3. Leseabschnitt: S. 278 bis S. 357 (Kapitel 13 bis 16)

MRO1975

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11. August 2018
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1935: Die Leiche von Cassandra, der Wahrsagerin aus der Künstlerkolonie, wird im Wald gefunden und dort beerdigt. Wie sie zu Tode gekommen ist, bleibt unklar. Das ist eine seltsame Episode...

Mathis und Meta gehen zur Premiere des jungen Kraftwunders und treffen sie später noch in ihrer Gardarobe. Der von mir erwartete Zusammenstoß bleibt aus. Stattdessen tauschen die beiden Frauen Erfahrungen aus. Als Mathis und Meta später in die Kolonie zurückkommen, werden sie beinahe von einem Lastwagen überfahren und verstecken sich anschließend im Wald. In der Kolonie zurück, müssen sie feststellen, dass ein Großteil der Gruppe von der Polizei weggeholt worden ist, andere haben sich im Wald versteckt und Toni wurde erschossen. Nach dem Begräbnis zerfällt die Kolonie und die Übriggebliebenen versuchen, bei Freunden unterzukommen.

1902:
Mathis reist mit Meister Bo nach Zürich. Kurz vor der Ankunft stirbt die Ziege und kurze Zeit später auch Meister Bo. Mathis bleibt in Zürich und führt die Maschine im Panoptikum vor. Das Panoptikum ist eine Art Daueraustellung von Absurditäten und wechselnden sog. Völkerschauen und einer Art Zirkusvorstellung. Auch das Panoptikum hat es wirklich gegeben.
 
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Literaturhexle

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Beeindruckend, wie konsequent uns die Autorin in die Sitten und Gewohnheiten der zwei beschriebenen Zeitebenen führt.

1902: das Leben der Schausteller ist nicht leicht, jedoch giert die Bevölkerung offensichtlich nach Kuriositäten, besonderen Menschen, Maschinen und Fähigkeiten. Gemessen mit unserer heutigen Ethik und Moral sind diese Vorführungen jedoch die reinste Diskriminierung! Mit Menschenrechten hat das wenig zu tun. Andererseits muss man bedenken, dass es auch kein Sozialwesen gab, das sich um Kleinwüchsige oder Behinderte gekümmert hätte. So waren diese Menschen auf sich selbst gestellt und der Jahrmarkt offensichtlich nicht die schlechteste Methode, sich das Leben zu finanzieren.
Pervers die Ausstellung vermeintlicher Wilder aus den Kolonien, die ausgenutzt und nicht einmal anständig ernährt wurden- eine Form von Sklaverei, die mir vollkommen neu ist.

Unserem Protagonisten geht es in Zürich aber gut, man hat ihn zum Glück nach Meister Bos Tod nicht enteignet. Er heuert wie von Bo geplant im Panoptikum an und schlägt sich durch.

1935: Wenig rücksichtsvoll breitet sich der neue nationalsozialische Geist in Deutschland aus. Die Artistenkolonie wird überfallen, viele Bewohner mitgenommen. Etwas undurchsichtig die Rolle Ernstis, der offensichtlich Verantwortung am Tod Tonis trägt, weil er mal wieder einen Ausraster hatte. Dieser Junge ist gemeingefährlich, ich bin auch nicht sicher, ob er nicht etwas mit dem Tod der Wahrsagerin im Wald zu tun hat. Das ist aber Spekulation.

Noch immer nimmt mich der Roman gefangen. Gespannt lese ich weiter.
 

Literaturhexle

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Der von mir erwartete Zusammenstoß bleibt aus. Stattdessen tauschen die beiden Frauen Erfahrungen aus.
Dadurch, dass Meta so hitzig reagierte, als sie die Plakate der Jüngeren sah, hatte ich auch mit einer Eskalation in oder nach der Vorstellung gerechnet und war überrascht. Vielleicht erleben wir sie zukünftig doch etwas besonnener, wie @Momo schon angedeutet hat.
 

Mamskit

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Ich bin immer noch fasziniert von dem Buch. Wenn ich mir vorstelle, dass seit der Jugendzeit von Mathis' nur etwas mehr als hundert Jahre vergangen sind, finde ich erstaunlich, wie sich das Menschenbild in unseren Kulturkreisen gewandelt hat. Wir belächeln das Unwissen der damaligen Zeit,was andere Kulturkreise und Etnien betrifft. Ich denke aber, dass nicht zuletzt diese Ignoranz auch zu der Eskalation unter Hitler beigetragen hat.
Den Part, der in den 30ern spielt, finde ich beklemmend. Heute wissen wir, wohin das alles geführt hat. Umso tragischer finde ich es bei solchen Büchern immer, mit "ansehen" zu müssen, wie die handelnden Personen immer weiter in die Katastrophe hineingezogen werden.
Besonders spannend finde ich die Beschreibung der Einzelschicksale unter den Artisten. Was für ein Leben das gewesen sein muss, dort am Rande der "Gesellschaft"!
Das Buch überzeugt mich sowohl auf der historischen, als auch hinsichtlich der Darstellung und des Zusammenspiels der Charaktere zu einhundert Prozent.
 

Literaturhexle

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Wir belächeln das Unwissen der damaligen Zeit,was andere Kulturkreise und Etnien betrifft. Ich denke aber, dass nicht zuletzt diese Ignoranz auch zu der Eskalation unter Hitler beigetragen hat.
Absolut! Man muss den Menschen der 30er Jahre allerdings zu Gute halten, dass sie ihre Kraft noch viel stärker auf die Erfüllung der sog. Grundbedürfnisse richten mussten. Die Bedrohung durch wirtschaftliche Not lag viel näher, die Bildung war niedriger und der Zugang zu neutralen Informationen mehr als erschwert. Hinzu kommt, dass eine völlig andere Toleranz und Aufklärung herrschte.

Wenn man wirklich bedenkt, dass diese hinterwäldlerischen Ansichten in Deutschland lediglich gut 80 Jahre her sind, muss man im Grunde für andere ferne Länder, die eine andere Entwicklung genommen haben, mehr Verständnis aufbringen. Das heißt natürlich nicht, dass man Vergehen gegen die Menschenrechte tolerieren soll!
 

Mamskit

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Da der kommende Abschnitt mit "Meta" überschrieben ist, gehe ich davon aus, dass man nun noch mehr Einzelheiten aus Metas Vergangenheit erfährt. Darauf freue ich mich sehr. Sie erscheint ja doch oft sehr kalt (zumindest in ihrer Beziehung zu Mathis), und ich denke, dass viel mehr dahintersteckt und man sie nach der Lektüre wesentlich besser versteht.
Ich für meinen Teil mag sie. Auch wenn ihr Bruder sehr unangenehm ist( wobei er aufgrund seiner geistigen Behinderung ja nichts dafür kann), finde ich es rührend, wie sie sich um ihn sorgt. Nicht auszudenken, wie sein Leben ausgesehen hätte, wenn sie nicht gewesen wäre.
 

Momo

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10. November 2014
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Mir macht Sorgen, dass man auch Rückschritte machen kann, und die Errungenschaften wieder zurückgenommen werden können, wenn ich dabei hier bei uns an die AfD denke, die die Frau wieder zurück an den Herd schicken will. In Hitlers Rassenideologien waren auch Frauen eingebettet. Weil man aber die Frau für die Bequemlichkeit gebraucht hatte, wurden sie toleriert, aber zurück an den Herd und zurück in die Kinderstube.

Man weiß ja von vielen anderen Ländern, die einst richtig modern waren, und jetzt wieder unmodern, ich denke dabei an die iranische Kultur,an die römische und an die griechische Kultur des Abendlandes, etc.

Das kann uns genauso passieren, deshalb ist es wichtg, dass Mathis weiter an seinem Buch Gegen das Vergessen schreibt. Meta ist Krafttrainerin, die hat für das Geistige kein Auge. SIe muss, um zu begreifen, alles anfassen können. Das kann sich bei ihr aber auch noch ändern.

Ich finde es enorm, wie sehr Meta ihren Bruder liebt und wie sehr Mathis Meta liebt. Wo die Chemie so hängenbleibt. Aber ich sehe es auch wie Mamskit, sie hat eine gute Seite in sich.
 

Sassenach123

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Mathis kann einfach nicht von der Maschine lassen, auch nach Bos Tod ist und bleibt sie sein einziger Lebensinhalt. Interessant habe ich die Situation mit der alten Frau Sybilla erlebt. Sie kannte die Krankheit nicht die Bo und die Ziege befallen hat, hielt sie aber für eine Krankheit aus der Zukunft.....wie recht sie damit doch hatte. Auch bei Mathis sah sie erste Anzeichen, die der aber nicht wahrhaben wollte.
Die Verschleppung der Bewohner der Kolonie war grausam. Haben die anderen Recht und es hatte etwas mit Metas Gönner Thourak zu tun? Im Grunde glaube ich das nicht, aber man kann es zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht ausschließen.
Dieser Roman gefällt mir nach wie vor außerordentlich gut. Ich freue mich jedesmal, wenn ich die Zeit finde um weiterzulesen.
 

Sassenach123

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Dadurch, dass Meta so hitzig reagierte, als sie die Plakate der Jüngeren sah, hatte ich auch mit einer Eskalation in oder nach der Vorstellung gerechnet und war überrascht. Vielleicht erleben wir sie zukünftig doch etwas besonnener, wie @Momo schon angedeutet hat.
Das ging mir ähnlich, ich habe auch damit gerechnet, dass es brenzlig wird. Bisher war Meta immer eher aufbrausend und sehr direkt mit ihren Äußerungen. Vielleicht lag es am ruhigen Naturell des Mädchens und dessen Vater. Bei einer überheblichen Person wäre es vielleicht nicht nur zu einem einem Wortgefecht gekommen, sondern zum Kampf der Giganten geworden......
 
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