3. Leseabschnitt: Kapitel 26 bis Ende (Seite 159 bis 239)

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Insgesamt fand ich das Buch schon sehr orginell. Der gesellschftskritische Bezug bzgl. einer trauerunfähigen Gesellschaft hat mir selbst sehr gut gefallen. Ich wünschte nur, ich hätte im letzten stark fantasylastigen Abschnitt mehr verstanden...
Mir hat der Roman auch gut gefallen, teile aber eure Ansichten, dass ein klarer Rückbezug zur Realität wünschenswert gewesen wäre. Der eine Satz am Ende ist etwas dünn. Die fantastischen Elemente lassen viel Interpretationsspielraum…
 

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Alle, die sich der Familie angeschlossen haben, erzählen ihre fiktive Geschichte von Johanne.
Mit diesen Geschichten tue ich mich schwer, weil ich - wie schon gesagt - nicht verstehe, inwiefern sie der Familie helfen. Sie wollen doch gerade die authentischen Erinnerungen bewahren, warum also die überlagern?

Auch ich hätte eine Rückbindung an das reale Geschehen sehr gut gefunden. Mit dem fantasy-Teil fühlte ich mich doch recht überfordert...
Das geht mir genau wie euch. Mir graut vor der Rezension :rolleyes:.

Die Geschichte mit dem Beingrab hat mich regelrecht aggressiv gemacht.
Zumal sie an den Haaren herbeigezogen ist - bei unseren strengen Friedhofsordnungen. Die Autorin hat eine wirklich überbordende Fantasie, die mir oft gut gefallen hat, aber hier nicht.
 
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Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Mir geht es wie den meisten hier: Der Roman ist außergewöhnlich originell, so dass ich die mir sonst unbekannte Fantastik ganz gut gepackt habe - bis zum letzten Abschnitt. Hier habe ich tatsächlich einiges nicht verstanden, zu viel ist mir da hineinverwurstet. Trotzdem nehme ich viel mit. Mein Fazit: Trauer kann man nicht in ein Schema pressen, jeder und jede trauert anders und muss es dürfen. Wir Außenstehende müssen es aushalten, dass wir vielleicht nicht helfen können.

Allerdings bin ich nach vor der Meinung, dass Zuhören mehr hilft als selbst zu reden. Daher u. a. mein Vorbehalt gegen die erfundenen Geschichten.
 
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Irisblatt

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15. April 2022
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Über diesen letzten Leseabschnitt muss ich erst einmal nachdenken.
Sehr gut hat mir das Ende gefallen - der Sommer ist endlich vorbei, die Schlange konnte sich heuten, Familie Mohn hat gemeinsam einen ersten riesigen Schritt in der Trauerbewältigung geschafft und kann wieder mit Hoffnung in die Zukunft schauen, sich an die verlorene Mutter und Ehefrau erinnern, ohne komplett an Halt zu verlieren.
In allen fiktiven Geschichten taucht Johanne als positive, unterstützende Protagonistin auf. Ich weiß gar nicht, ob es so entscheidend ist, was dort erzählt wurde. Vielmehr scheint mir der Grundtenor aller Geschichten wichtig: nämlich dass Johanne bedeutsam für ihr Umfeld war, etwas bewirkte, veränderte bei den Menschen, die sie traf, dass sie nicht vergessen wird. Dabei ist es auch nicht entscheidend, ob diese Menschen tatsächlich Johanne kannten. Ich glaube auch, dass es für die Mohns wichtig, war, dass die Geschichten von Menschen außerhalb der Familie erzählt wurden - es quasi im Nachgang eine Würdigung von außen gab.
Mit Herrn Ginsters Verwandlung hadere ich noch ein wenig - vielleicht habe ich da aber auch etwas Entscheidendes nicht verstanden? Zuletzt nimmt er seine Rolle als Trauerbegleiter (so wie ich es verstehen würde) direkt ernst - wirft all seine Regeln über Bord, hält Neugierige fern und erzählt selbst ein heilsame Geschichte. Wurde diese Wandlung u.a. durch das Verspeisen der Tagebuchseiten ausgelöst? Welche Ideen habt ihr dazu? Vielleicht finde ich gleich etwas dazu in euren Beiträgen!?

