Rezension (4/5*) zu 600 Stunden aus Edwards Leben von Craig Lancaster

R

Renie

Gast

Der 39-jährige Edward Stanton leidet unter einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung und dem Asperger-Syndrom. Er lebt allein in einem Haus, das seine Eltern ihm gekauft haben, weil dem Vater, einem lokalen Politiker, das Zusammenleben mit seinem Sohn zu unangenehm ist. Edward’s Alltag verläuft nach einem strengen Zeitplan und unter Einhaltung von Routinen, die er für sich sorgfältig ausgearbeitet hat.
Das Buch berichtet über 600 Stunden aus Edward’s Alltag, die sein Leben drastisch verändern: die beginnende Freundschaft zu den neuen Nachbarn - einer alleinerziehenden Mutter mit ihrem 9-jährigen Sohn; der Konflikt mit seinem dominanten Vater, unter dessen Demütigungen er sein bisheriges Leben leiden musste; das langsame Aufbrechen seiner täglichen Routinen.

Zu Edward:
Er ist ein scheuer Außenseiter, der seinen Alltag bis ins Detail durchgeplant hat. Er lebt nach ganz speziellen Routinen, die er für sich ausgearbeitet hat. Mit der kleinsten Abweichung kommt er allerdings nicht klar und wirkt in diesem Moment zunächst hilflos. Aber immer gelingt es ihm, die Alltagsprobleme auf seine spezielle Art in den Griff zu bekommen.
Als Leser entwickelt man eine große Sympathie für Edward und leidet mit ihm. Man spürt seine Nervosität und Hilflosigkeit, wenn er mal wieder vor einem Problem steht, und freut sich aber auch für ihn, wenn man feststellt, dass Edward doch irgendwie allein klar kommt.
Ein nahezu unlösbares Problem ist allerdings der Konflikt mit seinem Vater, der einfach nicht damit zurecht kommt, dass sein Sohn anders ist. Die Einschränkungen durch seinen Vater machen Edward’s Leben schwierig. Ich war zwischendurch fassungslos, mit welchen Demütigungen Edward zu kämpfen hatte. Allein die Tatsache, dass der Vater am liebsten über seine Anwälte mit seinem Sohn kommuniziert, obwohl er Edward regelmäßig sieht, fand ich sehr bezeichnend.
Mit dem Einzug der Nachbarin in dem Haus nebenan, verändert sich Edward’s Leben. Langsam lernt er von seinen Routinen abzuweichen und sich auf andere Menschen einzulassen.

Der Schreibstil:
Der Einstieg in dieses Buch war für mich erstmal gewöhnungsbedürftig. Es ist aus der Sicht von Edward geschrieben, der jedes Kapitel nahezu identisch anfangen lässt: identische Sätze, Wiederholungen, gleiche Abläufe. Mit diesem Erzählstil hatte ich zunächst meine Schwierigkeiten. Doch einmal daran gewöhnt, stellte ich fest, dass dieser Schreibstil perfekt Edward’s Alltag darstellt. Edward lebt von der Routine, jeder Tagesablauf ist wie der andere. Angefangen beim Statistikführen über seine tägliche Aufwachzeit bis hin zur Episode seiner Lieblingsfernsehserie „Polizeibericht“, die er sich jeden Abend um Punkt 22 Uhr als DVD ansieht – keine Minute früher oder später.

Fazit:
Ich habe das Buch sehr gern gelesen. Edward ist ein besonderer Typ, der sich auf seine spezielle Art durch’s Leben schlägt. Er hat zwar seine Macken – aber, wer hat die nicht?!
Einen Kritikpunkt habe ich allerdings an diesem Buch: Jedes Kapitel endet mit einer Zusammenfassung der jeweiligen Episode „Polizeibericht“ und Edward’s Überlegungen dazu. Das habe ich von Kapitel zu Kapitel nerviger empfunden. Zum Einen kenne ich die Fernsehserie nicht und zum Anderen ist mir auch der Zusammenhang zwischen „Polizeibericht“ und dem, was Edward tagsüber erlebt hat, nicht deutlich geworden.
Daher gibt es für mich einen Punkt Abzug für ein insgesamt lesenswertes Buch.

Renie

Zum Buch... (evtl. mit weiteren Rezensionen)