3. Leseabschnitt: S. 122 bis 188

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
6.527
24.560
49
66
Darüber bin ich auch gestolpert, aber mein Gefühl sagte mir, dass man da auf konkreter Ebene wahrscheinlich nicht allzu viel draus machen kann. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es in Norahs Aufwachsen besonders streng zuging. Ich vermute nicht, dass sie real Erfahrenes im Spiel verarbeitet hat. Was ich eher glaube, ist, dass sie unbewusste Ängste und Phantasien durch dieses Spiel verarbeitet hat. Es gab in ihr vllt schon die Phantasie, dass die Mama weggehen, sie verlassen oder von ihren langen Reisen nicht wiederkommen könnte, wenn sie nicht brav ist. Solche Phantasien haben Kinder nicht selten, v. a. unter Bedingungen wie diesen. Da sind dann ubw Phantasien wie, Vater hat sie verlassen (weil sie nicht artig war). Mutter könnte nicht zurück kommen, wenn sie nicht artig war. Diese Phantasien haben dann natürlich nichts mit bewusstem Wissen zu tun. Es sind einfach darunterliegende Ängste.
Vielleicht spielt sie auch einfach nur nach, was sie bei Freundinnen gesehen/erlebt hat... da ging.‘schon ja nicht so „modern“ zu, wie bei ihr daheim...
Mich hat es nur irritiert, weil es nirgends einen Anhaltspunkt für häusliche Gewalt gibt.
 

Renie

Moderator
Teammitglied
19. Mai 2014
5.895
12.587
49
Essen
renies-lesetagebuch.blogspot.de
Ich stelle interessiert fest, dass ich dieses Buch anders wahrnehme als Ihr @SuPro @RuLeka @Literaturhexle . Ich komme nicht auf die Gefühlsebene, auf der Ihr Euch befindet: Schwierige Kindheit; Norah, die unter ihrer berühmten Mutter leidet; Norah, die so gerne einen Vater gehabt hätte; Norah, die so gerne Freundschaften um ihrer selbst Willen gehabt hätte ... Diese Emotionen kommen bei mir nicht in der Intensität an, wie bei Euch.
Bei mir festigt sich der Eindruck, dass Norah ebenso schauspielert wir ihre Mutter. Genau wie Katherine zeigt sie nie ihr wahres Gesicht - was auch Norahs Mann erkannt hat (S. 175, Mitte) Sie präsentiert nur das, was ein Publikum erwarten würde. Daher fällt mir schwer, die Seelen und Nöte, die sie durch das Leben mit ihrer Mutter begleiten, in der Intensität zu betrachten, wie Ihr das tut.

Der eigentliche Schaden, den sie davon getragen hat, ist , dass sie nicht weiß, wer sie ist. Wie auch. Wenn du eine Mutter hast, die dir das Schauspielern von deiner Geburt an vorlebt, den Alltag in jeder Situation inszeniert und du als Nebendarsteller Teil dieser Inszenierung bist, übernimmst du diese Verhaltensmuster doch automatisch.
Auch bei Katherine wissen wir immer noch nichts über ihr wahres Ich.
Doch mittlerweile scheint es in dem Buch einen Rollenwechsel zu geben. Die Hauptdarstellerin wird zur Nebendarstellerin. In den vorherigen LAs war für mich Norah die Nebendarstellerin, die dazu beigetragen hat, ihre Mutter für uns in Szene zu setzen. Das ändert sich in diesem LA. Zumindest steht Norah jetzt im Mittelpunkt.
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.450
49.893
49
Diese Emotionen kommen bei mir nicht in der Intensität an, wie bei Euch.
Das Problem ist in der Tat, dass die Emotionen nicht ankommen. Es ist ein kaltes Buch für mich. Trotzdem versuche Ich, die Gedankengänge Norahs nachzuvollziehen, zu erfahren, was sie uns sagen will. Sie ist eine subjektive und höchst unzuverlässige Erzählerin.
Bei mir festigt sich der Eindruck, dass Norah ebenso schauspielert wir ihre Mutter. Genau wie Katherine zeigt sie nie ihr wahres Gesicht
Sie gibt nichts Preis, ja. Sie berichtet nur.
Doch mittlerweile scheint es in dem Buch einen Rollenwechsel zu geben
Interessant beobachtet! Das ist so. Manches an ihrem Verhalten kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Da bin ich auf eine Auflösung saugespannt!
 

