3. Leseabschnitt: Zweiter Teil, Kapitel 1 bis 21 (S.131 bis 226)

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Ich fühle mich mittlerweile zumindest besser unterhalten als zu Beginn des Romans und kann auch mehr in die Geschichte eintauchen, denn das Leben von Sigrun und ihrer Familie und die Annäherung an Kaspar war letztlich auch das, was mich an dem Buch interessierte.

Dennoch finde ich die zahlreichen Schwächen schon verwunderlich. Die größte Schwäche ist in meinen Augen, dass diese Geschichte unglaubwürdig ist. Natürlich befinden wir uns in einem Roman, und der Fantasie steht bekanntlich alles offen, doch hier passiert einfach zu viel Zufälliges.

Wie einfach findet Kaspar bitte Svenja und ihre Tochter? OK, er muss ein bisschen durch die Republik düsen, doch, oh Wunder: Da ist Svenja ja schon! Wobei ich mich gefragt habe, warum er zumindest mit Raul nicht einfach alles gleich telefonisch geklärt hat, anstatt mal eben nach Bonn für ein paar halbgare Informationen zu reisen.

Ohnehin finde ich die Reaktionen der Befragten erstaunlich. Jede/r gibt mehr oder weniger bereitwillig Auskunft, Paula nimmt ihn gar gleich in den Arm.

Was haltet ihr eigentlich von der Figur Kaspar? Ich kann ihn nicht so richtig greifen. Einerseits berührt er mich in seiner Naivität und seinen Bemühungen, andererseits fehlt ihm doch die Haltung. Er lässt es zu, dass Leo Birgit als "Flittchen" bezeichnet (S. 149), er singt und johlt mit den Völkischen. Natürlich nicht die ganz bösen Lieder. Das macht die Figur in meinen Augen zwar interessant, aber ich kann mich ihr nicht nähern.

Den Dialog zwischen Leo und Irma finde ich artifiziell, Kaspar hört ganz locker zu.

Was treibt Kaspar eigentlich an und warum setzt er so viel darauf, Sigrun zu retten? Will er sich nicht eher selbst retten, sein Versagen in der Ehe wiedergutmachen?

Ihr merkt schon, das Stilmittel der Fragen habe ich gleich mal übernommen, so wie es auch der Erzähler gemacht hat und dadurch doch Birgit aus Abschnitt 2 sehr ähnelt.

Kommen wir zu den Völkischen. Das ist für mich wie das Eintauchen in eine mir völlig fremde Welt, und ich bin beeindruckt, wie detailliert Bernhard Schlink darüber zu erzählen weiß.

Die Figuren selbst finde ich jedoch zu klischeehaft. Der wirklich durch und durch blöde Nazi-Vater, die gebrochene, aber nicht unsympathische Nazi-Braut, die irgendwann mal vom rechten (oh!) Weg abgekommen ist, die gelehrige, aber liebenswerte Sigrun, völlig verblendet von der Ideologie ihrer Eltern. Aber Kaspar wird sie schon wieder hinbekommen.

Der Kuhhandel (sorry, Sigrun) mit den Eltern ist in meinen Augen der Tiefpunkt in Sachen Unglaubwürdigkeit. Sigrun darf kein Hakenkreuz-Piercing haben, aber mal eben ein paar Wochen im Jahr bei einem wildfremden Mann verbringen, mit dem sie nicht einmal verwandt ist? Nee, oder??

Dann würde mich interessieren, wann Bernhard Schlink zum letzten Mal eine 14-Jährige getroffen hat? Ob völkisch oder nicht, die Auswahl der Bücher ab S. 203 wirkt so, als käme sie vom Mond. Immerhin musste ich hier wirklich lachen, auch über die "lieben Hunde" im Wald.

Liebenswert fand ich die "fetzige" Rockmusik Ich weiß gar nicht, wann ich "fetzig" zum letzten Mal gehört oder gelesen habe. Ich meine das jetzt nicht ironisch, sondern fand es wirklich bemerkenswert retro.

