Ich habe auch schon über meine Bewertung nachgedacht und überlegt, warum ich nicht restlos begeistert bin. Irgendetwas fehlt, wie Du sagst. Vielleicht liegt es daran, dass ich zu keiner der Figuren eine Beziehung aufbauen konnte?Ich bin schockiert, ich bin erschrocken, ich bin ergriffen. Aber den 5ten Stern gibt es dennoch noch nicht von mir. Warum? Irgendetwas fehlt noch für ein vollkommenes angefixt sein.
Das überrascht mich nicht. Ich kenne das noch aus meiner Kindheit. Mein Vater kam aus der Oberpfalz ins Badische und fühlt sich bis heute als Außenstehender und wurde auch früher so behandelt. Auf Dörfern - und diese Insel ist ein Dorf - war das so.Ach ja, interessant ist auch, dass David, obwohl er schon mehrere Jahre auf der Insel ist, von der Gemeinschaft noch nicht vollkommen aufgenommen wurde und durch die Gemeinschaft in alles eingeweiht wurde
Die Formulierung "vollkommen" stößt bei mir auf etwas Unwohlsein, denn sie wollte es natürlich ganz und gar nicht. Sie war dort minderjährig, Jungfrau und wusste überhaupt nicht mit dieser Überrumpelung durch Lars umzugehen.Martha ließ es geschehen, aber gewollt hat sie es auch nicht vollkommen.
Ich auch nicht. Aber im Nachhinein erklärt dies auch die rätselhafte Szene auf S.97f., über die wir noch gar nicht diskutiert haben. Vielleicht weil wir sie alle als Marthas Albtraum hinnahmen. Denn wir kannten ja Lise eigentlich schon als Frau mit Taschentuch auf dem Kopf.Lise stürzt Martha von einem Abhang. Heftig!!! Das hatte ich so gar nicht vermutet.
Ich empfinde Lars als wahnsinnig selbstmitleidig. Der Vulkanausbruch ist ausnahmsweise mal etwas, für das er nichts kann. Ansonsten lebt er nach seinem Gusto, ohne Rücksicht auf Verluste und Empfindungen anderer. Und bedauert sich auch noch dafür.Etwas was ihm schwer fällt, er sich selbst also als einen Drahtzieher des Geschehens wahrnimmt, von seiner Schuld überzeugt ist.
Das geht mir auch so, wobei mich Marthas und Jons Schicksal nicht kalt lassen. Aber nahe komme ich ihnen nicht. Vielleicht auch durch die doch etwas artifiziell wirkende Sprache?Vielleicht liegt es daran, dass ich zu keiner der Figuren eine Beziehung aufbauen konnte?
Das habe ich ganz klar auf Jon bezogen. Er liegt in seinem Versteck und kennt als "Kopfmensch" die Natur.Aber wie könnte ich das, wo ich nicht einmal beschützt habe, was ich am meisten hätte beschützen müssen, das, was allein in seinem Versteck liegt, ohne Vater, ohne Mutter, das die Sterne kennt und die Vögel benennt, mit schweren Flügeln entschwinden sie in die Höhe. "
Ich denke, weil Jon diese besondere Beziehung zu seiner Lehrerin hat und merkt, dass Bert ihr nicht gut tut. Auch kindliche Eifersucht spielt sicher eine Rolle.Warum hasst Jon Bert?
Martha ließ es geschehen, aber gewollt hat sie es auch nicht vollkommen. Um den eigenen Ruf besorgt, hat sie sich und das Bettzeug gewaschen, geschrubbt, wund gescheuert.
