3. Leseabschnitt: Zweite Hälfte Zweiter Teil (Seite 159 bis 248)

Xirxe

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Wäre so ein starrsinniger Mensch, der selbst Ärzten gegenüber etwas handgreiflich wird, in der Lage seine Kinder zu verlassen???
Durchaus, wenn der Starrsinn in die Richtung geht, den Kindern muss ein besseres Leben ermöglicht werden. Und das geht halt nur mit Geld.
Ist es denn eine Entscheidung Knecht oder Diener zu sein? Oder machen einen gewisse Umstände zu dem Einen oder Anderen?
Eher Letzteres. Deshalb hat Manuel doch auch diese Probleme an seiner Schule. Seine Klassenkameraden haben sofort registriert, dass er zur Klasse der Knechte gehört und sie selbst sogar zu der der Herren.
Ist das eigentlich noch reales Empfinden?
Warum nicht? Mehrere Jahre ohne menschliche Zuwendung, immer nur selber geben, nie etwas bekommen oder wenn, in einer Minimaldosis. Wie ausgehungert nach Zuwendung muss man da sein, da nimmt man jede Hand und jedes Entgegenkommen ohne Bedenken an.
Oder arbeite ich zulange in meinem Beruf und wittere überall Psychiatrisches?
:D:cool:;) "lach" Vielleicht ;)?
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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"Das ist nicht dasselbe: Ein Knecht hat keine Freiheit und muss immer gehorchen, während ein Diener gehorcht, weil das sein Beruf ist, aber ansonsten ist er ein freier Mensch!"
Diese Stelle hatte ich mir auch als zitierwürdig notiert :) . Das aus dem Mund eines 8-jährigen? zu hören ist schon harter Tobak...
 

Barbara62

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19. März 2020
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Die Geschichte ihrer verschiedenen Tätigkeiten in Mailand habe ich gern gelesen, auch wenn sie nicht ganz ohne Klischees auskommt. Der verwöhnte Junge, der sich durch genügend Aufmerksamkeit wandelt, die ihm die Anwaltseltern nicht geben. Die übergewichtige Elena, bei der sich Daniela mal wieder als Tochter fühlen kann - natürlich mit smartem Sohn und Affäre inklusive. Der verständnisvolle Oreste, der Manuel nach Mailand holen will. So weit, so überraschungsfrei. Aber eben mit viel Herz geschrieben und großem Verständnis des Autoren für seine eigenen Figuren.
Diese Klischees haben mich tatsächlich auch gestört.

Und jetzt noch der Lieferwagenfahrer, der mies bezahlt wird und nie Feierabend hat! Wenn Balzano es darauf anlegt, uns Wohlstandsbürgern ein schlechtes Gewissen zu machen, dann hat er seinen Zweck erreicht ... :confused:
Der letzte Satz im Nachwort: "Es zu schreiben, war für mich ein Versuch der Wiedergutmachung."

Und jetzt noch der Lieferwagenfahrer, der mies bezahlt wird und nie Feierabend hat!
Habt ihr verstanden, warum er sich für den Boten-Job so schämt, dass Daniela es nicht den Kindern erzählen darf? Was ist daran schlechter als am LKW-Fahrer?
 

kingofmusic

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Habt ihr verstanden, warum er sich für den Boten-Job so schämt, dass Daniela es nicht den Kindern erzählen darf? Was ist daran schlechter als am LKW-Fahrer?
Vielleicht weil er da noch mehr ausgebeutet wird? Guck dir doch die Kurierfahrer von Amazon, Hermes, DPD etc. an - teilweise sind die bis spät abends unterwegs und kriegen einen Hungerlohn...
 

Barbara62

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Daniela durchleidet in Mailand alles, was Balzano in seinen Gesprächen mit den rumänischen Pflegekräften hörte - so kommt es mir jedenfalls vor. Vielleicht wäre es klüger gewesen, er hätte das ein oder andere Schicksal in einer Kollegin von Daniela (als Parallelhandlung) verpackt?

Was mich wundert: Danielas Ehe scheint inzwischen geschieden worden zu sein. Davon erfährt man nur in einem Nebensatz.

Der Satz, an dem ich am längsten hängengeblieben bin: "Was wohl mit den Erinnerungen geschieht, wenn der Geist verschwindet?" (S. 238)

Der allgegenwärtige Rassismus, als "Lob" getarnt: "Ihr habt echt ein Händchen im Umgang mit unseren Alten und Kindern" und gleich noch ein Dämpfer hinterher. Unverschämt! (S. 185)

Ich werde aus Daniela nicht so recht schlau, einerseits das ständige Beklagen einer Schuld, andererseits das Beharren, dass ihr Entschluss richtig war.
 

Literaturhexle

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Vielleicht weil er da noch mehr ausgebeutet wird? Guck dir doch die Kurierfahrer von Amazon, Hermes, DPD etc. an - teilweise sind die bis spät abends unterwegs und kriegen einen Hungerlohn...
Die Kurierfahrer hierzulande haben keine anderen Jobangebote. Sie verfügen allermeistens über keine Ausbildung und/oder keine ausreichenden Sprachkenntnisse. Diesen Job kann man mit Führerschein allein machen. Trotzdem sollte er natürlich adäquat bezahlt werden.