Ein klein wenig hat mich gestört, dass im letzten Abschnitt so viele Geschichten aneinander gereiht wurden und dadurch die einzelnen Mitglieder der Familie Mohn nicht mehr so stark im Fokus waren. Insgesamt mag ich das Buch, empfinde es aber als nicht ganz so rund wie „Junge mit schwarzem Hahn“.
 

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29. März 2022
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Über diesen letzten Leseabschnitt muss ich erst einmal nachdenken.
So ist es wohl Einigen von uns ergangen...
Sehr gut hat mir das Ende gefallen - der Sommer ist endlich vorbei, die Schlange konnte sich heuten, Familie Mohn hat gemeinsam einen ersten riesigen Schritt in der Trauerbewältigung geschafft und kann wieder mit Hoffnung in die Zukunft schauen, sich an die verlorene Mutter und Ehefrau erinnern, ohne komplett an Halt zu verlieren.
Stimmt, das Ende gefiel mir auch. Die Schlangensymbolik hat mir zudem recht gut gefallen, und sie wurde ja auch aufgelöst.
Vielmehr scheint mir der Grundtenor aller Geschichten wichtig: nämlich dass Johanne bedeutsam für ihr Umfeld war, etwas bewirkte, veränderte bei den Menschen, die sie traf, dass sie nicht vergessen wird. Dabei ist es auch nicht entscheidend, ob diese Menschen tatsächlich Johanne kannten.
Das finde ich eine sehr gute Interpretation. Vielleicht hast Du Recht u
Welche Ideen habt ihr dazu? Vielleicht finde ich gleich etwas dazu in euren Beiträgen!?
Da bin ich leider komplett draußen. Ich habe sowieso diese stark fantasylastigen Teile leider so gar nicht verstanden...
nd die Funktion dieser Erzählungen ist, Johanne als Person darzustellen, die sich bei jedem ins Gedächtnis eingeschrieben hat. Die etwas hinterlässt
Ein klein wenig hat mich gestört, dass im letzten Abschnitt so viele Geschichten aneinander gereiht wurden und dadurch die einzelnen Mitglieder der Familie Mohn nicht mehr so stark im Fokus waren. Insgesamt mag ich das Buch, empfinde es aber als nicht ganz so rund wie „Junge mit schwarzem Hahn“.
Ja, Einigen von uns fehlte auch noch mal ein (realistischer) Schwenk zur Familie.
Zum Hahnbuch kann ich nichts sagen, hatte zwar oft davon gehört, aber es durfte bislang nicht bei mir einziehen. Ich kenne es nicht.
 

Irisblatt

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15. April 2022
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Mit dem 3. LA tue ich mich noch schwer. Das liegt nach erster Überlegung glaube ich daran, dass es mir nicht so gut gefällt, wenn ein Roman aus dem Realistischen ins Fantastische abgleitet, dann aber seinen Weg nicht mehr zurück ins Realistische findet.
Ich finde schon, dass das Ende eine Rückkehr aus dem Fantastischen in die Realität darstellt - das kommt sehr abrupt und sehr kurz - da erzählt vor Schulte dann auch nichts mehr aus. Allerdings ist meine Erfahrung mit Trauerprozessen, dass Trauerphasen zwar in Wellen wiederkommen, sich aber verändern und dass das Ende einer solchen Welle dann auch plötzlich einfach da sein kann. Es ist zwar ein stetiger Prozess bei dem aber schon ganz plötzlich eine neue "Stufe" erreicht sein kann. Insofern würde das für mich sogar passen.
voran die Szene, in der Herr Ginster die Polizei und anderen Leute an der Tür abwimmelt, als es in der nennen wir es mal "Gruppentherapiesitzung mit imaginativer Reise" ( ;) ) um die Familie Mohn ganz wichtig wird,
Das hat mir sehr gut gefallen. Hast du eine Erklärung dafür, warum Ginster auf einmal so fürsorglich ist? Das hat mich überrascht.
Viel weniger passt zu meinem inneren Bild von Herrn Ginster diese schrecklich zynische Notiz in seinem Vierten Bericht: S. 188 "Sind nicht alle zu hassen, die unbeschadet durch diese Welt kommen?"
Das passte für mich nun wieder sehr gut in mein Bild von Herrn Ginster mit seiner Verkniffenheit. Passt auch zu meiner Vermutung, dass er Schlimmes erlebt haben muss - er ist neidisch, auf diejenigen, die es scheinbar leichter im Leben haben.
 

