Sehr erstaunlich finde ich, wie positiv und unbeugsam Tatjana noch wirkt, mit ihren 90 Jahren sogar noch zu einer Demonstration geht.
Gott ist dabei derjenige, der für dieses Unheil verantwortlich ist und an dem sie sich irgendwann rächen will.
Alzheimer ist die Zerstörung des Weges zu ihm, und mein Alzheimer ist die stärkste Bestätigung, dass er mich fürchtet." (S. 197)
Ja. Es ist zweifellos eine der starken Stellen, die man auch ethisch-religiös diskutieren könnte....Da es auf das "Warum" keine Antwort gibt, und man an einem "Das ist halt so" kaputtgehen würde - insbesondere als Opfer - , schafft man sich eine göttliche Instanz, die man zur Verantwortung zieht.
Die Textpassage um Gott ist für mich eine der stärksten in diesem Buch. Wenn man bedenkt, dass Gott in der Religion immer als Hoffnungsträger dargestellt wird, ist der Gedankengang, die Existenz Gottes als Begründung für das Böse in den Vordergrund zu stellen ein ganz starker Erklärungsansatz. Da es auf das "Warum" keine Antwort gibt, und man an einem "Das ist halt so" kaputtgehen würde - insbesondere als Opfer - , schafft man sich eine göttliche Instanz, die man zur Verantwortung zieht.
Was ist an den Dokumenten langweilig? Als Archivar und Lyrikliebhaber kann ich weder von Originaldokumenten noch von Gedichten genug haben . Das Gedicht über den Russengott finde ich ziemlich zeitlos...Oder kommt das erst im vierten LA? Bin nämlich jetzt fasst durch mit dem Buch...Die Dokumente sind langweilig, man braucht sie aber, um Authentizität herzustellen. Anders sieht es mit den Gedichten aus. Ich mag sie nicht. Eins hätte genügt.
Mir gefiel ja der Vergleich mit den Mistkäfern: alle Generationen wiederholen immer die selben Ablaufe, das genetische Gedächtnis - beim Menschen ist dies eben die Tradition der Folter...Die Textpassage um Gott ist für mich eine der stärksten in diesem Buch. Wenn man bedenkt, dass Gott in der Religion immer als Hoffnungsträger dargestellt wird, ist der Gedankengang, die Existenz Gottes als Begründung für das Böse in den Vordergrund zu stellen ein ganz starker Erklärungsansatz. Da es auf das "Warum" keine Antwort gibt, und man an einem "Das ist halt so" kaputtgehen würde - insbesondere als Opfer - , schafft man sich eine göttliche Instanz, die man zur Verantwortung zieht.
Es ist unglaublich, wie viele Dinge dieses schmale Buch anspricht und berührt, oft mit wenigen Sätzen oder in diesem Fall mit kurzen Briefen / Telegrammen, die eingeschoben sind, ohne diese weiter zu erläutern. Und man spürt dennoch die unmenschliche Maschinerie, die dahinter steckt, ganz deutlich.Das erklärt vielleicht auch die äußerst späte Rückkehr deutscher Gefangener aus Russland in den 1950er Jahren... Alles hängt irgendwie zusammen.
Oh ja, das habe ich mir auch notiert...es ist so wahr, und gleichzeitig so verdreht.In diesem Zusammenhang fand ich die Ausführungen zu Stalin und seiner Führungsrolle interessant auf S. 216: "Ein Führer muss wie Stalin sein...".
Da habe ich laut aufgelacht, so gut hat mir dieser Gedanke gefallen.Und jetzt als alte Frau, an ihrem Lebensende bekommt sie Alzheimer, weil Gott sich vor ihrer Anklage fürchtet.
Genau. Andernfalls wäre sie sicher nie auf Gott gekommen.In diesem Fall schiebe ich die Extremsituation als Begründung vor. Wie du sagst: sie brauchte wahrscheinlich jemanden, auf den sie ihren Hass projezieren könnte.