3. Leseabschnitt: Kapitel 27 bis Ende (S. 195 bis Ende)

Barbara62

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Ich würde schon deshalb kein Buch von ihm lesen, weil mich die Themen langweilen. Obendrein in jedem Buch das gleiche Thema! Ein Autor, der ein ganzes Buch schreibt über einen anderen Autoren, den er verachtet! Wer sollte denn sowas lesen wollen? Man kann sich schon fragen, welches Licht es auf die örtliche Kulturszene wirft, wenn ein Autor mit solcher Produktion überhaupt populär wird.
Er hat ja auch Biografien über die Heilige Birgitta und Jeanne d'Arc verfasst, also ganz andere Themen. Und er hat sich laut Wikipedia gegen den Nationalsozialismus und gegen Stalin engagiert.

Wenn Marcel Reich-Ranicki jemanden verrissen hat, konnte das schon ganz unterhaltsam sein... Allerdings zweifle ich, ob Stolpe dessen Esprit hatte, er kommt mir eher verbiestert vor.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich war gestern Abend bei einer Lesung von Denis Scheck aus seinem "Kanon" und es kam die alte Frage aus dem Publikum nach Trennung von Werk und Autor. Er kann das, wie er sagte, sehr gut, kann auch Texte von nachgewiesenen Päderasten der griechischen Antike genießen (zu anderen Themen, nehme ich an). Er macht sich sowieso keinerlei Illlusionen über den Charakter vieler Autorinnen und Autoren. Ich bin da empfindlicher. Ein Buch von Sven Stolpe könnte und wollte ich nun nicht mehr lesen - mit diesem Hintergrundwissen. Schon deshalb, weil ich mich ständig fragen würde, wen er damit verletzt oder zerstört hat. Wie geht es euch damit?
Wenn ich vorher schon weiß, was der Schriftsteller für ein Ekel ist, dann sind mir seine Bücher vergrault. Umgekehrt kann ich ein Buch weiterhin schätzen, wenn ich im Nachhinein Negatives über den Verfasser erfahre.
 

Die Häsin

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Wenn ich vorher schon weiß, was der Schriftsteller für ein Ekel ist, dann sind mir seine Bücher vergrault. Umgekehrt kann ich ein Buch weiterhin schätzen, wenn ich im Nachhinein Negatives über den Verfasser erfahre.
Ich habe vor drei Jahren erfahren, dass mein Lieblingssänger (ein klassischer Sänger) sich unmöglich aufgeführt hat (Stichwort MeToo) und wohl nur aus Mangel an Beweisen nicht verurteilt wurde. Vorher hörte ich ihn täglich, seitdem vielleicht drei- oder viermal insgesamt. Er fehlt in meinem Leben, aber mit dem zeitlichen Abstand werde ich ihm eine neue Chance geben. Es hat ja keinen Sinn, dass ich mich selbst bestrafe für Sünden, die er begangen hat. :smilehorn

Da mag es allerdings auch zwischen Sängern und Schriftstellern Unterschiede geben. Vielleicht können reproduzierende Sänger mehr unabhängig von ihrer Lebensführung gewürdigt werden als ein Autor.
 

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Nachdem ich gestern zu müde war, um den Leseabschnitt zu beenden, habe ich dies heute vormittag nachgeholt. Der letzte Leseabschnitt hat mich nochmal enorm gefesselt. Unglaublich, wie Karin von Sven gedemütigt und vorgeführt wird.
Die Liebe zwischen Olof und Karin erscheint rein und nahezu unerschütterlich. Doch sie scheitert letztlich an den Drohgebärden Svens, die ständig über den Beiden hängen wie ein Demoklesschwert. Karin bleibt letztlich aus Angst bei Sven, doch es ist ein Tod auf Raten.
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und für mich einen neuen, sehr interessanten Autor entdeckt.
 