Ich bin auch ganz bei Christian. Es wird eindeutig gesagt, dass sie "Nein" sagte, aber eben dies erst herausbekam, als er fragte, ob es weh tue. Es wird geschrieben, dass dies die Aussage sei, die eigentlich früher hingehört hätte. Auch wäscht sie meines Erachtens nicht das Bettzeug wegen dem eigenen Ruf, sondern um aus Scham, die Vergewaltigungsopfer ja (fast) immer zeigen. Es gab Blut und weder ihre verstörte, teilnahmslose Mutter noch der jüngere Bruder würden verstehen, noch ihr Trost spenden. Also muss sie sich und das Bettzeug waschen. Sie ist eindeutig traumatisiert, will weg, kann aber nicht. Also packt sie das Geschehen ganz weit weg. Wahrscheinlich kommt es auch deshalb nach diesem Runterwerfen vom Felsvorsprung durch Lise zu keinen offenen Vorwürfen von Seiten Marthas. So ist das Kind, mit dem sie durch die Vergewaltigung schwanger wurde, getötet wurden. Aber wenn sie es öffentlich machen würde, würden Fragen von der Gemeinschaft kommen, warum sie so jung schwanger gewesen ist. etc. pp.Die Formulierung "vollkommen" stößt bei mir auf etwas Unwohlsein, denn sie wollte es natürlich ganz und gar nicht. Sie war dort minderjährig, Jungfrau und wusste überhaupt nicht mit dieser Überrumpelung durch Lars umzugehen.
Na uiuiui. Ein Unwohlsein könntest du haben, wenn ich die Vergewaltigung positiv darstelle. Dies mache ich nicht. Der Begriff vollkommen bezieht sich auf die vorige Darstellung von Lise. Denn ich war etwas enttäuscht. Für mich passte die bisherige Darstellung im Text nicht vollkommen auf dieses jetzige Bild. Lars war für mich nicht der Täter, hatte nicht dieses Täterbild. Das dies jetzt so raus kam, enttäuscht und verwundert mich.Die Formulierung "vollkommen" stößt bei mir auf etwas Unwohlsein, denn sie wollte es natürlich ganz und gar nicht. Sie war dort minderjährig, Jungfrau und wusste überhaupt nicht mit dieser Überrumpelung durch Lars umzugehen.
Das war wirklich heftig! Ich hätte dies niemals von ihr gedacht!Das sehen wir an Lise. Weil sie ihren Mann immer noch liebt, muss sie Martha als die Verführerin ansehen.
Heftig ist ihr Verhalten. Wer hätte es der stillen Lise zugetraut, dass sie Mordpläne hegt gegen das Ungeborene.
Stimmt. Gut beobachtet!Ich auch nicht. Aber im Nachhinein erklärt dies auch die rätselhafte Szene auf S.97f., über die wir noch gar nicht diskutiert haben. Vielleicht weil wir sie alle als Marthas Albtraum hinnahmen. Denn wir kannten ja Lise eigentlich schon als Frau mit Taschentuch auf dem Kopf.
Für mich war dies dann hier auch geklärt, nur zufrieden war ich mit dieser Situation nicht, weil dies nicht vollkommen greift. So ein Handeln passt für mich nicht zur Person Lars, Lars ist für mich kein Vergewaltiger, dies hat er in meinen Augen nicht nötig. Er schafft es ohne Probleme bei Frauen anzukommen. Würde er so eine Verlockung verspüren und ihr nachgeben, gibt sein Unrechtsbewusstsein dies her? In meinen Augen nein und von daher macht mich diese Aufdröselung etwas unzufrieden. Klar, er ist kein Sympathieträger, er verlässt Frau und Kind wegen dem Reiz des Neuen. Aber jemandem seinen Willen aufzwingen ist ja noch eine Stufe höher/schlimmer angesiedelt. Und dieses Handeln passt nicht auf Lars in meinen Augen. Und noch etwas, er war von Anfang an verdächtig, macht dies ein guter Autor so? Oder lässt er nicht später die Katze aus dem Sack?Die Missbrauchsszene war für mich keine Überraschung mehr. Dennoch ließ die Konstellation einige von uns lange rätseln, ist also auch geschickt gemacht von Marianna Kurtto.
