3. Leseabschnitt: S. 153 bis 255

Sassenach123

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Es gibt viele Verknüpfungen, die ich in der Form gar nicht erwartet habe. So hängt das Schicksal von Beth mit dem Erzeuger von Joys Kind zusammen, da er, Joe, der Richter, spontan einen Urlaub mit seiner Frau eingeschoben hat, der verhinderte, dass Beths Fall verhandelt wurde, was dann zur Folge hatte, dass ihr die Zeit davon lief. Schon makaber, dass an scheinbar harmlose Dinge, solche Reaktionen gekoppelt sind, die über Leben und Tod, über Glück und Unglück entscheiden können.
Mir gefällt, dass die Autorin an vielen Beispielen anhand der Erlebnisse ihrer Charaktere die verschiedenen Seiten bezüglich Abtreibung schildert. Jeder hat seine Erfahrungen, doch kann ich nicht mal sagen, dass sie immer komplett anders verlaufen sind. Sowohl George, als auch Hugh haben sich zum Beispiel gut um ihre Töchter gekümmert als sie klein waren. Hugh versucht zu verhindern das Menschen wie George schlimmeres anrichten. Was gibt hier den Ausschlag, dass George zu diesem extrem greift? Natürlich hat Wren keine Abtreibungen machen lassen, im Gegensatz zu Lil, Georges Tochter, dennoch glaube ich nicht, dass wenn es der Fall wäre, dies für Hugh ein Grund wäre so zu handeln.
Mir gefällt der Roman außerordentlich gut, auch wenn man gut aufpassen muss, um die Geschehnisse in die richtige chronologische Reihenfolge zu bringen.
 
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Literaturhexle

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Beeindruckend empfand ich das Gespräch zwischen Joy und Janine. Es ist unglaublich, welche vernebelten Vorwürfe und Ansichten letztere von sich gibt. Sie unterstellt, dass frau husch husch zur Abtreibung spaziert und dabei völlig gedankenlos einen Menschen umbringt...

Joy kontert überzeugend: [zitat]Ich hab es getan. Ich bedaure es nicht. Aber das bedeutet nicht, dass ich nicht jeden Tag meines Lebens daran denken werde. (177)[/zitat]
Joys Kindheit ist natürlich extrem krass im Unterschichtsmilieu angesiedelt. Die verbrannten Hände, sexuelle Übergriffe, die gewürgte Mutter, das Mobbing in den Pflegefamilien...
Das sind Erfahrungen, die man niemandem wünscht. Joy hat sich daraus befreien können (oh Wunder!). Sie sagt sich, es kann manchmal besser sein, ein Kind nicht auszutragen, wenn man selbst nicht in der Lage ist, sich um es zu kümmern. Die Fürsorge fängt schließlich erst nach der Geburt an und dauert Jahre.
 
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Beeindruckend empfand ich das Gespräch zwischen Joy und Janine. Es ist unglaublich, welche vernebelten Vorwürfe und Ansichten letztere von sich gibt. Sie unterstellt, dass frau husch husch zur Abtreibung spaziert und dabei völlig gedankenlos einen Menschen umbringt...

Joy kontert überzeugend: [zitat]Ich hab es getan. Ich bedaure es nicht. Aber das bedeutet nicht, dass ich nicht jeden Tag meines Lebens daran denken werde. (177)[/zitat]
Joys Kindheit ist natürlich extrem krass im Unterschichtsmilieu angesiedelt. Die verbrannten Hände, sexuelle Übergriffe, die gewürgte Mutter, das Mobbing in den Pflegefamilien...
Das sind Erfahrungen, die man niemandem wünscht. Joy hat sich daraus befreien können (oh Wunder!). Sie sagt sich, es kann manchmal besser sein, ein Kind nicht auszutragen, wenn man selbst nicht in der Lage ist, sich um es zu kümmern. Die Fürsorge fängt schließlich erst nach der Geburt an und dauert Jahre.
Auch wenn man ja viele Argumente von Abtreibungsgegnern gut nachvollziehen und mitunter auch unterstützen kann, erscheint Janine mir da einfach zu extrem. Für sie gibt es wirklich ein striktes dagegen. Ihr Charakter stehet sicher sinnbildlich im Roman für die Fraktion der Fanatiker auf diesem Gebiet.
Mit Joy tue ich mich um ehrlich zu sein etwas schwer. Ich kann verstehen, dass ein Kind unter ihren Umständen für sie nicht das richtige wäre, würde es nie anprangern, wenn eine Frau in ihrer Lage sich dagegen entscheidet. Allerdings hat sie etwas an sich, was ich nicht greifen kann.
Aber das genau die beiden mit den unterschiedlichen Meinungen hier zusammen durch dieses Unglück müssen, passt natürlich gut in die Handlung. Es heizt die Sache irgendwie an
 