Ich merke gerade, dass das sehr viel Kritik ist. Dennoch fand ich den Abschnitt wie gesagt viel unterhaltsamer als den ersten. Ich glaube, ich schraube die Erwartungen einfach nach unten und lasse mich berieseln.
 
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Circlestones Books Blog

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28. Oktober 2018
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Wienerin auf Rügen
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Kommen wir zu den Völkischen. Das ist für mich wie das Eintauchen in eine mir völlig fremde Welt, und ich bin beeindruckt, wie detailliert Bernhard Schlink darüber zu erzählen weiß.
In einem Interview sagt er, er habe sich aus dem breiten Spektrum bewusst für eine völkische Gemeinschaft entschieden, weil er hinfahren und mit den Leuten sprechen konnte. Zuvor Literatur, Texte von Aussteigern. Diese genaue Recherche spürt man in meinen Augen in seinen Schilderungen. Auch für mich ist diese Welt fremd, vor allem erstaunt mich, dass Teenager in einer Zeit der breit gefächerten Informationsmöglichkeiten diese Haltung annehmen, Sigrun ist ein ehrgeiziges, aufgewecktes Mädchen und dann diese Bücher.
Sehr gut gefällt mir dieser Abschnitt, wo es um die Annäherung von Kaspar und Sigrun geht, ich sehe seine Bemühungen um das Mädchen als völlig Uneigennützig an, für ihn ist sie die Enkelin, die er mit Birgit auch hätte haben können, hätten sie Kinder gehabt. Ich mag die Vorsicht, mit der er ihr Eindrücke ermöglicht, freiwillig, ohne zu belehren, die vielleicht ihre Grundeinstellung, die sie von ihren Eltern übernommen hat, ändern können, sie ist kritisch genug und in einem Alter, wo sie ohnedies viele Dinge hinterfragt und nachdenkt. Natürlich ist die Zeit, in der sie Kaspar besucht, kurz, aber ich bin sehr gespannt, wie es mit Sigrun weitergeht. Bisher mein Lieblings-Leseabschnitt.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Wie einfach findet Kaspar bitte Svenja und ihre Tochter? OK, er muss ein bisschen durch die Republik düsen, doch, oh Wunder: Da ist Svenja ja schon!
Das habe ich gar nicht so abwegig gefunden und Paula war als Figur endlich mal ein Lichtblick.
Was haltet ihr eigentlich von der Figur Kaspar? Ich kann ihn nicht so richtig greifen. Einerseits berührt er mich in seiner Naivität und seinen Bemühungen, andererseits fehlt ihm doch die Haltung. Er lässt es zu, dass Leo Birgit als "Flittchen" bezeichnet (S. 149), er singt und johlt mit den Völkischen.
Ich finde ihn blass gezeichnet und kann seine Handlungen nicht recht nachvollziehen. Leo Weise hätte er den Kopf grade rücken müssen und bei Björn und Svenja - das kann ich seine Haltunggar nicht nachvollziehen. Über die völkischen Kreise weiß ich zuwenig, aber spätestens als Björn vom Testament anfing, hätte ich erwartet das Kaspar sich wehrt. Er legt seine Vermögensverhältnisse offen - warum ?

Sigrun finde ich sehr schlicht, natürlich ist sie mit dem Weltbild ihrer Eltern aufgewachsen, aber so ein bisschen was sollte sie schon mitbekommen haben, auch wenn in ihren Jugendbüchern der Führer verehrt wird.

