3. Leseabschnitt: Teil II - Angelegentlich.... (Seite 179 bis Ende)

Emswashed

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9. Mai 2020
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Unser Untergrund-mit-sich-selbst-Kämpfer hat es also tatsächlich ins Bordell geschafft und das arme Mädchen, welches ihm zu Diensten sein musste, muss sich dann auch noch Moralpredigten von ihm anhören.
Aus ihrer Naivität erwacht, erhofft sie sich Hilfe von ihm (er gab ihr schließlich seine Wohnanschrift). Aber dieses Monster stößt sie von sich und beleidigt sie.
Ach herrje, was ist bloß mit diesem Menschen los. Auch wie er mit seinem Diener umspringt und ihn aus der Reserve locken will, ist schier lächerlich. Gott sei Dank, ist dieser moralisch gefestigt, jegliche Kränkung perlt an ihm ab.
Leser und Autor sind sich einig, dass es genug dieser Aufzeichnung ist, sie endet dort nicht, aber "wir" brechen ab.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Auch wenn der Missmut, den der Erzähler schon in den beiden anderen Abschnitten verbreitete, noch gesteigert wird in dem er das Mädchen angeht, hat mir dieser Abschnitt besser gefallen. Es passierte etwas mehr als zuvor, wo wir fast ausschließlich nur seine Gedankengänge erzählt bekamen.
Dennoch frage ich mich, wozu ich mir das angetan habe?!
Dostojewski soll laut Nachwort eine Reflexion über den Fortschrittglauben seiner Epoche verfasst haben. Für mich ist das zu hoch, da bin ich ehrlich. Mich hat das Büchlein eher niedergedrückt, und ich bin sehr froh mich nun leichter, verständlicher Lektüre zu widmen. Ich wäre sehr froh, wenn mir jemand in leicht verständlichen Worten den Sinn wiedergeben könnte. Vielleicht kommt dann die Erleuchtung
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Schade, jetzt wo ich mich "eingegroovt" habe, sind die Aufzeichnungen zu Ende :(:p:D.
So krass ich das Gebaren des Erzählers finde und er sich fies gegenüber seinen Mitmenschen verhält: die "Wutrede" im Bordell und Lisa´s "Werdegang" hat mich ziemlich berührt und ist für mich eindeutig die beste Stelle im ganzen Buch. Lisa steht stellvertretend für viele Frauen, denen es bis heute in dieser "Szene" nicht besser oder anders geht als Dostojewski es seinem Erzähler in den Mund gelegt hat; es ist ein von Weitsicht geprägter Absatz.
Ich hoffe, ihr versteht was ich meine.
Außerdem fand ich von allen Anmerkungen im Buch die allerletzte (48) am interessantesten, die sich auf einen Absatz auf Seite 260/261 bezieht, als er die Aufzeichnungen nicht als Literatur sondern als "Korrektionsstrafe" bezeichnet.
Die Korrektionsstrafen hingegen sollten gegen Straftäter angewendet werden, die noch die Möglichkeit zur Besserung boten, und die nach Verbüßung ihrer Strafe geläutert wieder in die Gesellschaft zurückkehren durften. (S. 281)
Resozialisierung im Russland des 19. Jahrhunderts? *g*
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Mich hat auch diese Episode mit Lisa angesprochen. Hier gab es mal endlich einen Menschen, dessen Schicksal mich interessiert hat. Dass der Erzähler auch diese Begegnung vergeigt, war vorauszusehen.
Mich konnte das Buch leider überhaupt nicht erreichen. Auch wenn ich weiß, dass Dostojewski ein großer Autor ist.
Vielleicht hängt es auch mit der aktuellen Zeit zusammen, dass ich diesen Querulanten nicht ertrage. Möglicherweise ist z.Z. das Geschrei anderer Querulanten zu laut. Menschen, die sich selbst und andere nicht mögen, aber überzeugt sind, dass sie allen überlegen sind.
Nicht das richtige Buch für mich.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Dennoch frage ich mich, wozu ich mir das angetan habe?!
Das frage ich mich auch.
Ich wäre sehr froh, wenn mir jemand in leicht verständlichen Worten den Sinn wiedergeben könnte.
Da kann ich dir nicht helfen. Ich werde schwer wikipedia bemühen müssen, um eine einigermaßen gerechte Rezi schreiben zu können. Für dieses Büchlein braucht man m.E. Vorwissen. So klappt das nicht:(

Lisa steht stellvertretend für viele Frauen, denen es bis heute in dieser "Szene" nicht besser oder anders geht als Dostojewski es seinem Erzähler
Da muss ich einhaken. Die Huren damaliger Zeit gerieten oft aus bitterer Armut, fehlender Familie, Willkür eines Dienstherren, etc. in diese Lage. Aufstieg durch Bildung oder Heirat war ihnen verwehrt, einen Sozialstaat gab es nicht. Die Welt war eine Herrenwelt, standeslose Frauen hatten keine Rechte.

Diese Situation ist HEUTE schon anders. Frauen hierzulande können wählen, welchen Beruf sie ausüben. Ausnahmen gibt es immer. Aber mit unserem Sozialsystem sind die Bedingungen damals und heute nicht annähernd vergleichbar.
Mich konnte das Buch leider überhaupt nicht erreichen.
Genau.
Es liegt nicht an der Zeit. Solche Typen, die in ihrer Unzufriedenheit immer einen Schuldigen suchen, immer jemanden, den sie tyrannisieren und niedermachen können, sind mir immer, zu jeder Zeit, zuwider.
Dieser Mensch suhlt sich in seiner Eigenliebe, seinen Monologen mag man nicht zuhören. Gut dass das zu Ende ist.

Wobei mir klar ist, dass man die Ideologie dahinter verstehen muss, die sich mir nicht erschließt. Mich erinnert die Stimmung an Camus´"Der Fremde" - auch ein Protagonist dieser Art.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich bin selig, es geschafft zu haben! Der Erzähler bezeichnet sich selbst als Anti-Helden - ziemlich geschmeichelt. Er beschreibt sich im Grunde goldrichtig. Aus lauter Frust, Wut und Wahn muss er andere niedermachen, beschimpfen und diskriminieren. Widerlich!
Der Diener zeigt sich dem gewachsen, Lisa nicht. Ihrem letzten Stolz hat sie dennoch nicht verloren: sie nimmt die 5 Rubel nicht an. Aber was wird mit ihr? Er sieht sie nie wieder. Wahrscheinlich ist sie ins Wasser gegangen...
Wir werden es nie erfahren.