3. Leseabschnitt: Mitte 2. Teil bis Ende 2. Teil ("Hasenaugen" S. 137 - S. 183)

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ja, die "Augen zu und durch"-Strategie hat durchaus Vorteile. Hab nämlich gestern doch weiter gelesen (siehe Beitrag an @Renie). Ganz merkwürdig :confused::D.
Mich drückt ein unliebsames Buch im Hintergrund immer. Ist wohl Typsache. Eine angenehme Lektüre kann ich da leichter unterbrechen. Zumal ich mich auch ertappe, dass die Konzentration eher schwindet, wenn man sich so zum Lesen aufraffen muss. Nach einer Pause könnte dann alles wieder weg sein im Kopf und ich müsste auch noch wiederholen :confused:
Nein, nein: Augen zu und durch!
 
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parden

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13. April 2014
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Es lässt sich weiter gut und flüssig lesen, aber während die anderen zwei Romane von Han Kang verstörend waren, auf Missstände aufmerksam machten, mich lange beschäftigten, bemerke ich hier eine wachsende Gleichgültigkeit beim Lesen. Ja, es ist schlimm, was L. durchgemacht hat und welche Entscheidungen sie für ihr Leben trifft, und auch des Bildhauers Hinterfragen der menschlichen Masken ist nachvollziebar durch seine eigene Geschichte. Aber ich lese es und denke oft: aha. Mehr ist da nicht. Ich bin gespannt, ob sich das noch ändern wird?
 

parden

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13. April 2014
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Da hast du recht!

Was mir noch eingefallen ist: Irgendein Gefühl muss er doch gegenüber L. haben, als er die Figur mit dem zerdrückten Gesicht macht. Einsamkeit, Zorn, Kummer, ich kann es nicht einordnen. Er zerdrückt das Gesicht, macht sie unkenntlich damit. Zerdrückt die Hände. Zerstört er damit seine Obsession? Die rote Farbe? Ist das nun das Herzblut, das er vergeblich in seine werke gesteckt hat, die L. zerstört hat? Die Farbe des Zorns? Der Liebe? Ich kann das nur schwer einordnen.
Er kann sich nicht an L.'s Gesicht erinnern, da passt solch ein zerdrücktes Gesicht ohne erkennbare Züge doch. Der Bildhauer drückt das, was ihn beschäftigt, wohl am ehesten durch seine Kunst aus. Ich glaube schon, dass er etwas für L. empfunden hat, sich und seine Gefühle aber nicht so wichtig nimmt bzw. ihnen ebenso misstraut wie denen von anderen. Als L. beispielsweise einmal sagte: 'Ich liebe dich', interpretierte der Bildhauer dies gleich auf eine andere Weise, und damit war die Sache für ihn erledigt.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich weiß auch immer noch nicht so recht, was ich von dem Roman halten soll. Aus sprachlicher Sicht mag ich das Buch sehr, aber die Geschichte an sich kann mich bisher nicht so sehr fesseln wie erhofft. Ich habe nicht den Vergleich zu den anderen Bücher von Han Kang, aber hatte mir irgendwie mehr erhofft.
 
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Am Ende dieses Abschnitts macht U deutlich, dass er sich verlassen fühlt. Aber irgendwie kauft man ihm ein echtes Gefühl nicht ab. Mir erscheint es eher so, als ob er enttäuscht ist, dass sein Projekt nun fort ist. Der Verlust der künstlerischen Arbeiten scheint ihn mehr zu stören, als die Tatsache, dass L als Person nicht mehr da ist.
L selbst ist auf ihre Art genauso zerrissen wie U, nur dass es sich anders deutet. Sie rennt ihrem Ideal hinterher, mag sich nicht so wie sie ist. Die kurze Zeit, in der sie durch Us Hilfe auf dem Weg der Besserung war, währt nicht lang. Allein schafft sie es nicht. Hätte U sie mitnehmen müssen, hätte er es vorhersehen können? Im Nachhinein lässt sich das immer gut sagen, ich verstehe, dass er sie mit diesem unschönen Abschnitt nicht belasten wollte.
Meine Frage ist an dieser Stelle, was geht in U wirklich vor? Wir wissen ja bereits, dass er sich das Leben nimmt, doch welche persönlichen Gründe hatte er? Hier tappe ich immer noch im dunkeln, er lässt sich nicht in die Karten gucken. Bei Tagebüchern ( oder waren es doch keine, bin mir da nicht ganz sicher, kann nicht nachsehen, da ich nicht zu Hause bin) erwartet man doch eher echte Gefühle.......
 
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich weiß auch immer noch nicht so recht, was ich von dem Roman halten soll. Aus sprachlicher Sicht mag ich das Buch sehr, aber die Geschichte an sich kann mich bisher nicht so sehr fesseln wie erhofft. Ich habe nicht den Vergleich zu den anderen Bücher von Han Kang, aber hatte mir irgendwie mehr erhofft.