Ich werde mal weiterlesen, aber so recht packt es mich nicht.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Er lässt es zu, dass Leo Birgit als "Flittchen" bezeichnet (S. 149), er singt und johlt mit den Völkischen.
Glaubst Du, er hätte nur eine Information bekommen, wenn er dort angefangen hätte zu diskutieren? Um Vertrauen zu gewinnen, musst Du eine gemeinsame Ebene aufbauen, ansonsten kannst Du aufstehen und gehen.
Was treibt Kaspar eigentlich an und warum setzt er so viel darauf, Sigrun zu retten?
Wo steht das, das er Sigrun retten will? Sein Hauptziel, und das wird mehrfach wiederholt, ist es, Sigrun nahezukommen. Und das finde ich durchaus nachvollziehbar, denn sie ist neben Svenja das Einzige von seiner Frau, was noch ist. Und Svenja näher findet er sicherlich so aussichtslos wie ich ;)
Die Figuren selbst finde ich jedoch zu klischeehaft.
Wie würdest Du denn eine völkische Familie nicht klischeehaft darstellen? Es ist einfach so, dass dort ein strenges Patriarchat herrscht und ganz viele einfach nichts bis wenig in der Birne haben. Der Anwalt scheint schlau zu sein, ist aber genauso geldgeil wie Sigruns Vater. Zudem: Wenn der ein besserer Mensch wäre, wäre er wohl nicht bei den Völkischen und so stramm rechts. Und wo ist bei Svenja das Klischee? Sie wirkt nicht so stramm und extrem rechts, ist es aber wohl und dennoch deutlich intelligenter als ihr Mann. Und dass Sigrun ist wie sie ist, ist bei einer 14jährigen wohl nicht verwunderlich.
Sigrun darf kein Hakenkreuz-Piercing haben, aber mal eben ein paar Wochen im Jahr bei einem wildfremden Mann verbringen, mit dem sie nicht einmal verwandt ist? Nee, oder??
Doch, denn ihre Überzeugungen geben sie für Geld nicht auf, ihre Familie aber schon. Hat man im 3. Reich ja mehr als oft genug sehen können.
Ob völkisch oder nicht, die Auswahl der Bücher ab S. 203 wirkt so, als käme sie vom Mond.
Svenja kommt praktisch vom Mond. Du hast doch gelesen was sie für Bücher bisher hatte? Das sind Bücher aus sowas von anderen Zeiten.
Ich fand gerade diesen Abschnitt sehr sehr gelungen, weil ich mir eigenlich noch nie Gedanken darüber gemacht habe, mit welchen Themen Kinder und Jugendliche bereits in Buchform zu tun haben. Christiane F. war zu meiner Zeit unglaublich.
Auch Kaspars Überlegungen zu den Russen gefielen mir gut, weil ich in diesem Alter diese auch verschlungen habe. Ich wollte sogar Russisch lesen, um sie im Original lesen zu können. Ach ja, es blieb bei dem Vorsatz ...
Wobei ich mich gefragt habe, warum er zumindest mit Raul nicht einfach alles gleich telefonisch geklärt hat, anstatt mal eben nach Bonn für ein paar halbgare Informationen zu reisen.
Weil es ihm zu persönlich und wichtig war, so etwas am Telefon zu besprechen. Vielleicht auf für Raul, der das nicht wollte.
Ohnehin finde ich die Reaktionen der Befragten erstaunlich. Jede/r gibt mehr oder weniger bereitwillig Auskunft, Paula nimmt ihn gar gleich in den Arm.
Paula war eine sehr sehr gute Freundin von Birgit und wurde als sehr mitfühlend und warmherzig beschrieben. Zudem: die Freunde von sehr guten Freunden sind auch meine Freunde - zumindest kenne ich das so.

Herr Schlink ist wirklich sehr sehr nahe an der Realität geblieben. Das Künstlerehepaar, die jedes Jahr ein Musikfest feiern, gibt es wirklich und ihre Scheune wurde tatsächlich abgebrannt. Aber sie geben nicht auf.
Über die völkischen Kreise weiß ich zuwenig, aber spätestens als Björn vom Testament anfing, hätte ich erwartet das Kaspar sich wehrt. Er legt seine Vermögensverhältnisse offen - warum ?
Und dann? Hätte Björn ihn rausgeworfen und das wäre es gewesen mit der Kontaktaufnahme zu Birgits Tochter und Enkelin. Er hat ihn mit dem geködert, wonach er am meisten giert. Und glücklicherweise hat Björn das gleich zu Beginn deutlich gezeigt.

