3. Leseabschnitt: NEUN bis DREIZEHN (Seite 147 bis 227)

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
aber er weiß es nicht, obwohl er gefragt hatte.
Hat er nicht.
3 Jahre sind nichts.
Er ist eine Amtsperson. Zum Glück nicht so schlimm wie die früheren Amtspersonen.
Er hat versucht, "seine" insulaner zu verstehen; er wusste, dass er nicht einer der ihren werden konnte. Sehr vernünftig.

Weil sie ihren Mann immer noch liebt, muss sie Martha als die Verführerin ansehen.
Die stille Lise. Dumme Person. Es steht aber auch oft genug da, dass sie es nicht wissen will. Sie will es nicht denken. Sie biegt sich ihre eigene Wahrheit zurecht.
Wenn er an Tristan denkt, denkt er "groß", gegenüber Yvonne benimmt er sich ziemlich lächerlich.
Nein. Der ganz normale Streit zwischen Paaren, die sich nicht mehr verstehen. Einer gibt dem anderen Schuld. An den Haaren werden Vorwürfe herbeigezogen.
Warum hasst Jon Bert?
Weil er in Martha veliebt ist.

Ansonsten lebt er nach seinem Gusto, ohne Rücksicht auf Verluste und Empfindungen anderer. Und bedauert sich auch noch dafür.
Hm. So kann man es sehen. Aber Lars - meine Lieblingsfigur - ist vielschichtig. Er ist kein einfacher Charakter.

Lars sieht sich auch als eine solche, aber ich kann für ihn kein Mitleid mehr empfinden. Ein selbstsüchtiger rücksichtsloser Mensch. Ein Wicht.
Oh NEIN. "Weil ich diese Hände habe. Weil es Taten gibt, die zu weiteren Taten führen ...". Ein Mensch, der sich mit sich selbst auseinandersetzt. Reflektiert ist.
Sich kennt.

"Der Morgen geht auf." (Geht nicht die Sonne auf?)
Das ist Kunst, Gaiaschatz.
Auch van Gogh wurde vorgeworfen, dass er nicht naturgetreu malte ...
 
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Wandablue

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Also dieser Abschnitt ist meisterhaft. Ja, es stimmt, ein paarmal weniger "ist wie .. " wäre noch besser gewesen, aber es stört mich nicht sehr, weil Kurtto eben sehr bildhaft schreibt. Es entstehen Bilder in meinem Kopf.
Eine gewisse Distanz zu den Figuren gibt es - aber auch das stört mich nicht. Ich kann doch nicht dazugehören, ich bin kein Insulaner.

Wir haben recht gehabt, Lars hat Martha vergewaltigt. Und natürlich ist sie völlig unschuldig daran. Vllt kennen die jungen Inselbewohner ein wenig mehr über die "Vermehrungssache" als andere junge Leute, weil sie so eng aufeinanderhocken - aber dennoch ist Martha unerfahren und blutjung und weiß nicht, was passiert und wie sie sich verhalten soll. Mag sein, sie ist auch ein klein wenig neugierig gewesen, ... das entschuldigt gar nichts.

Aber Martha, Lise, Jon etc. interessieren mich nicht. Die spannende Figur des Romans ist Lars.
Wie er entdeckt, was ihn an Yvonne angezogen hat, wie er bemerkt, dass der Lack ab ist, wie er sie entlarvt (Y kann nichts, Lise kann alles)- sie hat das Geld ihrer Eltern als Rückendeckung und abgesehen von ihrer Blumenbinderei kriegt sie nichts auf die Reihe - den Haushalt führt er, er ist Lover und Vater in einem (fürsorglich), Gesellschafter, alles. Möglicherweise hat sie schon früher andere Männer für sich sorgen lassen.
Wie er genau weiß, dass er eigentlich auf der Flucht ist. Vor seinen Taten. Vor seiner Reue. Vor sich selber.
Wie er immer mehr entdeckt, dass er hingehen kann, wo er will, aber die Insel in sich trägt und sie nie los wird.
Wie er sieht, dass er nie der Mann sein wird, den Yvonne aus ihm machen will und wie er sieht, dass sie nie die Frau sein wird, die er aus ihr machen will, nämlich Lise.
Und dann die Katastrophe. Wo er wieder zu dem Mann wird, der er einmal war.
Wunderbar.
 

Wandablue

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Brandenburg
Um Yvonne nicht herunterzumachen, sie ist die Darstellung einer jungen modernen sorglosen Städterin, die macht, was ihr in den Sinn kommt, weil sie keinerlei Verantwortung hat.
Aber sie hat auch ihre guten Seiten: sie hat keine Vorurteile, lässt sich auf Neues ein, ist anpassungsfähig (bis zu einem bestimmten Grad), beklagt sich nicht (laut) -
aber ist das nicht herrlich, wie Lars ihr sagt, sie sei ein einziger stummer Vorwurf - doch, das gibts!
und sie ist auch eine feministische junge Frau, die sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt bzw. nicht alles mit sich machen lässt. Und die Konsquenzen zieht - die Rücksichtslose in der Beziehung Lars- Yvonne ist Yvonne.
Ich mag die schlampige junge Frau dennoch mehr als Lise.
 

Wandablue

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Brandenburg
ihm scheint nicht klar zu sein, was er "angestellt" hat. Männlicher Pathos: es muss doch auch für sie schön gewesen sein. Pfui Teufel!
Stimmt doch gar nicht. (sorry).
Ich empfinde Lars ganz schlüssig. Es gibt nicht den Vergewaltiger = schlechter böser Mensch. Es war sozusagen ein Ausrutscher. Lars weiß genau, was er getan hat, seine Tat trug auch dazu bei, dass er von der Insel verschwand.
 

Wandablue

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Brandenburg
Wenn ich Kritik auf diesem Niveau üben würde, brauchte ich den Originaltext und die Kenntnis der Sprache. Habe ich nicht.
Mir geht es wie dir, Barbara: es passt für mich perfekt in diesen poetischen Kontext.
Nicht zwingend. Aber hier gehts tatsächlich um Kunst. Und Kunst ist natürlich auch ein wenig künstl(er)i(s)ch. Hut ab vor der Übersetzung, die die Kunst, die mich an Malerei erinnert, perfekt ins Deutsche rübermalt.
 
G

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Also dieser Abschnitt ist meisterhaft. Ja, es stimmt, ein paarmal weniger "ist wie .. " wäre noch besser gewesen, aber es stört mich nicht sehr, weil Kurtto eben sehr bildhaft schreibt. Es entstehen Bilder in meinem Kopf.
Eine gewisse Distanz zu den Figuren gibt es - aber auch das stört mich nicht. Ich kann doch nicht dazugehören, ich bin kein Insulaner.

Wir haben recht gehabt, Lars hat Martha vergewaltigt. Und natürlich ist sie völlig unschuldig daran. Vllt kennen die jungen Inselbewohner ein wenig mehr über die "Vermehrungssache" als andere junge Leute, weil sie so eng aufeinanderhocken - aber dennoch ist Martha unerfahren und blutjung und weiß nicht, was passiert und wie sie sich verhalten soll. Mag sein, sie ist auch ein klein wenig neugierig gewesen, ... das entschuldigt gar nichts.

Aber Martha, Lise, Jon etc. interessieren mich nicht. Die spannende Figur des Romans ist Lars.
Wie er entdeckt, was ihn an Yvonne angezogen hat, wie er bemerkt, dass der Lack ab ist, wie er sie entlarvt (Y kann nichts, Lise kann alles)- sie hat das Geld ihrer Eltern als Rückendeckung und abgesehen von ihrer Blumenbinderei kriegt sie nichts auf die Reihe - den Haushalt führt er, er ist Lover und Vater in einem (fürsorglich), Gesellschafter, alles. Möglicherweise hat sie schon früher andere Männer für sich sorgen lassen.
Wie er genau weiß, dass er eigentlich auf der Flucht ist. Vor seinen Taten. Vor seiner Reue. Vor sich selber.
Wie er immer mehr entdeckt, dass er hingehen kann, wo er will, aber die Insel in sich trägt und sie nie los wird.
Wie er sieht, dass er nie der Mann sein wird, den Yvonne aus ihm machen will und wie er sieht, dass sie nie die Frau sein wird, die er aus ihr machen will, nämlich Lise.
Und dann die Katastrophe. Wo er wieder zu dem Mann wird, der er einmal war.
Wunderbar.
Freut mich, dass du zum Team Lars gehörst. :rofl:party
 

Wandablue

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Brandenburg
Es beschäftigt mich auch, erzähle meinem Mann ständig irgendwelche Episoden aus dem Buch ( ob es ihn interessiert, sei mal dahingestellt).
Wenn so etwas gelingt, ist es ein super Roman.
Ich bin begeistert.
Das habe ich auch gleich gedacht. Nie wäre ich auf das Schiff gegangen ohne mein Kind.
Man hat ihnen gesagt, man schicke ein Schiff ... haben sie auch ...

Und ein Übersetzer ist zuerst dem Originaltext verpflichtet. Er muss überlegen, welcher Ausdruck passender ist aber verbessern geht nicht.
Ja. Aber Bilder, die nur in der A Sprache verständlich sind, weil es sie in der B Sprache nicht gibt, müssen durch die entspr Bilder der B Sprache ersetzt werden

Ich mag hier nicht mit Schuldzuweisungen arbeiten.
Lars ist ein komplexer Charakter und das gefällt mir an dem Buch.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Die stille Lise. Dumme Person. Es steht aber auch oft genug da, dass sie es nicht wissen will. Sie will es nicht denken. Sie biegt sich ihre eigene Wahrheit zurecht.
Wie viele Menschen, denn wenn sie die Wahrheit anerkennen, müssten sie darauf reagieren. Das müsste Konsequenzen haben. Weil sie davor zurückschrecken, biegen sie sich die Wahrheit so zurecht, dass sie wieder in ihr Weltbild passt.
Ja. Aber Bilder, die nur in der A Sprache verständlich sind, weil es sie in der B Sprache nicht gibt, müssen durch die entspr Bilder der B Sprache ersetzt werden
Sagte ich doch. Nur korrigieren, weil er/ sie der Ansicht ist, das sei nicht gut formuliert, geht nicht.
 

Wandablue

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Wie viele Menschen, denn wenn sie die Wahrheit anerkennen, müssten sie darauf reagieren. Das müsste Konsequenzen haben. Weil sie davor zurückschrecken, biegen sie sich die Wahrheit so zurecht, dass sie wieder in ihr Weltbild passt.

Sagte ich doch. Nur korrigieren, weil er/ sie der Ansicht ist, das sei nicht gut formuliert, geht nicht.
Wie z.B. die Nachgenderei von Übersetzern bei Büchern, die überhaupt nicht gegendert haben. Ein NOGO.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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"Wir haben recht gehabt, Lars hat Martha vergewaltigt." S 274 - 278 und S. 283 geben ein anderes Ergebnis. Zunächst ist von einer Frau die Rede, durchaus missverständlich, aber dann offensichtlich doch eine reifere Frau, die er in der Hütte trifft, S. 277. Auf S. 283 erklärt er Lise , dass er sie nicht mit Martha, sondern mit Elide betrogen hat. Da sieht Lise ihren Fehler. "Nein. Es war nicht Martha. Sondern Elide" Sehe ich das falsch?
Du siehst das genau richtig.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Das ist ein Phänomen, dass in kleinen Dörfern in Deutschland vereinzelt auch vorkommt. Freunde haben das erlebt, sie leben nun auch schon einige Jährchen dort, doch sie merken immer noch, dassvsie die dazugezogenen sind
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Es wird hier viel diskutiert, wie nahe man den Figuren kommt. Kann man Menschen, die unter so anderen Bedingungen in einer anderen Zeit lebten, überhaupt ganz nah kommen? Und wenn man ihnen sehr nahe kommt, sind sie dann vielleicht gar nicht authentisch, sondern an unser Denken angepasst? Ich hoffe, ich drücke mich verständlich aus.
So habe ich es bisher noch gar nicht betrachtet, aber du hast Recht! Sich in sie hinein zu versetzen, ist wahrscheinlich kaum möglich, da niemand von uns jemals unter ähnlichen Verhältnissen gelebt hat. Sich dann mit einem von ihnen verbunden zu fühlen wird dann tatsächlich schwer
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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"Wir haben recht gehabt, Lars hat Martha vergewaltigt." S 274 - 278 und S. 283 geben ein anderes Ergebnis. Zunächst ist von einer Frau die Rede, durchaus missverständlich, aber dann offensichtlich doch eine reifere Frau, die er in der Hütte trifft, S. 277. Auf S. 283 erklärt er Lise , dass er sie nicht mit Martha, sondern mit Elide betrogen hat. Da sieht Lise ihren Fehler. "Nein. Es war nicht Martha. Sondern Elide" Sehe ich das falsch?
Diese Informationen habe ich bisher aber noch nirgends erhalten?
 
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