Literaturhexle

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Aber das genau die beiden mit den unterschiedlichen Meinungen hier zusammen durch dieses Unglück müssen, passt natürlich gut in die Handlung.
Die Autorin versucht ja die gesamte Problematik bewusst aus verschiedenen Perspektiven darzustellen. Dazu benutzt sie die menschlichen Biografien/Erfahrungen, die zu der jeweiligen Meinung geführt haben, so dass sie für den Leser leichter nachvollziehbar werden. Zum Teil ist mir das aber zuviel. Die Dialoge haben teilweise etwas Oberlehrerhaftes und Unechtes.
 
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Literaturhexle

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auch wenn man gut aufpassen muss, um die Geschehnisse in die richtige Reihenfolge zu bringen
Jetzt bin ich durch mit dem Abschnitt.
Nein, mir gefällt dieser Roman bis jetzt nicht. Er bietet eine Aneinanderreihung von Figuren, die mit dem Thema Abtreibung im weiten und engen Sinne befasst sind. Jeder hat seine Vita, jeder seine Meinung. Ständig wird vom Plot abgeschweift, um dem Leser mitzugeben, dass George zum Beispiel ein ganz großartiger Vater war, der aber schon früh den Gedanken nicht ertragen konnte, dass die Tochter ihn irgendwann nicht mehr brauchen würde. Das ist krank. Auch Hugh ist ein toller, verständnisvoller Papa, allerdings noch im gesunden Bereich.
Die nette Olive ist mit einer Frau verheiratet (in jedem amerikanischen Roman gehört mindestens eine homosexuelle Person dazu) und opfert sich selbstlos für Wren. Bestimmt erfahren wir noch Details über die beherzte Krankenschwester Izzy und die bornierte Janine.

Es ist mir zu viel Gesülze (Entschuldigung!) im Buch. Mit Sicherheit liegt das auch an dem rückwärtsgerichteten Schreibkonzept. Man weiß ja schon, wie es ausgeht. Wir werden also mit Hintergründen, Biografien, Erklärungen gefüttert, damit eines jeden Handlungsweise erklärbar wird.
Das ist gerade gar nicht meins. Ich hoffe, ihr habt mehr Spaß an dem Buch.
 
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Xanaka

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12. Juli 2015
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Jetzt ist für mich der Zeitraum, wo ich ein wenig Frieden mit dem Buch schließe. In jedem Abschnitt bekommt immer eine Protagonistin mehr Raum. Dieses Mal war es Izzy die mir so gut gefallen hat. Ihr Antrieb und ihre Kraft um sich aus ihrer Lebenssituation zu befreien ist bewundernswert. Hier fand ich auch ein Zitat ihrer Mutter, was mir echt gut gefallen hat.
"Man schaut nicht auf den Teller des anderen, um zu sehen, ob dieser mehr hat als man selbst. Man vergewissert sich, ob er genug hat."
 

Mamskit

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So hängt das Schicksal von Beth mit dem Erzeuger von Joys Kind zusammen, da er, Joe, der Richter, spontan einen Urlaub mit seiner Frau eingeschoben hat, der verhinderte, dass Beths Fall verhandelt wurde, was dann zur Folge hatte, dass ihr die Zeit davon lief. Schon makaber, dass an scheinbar harmlose Dinge, solche Reaktionen gekoppelt sind, die über Leben und Tod, über Glück und Unglück entscheiden können.
So unterscheiden sich die Sichtweisen: Tatsächlich fand ich diesen Querverweis völlig unnötig. Angesichts der Fülle an Handlungssträngen hatte ich den Eindruck, dass hier verkrampft nach einem originellen Einschub gesucht worden war. Ich mochte es leider gar nicht und war höchstens ein bisschen zufrieden, dass ich wohl aufmerksam genug gelesen hatte, so dass es mir aufgefallen war.
 

