3. Leseabschnitt: Seite 177 bis 260 (2. Buch, Kapitel 1)

Querleserin

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Wadern
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Sie waren die Stars auf dieser Bühne, von denen jeder nur für zwei Zuschauer spielte: Die Leidenschaft ihrer Gleisnerei schuf Tatsachen. Dies war die Quintessenz ihrer Selbstverwirklichung (180)
Gleisnerei bedeutet soviel wie Heuchelei - und das kennzeichnet diese beiden Personen, Gloria im Besonderen, am besten. Sie spielen sich eine echte Liebe vor, diese Heirat kann nur in Langeweile für beide enden:
Da sie wussten, dass der beste Teil der Liebe hinter ihnen lag, klammerten sie sich an das, was ihnen geblieben war. (213)
Doch der Reihe nach: Sie heiraten. Auch in diesem LA wählt Fitzgerald wieder eine Theatereinlage, in der die Trauzeugen sowie Dick und Maury miteinander sprechen - ich habe es ehrlich gesagt "quergelesen".
Interessanter ist das Tagebuch Glorias, in der wir aus ihrer Sicht lesen, wie sie das Schweigen Anthonys interpretiert hat und stellen fest, dass seine Taktik aufgegangen ist.
Die Beschreibung ihrer Liebe ist bezeichnend
Wir machen Seifenblasen, Anthony und ich. Wunderschöne haben wir heute produziert, und wenn sie platzen, machen wir neue. Genauso große und genauso schöne, bis die ganze Seife und das ganze Wasser aufgebraucht sind. (201)
Mir kommt diese ganze Gesellschaftsschicht vor wie eine große Seifenblase...irgendwie hat man das Gefühl, es ist nichts dahinter.
Zurück zu den beiden, die realisieren, dass der jeweilig andere Eigenschaften hat, mit denen sie nur schwerlich umgehen können. Gloria ist eine Egozentrikerin, Anthony ein Feigling. Nichtsdestotrotz kaufen sie ein Haus auf dem Land: Das graue Haus - das so gar nicht zu ihnen passen will.
Glorias Mutter stirbt und damit endet dieser LA und ich lese mal weiter...
Es ist inzwischen etwas amüsanter, aber viele Passagen lese ich tatsächlich quer...
 

Wandablue

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Brandenburg
Da ich inzwischen schon weitergelesen habe und nicht mehr auseinanderklamüsern kann, was wo geschehen ist, kommentiere ich einfach im nächsten Abschnitt beide.
 

Querleserin

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Bilphistisch kommt immer wieder vor. Ich konnte nicht herausfinden, was das ist. Wisst ihr es?
Irgendwo wird erwähnt, dass es was mit Wiedergeburt zu tun hat. Weiß aber ehrlich gesagt nicht mehr, wo. Mir geht es wie @Wandablue, alles verschwimmt, weil immer das Gleich geschieht.
 

Renie

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Irgendwo wird erwähnt, dass es was mit Wiedergeburt zu tun hat. Weiß aber ehrlich gesagt nicht mehr, wo. Mir geht es wie @Wandablue, alles verschwimmt, weil immer das Gleich geschieht.
Stimmt, hier passiert nicht viel. Da hätte sich FSF einige Seiten sparen können.
Nichtsdestotrotz überwiegt bei mir der Amüsierfaktor. Es ist schon erstaunlich, wie die beiden durchs Leben stolpern. Sie machen auf mich den Eindruck von ewigen Kindern: unreif, unordentlich, unorganisiert. Und weit und breit kein Erziehungsberechtigter in Sicht ;)
 

Literaturhexle

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Nach wie vor kann ich eure schlechte Ansicht nicht teilen. Ich lese den Roman wie Renie als eine Gesellschaftssatire. Fitzgerald scheint sein eigenes Umfeld, vielleicht sogar sich selbst mit seiner schillernden Frau Zelda, aufs Korn zu nehmen. Aus meiner Sicht gelingt ihm das hervorragend, ich langweile mich keine Sekunde!

Die beiden heiraten. Wie oben Querleserin schon erwähnte, haben sich die beiden blenden lassen und lernen sich erst in der Ehe kennen - mit all ihren Allüren, Eigenarten und Macken. Schönheit und Reichtum sind eben doch nicht alles. Die Stelle mit den Seifenblasen halte ich auch für sehr metaphorisch für die Beziehung der beiden.

Wir dürfen an vielen Szenen des Zerfalls dieser Verliebtheit teilhaben, manche dieser Stellen und Dialoge dürften für euch überflüssig gewesen sein, mich haben sie amüsiert.

