3. Leseabschnitt: Teil II. (Seite 151 bis 185)

Wandablue

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18. September 2019
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und ich hoffe sehr, dass meine Interpretation auch zutrifft.
Tscha, das glaub ich aber nicht ... der Satz wäre ok, wenn der Herr gesagt hätte, "ich habe zwei Töchter, die haben aber andere Interessen", aber das hat er nicht gesagt. Ich habe einen Freund mit 3 Töchtern, der mir allen Ernstes erklärt hat, dass seine Töchter kein Mathe können und es nie richtig können können, also wie ein Junge. Und der Beweis wären die schwachen Leistungen seiner Töchter. Dass er es ihnen sozusagen ans Herz legte, in Mathe schwach zu sein und er der Verursacher dieser Schwäche sein könnte, fand er "unlogisch".

Die Tatsache, dass Laurance wieder in eine kindliche Unselbstständigkeit gerutscht ist, wird durch den erneuten Perspektivwechsel hin zur Perspektive des Anfangs bis sie drei Jahre alt war. Das finde ich weiterhin gut gemacht dieses gekonnte Wechseln der eingesetzten Perspektive.
ich stimme dir wieder zu: Prägung. Das geschieht unbewusst (siehe oben die Töchter meines Freundes).

dass gerade Fehler männlicher Mediziner mitunter aktiv vertuscht werden,
Das sind die Dinge, an denen wir abeiten müssen - Sprache kann bleiben, wie sie ist, denn sie ist schön. Die Zustände aber nicht. Wir brauchen dringend eine Quote für Führungsposten.

Vielleicht bin ich zu feministisch in meinen Einstellungen, um das Buch nicht zu mögen.
Nö.

dass Laurence von ihrem Mann einmal so geohrfeigt wurde, dass sie eine Netzthautablösung hatte
Das ist eine der Stellen, die mir nicht einleuchten, dass Laurence dies akzeptiert hat. Dieser LA ist nicht ganz rund, einerseits nämlich geht er diesmal wirklich auf tatsächliches Leben Laurencens ein mit der ausführlichen Erzählung der Schwangerschaft, andererseits dient sie immer noch als Sammelbecken sämtlicher männlicher Missgriffe. Das muss für einen Großteil der Leserschaft missverständlich sein.

Gerade deshalb hätte sie dieses Gerücht über ihre Ärztin, von Frau zu Frau, hinterfragen müssen.
Sie war noch nicht so weit.

Die Hebamme hat das Kind doch nicht geboren sondern entbunden.
Übersetzungsfehler. Flüchtigkeitsfehler?

und von der Klasse jenes Werkes meilenwert entfernt ist.
interessant.
 

