3. Leseabschnitt: Seite 162 bis Seite 245

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wie kommt es, dass ein Brecht, der sich als Sprachrohr des Proletariats sieht, eine Carola für seine Zwecke einspannt?
Der Brecht soll ja viele Frauen zu seinen Zwecken eingespannt und ausgenutzt haben.

Das war ein sehr interessanter und entlarvender Theaterabend für mich
 

Wandablue

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Emswashed

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9. Mai 2020
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Wenn Kusnezow an seine Geliebte denkt, will uns der Autor den Mensch hinter dem NKWD Mann zeigen. Dass dieser dann die Haarpflegetipps aus den Freundinnengesprächen mit der Neher weitergibt...

Meine Gedanken gingen eher in die Richtung, dass Kusnezow am liebsten Carola in seinem Bett gesehen hätte, aber aus parteipolitischen Gründen dann doch mit einem Ersatzt vorlieb nimmt.
 
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luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Das Gespräch über das Neue Theater zwischen Karoline und Brecht ist brauchbar
Das hat mir gar nicht gefallen :apenosee für mich war das ein Lexikon-Artikel in Dialogform.
Als Person wird mir Carola Neher auch nicht sympathischer, sie setzt sehr auf ihr Äußeres und stellt ihre Karriere über alles.
Sie kommt auf jeden Fall sehr ich-bezogen rüber.
Rückfragen Kusnezows erstaunen mich, da er scheinbar gerade das Gleiche gehört hat, was ich gelesen habe, aber die erzählerische Brücke fehlt.
Und immer wieder diese Zusammenfassungen, wo man stehen geblieben war. Dabei habe ich doch vor drei Sekunden den vorangegangen Absatz erst beendet.
Dann, auf Seite 215 ließ mich Kusnezow wieder aufhorchen: "Sie [Carola] wird ihm gehören." Also doch nur sexuelles Interesse?
Ja, da habe ich auch gestockt. Aber wenn das so sein sollte, wird es weder gut vorbereitet (außer man nimmt das plötzlich erwachte Interesse an seiner Ludmilla als Hinweis) noch gefällt mir der Satz. "Sie wird ihm gehören" - oh weh!
Wenn der Autor wollte, dass wir Karoline nicht mögen, ist ihm das gelungen.
Zu 100%. Negative Sympathielenkung.
In diesem Leseabschnitt hatte ich verstärkt den Eindruck, dass Carolas "Liebe" zu Fredi daher rührt, dass er sie bedingungslos und aufopfernd liebt.
Sie hat doch eine sehr narzisstische Ader, die gute Carola. Bewundert, verehrt und geliebt will sie sein, den Mann, der das am besten macht, den "liebt" sie dann auch ein bißchen.
Das mit dem Vierkantgeklimper hat sich ausgereizt, und die ausführliche Beschreibung der Kleidung der Charaktere erinnert mich an die Berichterstattung von "Bunte", "Gala" o. ä., wenn von irgendwelchen Promi-Auftritten in der Öffentlichkeit berichtet wird.
Ja, mittlerweile ist das einfach zu viel. Fehlt nur noch die Angabe des Designers.
Dass dieser dann die Haarpflegetipps aus den Freundinnengesprächen mit der Neher weitergibt... :rolleyes:
Da dachte ich auch nur:rolleyes:
 

luisa_loves-literature

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Tja, es wird nicht besser. Mir gehen die Klamotten auf den Zeiger, da sie jetzt nur noch als Dekoelement genutzt werden und diese Szene in Cecilienhof...die genaue Beschreibung der Architektur, das ist leider immer so hölzern, so nach dem Motto: Achtung, Wissensvermittlungsteil. Überhaupt: ziemlich vermessen, sich einfach mal auf eigene Faust auf Entdeckungstour zu begeben (auch, wenn man ein wie auch immer geartetes Verhältnis zu dem Prinzen von Preußen pflegt). Heinz Rühmann, der unter einem Bild schläft, das konnte mich auch nicht überzeugen.

Mir ist der Roman zu wenig souverän, gerade diese Info-Passagen, wie gesagt für mich auch ganz deutlich spürbar in der Szene mit Brecht, empfinde ich als sehr gewollt. Bei den Figuren fehlt mir einfach die Tiefe, die Chemie - ich kann da nicht mitfiebern und einige Sätze sind für mich wirklich fast kaum zu ertragen...
 

Wandablue

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Brandenburg
spürbar in der Szene mit Brecht, empfinde ich als sehr gewollt
Das stimmt schon, aber immerhin war es mal eine Art Gespräch, man kann sich vorstellen, dass Schauspieler sich darüber unterhalten, was ich mir bei den anderen Dialogen eher nicht vorstellen konnte. Es war mal der Ansatz eines Gesprächs.
 

Bartie

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Zum Beispiel auf Seite 170 oben, "Zeit, zu erfahren, wie ihr Mann das alles gesehen hat". Watt? Der lebt noch und sitzt in der Nähe zum Verhör? Nee, es ist "nur" das Klabund-Lesebuch (S. 171). Ihr seht schon, noch nicht einmal eine Buchseite brauchte der Autor, um meine spannungsreichen Gedanken zu zerschlagen.
Ich habe genauso reagiert :rofl und war nachher irgendwie enttäuscht ;)
 

Bartie

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12. Juni 2021
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Carola irritiert mich als Mensch und als Frau. Während ich sie von Anfang an als eine egoistische, herzlose Frau betrachte, nennt sie sich selbst „naive 24-Jährige“ (über Heirat mit Klabund, S. 162).

Wenn ich dann daran denke, wie sie den hustenden Klabund nachgeahmt hat (S.175), wird mir ganz anders. Das sind die Momente, wo mir das Lesen dieses Buches besonders schwerfällt und dann es ist mir egal, was später mit ihr geschah.

Interessant fand ich ihre Begegnungen mit den wichtigen Persönlichkeiten aus der Politik oder der Kunstszene. Es fallen viele bekannte, bedeutende Namen - ob die dargestellten Szenen wirklich so verlaufen sind?

Am amüsantesten fand ich Carolas Frage an Gustav Stresemann. Der Frau war einfach nichts peinlich.

Klabunds Liebe für Carola ist einfach märchenhaft, unvorstellbar. Schade nur, dass sie kein Herz hatte.

Ich bin gespannt, wie es dazu kam, dass sie verhaftet wurde.
 
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Bartie

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Dieser Russe stellt immer diejenigen Fragen, die ich mir auch stelle. Carola ist bspw. ein Luxusgeschöpf, das in Saus und Braus lebt. Wie kommt es, dass ein Brecht, der sich als Sprachrohr des Proletariats sieht, eine Carola für seine Zwecke einspannt?
Ich denke, dass Carola nicht wusste, was Liebe überhaupt ist. Sie hat sich immer die Männer ausgesucht, die ihr ihre Bühnenkarriere ermöglichen könnten. Klabund als "der meist gespielte Dramatiker" war für sie "begehrenswert". Nach seinem Tod war Brecht für sie willkommen, weil sie weiter bedeutende Rollen spielen und auf Luxus nicht verzichten wollte.