Irisblatt

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Berührend war für mich auch ihr Besuch im Zimmer, wo ihre Mutter gestorben war. 'Wird ab und an das weiche weiße Haar berühren und daran denken, dass so der Abschied von der eigenen Mutter hätte sein sollen. Erst in vielen Jahren. Lebenssatt und friedlich'
Sooooo berührend, auch wie sie dann auf die Frage, wie es ihr inzwischen ginge, antwortet, es ginge ihr besser.
Sehr berührende Szene, die Linne sehr geholfen hat. Dass die alte Frau Kornmehl "Micha" gewebt hat, fand ich herzzerreißend.
Wie sie von ihrer Arbeit erzählt, vom Mann, der das neue Bein, das so viel jünger ist als er, nicht mag: Was soll ich denn mit so einem jungen Ding, schimpft er, das läuft ja ohne mich los, sagt er. Das hat ja noch gar nichts erlebt. Herrlich - ich mochte diesen Humor!
:rofl
 

GAIA

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Hast du eine Erklärung dafür, warum Ginster auf einmal so fürsorglich ist?
Tatsächlich wirkte für mich die Aktion von Ginster mit dem Wegschicken der Leute vor der Tür gar nicht fürsorglich sondern vielmehr als ob er hier wieder gut in seine abgeklärte Beamtenrolle reinkonnte. Er kann Anweisungen geben und somit für den Abschluss seines Auftrags sorgen. Und das meine ich auch gar nicht so kalt, wie es vielleicht klingt. Eher neutral. Weder besonders fürsorglich noch emotional kalt, sondern genau so, wie man sich jemanden wünscht, der seiner Aufgabe mit der gewissen empathischen Expertise nachgeht. Wie ein netter Polizist, der nicht harsch aber bestimmt sagt: „Bitte gehen Sie weiter und behindern Sie nicht die Arbeit der Feuerwehr/Polizei etc.“.
 
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Irisblatt

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Tatsächlich wirkte für mich die Aktion von Ginster mit dem Wegschicken der Leute vor der Tür gar nicht fürsorglich sondern vielmehr als ob er hier wieder gut in seine abgeklärte Beamtenrolle reinkonnte. Er kann Anweisungen geben und somit für den Abschluss seines Auftrags sorgen. Und das meine ich auch gar nicht so kalt, wie es vielleicht klingt. Eher neutral. Weder besonders fürsorglich noch emotional kalt, sondern genau so, wie man sich jemanden wünscht, der seiner Aufgabe mit der gewissen empathischen Expertise nachgeht. Wie ein netter Polizist, der nicht harsch aber bestimmt sagt: „Bitte gehen Sie weiter und behindern Sie nicht die Arbeit der Feuerwehr/Polizei etc.“.
Das passt - so gesehen finde ich seine Abschirmaktion nun nachvollziehbarer - aber was ist mit seiner Geschichte?
 