Wandablue

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Brandenburg
Ich denke, das hängt davon ab, was man bereit ist zu ertragen und im Sinne der Familie schweigend oder auch streitend hinzunehmen. Wenn es aber einen so starken Eingriff in das eigene Leben bedeutet, wie hier, dann wäre es wohl an der Zeit gewesen, auf Distanz zu gehen.
Sie ist immer noch jung und entsprechende Lektüren entstehen gerade erst ...
 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Die Tatsache, dass Laurance wieder in eine kindliche Unselbstständigkeit gerutscht ist, wird durch den erneuten Perspektivwechsel hin zur Perspektive des Anfangs bis sie drei Jahre alt war. D
Der Wechsel ist mir auch sofort ins Auge gestochen. Deine Interpretation gefällt mir.
Gerade deshalb hätte sie dieses Gerücht über ihre Ärztin, von Frau zu Frau, hinterfragen müssen.
Ich kann es auch nicht verstehen, dass sie die gewachsene Beziehung zur Ärztin so schnell hat fahren lassen. Man sieht, wie stark sie ihrem Vater, der dazu vom Fach ist, vertraut. Die Lüge war natürlich schändlich! Sehr interessant, wie die Unfähigkeit des Gynakologen langsam durch dessen Beobachtung und seine eigenen Gedanken offengelegt wird. Es hat mich richtig gegruselt, zudem wuchs die Angst um F. und ihr Kind... Gut gemacht!
Im Zweifelsfall sind manche Dinge leichter gesagt, als getan
Das befürchte ich eben auch. Die Verstrickungen zum dominanten Vater sind komplex. Man bedenke auch immer wieder die Zeit: auch Mädchen in weniger patriarchischen Elternhäusern wurden noch zu Anpassung und Gehorsam erzogen. Diese Prägung streift man nicht eben mal ab. Die Tatsache, dass sie die Ohrfeige ihres Mannes akzeptiert hat, beweist doch, dass F. grundsätzlich das Männliche für übergeordnet hält. Sie kann nicht anders. Ihr wurden die Flügel in dieser Hinsicht gestutzt.
Zu zeigen, der Mann ist böse und unfähig?
Ja. Aber das wurde aus meiner Sicht sehr gut gemacht. War richtig thrillig.
dass durchaus auch Jungs von ihren Vätern in bestimmte Lebenswege geschoben werden, sie schlecht abgrenzen können usw.
Richtig. Das rechtfertigt zwar nicht sein Versagen im Kreißsaal, bereichert den Roman aber hier und da um die männliche Perspektive. Die Väter waren Patriarchen, denen sich nicht nur die Töchter zu beugen hatten. Die Konflikte zwischen Vätern und Söhnen konnten extrem aus dem Ruder laufen. Doch Charles hat ja getan, was von ihm verlangt wurde. Ich sehe das nicht als Gleichsetzung Männer/Frauenproblematik, sondern nur als einen Versuch, fair zu sein.

dass es den Menschen im Roman einfacher fällt zu glauben, dass eine Ärztin nicht so zuverlässig ist, wie sie sein sollte.
Weibliche Ärzte dürften damals weit seltener gewesen sein als heute. Gute Ergänzung. Entsprechend kann man ihre Kompetenz schnell bezweifeln.
Wenn es aber einen so starken Eingriff in das eigene Leben bedeutet, wie hier, dann wäre es wohl an der Zeit gewesen, auf Distanz zu gehen.
Völlig richtig. Aber leichter gesagt als getan;)
Sie liebt ihren Vater, sie buhlt um Anerkennung, spürt schon seinen Stolz auf den männlichen Nachkommen und möchte nichts anbrennen lassen. Sie möchte alles tun, um den künftigen Enkel nicht zu gefährden.... Blinder Gehorsam - ihrem eigenen Bauchgefühl versagt sie die Gefolgschaft.
Taten halte ich für wichtiger, als Worte. Das sehen moderne Feministinnen sicher anders.
Ich halte die Wortklauberei auch für völlig überflüssig. Wohl auch eine Generationenfrage. Es kommt auf Taten an.
 

Literaturhexle

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Das ist eine der Stellen, die mir nicht einleuchten, dass Laurence dies akzeptiert hat.
Der Mann hat das Recht, die Frau zu disziplinieren. Er hat das Sagen. Patriarchat. Sie hat Unsinn gemacht, war eifersüchtig und hatte die Strafe verdient. Punkt.

Hier glaube ich, das Buch (bzw. den 3. LA ) zu verstehen. Was ich immer noch nicht eingeordnet kriege, sind die sado- maso Fantasien in der Kindheit. Offenbar ist F. jetzt eine total angepasste brave Frau geworden. Wozu diese Träume?
 

Wandablue

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Der Mann hat das Recht, die Frau zu disziplinieren. Er hat das Sagen. Patriarchat. Sie hat Unsinn gemacht, war eifersüchtig und hatte die Strafe verdient. Punkt.
So wie es dargestellt wird, kann ich es nur als Parodie begreifen, als schwarze Ironie. Laurence erzählt ja in der Rückpespektive. Ja, sie war erstaunlich angepasst. Aber in der Rückschau durchschaut sie das ja und kann den Vorgang nur ironisch meinen.
 
