebten Frau vor einen halben Jahr untergegangen. Doch deshalb muss man trotzdem zur Arbeit gehen, kein Grund krank zu feiern. Doch nun brauchen sie ihn nicht mehr. Was soll das Leben noch? Ove ahnt nicht, dass das Leben noch etwas mit ihm vor hat. Eine kleine Ahnung bekommt er allerdings als die neuen Nachbarn beim Versuch, den Wagen mit dem Anhänger rückwärts einzuparken, seine Hauswand zerkratzen und den Briefkasten umnieten.

Es brauchte eine Weile, bis mir Ove sympathisch wurde, knorrig und verschroben wie er ist. Mit 59 benimmt er sich wie 79, was einem beim Lesen wie ein kleiner Webfehler vorkommt. Ein Mensch der Zahlen ist er und wenn er Gefühle ausrechnen könnte, würde er es wohl tun. In Rückblenden erfährt der Leser, wie Ove aufwuchs, wie er seine Frau kennenlernte, wie er mit ihr lebte, wie sie sein Gegenpol war, wie sie Katzen liebte und er nicht. Doch wie Katzen es manchmal an sich haben, sich in das Herz ihrer Dosenöffner zu schleichen, so macht es auch Ove. Er meckert, flucht und streitet sich in das Leserherz. Denn hier ist nicht der Weg das Ziel, sondern das Ziel. Und Ove liegt das Wohl seiner Mitmenschen sehr am Herzen, auch wenn er es nicht zugeben mag oder kann. Zwischen Gut und Böse unterscheidet er streng und wenn jemand in letztere Kategorie gehört, tut er gut daran, sich nicht mit Ove anzulegen. Und mit den neuen Nachbarn, die ihre Probleme einfach auf Oves Schultern laden, vielleicht weil sie ihn erkannt haben, muss Ove seinen Wunsch, bei seiner geliebten Frau zu sein, ein ums andere Mal auf später verschieden, da die Probleme in dieser Welt doch vor denen in der nächsten zu lesen sind.

Ein wunderschöner Roman, während dessen Lektüre man mit Ove lernt, mit dem Schmerz und der Trauer nach dem Tod eines geliebten Menschen umzugehen, mit dem Schmerz und der Wut, auf einmal zum Rentner gemacht zu werden und ohne einen Sinn dazustehen. Man lernt wie, obwohl man schon abgeschlossen hat, das Leben bei einem Einzug hält, auch wenn man es gar nicht hereinlassen will. Ein melancholisch stimmendes und zugleich hoffnungsfrohes Buch.
4,5 Sterne

wal.li

Zum Buch... (evtl. mit weiteren Rezensionen)
 
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