Mir gefällt hier die Darstellung der Freunschaft zwischen Dennis und Sukhin. Erst einmal grundlegend, dass endlich mal ein Hetero-Mann mit einem Homo-Mann ganz "normal" ("normal" im Rahmen des Romans
) befreundet sein kann. Meist ist es doch so, dass in Romanen und Filmen die homosexuellen Männer entweder innerhalb der Community Freunde haben oder wenn, dann nur mit Hetero-Frauen. Somit finde ich diese Beziehung hier einfach mal erfrischend. (Sofern nicht noch im letzten Abschnitt auftaucht, dass Dennis doch heimlich in Sukhin verliebt ist, das würde meine Freude zunichte machen.)
Ja, unbedingt. Dennis mutiert allmählich zu meinem heimlichen Liebling. Vom Nervtöter zu Beginn zu einem absolut treuen Freund. Ich glaube, Sukhin könnte machen was er wollte, Dennis stünde hinter ihm. Die Kommentare von Dennis! Bei dem eintönigen Lehrermonolog zu einer der Skulpturen bei dem Schulausflug oder auch bezüglich des "Flammenwerfers" für den Kuchen! Herrlich...
Wenn ich das jetzt richtig verstehe, hat sich oder wurde Jinn als tot erklärt und hat eine Grabtafel. Deshalb ist zu Beginn davon die Rede gewesen, dass "die Frau" tot ist. Also nur auf dem Papier, in Wirklichkeit noch da. Das klingt spannend.
So würde ich das mittlerweile auch sehen. Totgesagte leben länger - oder so. Aber warum will Jinn das nur so? Weshalb ist sie ausgestiegen? Aus allem...
Sukhin hat sicher einen Riesenfehler gemacht, als er die backende Schwester zur Feier brachte. Auch weil es dieser ja offenbar nur ums Image ging.
Ja, und als dazu noch die ganzen Aufnahmen gemacht wurden einschließlich Drohne, habe ich gedacht, dass Sukhin dieser heimlichen Aktion für die Obdachlosen letztlich womöglich doch eher einen Bärendienst erwiesen hat. Hallo, Singapur! Auch die Zeltstadt am Fluss wirkte da irgendwie irreal. Die Bewohner fürchteten zwar die Polizei, aber ist die wirklich so untätig? Laufen die nie Patrouille? Und bezüglich des Festes: stößt von denen niemand auf die Bilder im Internet?
Was hat es eigentlich mit diesem Kisten-Bauprojekt auf sich? Klar, Sukhin entwirft und baut ein schickes, zweckmäßige Haus für Jinn. Aber hat er auch einen Plan, wo das letztendlich stehen soll?
Die Frage stellt sich mir allerdings auch - zumal Jinn offensichtlich gar keine Kartonburg mehr haben will da in ihrem Park?! Das ist für Sukhin immer mehr zu einer zeitfressenden Obsession geworden. Ober er überhaupt noch zur Schule gehen kann, wo er doch so auf das Projekt fixiert ist?
Dennis wirkt natürlich wie ein Klischee-Schwuler. Aber ist er das wirklich oder will er provozieren, indem er Sukhin aus seiner Komfortzone holt? Wenn Homosexualität in Singapur tatsächlich noch so verpönt ist, kann ich mir einen solch "süßen" bunten Vogel nicht im Schuldienst für Teenager vorstellen.
Es darf ja auch keine Obdachlosigkeit geben oder Müll auf den Wegen (Sukhin stolpert beim Joggen einmal über einen weggeworfenen Kaffeebecher). Ich habe den Eindruck, dass die Autorin hier gerade mit den Tabus in Singapur demonstrativ spielt. Vielleicht ist der Roman auch deshalb so ein Erfolg in dem Land geworden?
Womit ich allerdings dennoch nicht gerechnet habe, war die verzweifelte Reaktion von Jinn. Es muss was schreckliches vorgefallen sein, zumindest aus Jinns Sicht, und ich befürchte, dass sie erstmal nicht mehr greifbar sein wird, weder für Sukhin, noch für jemand anderen aus der Truppe. Sie hat sich einen neuen Lebensinhalt aufgebaut und Sukhin hat ihn ihr genommen. Auch wenn ihm diese Tragweite nicht bewusst ist, so empfinde ich es für Jinn als echte Katastrophe.
Wenn Jinn, wie ich vermute, die totgesagte Frau aus den kursiven Abschnitten ist, dann könnte das womöglich genau ihr eigentliches Ziel sein: totgesagt werden. Ist es nicht so, dass man eine bestimmte Zeit verschwunden sein muss, um für tot erklärt zu werden? Ist das womöglich ihre eigentliche Vorsellung von Freiheit? Als sie sich damals von Sukhin trennte, hatte ich den Eindruck, dass das eher aus Verzweiflung geschah denn aus fehlender Liebe heraus - nicht mehr den Erwartungen entsprechen zu wollen oder zu können. Und die Trennung von der so geliebten Schwester bzw. der ganzen Familie und allem, was dafür steht, war dann vielleicht nur der noch konsequentere Schritt? Das sind so die Gefühle, die ich hierzu habe. Und hätte die Schwester nun Jinn bei der Weihnachtsfeier entdeckt, wäre ihr Ziel - endgültig frei von allem - dann nicht mehr zu realisieren gewesen. Was geschieht mit solchen "Aussteigern" in Singapur? Psychiatrie? Keine Ahnung...
Die Inschrift heißt: "Du wirst in Erinnerung bleiben, Jinn Hwa." Also ist sie die Verstorbene.
Die Frau sagt: "Ich glaube, SIE (3.Person) wäre damit (mit dem Nachruf) zufrieden gewesen." Damit ist angesichts der Grabplatte, auf die beide blicken, wohl Jinn gemeint. Demnach kann die Frau nicht auch Jinn sein.
Für mich widerspricht sich das nicht. Die Frau, die sie mal gewesen ist vs. die Frau, die sie sein kann, nachdem sie (endlich) für tot erklärt wurde? Irgendwie scheint mir das gerade am wahrscheinlichsten...
...und hoffnungsfroh war, dass Jinn kein Geist ist, sondern wahrscheinlich putzmunter ist. Allerdings treibt es mich zum Anfang zurück, als sie ihre verschwindenden Kleider bemerkt... komisch das.
Aber ihre Kleider verschwanden ja auch immer mehr - Sukhin hat es doch übernommen, ihre Garderobe bis hin zur Unterwäsche (reine Baumwolle!) nach und nach zu ersetzen...
Ich bin gespannt, ob ich mit meiner Theorie völlig daneben liege - und wie dieser außergewöhnliche Roman bloß enden wird?!