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Ich hätte mir sehr gewünscht, dass Laurence sich als Erwachsene von diesem ganzen Mist distanzieren kann. Doch leider fügt sie sich allem, Ordner sich den Männern und deren Ansichten unter. Sie fühlt sich unwohl bei den dreckigen Witzen des Arztes, lächelt aber pflichtbewusst. Bei ihrem Vater ist es ähnlich, sie beschreibt, dass sie sich von ihm nicht anfassen möchte, doch sie traut sich nicht sich durchsetzen. Das die Eltern ihr eine Lügengeschichte aufgetischt haben, um den Arztwechsel anzutreiben, ist heftig gewesen. Schlimmer noch empfand ich, dass er den jungen Arzt geschützt hat. Seine Loyalität hätte seiner Tochter gelten müssen. Und bei diesem Fehler, der nachweisbar gewesen wäre, hätte man wahrscheinlich sogar Recht bekommen. Das Kind hätte es allerdings im Nachhinein auch nicht mehr retten können, aber dieser Arzt könnte wieder Frauen und deren Säuglinge gefährden, allein deshalb wäre es doch wichtig gewesen.
 
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Der Mann hat das Recht, die Frau zu disziplinieren. Er hat das Sagen. Patriarchat. Sie hat Unsinn gemacht, war eifersüchtig und hatte die Strafe verdient. Punkt.

Hier glaube ich, das Buch (bzw. den 3. LA ) zu verstehen. Was ich immer noch nicht eingeordnet kriege, sind die sado- maso Fantasien in der Kindheit. Offenbar ist F. jetzt eine total angepasste brave Frau geworden. Wozu diese Träume?
Zwischen dem 2. und 3. Abschnitt hat sich einiges verändert. Die Träume werden hier gar nicht mehr aufgegriffen, frage mich da genauso wie du, warum. Allerdings habe ich diesen Abschnitt insgesamt positiver wahrgenommen. Dieses gezwungene pochen auf die Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen habe ich nicht mehr so extrem wahrgenommen.
 

Sassenach123

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Emotional aufgebracht hat mich die ganze Arztfehler-Vertuschungssache. Eben aus denselben Gründen wie schon genannt: Es ist heutzutage immer noch genauso möglich. Und ich weiß sowohl aus eigener Familiengeschichte sowie meiner aktuellen Arbeit, dass gerade Fehler männlicher Mediziner mitunter aktiv vertuscht werden, wohingegen weibliche Kolleginnen selbst schauen müssen, wie sie jetzt den Patient:innen erklären, was sie falschgemacht haben.
Grundsätzlich hast du völlig recht, man hat wenig Chancen. Hier denke ich aber, dass der Vater das Gesamtbild mit dem Stück Plazenta in ein anderes Licht hätte bringen können. Dies wurde ja wegen ihm nicht aktenkundig, aber es war ein sicher nachweisbarer Verstoß seiner Sorgfaltspflicht. Laurence glaubt ihrem Vater natürlich, und nimmt es hin. Er als Mediziner muss es ja wissen, diese Stelle hat mich enorm wütend gemacht. Wie kann ein Vater den Übeltäter, der seiner ToCaterina dadurch enorm hätte schädigen, sie vielleicht sogar umbringen können, auch noch schützen. Es passt zwar zum Tenor des BUCHES, aber ich war entsetzt
 

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Ich habe einen Freund mit 3 Töchtern, der mir allen Ernstes erklärt hat, dass seine Töchter kein Mathe können und es nie richtig können können, also wie ein Junge. Und der Beweis wären die schwachen Leistungen seiner Töchter.
Solche Idioten wird es immer geben, und die lassen sich dann auch nicht durch Fakten vom Gegenteil überzeugen.
 
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Solche Idioten wird es immer geben, und die lassen sich dann auch nicht durch Fakten vom Gegenteil überzeugen.
Das Dumme ist, dass der Freund ansonsten ein wirklich ganz ganz toller Mensch ist. Und doch, ich meine, hätte ich entspr Studien zur Hand gehabt, hätte er zumindest noch mal nachgedacht .. hatte ich aber nicht.

Ach ja, noch was: ich trenne mich nicht von Freunden, nur weil sie eine abweichende und für mich unverständliche Meinung vertreten.
 