Die obere Reaktion auf Yvonnes Fehlverhalten (in Lars seinen Augen) ist kindisch, verletzt und nicht reflektiert, er schießt mit Worten, weil er verletzt ist. Getroffene Hunde bellen. und/oder Was ich selber tu, trau ich auch dem Anderen zu.Ich weiß, dass auch große Dichter kleinlich und piefig sein können. Trotzdem mutet es irgendwie merkwürdig an, dass Lars seine Gedanken so fein formuliert und gleichzeitig Yvonne mit so lächerlichen Anwürfen überzieht. "Du würdest doch keinen Moment alleine zurechtkommen" (S. 193) - was soll das? Sie ist ganz ausgezeichnet ohne ihn zurechtgekommen. Wenn er an Tristan denkt, denkt er "groß", gegenüber Yvonne benimmt er sich ziemlich lächerlich.
Da gibt es aber eine feine Andeutung auf S. 193: er bemerkt mit leichter Verärgerung, dass sie Wasser aus dem Hahn trinkt, aber nicht vorher mit dem Finger die Temperatur prüft, "wie es jeder andere tun würde". Macht ihr das? Ich nie. Könnte es sein, dass er sich noch immer nicht an den Luxus eines Heiß- und Kaltwasserhahns gewöhnt hat, und dass er Yvonne diesen Luxus unausgesprochen übelnimmt? Das wäre immerhin eine Erklärung für sein widersprüchliches Verhalten. (Auch die Menge an feinem Geschirr beim Essen mit Yvonnes Eltern hat ihn ja schon gestört.)
Ich denke, das entspricht den Fakten. Siehe der von Irisblatt eingestellte Link. Die Insulaner wurden tatsächlich nach Engelland verbracht.Dass der größere Teil der Insulaner nun nach London geht, ist künstlerische Freiheit.
Wichtig dieser Hinweis. Auf dieser Insel wird man diesbezüglich noch rückständiger sein. Wer redet über so etwas? Keine Medien. Vergewaltigung ist nicht alltäglich. Seinem Nächsten vertraut man in dieser symbiotischen Gemeinschaft wohl noch stärker.Da gab es noch keine Me Too Debatte. Die Frauen schwiegen, aus Scham und weil ihnen meist eine Mitschuld zugesprochen wurde.
Mit Tristan verbindet er trotz allem Heimat und Gefühl. Das Positive hat mit der Distanz zugenommen. Wie das eben so ist. Yvonne stammt aus einer anderen Welt. Die Differenzen wundern mich nicht. Ein Altersunterschied spaltet auch. Am Ende sind es Kleinigkeiten, die das Fass zum Überlaufen bringen.Wenn er an Tristan denkt, denkt er "groß", gegenüber Yvonne benimmt er sich ziemlich lächerlich.
geht mir auch so. Es passt auf Jon. Lars scheint keinerlei schlechtes Gewissen in Bezug auf Martha zu haben. Sie kommt in seinen Gedanken nicht vor. Oder habe ich einen Fingerzeit überlesen?Das habe ich ganz klar auf Jon bezogen. Er liegt in seinem Versteck und kennt als "Kopfmensch" die Natur.
Nein. Ich war auch schockiert. Aber so ist das Leben: wie oft kommt Vergewaltigung/Missbrauch/Gewalt in scheinbar intakten Verhältnissen vor, wo man es niemals gedacht hätte? Diese Männer haben zwei Gesichter. Er hatte Lust auf Martha, wusste, dass sie keinen Schutz durch Vater oder Mutter genießt, und hat sie sich genommen. Das tun manche Männer, auch wenn sie andere sexuelle Möglichkeiten haben. Spontan. Lust an der Macht. Lust am Unversehrten. Lust am Kind. Wäh!!!So ein Handeln passt für mich nicht zur Person Lars,
Der Roman ist klug komponiert. Die Konstellation ist vor dem letzten Abschnitt spannend, sogar hochdramatisch. Das muss man bei einer so ruhigen Erzählweise erst einmal schaffen.