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In diesem Photo schaut uns der wahre Stolpe an, finde ich.
Oha - da hast Du Recht.
Wenn ich vorher schon weiß, was der Schriftsteller für ein Ekel ist, dann sind mir seine Bücher vergrault. Umgekehrt kann ich ein Buch weiterhin schätzen, wenn ich im Nachhinein Negatives über den Verfasser erfahre.
Schwierig- ich hatte so einen Fall noch nicht. Normal versuche ich allerdings immer Werk und Autor zu trennen. Wenn ich ehrlich bin: ich weiß es nicht.
 

Barbara62

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Ich bin gerade bei der zweiten Lektüre dieses wirklich großartigen Buches über eine Stelle auf Seite 223 "gestolpert". Olof schreibt in einem Brief an Karin: "Du bist so unglaublich schön, so wunderbar rein." Mir geht diese Bezeichnung der Frauen als "rein" unglaublich gegen den Strich. Frauen werden dadurch auf ein Podest gestellt, von dem sie eigentlich nur herabstürzen können. Was soll das überhaupt bedeuten? In sexueller Hinsicht kann es eigentlich nicht gemeint sein, denn Olof weiß, dass Karin verheiratet ist und eine Abtreibung hinter sich hat. Was also soll das? Reagiere ich nur ich darauf so allergisch?
 
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Ich bin gerade bei der zweiten Lektüre dieses wirklich großartigen Buches über eine Stelle auf Seite 223 "gestolpert". Olof schreibt in einem Brief an Karin: "Du bist so unglaublich schön, so wunderbar rein." Mir geht diese Bezeichnung der Frauen als "rein" unglaublich gegen den Strich. Frauen werden dadurch auf ein Podest gestellt, von dem sie eigentlich nur herabstürzen können. Was soll das überhaupt bedeuten? In sexueller Hinsicht kann es eigentlich nicht gemeint sein, denn Olof weiß, dass Karin verheiratet ist und eine Abtreibung hinter sich hat. Was also soll das? Reagiere ich nur ich darauf so allergisch?
Nein, ich kriege auch jedes Mal Hörner, wenn ich das lese. Im Grunde bedeutet es, Frauen, die Sex haben, sind unrein. Männlicher Sex ist selbstverständlich in Ordnung, blöd nur, dass eine Frau dafür gebraucht wird. Meistens jedenfalls. :p Da schlägt immer noch die christliche Sexualmoral durch, ich sach nur: Jungfrau Maria. (Wie man daran glauben kann, werde ich nie begreifen.)

Das Ganze ist in sich nicht logisch, kein Wunder, wenn du dich fragst, was das soll. Es ist einfach nur misogyner Bullshit.
 
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Ich bin nicht sicher, ob es im sexuellen oder moralischen Sinn gemeint ist. Vielleicht meint Olof auch einfach ein besonderes Maß von Integrität oder geistiger Klarheit. In diesem Sinne hätte er das Wort auch auf einen Mann anwenden können.
 
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alasca

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Ich bin nicht sicher, ob es im sexuellen oder moralischen Sinn gemeint ist. Vielleicht meint Olof auch einfach ein besonderes Maß von Integrität oder geistiger Klarheit. In diesem Sinne hätte er das Wort auch auf einen Mann anwenden können.
Ganz eindeutig sexuell. Sie hat vor ihm mit einem Mann geschlafen und sogar abgetrieben! Er bezeichnet das als sexuellen Übergriff auf ihn. Er wendet diese Vokabel nur auf Frauen an - auch in seinen unsäglichen Romanen. Er beschimpft sie als Hure, er demütigt sie deswegen vor Publikum.

Ihre geistige Klarheit interessiert ihn einen Sch...
 
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Irisblatt

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Ganz eindeutig sexuell. Sie hat vor ihm mit einem Mann geschlafen und sogar abgetrieben! Er beschimpft sie als Hure! Er demütigt sie vor Publikum! Er wendet diese Vokabel nur auf Frauen an - auch in seinen unsäglichen Romanen.
Aber das hat doch Olof gesagt, nicht Sven. Bei Olof sehe ich das nicht im Zusammenhang mit Sexualität. Er spricht von ihrem Wesen.
 