Richard ist der einzige, der etwas leistet. Herrlich dieses Bild:
Das Buch blieb ein Weilchen in den Startlöchern hocken, dann sprintete es los. Woche für Woche folgten erst kleine, dann immer größere Auflagen.193
Natürlich sind die Patchs neidisch.

Das Tagebuch von Gloria ist ebenfalls aufschlussreich: Sie sieht die Ehe als Inszenierung, eine lebendige, strahlend-schöne Inszenierung. Die Welt wird ihre Kulisse sein....
Das passt zu ihr, dem Societygirl. Sie benimmt sich wie ein ungezogenes Kind. Ganz schlimm, wie sie wegen der mit Geflügelsalat gefüllten Tomate ausrastet und den Kellner schikaniert. Oder wie sie zu faul ist, die Wäsche in den Beutel zu stopfen. Dekadent.

Erstaunlich reflektiert habe ich Glorias Aussagen über alte historische Gebäude empfunden:
Der Versuch ein Jahrhundert durch die gewissenhafte Instandsetzung seiner Überreste zu bewahren, ist dasselbe, als halte man einen Sterbenden mit Aufputschmitteln am Leben. 227
Nun ist Glorias Mutter gestorben. Offenbar hat ihr Ehemann sein Vermögen durchgebracht, denn er hätte seine Frau nicht mehr ernähren können... Ein toller letzter Satz dieses Abschnitts.
 

Sassenach123

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In der Nacht vor der Hochzeit erzeugt die Beschreibung, als Anthony die Frau draußen hört, das Gefühl in mir, als ob ihn doch Zweifel plagen, dass er das richtige tut. Wobei sich seine Sorgen da wohl mehr auf das Geld beziehen.
Die Beschreibung des dekadenten Lebens wird fortgesetzt.
Als Dick von seiner Schaffenskrise berichtet, scheint Anthony dies zu freuen, kein schöner Charakterzug, zumal er mit seiner Schreiberei ja kaum vorankommt, und sie auch mir in Erwägung zieht um seinen Großvater zu besänftigen. Dabei hat sein Großvater völlig Recht. Arbeit täte ihm gut, dann würde er den Wert hinter allem sicher mehr zu schätzen wissen.
 

Renie

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Fitzgerald scheint sein eigenes Umfeld, vielleicht sogar sich selbst mit seiner schillernden Frau Zelda, aufs Korn zu nehmen.
Das überlege ich auch. Dennoch greift der Vergleich zumindest zwischen Zelda und Gloria nicht ganz. In Verbindung mit Zelda fällt immer wieder der Begriff "Flapper".
Einem Flapper-Girl sagt man u. a. Unabhängigkeit nach. Doch Gloria ist für mich keine Frau, die ohne Mann durchs Leben gehen kann. Von Unabhängigkeit ist sie daher weit entfernt.
 
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Literaturhexle

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Einem Flapper-Girl sagt man u. a. Unabhängigkeit nach
Unabhängig von den Meinungen anderer. Sie trinken, rauchen, kleiden sich auffällig und dem Trend gegenläufig. Es muss nicht zwngsläufig finanzielle Unabhängigkeit gemeint sein.

Ob nun Zelda oder nicht: Prototypen gibt es in der Richtung in dieser Schicht bestimmt genug.
 

kingofmusic

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Ganz schlimm, wie sie wegen der mit Geflügelsalat gefüllten Tomate ausrastet und den Kellner schikaniert. Oder wie sie zu faul ist, die Wäsche in den Beutel zu stopfen. Dekadent.
Aber interessant fand ich an dieser Stelle, dass hier (scheinbar) die Zuständigkeiten "verdreht" werden: normalerweise waren (und größtenteils sind) Frauen für die Wäsche verantwortlich; Gloria will sich mit so etwas "banalen" aber nicht abgeben, sondern überlässt es Anthony.
Und der Geflügelsalat scheint ihr dann ja doch gemundet zu haben; über Anthony´s Reaktion darauf musste ich echt schmunzeln ;).
 
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kingofmusic

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Arbeit täte ihm gut, dann würde er den Wert hinter allem sicher mehr zu schätzen wissen.
Bezos, Zuckerberg und Konsorten "arbeiten" auch, wissen aber den Wert ihres vielen Geldes trotzdem nicht zu schätzen. Im Gegenteil: sie verprassen es bei jeder sich bietenden Gelegenheit (siehe diese unsinnigen Ausflüge ins Weltall). Aber ich weiß was bzw. wie du es meinst. :cool: