3. Leseabschnitt: Kapitel 25 bis Kapitel 33 (S. 153 bis S. 217)

Wandablue

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Brandenburg
Und dafür, dass Kadoke seinen alten Herrn mitgeschleppt hat, habe ich auch nur wenig Verständnis.
Was hätte er mit ihm machen sollen? In Zealand hat er sich auch eingelebt. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn ist mein einziger Lichtblick in dem Buch.
Das wiederkehrende "Machmichtot" finde ich auch noch lustig, ich habe darüber gelacht. hier nimmt der Autor die Tragik die dahintersteckt nicht nur auf die Schippe, sondern macht die Tragik erlebar, fühlbar und dreht das Ganze um; so geht man nicht in die Knie. Das wiederum ist Kunst.

Ich muss meinen Betrachtungswinkel ändern. Ich muss mal in Richtung Kunst denken.
 

RuLeka

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Ich bin mitten im dritten Leseabschnitt und habe beschlossen, das Ganze als Groteske aufzufassen. Was Anats Mutter da zum Essen serviert und über Prügel in der Ehe labert, ist hart am Slapstick.
Das Ganze liest sich wie eine Art Gegenentwurf zu Romanen, bei denen man als Gast in einen anderen Kulturkreis kommt, köstlich bewirtet wird und wunderbare Gespräche führt, die zu tiefen Freundschaften führen. ( „ Maria, ihm schmeckt‘s nicht“ in einer israelischen Siedlung ).
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Was hätte er mit ihm machen sollen? In Zealand hat er sich auch eingelebt. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn ist mein einziger Lichtblick in dem Buch.
Das wiederkehrende "Machmichtot" finde ich auch noch lustig, ich habe darüber gelacht. hier nimmt der Autor die Tragik die dahintersteckt nicht nur auf die Schippe, sondern macht die Tragik erlebar, fühlbar und dreht das Ganze um; so geht man nicht in die Knie. Das wiederum ist Kunst.

Ich muss meinen Betrachtungswinkel ändern. Ich muss mal in Richtung Kunst denken.
"Was hätte er mit ihm machen sollen" ist in meinen Augen die falsche Frage. Der Vater ist ja kein Haustier und auch nicht senil. Er hätte ihn fragen müssen, ob er mitkommen will, und falls nicht, mit ihm gemeinsam überlegen, wie es weitergehen soll. Auch wenn der Vater erstmal wieder "mach mich tot" gesagt hätte - Kadoke hätte m.E. zumindest versuchen müssen, eine Lösung zu finden. Auch als persona non grata wird er ja nicht ganz ohne Netzwerk sein. Ich weiß, dass so alte Leute der eigenen Planung mächtig im Weg stehen können (ich habe selbst eine steinalte Schwiegermama), aber einen Menschen, den man wenige Wochen vorher nicht mal in ein Restaurant mitnehmen wollte, jetzt auf so eine Reise mitzuschleppen, ist eine komische Mentalität. Die Geschichte mit dieser russischen Pflegerin ist einfach nur grauenerregend.
 

Die Häsin

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Rhönrand bei Fulda
Sie hat den Ausschlag behandelt. Was willste?

Ja, wat willste. Ich weiß schon, warum ich immer sage, dass ich früh sterben will. Nicht mir 90, nicht mal mit 80, sondern auf jeden Fall früher. Aber mich fragt ja keiner ...

Ich habe mal in einem Forum anlässlich einer ähnlichen Diskussion geschrieben, dass m.M.n. jeder Mensch, sagen wir mal, ab 60 das Recht haben sollte, sich (wenn er will) selbst zu entsorgen. Da hat man mich beinahe hinausgeschmissen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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@Die Häsin: wenn das deine Meinung ist, darfst du sie auch kundtun. Die Pflegerin ist vllt gar nicht so schlimm. Angesichts der Sprachbarrieren. Macht sie ihren Job. Zartfühlend ist sie nicht, aber effektiv.
Sensibelchen sind für die Arbeit als Altenpfleger nicht geeignet. Aber klar, es gibt verschiedene Abstufungen von Resolutheit.
 

sursulapitschi

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18. September 2019
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Der Vater ist ja kein Haustier und auch nicht senil. Er hätte ihn fragen müssen, ob er mitkommen will, und falls nicht, mit ihm gemeinsam überlegen, wie es weitergehen soll.
Da hast du recht, vollkommen.
Diese Geschichte ist so durch und durch absurd, dass man vergisst, an welcher Stelle man anfangen sollte, es absurd zu finden.
 

