3. Leseabschnitt: Seite 162 bis 240

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Ich finde die Stimmung nach der Niederschlagung des Prager Frühling sehr gelungen eingefangen.
„Man reiht sich ein.“ (162)
- in das System, „unauffällig, resigniert, leise.“

Leise sind auch die Töne, die die Trauer, und auch die Wut über das Scheitern, einen menschlichen Sozialismus etablieren zu wollen, ausdrücken. „Die Einschusslöcher am Nationalmuseum bleiben. Die in den Seelen der Menschen auch. Sie sind müde. Die Gesichter der Einzelnen verschwinden in der Masse des Volkes.“ (162)
Ja, das fand ich auch sehr eindrucksvoll geschildert.
 

kingofmusic

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Angenehm empfinde ich zwischendurch die entspannten Episoden, die sich aus dem Familienalltag entwickeln, bei denen man auch mal lächeln kann, wie zum Beispiel beim Weihnachtskarpfen oder bei Fialas Rückenschmerzen;)
Ja, die "Erholungsszenen" sind gut und passend platziert und bringen einen zum Schmunzeln und Lachen und das Krokodil für einen Moment zum vergessen - allerdings schlägt es dann mit aller Macht wieder zu. That´s life...
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Steht hinten im Anhang des Romans ;-))))
Die Metapher ist grundsätzlich von Pavel. Er schrieb immer von Krokodilen, wenn er das Böse im Menschen meinte. Ich habe es "schlüpfen" lassen als visuelle Erscheinung und quasi personifiziert.
Ergo: Pavel hatte die eigentliche Idee, ich habe diese Idee etwas erweitert und verfeinert..

Es gibt ein wunderschönes Radiointerview bei Cesky rohlas/ der Radiosender in der Weinbergstraße, also der aus dem Buch. Der Redakteur hat den Titel "Das Krokodil hat keine Nationalität" (ein Satz, den ich sagte) gewählt. Fand ich absolut auf den Punkt getroffen.

Hier ist der Link:
Einfach auf Play drücken, dann kann man sich das anhören

https://www.radio.cz/de/rubrik/kult...vo40ngNfgvIoylyeVc8KHU8pnCdfbmEflZtUOH9vecsB4
Das werde ich mir mal in Ruhe anhören; vielen Dank für´s teilen, liebe @Sandra Brökel !
 
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Reaktionen: KrimiElse

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Nur mal kurz die Hanzelka und Zikmund Bücher, die in der DDR erschienen sind, für diejenigen unter uns, die das interessieren könnte.



Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.

Übrigens hat sich hier beim dritten Band der Fehlerteufel eingeschlichen, richtig wäre "Bei den Kopfjägern", der größte Teil des dritten Buches befasst sich mit einem Aufenthalt der beiden Autoren bei den Shuara, einem Indianerstamm im Südosten Ekuadors. :)
Danke für die Tipps, liebe @renee !
 

kingofmusic

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Bei dem Dröhnen der Motoren im Flugzeug musste ich an meinen ersten Flug denken. Ich war drei Jahre alt und wir sind nach Rumänien geflogen. Unsere Plätze hatten wir quasi direkt unter dem dritten Triebwerk; als die Maschine startete, habe ich mich ziemlich erschrocken und das ganze Flugzeug zusammengebrüllt :rolleyes::D. Auch sonst kann ich mich noch an einige Dinge aus dem Urlaub erinnern...
 

KrimiElse

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Ich bin durch den Abschnitt geflogen und bin mittlerweile ganz geflasht von den Geschehnissen und davon, wie es im Roman rüberkommt. Auch bei mir läuft es wohl auf fünf Sterne hinaus. Das Buch ist so echt... Aber die Katze meint gerade, dass die Tastatur ein toller Platz zum Liegen ist, deshalb schreibe ich morgen weiter. Miau!
 

KrimiElse

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Das Krokodil klopft wieder an, natürlich hatte die Mitarbeit am Manifest der 1000 Worte Folgen, interessant oder/und erschreckend ist der Fakt, dass der eigene Bruder anscheinend auch gegen Pavel arbeitet. Ich habe nie verstanden, dass solche Systeme so viele Zuträger, Informanten und Denunzianten kannten. Verstanden vom reinen Verstehen schon, aber nicht verstanden vom Empfinden her. Diejenigen, die gezwungen wurden mal ausgenommen. Ansonsten frage ich mich immer, wie kann man sich selbst dann noch im Spiegel ertragen. Aber gut, ist vielleicht auch gut, dass ich das nicht verstehe.

https://de.wikipedia.org/wiki/Manifest_der_2000_Worte

Übrigens taucht hier in der wiedergegebenen Liste auch jemand auf, den ich kenne, also seine Bücher und Reisen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Jiří_Hanzelka

Schade, dass über die Reise nach Asien und Ozeanien von Hanzelka und Zikmund kein Buch mehr herausgekommen ist. Denn die Bände über Afrika, Südamerika, Mittelamerika und den Balkan/Mittelasien waren allesamt höchst interessant und kurzweilig. Dies nur kurz am Rande.

Nachdem Pavel angezählt wurde und nicht mehr ins nichtsozialistische Ausland reisen durfte, hatte er wohl auf diesem Kongress in Budapest ein Riesenglück, dass ihm der andere Professor über den Weg lief und ihm auch helfen konnte. Was für Verbindungen er wohl hatte? Dann geht ja alles recht schnell. Die Erkrankung der Schwiegermutter ist natürlich heftig, gerade zu so einem Zeitpunkt, ich bin gespannt ob sie die Flucht halbwegs schafft.

