3. Leseabschnitt: Kapitel 31 bis 39 (Seite 162 bis 243)

Literaturhexle

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Langsam habe ich das Gefühl, einen Jugendroman zu lesen. Der Autor spricht viele Themen an, serviert sie aber dermaßen plakativ, dass ich mich komplett bevormundet fühle. Man muss nicht selbst nachdenken. Gut und böse wird streng getrennt. Ich denke, man darf jetzt schon sicher sein, wer die Kinder ermordet hat. Auf der Hälfte des Romans - eindeutig zu früh!

Angerissen wird die Gastarbeiterproblematik der 60er Jahre: Menschen wurden angeworben, in schlechten Verhältnissen untergebracht und ausgegrenzt. Hier verkörpert ein Hausmeister den Ober-Fremdenfeindlichen mit entsprechendem Vokabular....)

Im katholischen Kinderheim treibt ein Pfarrer sein Unwesen und vergewaltigt regelmäßig ein kleines Mädchen. Alle Nonnen schauen zu! Platter geht kaum. Unser Held Thomas geht dilettantisch zu Werke und erreicht nichts. Anschließend legt er seinen Job nieder. Der Papa reißt nach Düsseldorf und stellt in in der Bar zur Rede, wo der alte Herr "Süßer" genannt wird.

Angerissen wird auch die mangelnde Vergangenheitsbewältigung und Entnazifizierung. Täter wurden nicht angemessen verfolgt und bestraft.
Im Kino läuft die Wochenschau und zeigt furchtbare Aufnahmen aus KZs. Davon haben Thomas und Peggy nichts gewusst. Passend dazu der Rückblick ins Jahr 1941, in dem offensichtlich Onkel Strobel und Thomas Vater Juden zusammentreiben und liquidieren sollen. Bis jetzt weigern sie sich noch, was einer Befehlsverweigerung gleich kommt.

Thomas und Peggy wandern nach Amsterdam aus und "wollen ein neues Leben beginnen" (!). Dort werden sie als Deutsche natürlich nicht geliebt. Thomas will zurück, um den Mord aufzuklären und dem Mädchen im Heim helfen....

Am Schlimmsten ist aber die Handlung rund um den Tod der kleinen Esperanza. Offensichtlich hat jemand die Leiche verändert (Wer wohl?!?). Der morphiumsüchtige Pathologe ist ja superleicht erpressbar... Das ganze ist dermaßen platt aufbereitet - ich kriege fast Aggressionen :confused:
Auch sprachlich ist der Roman absolut schlicht gehalten. Dialoge, in denen die Menschen unreflektiert reden, wie der Schnabel gewachsen ist und viele Klischees bedienen. Dazu kommen Redewendungen, die mir nicht in die damalige Zeit passen wollen. (Bsp.: "Komm mal runter...".)
 

Amena25

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23. Oktober 2016
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Auch sprachlich ist der Roman absolut schlicht gehalten. Dialoge, in denen die Menschen unreflektiert reden, wie der Schnabel gewachsen ist und viele Klischees bedienen. Dazu kommen Redewendungen, die mir nicht in die damalige Zeit passen wollen. (Bsp.: "Komm mal runter...".)
Das empfinde ich teilweise auch wirklich als Zumutung! Mich wundert, dass der Verlag das so durchgewunken hat!
 

Renie

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Das empfinde ich teilweise auch wirklich als Zumutung! Mich wundert, dass der Verlag das so durchgewunken hat!
Hier muss ich Euch tatsächlich zustimmen. Ich meine, ich bin irgendwo über einen "Stinkefinger" gestolpert. Diesen neumodischen Kram gab es damals nun wirklich nicht.
Und ansonsten gibt es Ausdrucksweisen, die völlig unpassend sind. Dazu gehört für mich die Art, wie Peggy und Thomas miteinander reden. "Liebster" .... so sprechen bzw. sprachen Verliebte in dieser Altersklasse nicht miteinander.
Dafür gibt es von mir Punktabzug. Aber erstmal nur dafür.:D
 

wal.li

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Mit meinem Baujahr bin ich später zur Schule gegangen und wir haben das dritte Reich sehr ausführlich durchgenommen. Das finde ich aus heutiger Zeit sehr wichtig und sinnvoll. Mir war nicht bewusst, dass es relativ kurze Zeit vorher eher tot geschwiegen wurde.
Zwar habe ich den Eindruck, dass der Autor mehr Themen verarbeitet hat als das Buch nötig hat, gefällt es mir gut. Auch die Liedzeilen sprechen für sich: spießig, rebellisch und die sich langsam verändernden Zeiten.
 

Literaturhexle

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@Literaturhexle: Was meinst du denn, wer der Täter ist? Ich bin mir da noch nicht so schlüssig und habe mehrere Verdächtige. :)
Für mich war an dieser Stelle klar, dass Strobel etwas damit zu tun haben muss. Aber ein bisschen mehr Überraschung hat sich der Autor schon ausgedacht. Ganz so einfach ist es (zum Glück) nicht :D
 
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wal.li

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@Literaturhexle: Leider weiß ich nicht, wie das mit den Spoilern geht. Den hatte ich erst im kommenden Abschnitt unter Verdacht, aber eigentlich passt er nicht so richtig.
 