Svenja scheint intelligent zu sein und mit seiner zurückhaltenden Art scheint Kaspar genau der Richtige zu sein, Svenjas eigene Gedanken zu wecken. In der Schule wird das nicht gelingen, weil sie dort meist nicht zum eigenen Denken angeregt werden, sondern die Beurteilung bereits vorgesetzt bekommen. So ist es recht leicht für die Eltern zu sagen: Die erzählen euch Lügen, das stimmt alles nicht, die wollen nur, dass ihr so denkt wie sie. Ich bin gespannt, ob Kaspars Zeit mit Svenja ausreicht, ihre Einstellungen zu überdenken.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Natürlich ist die Zeit, in der sie Kaspar besucht, kurz, aber ich bin sehr gespannt, wie es mit Sigrun weitergeht. Bisher mein Lieblings-Leseabschnitt.
Diese vorsichtige Annäherung finde ich sehr schön beschrieben. Er weckt Interessen in ihr, ohne sie zu bevormunden oder in eine Richtung zu lenken. Ich hatte sie anfangs als schlicht bezeichnet, aber ich denke, das ist falsch.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Diese genaue Recherche spürt man in meinen Augen in seinen Schilderungen.
Total! Das ist wirklich sehr detailliert.
Um Vertrauen zu gewinnen, musst Du eine gemeinsame Ebene aufbauen, ansonsten kannst Du aufstehen und gehen.
Ich glaube, ich hätte mich dann fürs Aufstehen entschieden, als so etwas unwidersprochen stehen zu lassen. Zu Kaspar passt die Haltung aber durchaus.
Wo steht das, das er Sigrun retten will?
Das habe ich zwischen den Zeilen deutlich herausgelesen. ;)
Svenja kommt praktisch vom Mond.
Sigrun, oder? Nö. Sie geht auf eine öffentliche Schule, ein Gymnasium. Sie haben halt keinen Fernseher. Aber sie ist jetzt auch keine Amish. Sie bekommt also durchaus altersgemäßes Zeug mit.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Ich glaube, ich hätte mich dann fürs Aufstehen entschieden, als so etwas unwidersprochen stehen zu lassen. Zu Kaspar passt die Haltung aber durchaus.
Schon beim Lesen hatte ich diesen Reflex, aber es ist richtig, zu Kaspar passt es. Das zieht sich ja durch alle seine Handlungen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Glaubst Du, er hätte nur eine Information bekommen, wenn er dort angefangen hätte zu diskutieren?
Um seine verstorbene Frau zu verteidigen, muss man nicht diskutieren. Er hätte einfach sagen müssen, dass er nicht möchte, dass so über seine Frau geredet wird.
Das Künstlerehepaar, die jedes Jahr ein Musikfest feiern, gibt es wirklich und ihre Scheune wurde tatsächlich abgebrannt. Aber sie geben nicht auf.
von denen habe ich auch schon gelesen.
Was treibt Kaspar eigentlich an und warum setzt er so viel darauf, Sigrun zu retten? Will er sich nicht eher selbst retten, sein Versagen in der Ehe wiedergutmachen?
Das hat etwas von Wiedergutmachung; aber nicht für seine Fehler, sondern für seine Frau macht er es.
Die Figuren selbst finde ich jedoch zu klischeehaft. Der wirklich durch und durch blöde Nazi-Vater, die gebrochene, aber nicht unsympathische Nazi-Braut, die irgendwann mal vom rechten (oh!) Weg abgekommen ist, die gelehrige, aber liebenswerte Sigrun, völlig verblendet von der Ideologie ihrer Eltern. Aber Kaspar wird sie schon wieder hinbekommen.
Die ganze Szene erscheint mir unglaubwürdig. Wenn man bedenkt, dass Svenja bisher davon ausgegangen ist, dass die Weises ihre Eltern waren, ist ihre Reaktion auf den Besuch Kaspars verwunderlich. Da sagt man doch nicht, wir trinken erst mal Kaffee. Das muss einem doch in seinen Grundfesten erschüttern.
Dann würde mich interessieren, wann Bernhard Schlink zum letzten Mal eine 14-Jährige getroffen hat
Das frage ich mich auch. Ob völkisch oder nicht. Sigrun wirkt wie ein Kleinkind mit ihren Fragen und ihrem ganzen Benehmen. „ Sie sah allerliebst aus.“ Wann habt ihr zuletzt mal von einem „ allerliebst“ aussehenden Mädchen gelesen?
Altbacken, der Ausdruck fiel hier schon mal im Zusammenhang mit Schlinks Schreibweise.

