3. Long Kesh

Renie

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19. Mai 2014
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Ich frage mich die ganze Zeit, was das für Leute waren, die als Wachpersonal in Long Kesh gearbeitet haben. Briten, Iren, Protestanten, Katholiken? Eventuell von jedem etwas? Ich meine, die haben ihr Geld damit verdient, Menschen zu quälen. Ich weiß, es gibt genügend Menschen, die Spaß daran haben, wehrlose zu quälen. Aber finde die erst mal. Immerhin gehen sie ein großes Risiko ein - so doof das auch klingen mag. Schließlich gibt es für sie ja auch ein Leben außerhalb der Gefängnismauern. Da muss doch jeder dieser Sadisten damit rechnen, dass er von der IRA angegriffen wird.

Was ist aus den schlimmsten Fällen geworden? Ich denke an Leute wie Warzenschwein oder den Arzt "Langbinder". Leben sie noch? Wie gehen sie mit der Schuld um? (wenn sie denn ein Schuldbewusstsein haben)
Hast du sie später nochmal getroffen?

@Sam Millar
I am wondering who were the men who belonged to the prison's staff. British soldiers, Irish, protestants, catholics? Something of everything?
I mean they earned their money by torturing other people. I know there are lots of idiots who enjoy tormenting defenceless people. But they have to be found to do such a job. Even if it sounds strange. But these idiots took a risk to get killed by IRA.

What happened to people like "Warzenschwein" (warthog?) or the doctor ("Langbinder")? Are they still alive? Did they ever admit their guilt?
Did you ever meet them again?
 

Sam Millar

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8. Januar 2016
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The screws, or guards, were mostly British Loyalists. Years later I met them in a carpark of one in Belfast and he literally froze with fear. I asked him is he scared at seeing me. He Could Barely speak, but Eventually Said Yes. I said did multiply by A Thousand And that is the fear you put into naked prisoners. I never touched him, but simplysaid, he will be looking over your shoulders for the rest of your life. That is your punishment. As for Warthog. Years later he charged with sexually abusing a thing niece and nephew. He ended up in prison, only this time he was a prisoner! Life is strange and karma has many faces ...

Sam Millar
 
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Sebastian

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18. April 2014
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"Die Wärter waren zum Großteil britische Loyalisten. Jahre später habe ich einen in einem Parkhaus in Belfast getroffen. Er war buchstäblich vor Angst versteinert. Ich fragte ihn, ob er Angst hätte, mich zu sehen. Er konnte kaum sprechen, sagte aber eventuell ja. Ich antwortete, dass er das mit 1000 multiplizieren solle, dann wüsste er, welche Angst er nackten Gefangenen gemacht hat. Ich habe ihn nicht angefasst, sondern nur gesagt, dass er den Rest seines Lebens immer einen Blick über seine Schulter werfen wird. Das ist seine Strafe.

Was Warzenschwein angeht, der wurde Jahre später wegen sexuellem Missbrauch an einer Nichte und einem Neffen angeklagt. Er endete im Gefängnis, dieses mal als Häftling. Das Leben ist seltsam und Karma hat viele Gesichter...
" (Sam)

@Renie Es war eine geschickte Antwort ;)
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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@Sam Millar: I think it is really unbelievable you didn't punish the guardian at once and didn´t loose your self-control.
Another point: I want to say to you I really like your choice of language. The way you tell your story. With a distance and sometimes you have a morbid sense of humour, a kind of sarcasm. In spite of or because of this cruel imprisonment?

Ich denke, dass es wirklich unglaublich ist dass Sie den Wachmann nicht sofort bestraft haben und nicht Ihre Selbstbeherrschung verloren hätte.
(Als Leser möchte man, glaube ich, unbedingt eine direkte Rache erleben, oder?)
Eine andere Sache: Ich möchte Ihnen sagen, dass mir der Sprachstil gut gefällt. Die Art und Weise, wie Sie ihre Geschichte erzählen. Mit Distanz und manchmal mit schwarzem Humor und eine Art Sarkasmus. Trotz oder auf Grund der grausamen Inhaftierung?
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Querleserin schreibt:
Ich denke, dass es wirklich unglaublich ist dass Sie den Wachmann nicht sofort bestraft haben und nicht Ihre Selbstbeherrschung verloren hätte.
(Als Leser möchte man, glaube ich, unbedingt eine direkte Rache erleben, oder?)

Da sprichst Du mir echt aus der Seele. Habe es in einem Buch selten erlebt, dass mich die beschrieben Misstände so wütend gemacht haben. Liegt wohl an der Tatsache das es real passiert ist und keine fiktive Geschichte
 
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Reaktionen: Querleserin und Renie
20. Mai 2014
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Mit diesem langen Abschnitt bin ich noch nicht ganz durch, obwohl ich gestern das Buch eigentlich nicht aus der Hand legen wollte, bevor Millar nicht entkommen ist. Um halb zwei sind mir aber fast die Augen zugefallen, also muss ich das auf heute Abend verschieben.