Ich hoffe darauf, dass die restlichen Kapitel alles sinnvoll klären können
 
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Sassenach123

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Er kann sich nicht an L.'s Gesicht erinnern, da passt solch ein zerdrücktes Gesicht ohne erkennbare Züge doch. Der Bildhauer drückt das, was ihn beschäftigt, wohl am ehesten durch seine Kunst aus. Ich glaube schon, dass er etwas für L. empfunden hat, sich und seine Gefühle aber nicht so wichtig nimmt bzw. ihnen ebenso misstraut wie denen von anderen. Als L. beispielsweise einmal sagte: 'Ich liebe dich', interpretierte der Bildhauer dies gleich auf eine andere Weise, und damit war die Sache für ihn erledigt.
Da er selbst sich nie geliebt gefühlt hat, kann man wohl leider nicht erwarten, dass er zu solchen Empfindungen gelangt. Ist die Kunst eine Flucht? Das einzige in dem er Bestätigung findet, oder eine Art seine Empfindungen auszudrücken? Manchmal wirkt es auf mich eher wieselnde persönliche Obsession, ähnlich wie Ls Esssucht, ein Zwang, nur nicht selbstzerstörerisch wie in Ls Fall
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Nein @Sassenach123 : Er ist nur untergetaucht/unauffindbar und hat dieses Manuskript hinterlassen, in dem er seine Erinnerungen festgehalten hat. Als Tagebuch würde ich es nicht verstehen.
OH, sorry, da habe ich dann von Anfang an etwas missverstanden. Habe die ganze Zeit im Kopf gehabt, dass seine Schwester Antworten sucht, weil er sich umgebracht hat.
 
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Ein sehr interessantes Buch!

Bin jetzt mit diesem Abschnitt durch und ziehe mal mein bisheriges Resümee. Wir haben hier in den Protagonisten des Künstlers und von L zwei in meinen Augen beschädigte Menschen, die sich eventuell gegenseitig helfen/heilen wollen, es aber nicht schaffen, weil sie es eigentlich gar nicht können.

Der eine, der Künstler ist in einem recht gefühlskalten Elternhaus großgeworden, ist vielleicht gerade dadurch nicht zu einer emotionalen Reaktion fähig, hat nie Bindungen aufgebaut, über diese nicht vorhandenen Bindungen konnte er auch nie lernen, was eine Interaktion mit einem nahe stehenden Umfeld bedeutet. Den Versuch mit L könnte man als eine Möglichkeit werten aus diesem Kreislauf auszubrechen. Letztendlich scheitert das, weil der Künstler wahrscheinlich nicht in der Lage ist empathisch zu sein, er sieht L gar nicht richtig. Und dies verarbeitet er letztlich in der Skulptur mit dem zerdrückten Gesicht.

Die Szene auf dem Friedhof kommt mir wie eine späte Rache an seinem Vater vor. Er hat nur wegen dem Geld geheiratet, hat seine erste Familie nie gesehen/geliebt, baut mit dem Geld der ersten Familie ein zweites Leben auf, liebt seine zweite Familie. Als diese auf dem Friedhof revoltiert und ihren Vater nicht bei seiner ersten Frau liegen lassen wollen, zeigt der Künstler ihnen eine Möglichkeit auf, die mit einem gewissen Verlust an Vermögen einhergeht. Dies wird ausgeschlagen, das Geld ist wichtiger als der Verflossene und dieser muss nun zu seiner ersten ungeliebten Frau gehen, für immer. Böse. Aber leider zeigt dies auch ein reales menschliches Verhalten.

L wurde als Mädchen traumatisiert, bestraft sich aber eigentlich durch ihr Verhalten, eigentlich will sie sich als Schutz vor eventuellen Übergriffen unattraktiv machen, wird aber durch die Reaktionen des menschlichen Umfeldes so tief verletzt, dass sich ihre Wahrnehmung verschiebt. Alles wird mit ihrem Aussehen assoziiert. Die Traumatisierung endet in einer Essstörung, aus der sie letztendlich ohne Hilfe nicht entkommen kann. Nun hat sie aber in ihrer Situation keine adäquate Hilfe.
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Interessant finde ich, welchen Bogen die Autorin zu der Schriftstellerin spannen wird. Soll diese nur nüchterne Beobachterin sein? Ihre Reaktion auf die Skulpturen lässt etwas anderes vermuten. Bin gespannt.
 
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Literaturhexle

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@renee
Ich bin ganz gespannt, wie du den weiteren Verlauf des Romans bewerten wirst. Bis zu dieser Stelle könnte ich alles nachvollziehen. Die traumatischen Störungen von L. sind soweit plausibel.

Der Künstler wird jetzt eine weitere Frau kennenlernen. Da habe ich den Zugang verloren. Es ist alles so entsetzlich kalt!
Ich habe aber auch kein psychologisches Vorwissen, das mir hätte helfen können...
Mal sehen, wie es dir ergeht!