Ich bin noch nicht durch mit dem LA , aber der Besuch bei der völkischen Familie hat mich zu sehr irritiert. Da geht es mir wie @Christian.

Es müssen schon besondere Frauen gewesen sein, Mutter und Tochter. Kaspar wollte Birgit gleich nach dem ersten Kennenlernen heiraten und Raúl erzählt das gleiche über Svenja. Diese „ echten“ Ostfrauen scheinen was Unwiderstehliches an sich zu haben.
Was haltet ihr eigentlich von der Figur Kaspar? I
Zu gut für diese Welt.
Paula war eine sehr sehr gute Freundin von Birgit und wurde als sehr mitfühlend und warmherzig beschrieben
Paulas Entgegenkommen ist glaubwürdig und nachvollziehbar. Sie war eine wahre Freundin für Birgit und hat sich trotzdem nicht an deren Wunsch gehalten, das Baby einfach abzulegen. Das war mutig und aus ihrer Sicht das Richtige. Dass sich Svenja später so entwickelt, kann man ihr nicht zum Vorwurf machen. Zugegeben, Leo erwies sich als strenger Vater, aber seine Frau schien es gut zu meinen mit Svenja. Das Leben in einem Heim wäre sicherlich schlimmer gewesen.
Svenja scheint intelligent zu sein und mit seiner zurückhaltenden Art scheint Kaspar genau der Richtige zu sein, Svenjas eigene Gedanken zu wecken. In der Schule wird das nicht gelingen, weil sie dort meist nicht zum eigenen Denken angeregt werden, sondern die Beurteilung bereits vorgesetzt bekommen. So ist es recht leicht für die Eltern zu sagen: Die erzählen euch Lügen, das stimmt alles nicht, die wollen nur, dass ihr so denkt wie sie. Ich bin gespannt, ob Kaspars Zeit mit Svenja ausreicht, ihre Einstellungen zu überdenken.
Du meinst hier sicher Sigrun.
Sigrun, oder? Nö. Sie geht auf eine öffentliche Schule, ein Gymnasium. Sie haben halt keinen Fernseher. Aber sie ist jetzt auch keine Amish. Sie bekommt also durchaus altersgemäßes Zeug mit.
Ja, Sigrun hat sehr wohl Kontakt mit Gleichaltrigen. Deshalb ist für mich diese Figur bisher wenig glaubwürdig.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Paulas Entgegenkommen ist glaubwürdig und nachvollziehbar. Sie war eine wahre Freundin für Birgit und hat sich trotzdem nicht an deren Wunsch gehalten, das Baby einfach abzulegen.
Ich finde Paula fast als einzige Figur in diesem Buch, die ich mir aus Fleisch und Blut vorstellen kann.
Bei Kaspar hast du völlig recht: zu gut für diese Welt.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Ich glaube, ich hätte mich dann fürs Aufstehen entschieden, als so etwas unwidersprochen stehen zu lassen. Zu Kaspar passt die Haltung aber durchaus
Ich hätte es vermutlich auch nicht können, aber Kaspar hat seine Prioritäten und die sind ganz klar: den Kontakt zu Svenja und Sigrun bekommen. Dafür nimmt er Alles hin.
Das habe ich zwischen den Zeilen deutlich herausgelesen.
Im nächsten Abschnitt habe ich das dann auch - ich brauche wohl etwas länger ;)
Sigrun, oder? Nö. Sie geht auf eine öffentliche Schule, ein Gymnasium. Sie haben halt keinen Fernseher. Aber sie ist jetzt auch keine Amish. Sie bekommt also durchaus altersgemäßes Zeug mit.
Ja klar, natürlich Sigrun. Wieso müssen die alle mit S anfangen ;)? Sie bekommt es mit, aber es ist klar, dass das mehr oder weniger alles Teufelszeug ist. Sie lebt in einer Blase, in die nur das Einlass bekommt, was durch die nationalistischen oder nationalsozialistischen Filter gelassen wird. Der Rest schwirrt vorbei bzw. wird als irrelevant oder krank betrachtet. Sie lebt auf einem nationalsozialistischen Mond.