Literaturhexle

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Ich mochte es leider gar nicht und war höchstens ein bisschen zufrieden, dass ich wohl aufmerksam genug gelesen hatte, so dass es mir aufgefallen war.
Es ist aber auch sehr schwer, dieses Buch zu mögen ;)
Und wenn man Erst einmal so weit ist, dann will man nur noch eins: fertig werdeñ!
Ich bin's mittlerweile und sehe froh darüber!
 

Mamskit

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Joys Kindheit ist natürlich extrem krass im Unterschichtsmilieu angesiedelt. Die verbrannten Hände, sexuelle Übergriffe, die gewürgte Mutter, das Mobbing in den Pflegefamilien...
Das ist wirklich eine ganz schreckliche Geschichte. Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass die Autorin hier ganz tief in der Kiste mit den katastrophalen Lebensläufen gekramt hat. Bei solchen Hintergründen ist es natürlich relativ einfach für den Leser, Position zubeziehen. Ich hätte mir einfach mal den Fall gewünscht, dass es einer Frau mit durchschnittlichem Hintergrund einfach nicht in die Lebensplanung passt, ein Kind in die Welt zu setzen. Das wäre für mich eine Grundlage für eine wirklich kontroverse Diskussion gewesen. So war mir das alles zu einfach und schubladenmäßig.
 

parden

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www.litterae-artesque.blogspot.de
Positiv finde ich, dass sich der Roman flüssig lesen lässt und dass man hier umfassende Argumente rund um die Abtreibungsproblematik erhält. Negativ erscheint mir das riesige Personenkarussell, wodurch es unmöglich wird, einem Charakter wirklich zu folgen oder mit ihm mitzufiebern. Für einen Roman finde ich gerade das schwierig, weil mir die 'Schicksale' da immer wieder entgleiten. Hier ging es der Autorin wohl in erster Linie darum, das riesige Spektrum des behandelten Themas darzulegen. Der Sinn der rückwärtigen Erzählweise erschließt sich mir immer noch nicht - da so vieles von vornherein bekannt ist, fällt auch hier das 'Mitfiebern' weg. Allerdings finde ich es nicht schlecht, wie einzelne Personen, die man im ersten Abschnitt kurz kennengelernt und gleich irgendwie eingeordnet hat, nun ein etwas differenziertes Bild erhalten, wodurch sich manche Einordnungen wieder relativieren. Aber das wäre im Vorwärtsgang doch sicher auch möglich gewesen?

Schon schräg, was sich Abtreibungsgegner so alles einfallen lassen. Täglich vor dem Center zu demonstrieren oder gleich ein ähnlich gestrichenes Gebäude nebenan zu errichten, um abtreibungswillige Frauen in die Irre zu locken und zu versuchen, diese noch zu 'bekehren' - wie mit dem gefaketen Ultraschallbild. So was. Mangelnde Recherche kann man Jodi Picoult jedenfalls nicht vorwerfen...
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Der Sinn der rückwärtigen Erzählweise erschließt sich mir immer noch nicht - da so vieles von vornherein bekannt ist, fällt auch hier das 'Mitfiebern' weg. Allerdings finde ich es nicht schlecht, wie einzelne Personen, die man im ersten Abschnitt kurz kennengelernt und gleich irgendwie eingeordnet hat, nun ein etwas differenziertes Bild erhalten, wodurch sich manche Einordnungen wieder relativieren. Aber das wäre im Vorwärtsgang doch sicher auch möglich gewesen?

Im Vorwärtsgang hätte dann aber vermutlich beim Leser zu sehr die Handlung im Vordergrund gestanden und weniger die Geschichten der Protagonisten. Vielleicht war das der Gedanke der Autorin, die keinen Thriller, sondern einfach einen Roman mit Dramatik schreiben wollte. So interpretiere ich das jetzt einfach mal. Keine Ahnung, ob ich damit richtig liege. Ich finde die Umsetzung aber auch nicht ganz perfekt.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich finde den Roman inzwischen auch etwas überladen. Restlos begeistert bin ich daher auch nicht. Aber ich kann auch nicht unterschreiben, dass ich mich durch das Buch quäle. Ich bin immer noch etwas unschlüssig und gespannt, ob sich der Roman noch steigern kann.