GAIA

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Das passt - so gesehen finde ich seine Abschirmaktion nun nachvollziehbarer - aber was ist mit seiner Geschichte?
Die hatte er sich ja schon in seiner Kindheit/Jugend in Tagträumen ausgemalt, wenn ich das richtig verstanden hab. (Also wenn du den Hotel-Diebstahl-Boot-Coup meinst.) Als Kind war ein ein Mensch, der sich solche wilden Sachen ausmalen konnte und scheint mit den Jahren zu einem grauen Beamten geworden. Mit zunehmender Involviertheit ins Familiengeschehen der Mohns kommt wieder Leben in die Bude und er integriert seinen eigenen Tagtraum in die „Geschichten-über-Johanne-Intervention“. Sein erwachsenes Ich weiß aber, wann es sich zurückziehen sollte und erkennt, wann es genug Anstoß für die Familie zur eigenen Trauerverarbeitung gegeben hat.
 

Irisblatt

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Die hatte er sich ja schon in seiner Kindheit/Jugend in Tagträumen ausgemalt, wenn ich das richtig verstanden hab. (Also wenn du den Hotel-Diebstahl-Boot-Coup meinst.) Als Kind war ein ein Mensch, der sich solche wilden Sachen ausmalen konnte und scheint mit den Jahren zu einem grauen Beamten geworden. Mit zunehmender Involviertheit ins Familiengeschehen der Mohns kommt wieder Leben in die Bude und er integriert seinen eigenen Tagtraum in die „Geschichten-über-Johanne-Intervention“. Sein erwachsenes Ich weiß aber, wann es sich zurückziehen sollte und erkennt, wann es genug Anstoß für die Familie zur eigenen Trauerverarbeitung gegeben hat.
Ja, die meine ich. Danke! Weißt du noch, wo das mit dem Tagtraum aus der Kindheit erwähnt wurde?
 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Ja, was soll ich sagen, so richtig warm bin ich mit dem Buch nach dem 1. LA leider nicht geworden. Trotzdem möchte ich ihm seine Qualität keinesfalls absprechen. Die Autorin hat Fanatasie und erschafft beeindruckende Bilder, greift mehrere Themen auf, zeigt einen Weg zur Heilung der Trauer, indem sie verschiedene einsame Menschen zueinander führt.

Trotz aller Skurrilität habe ich die zugrunde liegenden Emotionen gut erfassen können. Manches ist natürlich schon besonders schräg, insbesondere auch in den einzelnen Geschichten: Eine von Blutegeln übersäte Gebährende - darauf muss man erstmal kommen.

Ginsters Wandel muss durch die Suppe erfolgt sein. Warum haben sie sie ihm verabreicht? Er hat die Bücher als einziger gelesen, soll dadurch eine Art Reinigung erfolgen? Erschließt sich mir nicht.

Die Rezension wird ein Graus. Ich werde mich wahrscheinlich realativ allgemein halten, weil ich weit davon entfernt bin, den Text verstanden zu haben. Herrliche Schullektüre - oder was meinst du, @Querleserin ?!
 

Irisblatt

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15. April 2022
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Ginsters Wandel muss durch die Suppe erfolgt sein.
Das erkläre ich mir auch so. Hatte er nicht irgendwelche schrägen Essenserfahrungen in der Kindheit? Die Suppe hat ihn vielleicht daran erinnert, weshalb er danach auch in der Lage war, an sein kindliches Ich anzuknüpfen und die Gauner Geschichte mit Johanne zu erzählen. Ich spekuliere hier gerade wild rum ....
Warum haben sie sie ihm verabreicht? Er hat die Bücher als einziger gelesen, soll dadurch eine Art Reinigung erfolgen? Erschließt sich mir nicht.
Da tappe ich auch im Dunkeln! Vielleicht haben sie endlich eine Gelegenheit gesehen, selbst aus der mühsamen Nummer mit dem Papieressen rauszukommen? Soll Ginster den Rest erledigen - Phase Tagebuch abgeschlossen.
 

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29. März 2022
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Mainz
Die Rezension wird ein Graus. Ich werde mich wahrscheinlich realativ allgemein halten, weil ich weit davon entfernt bin, den Text verstanden zu haben.
So erging es mir auch. Deswegen gab es auch einen Punktabzug bei mir.
Wegen der Rezi: Man muss ja eh nicht alles haarklein aufgreifen, sonst nimmt man dem Leser ja auch zu viel vorweg... ;)
 
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