Um seine verstorbene Frau zu verteidigen, muss man nicht diskutieren. Er hätte einfach sagen müssen, dass er nicht möchte, dass so über seine Frau geredet wird.
Und dann? Glaubst Du wirklich, dieser Leo hätte das so einfach akzeptiert? Vermutlich wäre das Gespräch komplett verstummt, vielleicht wäre Kaspar sogar rausgeflogen - und erreicht hätte er nichts.
Da sagt man doch nicht, wir trinken erst mal Kaffee. Das muss einem doch in seinen Grundfesten erschüttern.
Du gehst von Dir aus. DU wärst erschüttert. Sie ist eine nationalsozialistische Frau, für die Gefühle Gedöns sind und die hart wie Kruppstahl zu sein hat, um das deutsche Volk zu retten. Glaubst Du tatsächlich, dass die vor einem fremden Mann, der dazu noch zu DENEN gehört, Schwäche in Form von Gefühlen zeigt?
Sigrun wirkt wie ein Kleinkind mit ihren Fragen und ihrem ganzen Benehmen. „ Sie sah allerliebst aus.“ Wann habt ihr zuletzt mal von einem „ allerliebst“ aussehenden Mädchen gelesen?
Der Mann ist 71, ich glaube in seinem Jahrgang gehörte allerliebst durchaus noch zum normalen Wortschatz ;)
Du meinst hier sicher Sigrun.
Natürlich - es sind einfach zuviele S ;)
Auch Kaspar finde ich in dieser Szene höchst unsensibel. So etwas Gravierendes mal einfach so rauszuhauen.
Svenja war schon so auf Ablehnung, dass die Wahrscheinlichkeit groß war, dass die Tür wieder zugefallen wäre. Ich glaube, wenn er nicht so damit rausgerückt wäre, hätte er keine Chance bekommen, mit ihr ein richtiges (mehr oder weniger) Gespräch zu führen.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Der Mann ist 71, ich glaube in seinem Jahrgang gehörte allerliebst durchaus noch zum normalen Wortschatz ;)
Ich bin gerade mal 7 Jahre jünger und gebrauche das Wort auch nicht.
Außerdem ist er vom Alter her ein später 68er, die Generation, die auf die Straßen ging und gegen die Vätergeneration protestierte, die Generation der freien Liebe und der Drogen.
Auch wenn Kaspar nicht zu dieser Gruppe gehörte, ging diese Zeit doch nicht spurlos an ihm vorüber.
Es ist die Sprache Schlinks, die ich schon in anderen Büchern als etwas altbacken empfunden habe.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Ich bin gerade mal 7 Jahre jünger und gebrauche das Wort auch nicht.
Naja Duuu .... Das biologische Alter hat doch nichts mit dem geistigen zu tun ;) Aber Kaspar liebt das Alte - stand nicht irgendwo was von seiner Liebe zu den alten Denkern? Sprache ist ihm wichtig und es gibt Wörter, die mag man und nutzt sie auch, obwohl sie altbacken sind. Ich hab da auch so einige ... :) (von denen ich letztlich erst gelesen habe, dass es Leute gibt, die sie hassen. Lecker beispielsweise.)
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Naja Duuu .... Das biologische Alter hat doch nichts mit dem geistigen zu tun ;) Aber Kaspar liebt das Alte - stand nicht irgendwo was von seiner Liebe zu den alten Denkern? Sprache ist ihm wichtig und es gibt Wörter, die mag man und nutzt sie auch, obwohl sie altbacken sind. Ich hab da auch so einige ... :) (von denen ich letztlich erst gelesen habe, dass es Leute gibt, die sie hassen. Lecker beispielsweise.)
Also gut…
Ich mag ebenfalls altmodische Wörter wie z. B. hanebüchen
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Da sind wir uns völlig einig…
„ Habseligkeiten“ - so heißt auch ein schöner Roman von Richard Wagner ( nicht der Komponist)
Gibt es da nicht auch einen von Katharina Hacker (oder so ähnlich heißt die Autorin, glaube ich). Haben die miteinander zu tun?