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Was ich immer noch nicht eingeordnet kriege, sind die sado- maso Fantasien in der Kindheit. Offenbar ist F. jetzt eine total angepasste brave Frau geworden. Wozu diese Träume?
Wenn die sexuellen Vorstellungen in der frühen Kindheit so stark durcheinandergebracht wurden durch Missbrauch, kann sich das tatsächlich unabhängig von der sonstigen Persönlichkeitsentwicklung in den „tiefer liegenderen“ Bewusstseinsschichten zum sexuellen Trieb und Erregungsverhalten festsetzen. Es könnte quasi sein, dass sie bis ans Ende ihres Lebens (oder zumindest sexuell aktiven Lebens) brauchen wird, um einen Orgasmus erleben zu können. So schrecklich das auch leider ist. :/
Die Träume werden hier gar nicht mehr aufgegriffen, frage mich da genauso wie du, warum.
Es wird beim Thema der ersten oder zweiten Schwangerschaft erwähnt, dass eine „Höhle voller Räuber“ (oder so ähnlich) nachts vonnöten gewesen seien, um Laurence zum Höhepunkt zu bekommen, damit sie dann - laut Volksmund - auch einen Jungen empfangen möge. Die Räuber sind meines Erachtens für sie erregende Vergewaltigungsphantasien, die sie weiterhin benötigt, um körperlich im Höchstmaße erregt zu werden.
 

Literaturhexle

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Wenn die sexuellen Vorstellungen in der frühen Kindheit so stark durcheinandergebracht wurden durch Missbrauch, kann sich das tatsächlich unabhängig von der sonstigen Persönlichkeitsentwicklung in den „tiefer liegenderen“ Bewusstseinsschichten zum sexuellen Trieb und Erregungsverhalten festsetzen. Es könnte quasi sein, dass sie bis ans Ende ihres Lebens (oder zumindest sexuell aktiven Lebens) brauchen wird, um einen Orgasmus erleben zu können. So schrecklich das auch leider ist. :/

Es wird beim Thema der ersten oder zweiten Schwangerschaft erwähnt, dass eine „Höhle voller Räuber“ (oder so ähnlich) nachts vonnöten gewesen seien, um Laurence zum Höhepunkt zu bekommen, damit sie dann - laut Volksmund - auch einen Jungen empfangen möge. Die Räuber sind meines Erachtens für sie erregende Vergewaltigungsphantasien, die sie weiterhin benötigt, um körperlich im Höchstmaße erregt zu werden.
Danke für deine fachkundige Erklärung. Sowas kann man natürlich als Laie nicht wissen, deshalb kommt mir das Ganze sehr aufgesetzt vor, ebenso wie die wiederholten Benachteiligungen Mädchen gegenüber, die mich schon stellenweise genervt haben, weil in meiner Blase übertrieben;)

Ich werde heute Abend mal den letzten Teil lesen und dann darüber entscheiden, was ich von dem Buch halte...
 
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Sassenach123

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Das Dumme ist, dass der Freund ansonsten ein wirklich ganz ganz toller Mensch ist. Und doch, ich meine, hätte ich entspr Studien zur Hand gehabt, hätte er zumindest noch mal nachgedacht .. hatte ich aber nicht.

Ach ja, noch was: ich trenne mich nicht von Freunden, nur weil sie eine abweichende und für mich unverständliche Meinung vertreten.
Ich hätte das Wort Idioten in Gänsefüßchen setzen sollen. Ich wollte deinen Freund nicht schlecht machen. Mir ging es nur darum aufzuzeigen, dass man diese Menschen selbst mit stimmigen Argumenten meist nicht umstimmen kann, sorry.
 
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milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Mich überrascht dieser Roman immer weiter, also in inhaltlicher Hinsicht. Ich muss auch gestehen, dass ich das Buch gar nicht in einem Rutsch lesen kann, weil es mich beschäftigt und zum Nachdenken anregt. Ich schweife zwischendurch immer mal wieder ab, aber nicht aus Langeweile, sondern weil es nachwirkt und ich das Gelesene verdauen muss.

Ich finde es gerade auch spannend, wie ihr das Ganze interpretiert. Manches habe ich anders wahrgenommen, aber ich komme ins Schwanken, wenn ich eure Deutungen lese, weil ich immer mehr den Eindruck bekomme, dass vieles bewusst uneindeutig gehalten wird.