3. Leseabschnitt: Seite 165 bis 253

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Der Abschnitt hat mir nur in Teilen gefallen. Elmers Abschnitt hat mich ein wenig gelangweilt. Er brachte zwar das Thema Abtreibung und den damit verbundenen Tod konkret auf den Punkt, aber mir war es dann doch zu langatmig. Für Marcella muss es die Hölle gewesen sein, sie musste die alten Erinnerungen erneut hervorkramen, ein schmerzlicher Akt für sie.
Julians Abschnitt war interessant, ich hatte ihn zwar schon auf dem Radar, nun aber seine abstrusen Gedanken zu lesen, machte mich stellenweise sprachlos. Nicht nur die Geschichte um Ana und die Schwangerschaft, auch die Tatsache, dass er seiner Mutter nicht vergeben konnte, und um dies zu bewältigen Priester werden wollte, ist unvorstellbar. In seinem Weltbild muss er sich mit nichts auseinandersetzen, er findet immer eine Argumentation um sich als Opfer darzustellen, er nimmt Gott und seinen Glauben und bastelt sich einfach was zusammen
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich dachte ja nur, weil Alfredo und Lia so ewig über die verschiedenen Namen der Bougainvillen geschrieben haben.
Aber gut, Madonnenlilien passen ja auch, irgendwie.
Dachte auch erst so wie du. Nun wo ich weiß, dass es sich um eben diese Lilienart handelt, und so kann ich den Bezug zumCover herstellen, und bin zufrieden
, wie er sich seine Welt zusammen bastelt. Hier dient der Glaube nur dazu, um sich selbst aus der Verantwortung zu stehlen. Keinerlei Mitgefühl, keine Reue… widerlich!
Angefeuert durch Carmen, er hat sich ja selbst gewundert, dass sie nicht auf auf ihn sauer ist.
Die Autorin hat sich in ihrer Heimat Argentinien für die Legalisierung von Abtreibung eingesetzt. Der Roman scheint ihm Dienste dessen zu stehen.
Das wusste ich nicht, danke für die Info.
Sein Geschwätz hat bei mir Zweifel an seinen kriminalistischen Fähigkeiten gesät, so dass ich mir nicht sicher war, ob seine Erkenntnisse aus den damaligen Ermittlungen überhaupt ernstzunehmen waren.
Bei mir das anders, ich hatte direkt als er erwähnt wurde das Gefühl, dass seine Erkenntnisse passen könnten. Sein Geschwätz ist nervig, ja, allerdings tut er mir auch leid, das seine Frau, die zu Beginn der Beziehung gefallen fand an dem was er tat, sich ins komplette Gegenteil veränderte, hat ihn hart getroffen. Er ist einsam, vielleicht hat er deshalb diesen enormen Redebedarf
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Julian macht mich wütend. Katholiken kennen sich mit Schuld aus, sagt er. Er als Auskenner schiebt die Verantwortung der minderjährigen Ana zu und beruft sich dabei auf die Errungenschaften der Frauenbewegung. Was er da alles auf Seite 239 zum besten gibt sind reine Schutzbehauptungen. Ein Feigling und Heuchler.

Über Carmen hab ich noch gedacht, sie verhält sich richtig, dass sie Julian zurückweist, ihm "das nicht antun kann" als angehenden Priester. Aber was dann später kommt: es gibt keine Solidarität unter Frauen, nicht einmal unter Schwestern.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Hat man als Leser noch vermutet, die Autorin würde noch eine Volte drehen und uns einen unbekannten Kindsvater präsentieren, haben wir nach dem Kapitel Julian die Gewissheit, dass unsere anfängliche Vermutung richtig war.
anfangs vielleicht allerdings wäre eine Wendung zu diesem Zeitpunkt mit einem großen Unbekannten mir jetzt zu viel. da habe ich lieber recht gehabt als eine abstruse Überraschung zu erleben
Im nächsten Kapitel Julián. Auch das finde ich gelungen. Diese Mischung aus Glaubensarroganz (erwählt sein!) und Selbstbetrug, aus Selbstgefälligkeit und inszenierter Glaubensdemut. Pineiro zeichnet ihn so farbig, man möchte speien.
Richtig!
Wobei Julian anfangs noch betont, dass Enthaltsamkeit und das Zölibat nichts war, was die Evangelien bzw. Jesus festgelegt haben, sondern erst aus monetären Gründen im 12. Jahrhundert gefordert wurde.
Wieder etwas gelernt. und vollkommen plausibel
Spannend ist, wenn man überhaupt keine Krimileserin ist - wie ich - und dann diese Klischees überhaupt nicht erkennt. Dann ist man wahrscheinlich schneller von den Strukturen dieses Buches gefangen.
ich lese wahrscheinlich zu viele Krimis :)
Aber aus inhaltlicher Sicht ist mir der Roman zu dick aufgetragen und nicht raffiniert genug. Ich hoffe noch auf eine Überraschung im letzten Abschnitt.
Da glaube ich nicht mehr daran.
 