Barbara62

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Ganz eindeutig sexuell. Sie hat vor ihm mit einem Mann geschlafen und sogar abgetrieben! Er beschimpft sie als Hure! Er demütigt sie vor Publikum! Er wendet diese Vokabel nur auf Frauen an - auch in seinen unsäglichen Romanen.
Sven ja. Aber in diesem Fall schreibt es Olof!

Wie immer es Olof meint, und @Die Häsin könnte gut recht haben, das Wort ist für mich im Deutschen versaut (sorry, es fällt mir keine bessere Bezeichnung ein).
 

Bartie

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Was ich mir auch noch gedacht habe, was für eine Leserschaft hatte der Autor Sven Stolpe wohl? Eigentlich ist die bei ihm behandelte Thematik immer ähnlich, ein Muster erkennbar, wer liest so etwas, genauso kranke Köpfe?!
Ähnliche Gedanken hatte ich auch. Jedes Buch von Stolpe hat das gleiche Thema: eine untreue, verdorbene Frau; wie oft kann man darüber lesen? Ich vermute auch, dass die Ausdrücke, seine Sprache sich immer wieder wiederholt haben müssten. :think
 

Bartie

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Ich stimme euch zu: es ist eine ergreifende Geschichte. „Die Überlebenden“ habe ich auch gelesen und war von dem Roman sehr angetan. Aber die Geschichte über Alex` Großeltern geht tief unter die Haut.

Es ist auch der besondere Schreibstil des Autors; eigentlich sehr ruhig und besonnen, aber gleichzeitig kritisch und unerbittlich. Denn er beschreibt konsequent die Boshaftigkeit des Großvaters, sein unverzeihliches Benehmen.

Zum Schluss präsentiert der Autor das Ergebnis seiner Recherche. Aber der Grund für Sven Stolpes frauenfeindliches Verhalten überzeugt mich nicht. Er müsste eigentlich auf der Seite der verlassenen Mutter stehen, den untreuen Vater „hassen“ und später selbst anders handeln. Oder war Karins Geständnis über die illegale Abtreibung der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte?

Die Fotos von ihm, die ihr im Netz gefunden habt, zeigen, wie boshaft und verbissen dieser Mann war. Und hinter der Kamera stand bestimmt keine Frau, die ihn fotografiert hatte ;)

Karin hat mir sehr leidgetan. Ja, es waren andere Zeiten und andere Sitten. Aber jahrelang mit einem Mann zusammenleben, den man fürchtet, Todesängste ausstehen müssen – das verstehe ich wirklich nicht.

Es ist eine sehr bewegende Geschichte, die ich gerne gelesen habe. Und die Leserunde (obwohl ich immer mich etwas später zu Wort gemeldet habe) hat mir viel Spaß gemacht. Danke schön, dass ich dabei sein dürfte.
 

RuLeka

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Aber der Grund für Sven Stolpes frauenfeindliches Verhalten überzeugt mich nicht. Er müsste eigentlich auf der Seite der verlassenen Mutter stehen, den untreuen Vater „hassen“ und später selbst anders handeln.
Ja, müsste er, wenn Menschen rational denken und handeln würden. Aber ich gehe davon aus, dass Sven Stolpe seinen Vater liebte und nach dessen Verhalten müsste er ihn nun hassen. Das will er oder sein Unterbewusstsein nicht, also muss ein anderer Schuldiger her. In seiner Vorstellung ist sein Vater das Opfer einer zügellosen Frau.
Dazu kommt noch sein christliches Gedankengut, in dem man sich ständig fürchten muss vor Eva, der Verführerin.
 

Bartie

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ich gehe davon aus, dass Sven Stolpe seinen Vater liebte und nach dessen Verhalten müsste er ihn nun hassen. Das will er oder sein Unterbewusstsein nicht, also muss ein anderer Schuldiger her.
Sehr kompliziert das Ganze. Aber man kann sowieso die Handlungen mancher Menschen nicht nachvollziehen. Und wir kennen nicht alle Einzelheiten. Auch der Autor hat nur nachgeforscht. In der Familie redete man doch nicht über alles.