Bibliomarie

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Auch hier habe ich das Gefühl, dass der Autor alles reinpackte, was ihm an Themen unterkam.

Die Hierarchie der Polizei, die unhaltbaren Zustände in der Psychiatrie, das Fürsorgeheim, in dem der katholische Geistliche sich an den kleinen Mädchen vergeht und die Nonnen dabei wegsehen und das Kreuz schlagen.

Das gab es sicher alles und sicher wurde und wird noch heute manches unter den Teppich gekehrt, aber ich denke, weniger wäre mehr gewesen.

Die Dialoge gefallen mir immer noch nicht, so wie Thomas und Peggy miteinander sprechen, klingt das fürchterlich steif.
Dass Thomas oft über das Ziel hinausschießt, ist sicherlich seinem Eifer und seiner Unerfahrenheit geschuldet, dass kann ich sogar nachvollziehen.

Der Rückblick ins Jahr 41 soll zeigen, dass Engel und der Hauptkommissar, wohl Strobel, sich anfangs nicht ganz so willfährig zeigten. Die Erschießungen von Alten und Kindern ging ihnen gegen den Strich. Noch zeigen sie eine anständige Seite, aber ich ahne schon, dass wird anders werden.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Hier muss ich Euch tatsächlich zustimmen. Ich meine, ich bin irgendwo über einen "Stinkefinger" gestolpert. Diesen neumodischen Kram gab es damals nun wirklich nicht.
Und ansonsten gibt es Ausdrucksweisen, die völlig unpassend sind. Dazu gehört für mich die Art, wie Peggy und Thomas miteinander reden. "Liebster" .... so sprechen bzw. sprachen Verliebte in dieser Altersklasse nicht miteinander.
Dafür gibt es von mir Punktabzug. Aber erstmal nur dafür.:D

Das wäre eigentlich Sache des Lektorats gewesen, solche Sprachfehler auszumerzen.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Mit meinem Baujahr bin ich später zur Schule gegangen und wir haben das dritte Reich sehr ausführlich durchgenommen. Das finde ich aus heutiger Zeit sehr wichtig und sinnvoll. Mir war nicht bewusst, dass es relativ kurze Zeit vorher eher tot geschwiegen wurde.

Ich bin, wie erwähnt JG 55, und wir hörten tatsächlich im Geschichtsunterricht bei Bismarck auf. Allerdings wurde die NS nicht gänzlich totgeschwiegen, sondern nur sehr oberflächlich behandelt. Es wurde allgemein über die Gräueltaten der Nazi gesprochen, die Judenverfolgung usw. Aber es waren immer nur einzelne Vorfälle und immer nur die anderen. Es wurde ganz einfach bagatellisiert und das eigene Leid in den Vordergrund gestellt.
 

claudi-1963

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29. November 2015
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Also auch wenn ich immer noch nicht mit dem Buch warm werde, ging es in diesem Abschnitt wenigstens endlich mal wieder etwas mehr um den Kriminalfall. Trotzdem finde ich Thomas noch immer sehr unreif und kindisch und irgendwie kann ich mich mit ihm als Kommissar nicht anfreunden.

Inzwischen habe ich bei Strobel meine Zweifel ob er es immer ehrlich meint. Irgendwas hat er von damals zu verbergen, ich vermute das er der Kommissar war, der den Täter kennt und ihn damals töten wollte. Jetzt ist nur die Frage wer ist der Täter? Jedenfalls nicht der Heimleiter, er hat sicher auch Dreck am Stecken in dem er Kinder missbraucht und misshandelt, aber er würde nicht töten.

Nach wie vor habe ich das Gefühl das der Autor zu viel in sein Buch reinpacken wollte. Deshalb nun auch noch die Probleme der Gastarbeiter die er hier anschneidet. Das es selbst 1965 noch Probleme gab, wenn man die Nazi Vergangenheit anspricht, kann man sich gar nicht vorstellen. Das unsere Nachbar da noch mehr Probleme mit uns Deutschen hatten, habe selbst ich als Kind gespürt und erlebt.
Das Thomas Vater und Strobel dabei waren, als man die Juden deportiert und ermordet hat, war naheliegend. Ich fand es gut das sie sich gegen den Befehl Frauen und Kinder zu töten gewehrt haben.
Ich bin mir nicht sicher ob Strobel nicht doch die tote Esperanza verändert hat, nur damit man nicht herausfindet das es der gleiche Mörder von damals ist. Den ich denke, sonst bekommt er vielleicht auch seine Schwierigkeiten, weil er den Täter nicht überführt hat.

Gefallen tut mir auch nicht wie er die Nonnen darstellt, klar gab es sicher da Heime die nicht so toll waren, aber es war doch sicher nicht überall so drastisch wie er das hier anschneidet.
Auch diese eher offene Liebe die Thomas und Peggy da leben, gab es 1965 noch nicht. Da waren doch sehr viele zugeknüpfter und haben sich noch nicht so öffentlich geküsst oder umarmt.

