Doch während zum Beispiel gefundene DNA-Spuren die Freunde wenig erschüttern, sind sie umso schockierter, dass X sie bzgl. des Studiums belogen hat. Warum? Vielleicht drückt es aus, dass sie X nur dachten, zu kennen, dass er in Wahrheit doch anders sein könnte.
Natürlich bedeutet so etwas einen Vertrauensverlust. Wozu sind Freunde da, doch um einem beizustehen, wenn es mal nicht so gut läuft. Und hier müssen sie nun Seiten an ihrem Freund kennenlernen, die ihnen unbekannt waren.
Trotzdem halten die Freunde X die Stange, stehen auf, wenn er den Saal betritt, kämpfen für ihn.
Aus dieser Nummer können sie auch nicht wieder heraus, ohne dem Freund zu schaden. Da spielen viele Faktoren mit, zum einen, den Freund zu unterstützen, aber auch, es dem ganzen System ( Polizei, StaatSandale, den Medien und aller Welt zu zeigen, was sie für tolle Freunde sind.
Der Roman hat für mich auch einen Sog entwickelt, auch wenn sich der Prozess etwas hinzieht.
Dabei bekommt man aber einen guten Einblick in die Arbeit der Justiz. Interessant hierzu sind die Bemerkungen des Anwalts, z.B. ist er sich wohl bewusst, dass er öfter Leute verteidigt, von denen er weiß, dass sie schuldig sind. Aber solche Leute haben ebenfalls ein Recht auf Verteidigung und jeder Freispruch aufgrund Mangels an Beweisen zeigt, dass das System funktioniert.
So ein Satz von dem Freund auf Seite 222 zeugt nicht von seiner Dummheit: „ Im Grunde kommt man mit Schweigen in diesem Land recht weit. Solange es so viele Menschen gibt, die selbst gerne reden, und solange man den Tiefsinn bei den Schweigsamen vermutet, solange wird einem der sparsame Gebrauch von Worten und Auskünften nicht übel genommen, sondern gar als vornehme Bescheidenheit ausgelegt.“
Ihn scheint auch mehr der Vorwurf der Dummheit zu kränken als die eigentliche Anklage. Spricht das für seine Unschuld ( weil er sich nicht vorstellen kann, für etwas verurteilt zu werden, was er nicht getan hat) oder doch eher für seine Schuld?
Er scheint das Gerichtsverfahren distanziert zu betrachten: eine Bühne mit ihm als Hauptfigur, die Rolle seines Lebens