Schau dir Filip an: was kann Der? Wie fleißig, motiviert ist er? Wie verantwortungsbewusst? Trinkt er noch?
Nicht alles ist gottgegeben. Auch Filip ist eine Schablone, aber dass er am Ende der Fahnenstange arbeiten muss, wäre hierzulande ebenso. Hier würde er sich aber wahrscheinlich mit Sozialleistungen durchwurschteln...
 
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Barbara62

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Schau dir Filip an: was kann Der? Wie fleißig, motiviert ist er? Wie verantwortungsbewusst? Trinkt er noch?
Nicht alles ist gottgegeben. Auch Filip ist eine Schablone, aber dass er am Ende der Fahnenstange arbeiten muss, wäre hierzulande ebenso. Hier würde er sich aber wahrscheinlich mit Sozialleistungen durchwurschteln...
Jedenfalls dann, wenn man Danielas Worten vertraut. Ich hätte ihn gerne selbst gehört, wie er dazu wurde, was er jetzt ist.
 

Xirxe

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Habt ihr verstanden, warum er sich für den Boten-Job so schämt, dass Daniela es nicht den Kindern erzählen darf?
Er hat ihnen doch immer erzählt, dass er einen eigenen LKW fährt, also selbständig ist. Und wer will vor seinen Kindern schon als Loser dastehen?
Ich werde aus Daniela nicht so recht schlau, einerseits das ständige Beklagen einer Schuld, andererseits das Beharren, dass ihr Entschluss richtig war.
Wenn sie zugeben würde, dass es nicht richtig war, wäre es gleichzeitig auch das Zugeständnis, dass die ganzen Jahre vergebens und vergeudet waren. Schuld einzugestehen fällt das leichter und mit Rechtfertigungsgründen wird diese dann auch ein bisschen kleiner.
was kann Der? Wie fleißig, motiviert ist er? Wie verantwortungsbewusst? Trinkt er noch?
Steht alles im Buch auf Seite 153 ;) Daniela wusste schon, wen sie da heiratet und wer der Vater ihrer Kinder sein wird.
 
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Christian1977

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Diese Stelle hatte ich mir auch als zitierwürdig notiert :) . Das aus dem Mund eines 8-jährigen? zu hören ist schon harter Tobak...
Hoffentlich liest Gianluca nicht heimlich mit, denn in Wahrheit ist er ja schon zehn. ;)

Ich finde dieses Zitat klug eingebaut und ehrlich gesagt nicht so wahnsinnig ungewöhnlich. Es passt natürlich gut zu Danielas Situation, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass Gianluca so etwas in der Schule gelernt hat. Außerdem ist er ein kluges Kerlchen, und wenn man das Mittelalter in der Schule hatte, kann er die Bedeutung von "Knecht" durchaus wissen.
 

kingofmusic

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Hoffentlich liest Gianluca nicht heimlich mit, denn in Wahrheit ist er ja schon zehn. ;)
Ups :eek::D. Ich weiß ja nicht, wie der Lehrplan in Italien aussieht, aber meine Kids hatten mit 10 noch nichts über das Mittelalter in der Schule gehabt...Egal. Passend ist der Spruch in jedem Fall; da hast du meine uneingeschränkte Zustimmung ;).
 

Literaturhexle

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kann er die Bedeutung von "Knecht" durchaus wissen.
Ehrlich gesagt ist mir die Unterscheidung nicht klar genug. Die Magd und der Knecht bekamen durchaus einen (Hunger-)Lohn und konnten sehr willkürlich behandelt werden, da ihnen die Alternative fehlte. Ist der Diener nicht etwas Ähnliches außerhalb der Landwirtschaft?
Für mich würde der Begriff Leibeigener im Vergleich eher standhalten. Aber ich bin nicht sicher.
 

kingofmusic

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Echt nicht?!?
Keine Ritter und Burgen? War bei uns definitiv ein Grundschulthema. Natürlich anders als in der Mittelstufe, aber das Ständesystem könnte durchaus thematisiert worden sein;)
Ich kann mich zumindest nicht bewusst daran erinnern...Andererseits bin ich da wahrscheinlich auch alles andere als ein Vorbild; mich hat es auch nie interessiert ha ha ha.
 
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Christian1977

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Ehrlich gesagt ist mir die Unterscheidung nicht klar genug.
Ein Knecht stand ja in völliger Abhängigkeit zu seinem Herrn, er ordnet sich diesem komplett unter. Fast sklavengleich. Jemand wird ja auch "geknechtet".

Ein Diener entscheidet sich durchaus aus freien Stücken, für jemanden zu arbeiten. Er könnte ja beispielsweise einfach kündigen, aber er "dient" einer Person oder einer aus seiner Sicht guten Sache.

So würde man beispielsweise zu Priestern nicht "Knechte Gottes", sehr wohl aber "Diener Gottes" sagen.

Ich weiß nicht, ob das verständlich ist, was ich meine. Ich würde jedenfalls sagen, dass Gianluca das richtig definiert hat.