parden

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13. April 2014
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Die Autorin hat sich in ihrer Heimat Argentinien für die Legalisierung von Abtreibung eingesetzt. Der Roman scheint ihm Dienste dessen zu stehen.
DAS ist für mich eine Schlüsselinformation, danke dafür! Für wen hat die Autorin diesen Roman geschrieben? Für ein paar (lebens- und lese-)erfahrene Leser:innen in Deutschland, wo die Zahl der Krichenaustritte sich jedes Jahr mehr überschlägt und Abtreibung moralisch wie gesetzmäßig schon lange nicht mehr sanktioniert wird? Wohl kaum - eher ein netter Nebeneffekt. Doch wohl eher für Leser:innen im eigenen Land, wo lt. Wikipedia immer noch 71 % der Bevölkerung römisch-katholischen Glaubens sind. Ich finde es gar nicht mehr tragisch, dass die geschilderten Personen im Roman recht plakativ angelegt sind, führen sie doch die verschiedenen Positionen deutlich vor Augen, den partriarchalischen Hintergrund von Bibel und kath. Glauben, die durch die Religion festgeschriebenen Rollen(erwartungen) von Frauen usw. Ihr habt es in der Diskussion hier schon ausführlich herausgearbeitet. Auch das Heuchlerische, was mit dem kath. Glauben einhergehen kann, wenn er so dogmatisch ausgelebt wird - einmal beichten und die vorgeschriebenen Gebete als "Strafe" sprechen, und schon ist einem alles verziehen (früher auch gern: der Ablass = freikaufen). Frei von jeder Schuld. Julián als Charakter treibt das nur auf die Spitze. Vielleicht meinte die Autorin so deutlich werden zu müssen, um allen Leser:innen vor Augen zu führen, wo die Schwachpunkte in diesem jahrhundertealten Denken und Handeln liegen - auch und gerade in Argentinien selbst. Das Schicksal Anas stellvertretend für so viele Frauenschicksale: verantwortlich für die Verführung des Mannes, selbst Schuld an der Schwangerschaft, gezwungen in die Illegalität mit Gefahr für Leib und Leben (und Seele) - Versündigung allerorten, der Mann kann sich freisprechen, selbst in dieser besonderen Situation. Dazu sind die wohlgesonnenen Menschen (Anas beste Freundin, ihr Vater) die Schwachen und Blinden, die, die nichts ausrichten können, die, die nichts wissen, die, die wirklilch trauern um den Menschen Ana, die eine ohne Gedächtnis, der andere todkrank. Die Erfolgreichen und Skrupellosen setzen sich durch - und ich habe keinen Zweifel daran, dass es Carmen war, die ihre eigene Schwester zerstückelte, um Juliáns Geheimnis zu wahren und ihren eigenen Lebensplan weiter verfolgen zu können. Mir gefällt der Roman wirklich gut!
 

alasca

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13. Juni 2022
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DAS ist für mich eine Schlüsselinformation, danke dafür! Für wen hat die Autorin diesen Roman geschrieben? Für ein paar (lebens- und lese-)erfahrene Leser:innen in Deutschland, wo die Zahl der Krichenaustritte sich jedes Jahr mehr überschlägt und Abtreibung moralisch wie gesetzmäßig schon lange nicht mehr sanktioniert wird? Wohl kaum - eher ein netter Nebeneffekt. Doch wohl eher für Leser:innen im eigenen Land, wo lt. Wikipedia immer noch 71 % der Bevölkerung römisch-katholischen Glaubens sind.
Stimmt, das ist die eigentliche Zielgruppe.
Dazu sind die wohlgesonnenen Menschen (Anas beste Freundin, ihr Vater) die Schwachen und Blinden, die, die nichts ausrichten können, die, die nichts wissen, die, die wirklilch trauern um den Menschen Ana, die eine ohne Gedächtnis, der andere todkrank. Die Erfolgreichen und Skrupellosen setzen sich durch
Gut beobachtet!