Der Brief an Fiala ist wieder richtig toll, besonders schön ist, dass Pavel an seinen Hund denkt und von Fiala anscheinend auch nichts befürchtet. Wo doch viele andere zu unsicheren "Freunden" geworden sind.

Ein unschönes Kapitel ist wieder das Verbrennen des Studenten auf dem Wenzelsplatz in Prag. Leider wahr. Ich frage mich immer was in diesen Köpfen abläuft, dass sie sich zu so einem Schritt entschließen. Grauenvoll!!!
Danke dass du das verlinkt hast.
 

KrimiElse

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Ein unschönes Kapitel ist wieder das Verbrennen des Studenten auf dem Wenzelsplatz in Prag. Leider wahr. Ich frage mich immer was in diesen Köpfen abläuft, dass sie sich zu so einem Schritt entschließen. Grauenvoll!!!
Richtig, es ist grauenvoll. Aber ebenso grauenvoll finde ich es, dass solche Aktionen mehr Aufmerksamkeit erregen und damit mehr bewirken als die üblichen Protestformen. Das zeigt die Fratze des Systems aber auch die, die in jedem von uns steckt und die wir mehr oder minder gut kontrollieren.
 

KrimiElse

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Fantastisch, wie der Roman die Stimmungen unseres Protagonisten transportieren kann!!! Gleich zu Anfang des Abschnitts im November 68 hat nicht nur die Natur ein tristes Gewand angelegt - auch Pavel sieht nur noch nach unten, hat keine Hoffnung mehr, hat sein Ziel verloren und Resignation hat sich über ihn gelegt.
Das sehe ich wie du, dass Gefühle und Stimmungen sehr gut transportiert werden. Wer Prag im November kennt weiß, dass die Blätter bei Herbstregen an trüben Tagen dort noch ein bisschen melancholischer von den Bäumen hängen als anderswo (Zumindest war es bis zum großen Touristenansturm in den 1990ern so)
 

KrimiElse

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Über die Verbindung SOS Kinderdörfer (Pavel hatte sich gelegentlich um kleine Härtefälle in Wien gekümmert) und den Malteser Orden wurden die Pässe für die Familie organisiert. Der Malteser Orden hat einigen Tschechen zur Flucht verholfen...
Ist das immer noch ein Problem, das unter dem Teppich gehalten wird? Ich habe von Kontroversen bezüglich des Prager Frühlings (und der Ausrichtung des Jubiläums) gelesen, vor 2 Jahren, aber ich bin momentan zu weit weg von aktueller Tschechischer Politik, um das zu beurteilen.
 

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Dieser Stoff, wäre er in die falschen Hände gekommen, hätte ein ganz anderes Buch ergeben können.... Versteht ihr, was ich meine?
Oh ja, davon gibt es reichlich Beispiele, die ich nicht mal mit spitzen Fingern anfassen würde...
Ich schließe mich an, Bravo für die spannende, interessante und komplexe, tatsachenbezogene hervorragend recherchierte Umsetzung, die es schafft sehr zu berühren völlig kitschfrei.
 

KrimiElse

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Beweise im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Es war das Gefühl, das Pavel hatte... wir wissen allerdings, dass nach 1989 bekannt wurde, dass die Brüder Kubeš Spitzel der kommunistischen Partei waren. Tonda hat sich dann wohl irgendwann in den 90-ern suizidiert.
Seine Schwester, Eva, bewohnt übrigens heute das Ferienhaus der Familie Vodák, ihre Töchter die ehemalige Wohnung der Vodáks... interessant, oder? :)))))
Das haben wir 2016/2017 herausgefunden, als Paulchen und ich in Prag auf Wurzelsuche waren. Darüber steht auch was im Folgebuch "Pavel und ich"....

Im Prinzip ne böse Geschichte...
Das weckt Erinnerungen...wer Ü50 ist und wie ich im ehemaligen Osten groß wurde, weiß ganz genau wie das ablief, wie vorsichtig man überall sein musste, wem man was sagte, manchmal selbst innerhalb der Familie. Bei meinen ganz engen Verwandten war alles gut, trotzdem hat man den Mund nicht weit aufgemacht, nur in den eigenen vier Wänden bei der ersten Familie, oder später im Kreis Gleichgesinnter. Und für mich war es nach der Wende sehr erschreckend zu hören, wie gerade die Oppositionellenkreise unterwandert waren von Spitzeln, meist nicht so klar erkennbar wie hier im Roman. Ich habe nie recherchiert oder Stasiakten angefordert, meine Eltern auch nicht (man muss einen Strich ziehen können ohne anzuklagen), aber von Freunden habe ich ganz erschreckendes mitbekommen, auch die Kreise betreffend, in denen ich mich vor der Wende bewegt habe.
insofern war ich zumindest ein Stück weit so naiv wie Pavel.
 

parden

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13. April 2014
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www.litterae-artesque.blogspot.de
Endlich bin ich auch wieder zum Lesen gekommen - derzeit habe ich echt stressige Arbeitswochen. Ich war aber gleich wieder drin im Geschehen. Die Gefühle von Pavel werden oftmals sehr gut transportiert, und zwischendurch konnte ich meine Aufregung nur mäßigen indem ich mir vergegenwärtigte, was schon im Klappentext verraten wurde. Das ist wirklich gut gemacht. Das Gefühl nicht zu wissen, wem man trauen kann und wem nicht, sich stets des lauernden Krokodils bewusst zu sein - das kann einen schlichtweg verrückt machen. Die Szene in Pavels Büro mit dem Mann, der die Passfotos abholen wollte - gruselig. Zu denken, man wird abgehört, alles im Kopf überschlagen, was einerseits gesagt werden muss, andererseits nicht geäußert werden darf, aber wie? Eindrucksvoll geschildert.