Ich habe jetzt am ehesten den komischen Sohn von den Söhnleins in Verdacht oder sogar Schäfer, den der ist mir auch suspekt. Wie gesagt Strobel sehe ich eher, das er der Kommissar von damals war, ich sehe ihn momentan noch nicht als Täter.

Das Thomas so unüberlegt seinen Aktionen macht finde ich fast zu übertrieben dargestellt. Ich verstehe ehrlich gesagt auch manches nicht, das dieses Buch so durch das Lektorat ging. Da gibt es Bücher die weitaus besser sind und von Verlagen abgelehnt werden und dann preist man so ein Buch an, das verstehe ich nicht.
 
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claudi-1963

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29. November 2015
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Ich bin, wie erwähnt JG 55, und wir hörten tatsächlich im Geschichtsunterricht bei Bismarck auf. Allerdings wurde die NS nicht gänzlich totgeschwiegen, sondern nur sehr oberflächlich behandelt. Es wurde allgemein über die Gräueltaten der Nazi gesprochen, die Judenverfolgung usw. Aber es waren immer nur einzelne Vorfälle und immer nur die anderen. Es wurde ganz einfach bagatellisiert und das eigene Leid in den Vordergrund gestellt.

Also unser Geschichtsunterricht war sehr ausführlich was die Nazizeit anbelangt, das fand ich auch gut, den da hatte ich meinen ersten Zugang zu der Zeit. Hier hat mir der Geschichtsunterricht immer sehr gut gefallen.
 

parden

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13. April 2014
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www.litterae-artesque.blogspot.de
Langsam habe ich das Gefühl, einen Jugendroman zu lesen.
Den Eindruck habe ich auch immer wieder - Erklärungen à la 'Die Sendung mit der Maus'. Was ist ein Kanake? Umpf.

Angerissen wird die Gastarbeiterproblematik der 60er Jahre: Menschen wurden angeworben, in schlechten Verhältnissen untergebracht und ausgegrenzt. Hier verkörpert ein Hausmeister den Ober-Fremdenfeindlichen mit entsprechendem Vokabular....). Im katholischen Kinderheim treibt ein Pfarrer sein Unwesen und vergewaltigt regelmäßig ein kleines Mädchen. Alle Nonnen schauen zu! Platter geht kaum. Angerissen wird auch die mangelnde Vergangenheitsbewältigung und Entnazifizierung. Täter wurden nicht angemessen verfolgt und bestraft.
Genau. Von allem etwas und immer das Schlimmste. Schwarz und weiß.

Das ganze ist dermaßen platt aufbereitet - ich kriege fast Aggressionen :confused:
Gefühlt brauche ich für den 'Krimi' Ewigkeiten, weil ich stets nach einigen Seiten das Buch genervt zuklappe und erst einmal zur Seite lege. Mir geht es ganauso wie dir, leider...

Unser Held Thomas geht dilettantisch zu Werke und erreicht nichts. Anschließend legt er seinen Job nieder.
Leider sehe ich das auch so. Absolut unglaubwürdiger Charkter, der sich zudem vom Paulus zum Saulus wandelt, von 0 auf 100 sozusagen, vom super angepassten Jüngelchen vom Land zum Rebellen. Dazu geht er ohne nachzudenken mit dem Kopf durch die Wand (Heimleiter Hermann), da jubelte bei mir noch nicht einmal das Gerechtigkeitsempfinden, sondern dominierte die Fassungslosigkeit ob dieses Dilettantismus. Dämlicher geht es wirklich nicht...

Auch sprachlich ist der Roman absolut schlicht gehalten. Dialoge, in denen die Menschen unreflektiert reden, wie der Schnabel gewachsen ist und viele Klischees bedienen. Dazu kommen Redewendungen, die mir nicht in die damalige Zeit passen wollen. (Bsp.: "Komm mal runter...".)
Und auch hier kann ich dir leider nur zustimmen. Ich muss mich richtig zum Weiterlesen zwingen. Echt schade!
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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@parden
So allmählich bilden wir die Mehrheit (arme Renie:(:p). Ich habe die andere Variante gewählt und "das Ding" schnell durchgezogen. Tipp: gegen Ende kann man auch quer lesen, das Strickmuster ist ja klar ;)

Da wollte ich mal wieder einen Krimi lesen und wurde völlig enttäuscht. Nach dem ersten Abschnitt bleibt auch vom Zeitkolorit wenig übrig (abgesehen von den extrem bedienten Themen, versteht sich).
 

KrimiElse

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26. Januar 2019
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buchmafia.blogspot.com
Langsam habe ich das Gefühl, einen Jugendroman zu lesen. Der Autor spricht viele Themen an, serviert sie aber dermaßen plakativ, dass ich mich komplett bevormundet fühle. Man muss nicht selbst nachdenken. Gut und böse wird streng getrennt. Ich denke, man darf jetzt schon sicher sein, wer die Kinder ermordet hat. Auf der Hälfte des Romans - eindeutig zu früh!
Hahaha. So ging es mir in diesem Abschnitt auch.