Gut finde ich die Ambivalenz der Figuren oder auch den aufgezeigten Kontrast zwischen Insel und Stadt. Schade finde ich, dass ich trotz der eigentlich großen Emotionen in der Handlung die Distanz zu den Figuren nie ganz ablegen kann, was vermutlich an der Sprache liegt (s.o.).
Einerseits merke ich aber, dass ich mehr mitgehe, dass mich das Buch mehr beschäftigt, das es in Richtung anzünden geht. Denn der Aufbau des Buches, welcher ein richtig aufmerksames Lesen zum vollständigen Erfassen der gebotenen Informationen erfordert, ist perfekt. Ich finde auch die Leserunde hier besonders aufschlussreich, weil jedem etwas auffällt, was man vielleicht selbst überlesen hat. Und auch bei dieser poetischen Sprache und ruhigen Erzählweise fühle ich mich mehr angeknipst als am Anfang. Eine Distanz ist da, aber nicht vollkommen. Meine Sympathien tragen Lars, Martha und Jon. Und diese Sympathie entsteht nicht wegen der Vergewaltigungsszene, also bitte noch nicht die Steine zur Steinigung zurechtlegen. Sie sind differenzierter gezeichnet, erscheinen als Kopfmenschen und erscheinen mir im Wesen mehr durchdacht, empfindender, nachvollziehbarer als andere Charaktere.Ich habe auch schon über meine Bewertung nachgedacht und überlegt, warum ich nicht restlos begeistert bin. Irgendetwas fehlt, wie Du sagst. Vielleicht liegt es daran, dass ich zu keiner der Figuren eine Beziehung aufbauen konnte?
Er ist erst drei Jahre auf der Insel und kommt vom Mutterland England. Ich denke nicht, dass man als Zugezogener jemals richtig dazugehören kann.Ach ja, interessant ist auch, dass David, obwohl er schon mehrere Jahre auf der Insel ist, von der Gemeinschaft noch nicht vollkommen aufgenommen wurde und durch die Gemeinschaft in alles eingeweiht wurde. Sie hören zwar darauf, was er sagt, aber einer der Ihren ist er deswegen noch lange nicht. Denn er bemerkt ja, dass zwischen Martha und Lise etwas ist, weil sie sich eigenartig benehmen, aber er weiß es nicht, obwohl er gefragt hatte.
Volle Zustimmung, was die Sympathie betrifft, aber bist du dir ganz sicher, dass er der Vergewaltiger ist? Bin ich die Einzige, die nicht so recht daran glauben kann?Ich bin noch nicht ganz durch den LA, wollte aber schon mal vermerken, dass ich mit der Darstellung von Lars zunehmend hadere.
Ich finde nicht viel Sympathisches an ihm. Was er Martha angetan hat, mag er sich im Nachhinein als "einverständlich" zurechtgelegt haben, aber ihm muss doch klar gewesen sein, dass daraus ein Kind hätte entstehen können.
Meine Sympathien liegen eher ausschließlich bei Jon.Meine Sympathien tragen Lars, Martha und Jon.
Das habe ich mich auch gefragt. Vielleicht, weil er Martha liebt und das Gefühl hat, dass Bert sie nicht glücklich macht?Eine Frage noch, vielleicht ist sie auch überflüssig und wird im Text noch geklärt, aber ich würde das gern schon mal festhalten: Warum hasst Jon Bert? (S. 188 oben: "... mit der ganzen Kraft seines Kinderherzens".) Habe ich weiter vorne irgendwas überlesen oder vergessen, was diesen Hass erklärt?
Stimmt. Ich habe mich geirrt und behaupte von nun an das Gegenteil. Ich hatte mich auch erkundigt und bei mir kam nur an, dass sie nach Kapstadt kamen, weitergeschickt werden sollte, aber nicht wollten und dann nach Tristan de Cunha zurückgingen.Ich denke, das entspricht den Fakten. Siehe der von Irisblatt eingestellte Link. Die Insulaner wurden tatsächlich nach Engelland verbracht.