Ganz ehrlich, ich muss mich erst einmal sortieren. Nachdem der Anfang bei allem Ernst auch durchaus unterhaltsam zu lesen war, hat mich dieser Abschnitt schockiert. Gerade habe ich auch noch den im ersten Post verlinkten Film gesehen, und jetzt bin ich noch wütend dazu. Darin wird stets betont, dass die Häftlinge Mörder waren und also zu recht in Haft saßen. Mit keinem Wort wird aber erwähnt, dass weder ein ordentliches Gerichtsverfahren stattgefunden hatte, noch mit welcher Routine diese Menschen gefoltert wurden. Die Folter wird überhaupt nicht erwähnt. Niemand fragt, was einen Menschen dazu bringt, unter solchen Umständen weiter zu protestieren und sich zu Tode zu hungern. Man stellt sie als Sturköpfe hin, wie Kinder, die sich auf den Boden schmeißen und schreien: "Ich will aber!" Und wenn sie dann sterben, waren sie selbst schuld, sie hätten ja klein beigeben können.

Dass man sich seinen eigenen Sadismus schönreden kann - geschenkt. Aber dass sich bis heute die Regierung weigert, diese Vorgänge auch nur zu untersuchen ... dafür gibt es kein Wort, das annähernd ausdrückt, was ich gerade empfinde.
 

Sam Millar

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8. Januar 2016
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My father always taught me That laughter is the best medicine. Laugh Even When You want to cry, and believe me there were many times I wanted to cry in the H-Blocks! ;) Before I forget, I want to thank everyone who bought the book, and also the Karl Kane books. I wish I could answer every question but I'm trying my best. It truly is an honour for me to see people reading the True Crime and asking questions about it.
 

Sebastian

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18. April 2014
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"Mein Vater hat mir beigebracht, dass lachen die beste Medizin ist. Lache, sogar wenn du weinen willst - und glaubt mir, mir war in den H-Blocks oft zum heulen zumute ;).

Bevor Ich es vergesse, ich möchte jedem danken, der dieses wie auch die Karl Kane-Bücher gekauft hat. Ich wünschte, ich könnte jede Frage beantworten, aber ich gebe mein bestes. Es ist mir eine Ehre zu sehen, wie die Leute True Crime lesen and auch Fragen dazu stellen
." (Sam)
 

Tiram

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4. November 2014
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Na toll, da werde ich den ersten Teil mal nicht lange schmoren lassen. Freue mich schon drauf.
 

parden

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13. April 2014
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Hui. Dieser Abschnitt war echt Hardcore. Ich habe versucht, die Bilder im Kopf zurückzudrängen, aber das hat nicht in jedem Fall gut geklappt. Was ein Mensch so aushalten kann, ist immer wieder unglaublich. Was ein Mensch einem anderen Menschen antun kann, ebenso.

Ich merke, dass ich mich in vieles um den IRA-Konflikt nicht hineinversetzen kann. Letztendlich habe ich (von außen) das Gefühl, dass in der aktivsten Zeit der IRA keine Seite nachgeben konnte, um nicht das Gesicht zu verlieren. Jeder zeigte auf die eigenen Opfer, um die eigenen Handlungen (auch die gewalttätigen) letztlich zu rechtfertigen. Ein Teufelskreis, der zwangsläufig zu Eskalationen führen musste. So weit ich weiß, gab es 1998 (?) das Karfreitagsabkommen, wo die Republik Irland auf ihre Forderung nach einer Wiedervereinigung mit Nordirland verzichtet hat. Die Kampftruppen wollten sich zur Entwaffnung bereiterklären. 2005 schwor die IRA (angeblich?) der Gewalt ab und wollte künftig versuchen, auf demokratische und politische Art und Weise ihre Ziele zu erreichen. 2007 beendete die britische Armee nach 38 Jahren ihren Einsatz in Nordirland. Dennoch schwelen die Unruhen, und auch Anschläge bleiben nicht aus. Ein wirkliches Ende ist also noch nicht absehbar.

Die Zustände in Long Kesh sind natürlich unabhängig davon, wer was wann getan hat, unhaltbar, skandalös und zutiefst zu verachten. Den Vergleich mit einem KZ oder auch mit Guantanamo muss sich Großbritannien wohl gefallen lassen. Da die Zustände dort (anders als seinerzeit in Deutschland) nicht durch einen Kriegsgegner beendet wurden, wundert es mich ehrlich gesagt nicht, dass die Verantwortlichen für Folter und Missachtung der Menschenrechte niemals zur Verantwortung gezogen wurden. Selbst im Nachkriegsdeutschland wurden doch längst nicht alle Verantwortlichen bestraft.
 
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