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
6.527
24.560
49
66
Bei mir festigt sich der Eindruck, dass Norah ebenso schauspielert wir ihre Mutter. Genau wie Katherine zeigt sie nie ihr wahres Gesicht - was auch Norahs Mann erkannt hat (S. 175, Mitte) Sie präsentiert nur das, was ein Publikum erwarten würde. Daher fällt mir schwer, die Seelen und Nöte, die sie durch das Leben mit ihrer Mutter begleiten, in der Intensität zu betrachten, wie Ihr das tut.
Das stimmt schon. Man weiß bei Norah auch nicht, woran man ist. Sie zieht ja auch immer wieder eigene Statements in Frage. Aber warum ist sie so geworden? Kinder reagieren in de Regel „echt“, d.h. sie zeigen ihre wahren Gefühle. Wenn Kinder „schauspielern hat das seine Gründe. Dann möchten sie gezielt manipulieren.
 

Renie

Moderator
Teammitglied
19. Mai 2014
5.895
12.587
49
Essen
renies-lesetagebuch.blogspot.de
Immer noch gibt sich K. als Irländerin und Yeats-Liebhaberin aus, ein Verhalten, dass Norah missfällt, wahrscheinlich gehört es zu der ganzen "Maskerade" dazu. Später wird sie sich auch auf die Seite der IRA schlagen, an Demos teilnehmen und auch Gewalttaten gutheiß
Katherine, die Vorzeige-Irin, die für die Rechte der unterdrückten Iren kämpft. Für mich ist dies eine Ersatzrolle, die sie annimmt, mangels anderer Engagements. Als Film-/Theater-Diva kann sie nicht mehr punkten. Daher schafft sie sich ein neues Engagement und sieht sich nun als Jeanne D'Arc Irlands.

Ich glaube, dass N. ein einsames Kind war.
Definitiv. Ich sehe sie eher als Requisit für ihre Mutter. Da sind andere Kinder, die Krach machen fehl am Platze, da sie das Bild der Mutter-Tochter-Idylle stören.

Sie beschreibt das AUSSEN... mich interessiert mehr bzw. mindestens zusätzlich das INNEN. Gedanken, Gefühle... das fehlt mir...
Darauf hoffe ich auch noch. Aber ich befürchte, es wird dahingehend nicht viel kommen.
 

SuPro

Bekanntes Mitglied
28. Oktober 2019
1.865
4.112
49
54
Baden Württemberg
lieslos.blog
Diese Emotionen kommen bei mir nicht in der Intensität an, wie bei Euch.
... da habe ich mich vllt nicht gut genug ausgedrückt. Bei mir kommen gar keine Emotionen an, weil es so sachlich-nüchtern geschrieben ist. Es wird nicht emotional geschrieben und deshalb kommen keine Emotionen an. Und das ist es, was mir persönlich fehlt.
Was ich über Emotionen geschrieben habe, sind schlicht Rückschlüsse aus Äußerungen oder Assoziationen.
Vllt konnte ich mich jetzt verständlicher machen?
 
  • Like
Reaktionen: Renie

SuPro

Bekanntes Mitglied
28. Oktober 2019
1.865
4.112
49
54
Baden Württemberg
lieslos.blog
Doch mittlerweile scheint es in dem Buch einen Rollenwechsel zu geben. Die Hauptdarstellerin wird zur Nebendarstellerin. In den vorherigen LAs war für mich Norah die Nebendarstellerin, die dazu beigetragen hat, ihre Mutter für uns in Szene zu setzen. Das ändert sich in diesem LA. Zumindest steht Norah jetzt im Mittelpunkt.
...und das finde ich interessant und gut gemacht!
 
  • Like
Reaktionen: KrimiElse

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.450
49.893
49
...ich sehe hier gar keine Rache. Eher Rivalität und Triumphieren...
Ich sagte ja, ich habe es nicht verstanden, warum sie mit dieser Type ins Bett geht. Der richtige Ausdruck will mir fehlen.

Aber auf Seite 134 wird die Rache erwähnt: "Obwohl ich zugeben muss, dass ich einmal mit N.D. im Bett war, wahrscheinlich aus Rache."
 
Zuletzt bearbeitet:

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.624
21.903
49
Brandenburg
Eigentlich ... interessiert mich Katherine ja gar nicht, aaaber, die Enright hat mich doch irgendwie in ihren Bann gezogen. Aufstieg und langsamer Verfall.

Ich finde es sehr komisch, dass die Männer von K. für Nora so im Verborgenen geblieben sein sollen - das nehm ich der Enright nicht ab.

Erste Liebe .. wie sie das präsentiert, ist schon ungewöhnlich.
Ich mag Nora überhaupt nicht und finde sie irgendwie "krank".

Geschickt, dass Enright die Story in Dublins IRA Jahre verlegt hat- das hat sie gut erzählt. Das Entsetzen Noras und das Spielen Katherines mit der Gewalt/Politik.

Bester Satz: "zwei voneinander betäubte Frauen".

(Die Kommaregeln für "und" und "oder" werden hier jedenfalls nicht beherrscht, die meisten sind falsch).
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Like
Reaktionen: KrimiElse und RuLeka

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.624
21.903
49
Brandenburg
Anne Enright beschreibt wunderbar die Gedanken und Gefühle eines Kindes, das ohne Vater aufwächst: Die Sehnsucht.
Das Idealisieren.
Die Verbannung schmerzlicher und unangenehmer Gedanken und Vorstellungen.
Die Verbannung des Vaters aus dem Bewusstsein.
Die Eifersucht auf andere Männer und die Angst vor Eindringlingen.

Nora kann es m. E. nicht leicht gehabt haben. Diese Fragen und dann auch noch das Schattendasein neben einer berühmten, bewunderten und schönen Mutter.
Sie musste lernen zu verdrängen, zu verleugnen, zu bagatellisieren und schönzureden. Das war psychisch gesehen überlebenswichtig.

Ich glaube, jetzt hat mich das Buch gepackt. Mal sehen, wie es weitergeht (Ich bin erst bei der Hälfte des dritten Leseabschnitts, musste das aber schon mal loswerden.)

Sie sagt aber auch, eigentlich haben Katherine und Nora einen Mann in ihrer Zweisamkeit nicht vermisst. Das war mehr Phantasie - die sich doch immer entzündet.
 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.624
21.903
49
Brandenburg
Norah hasst die Kriecher, die um ihre Mutter herumscharwenzeln. Mit ihrem ehemaligen Dozenten und Kritiker Niall Duggan (genannt "der Ficker") geht sie aus Rache ins Bett - eine Handlung, die ich nicht nachvollziehen konnte.

Jaaa, jedenfalls kann ich das nicht so fühlen. Für sie ist wohl der Nimbus des Herrn verflogen. Das nennt sie Rache. Und ich nenne das, dass die gute Nora bisschen Bluna ist
Oft fühlte sie sich allein, abgestellt und unwichtig.

Dabei war sie die wichtigste Kritikerin ihrer Mutter. Ihre Mutter wollte von ihr beurteilt haben, ob sie gut war. Das Gejammer Noras ist eins auf hohem Niveau.
Die 70er Jahre waren keine glückliche Zeit in Norahs Leben

Man kann nicht ein ganzes Leben lang ununterbrochen glücklich sein. Sie hat auch nicht um ihre Lebensliebe gekämpft.
Diese Ambivalenz kann ich bisher nicht richtig einordnen. Ist beides wahr?

Ist nicht immer beides wahr? Das Leben ist widersprüchlich.
 
  • Like
Reaktionen: KrimiElse und RuLeka

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.624
21.903
49
Brandenburg
Wenn ich genau überlege, denke ich nicht, dass Nora nicht weiß, wer sie ist. Es geht m.E. nicht um Identitätsprobleme. Höchstens mal am Rande. (Wissen denn alle anderen Menschen im frühen Erwachsenenalter, wer sei sind? No.).
 
  • Like
Reaktionen: Renie

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
3.050
7.678
49
Wien
www.facebook.com
Allerdings hat die Mutter dieses Photo ihrer Tochter immer mit auf ihre Reisen genommen. Und vielleicht ging es nicht um die Verleugnung der Tochter, wenn sie das Bild umgedreht hat. Schließlich wusste ja jeder von ihrer Tochter. Möglicherweise wollte sie Norah nicht als Zeugin ihrer Affären. Die Tochter sollte ihr nicht zusehen, aus Scham vielleicht.
das hätte ich auch so gesehen
 

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
3.050
7.678
49
Wien
www.facebook.com
Der Anfang dieses Abschnitts hat mir gut gefallen. Norah glorifiziert die Vaterfigur, dann mystifiziert sie dieses Bild. Dann lässt sie den Vater sterben, immer und immer wieder. "Ein Teil von mir liebte es, meinen toten Vater abermals sterben zu lassen, denn mit ihm starb mein Verdacht; er könnte in wirklichkeit gar nicht tot sein, sondern irgendwo in weiter Ferne ein schönes Leben führen..."
Ich glaube ja, der Vater war kein schöner Mensch, kein guter Mann, sondern einfach nur so ein Mistkerl, der Katherine ein Kind gemacht hat, vielleicht gar nicht bei einvernehmlichen Sex. Warum verheimlicht eine Mutter dem Kind die Existenz des Vaters. Weil es nichts gibt, was ihn interessant macht, weil er nicht existent war in einer positiven Gefühlsebene.