Die Häsin

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Rhönrand bei Fulda
Sensibelchen sind für die Arbeit als Altenpfleger nicht geeignet. Aber klar, es gibt verschiedene Abstufungen von Resolutheit.
Ich habe einige Formen von Pflege kennen gelernt (sowohl meine Mama als auch die Schwiegermutter wurden/werden professionell gepflegt), häusliche wie auch im Pflegeheim, und habe es nie erlebt, dass eine Pflegekraft in Sekundenschnelle den Patienten bis auf die Haut ausgezogen hat, ohne jede vorherige Ansprache (ein freundliches Hallo und Vorstellen mit Namen wird in jeder Sprache verstanden).
Ich finde das absolut unakzeptabel. Aber vielleicht bin ich einfach zu blauäugig.
 

Wandablue

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@In welchem Roman haben wir das gelesen, dass es in russischen Krankenhäusern nicht so zimperlich zu geht wie bei uns? Wobei zimperlich jetzt von deren Warte aus betrachtet ist. Da war eine Ärztin, die Krebs hatte und nackt in den Operationsraum laufen musste! (Das Verschwinden der Erde - ja, das wars). Vllt ist man anderswo mehr "objektbezogen".
 

Renie

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Seit wann ist denn Kadoke unsterblich in Anat verliebt. Das möchte er gerne, aber sie haben nichts gemein, gar nichts. Braucht er die vermeintliche Liebesgeschichte, um einen Grund für die Reise zu haben? Die Reise wollte er auch nicht wirklich.
Er redet sich die Liebe ein. Ich schätze, dass auf der Suche nach einer Sache ist, die seinem Dasein einen Sinn gibt. Bisher war es der Job, etwas anderes gab es nicht in seinem Leben. Mit dem Job hat es nicht geklappt, jetzt ist die Liebe fällig.

Ich weiß, dass so alte Leute der eigenen Planung mächtig im Weg stehen können (ich habe selbst eine steinalte Schwiegermama), aber einen Menschen, den man wenige Wochen vorher nicht mal in ein Restaurant mitnehmen wollte, jetzt auf so eine Reise mitzuschleppen, ist eine komische Mentalität. Die Geschichte mit dieser russischen Pflegerin ist einfach nur grauenerregend.
Da Kadokes Verhalten generell nicht ganz ernst zu nehmen ist, wundere ich mich auch nicht darüber, dass er seinen Vater mit ins gelobte Land schleppt.
Zumindest sorgen die Szenen mit dem Vater für viel Komik, die ich sehr genieße.
 

Xirxe

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Warum lässt er sich brav in diesem Container absetzen und sucht sich nicht ein Hotel?
Weil er so Anats Herz nie gewinnen wird ;)
Da war eine Ärztin, die Krebs hatte und nackt in den Operationsraum laufen musste!
Das war nicht die Ärztin, das war diese Schulsekretärin, die sonst immer Alles im Griff hatte.

Mir gefiel dieser Abschnitt bisher mit Abstand am Besten. Alles ist natürlich maßlos übertrieben, aber dennoch steckt überall ein wahrer Kern. Anats Mutter ist so herrlich extrem dargestellt, obwohl es eigentlich nur die Realität beschreibt. Fakten sind das, was ich sehe(n will) - egal was die Anderen behaupten. Kommt mir das nicht bekannt vor ;)?
Dass Gitl so wenig gefühlvoll ist, ist für russische Verhältnisse nichts Ungewöhnliches. Arbeit muss effektiv und effizient sein, für Gedöns ist da keine Zeit; das ist wenn, dann der Familie vorbehalten.
Der Lebensentwurf dieser Siedlung sowie deren BewohnerInnen steht für mich in gewisser Weise auch für Gruppe der LiebhaberInnen der alternativen Fakten. Alle haben sie ihr Weltbild und um nichts in der Welt wird davon abgewichen. Ich habe einmal mit so jemandem (Kreationistin) versucht zu diskutieren und kam mir vor, als würde die versteckte Kamera gleich irgendwo hervorkommen. Doch diese Leute sind tatsächlich echt! Und von aussen betrachtet ist es wirklich irgendwie lustig und absurd.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich komme nur schleppend voran, es ist mehr eine Pflicht, von Lesegenuss kann keine Rede sein.
Kadoke macht sich selbst was vor, redet sich ein Anat zu lieben, und wundert sich dann, beim Wiedersehen, dass er sie hübscher in Erinnerung hatte. Auch wenn er die Flucht nach Israel angetreten ist um der Schmach in Amsterdam zu entgehen, muss er ja nicht gleich jeden Funken Menschenverstand über Bord werfen.
Anat will gar keine Beziehung, mit ihm schon gar nicht, wenn sie ehrlich ist. Doch irgendwie habe ich das Gefühl, da steckt noch etwas anderes dahinter, nicht nur ihre Liebe zur Mathematik. Kann es nicht greifen, aber ihr ganzes Getue wirkt teilweise sehr suspekt auf mich.
Anats Mutter ist ein Gräuel, aber es war schon lustig wie sie Kadoke die Leviten gelesen hat.
 

MRO1975

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Das wiederkehrende "Machmichtot" finde ich auch noch lustig, ich habe darüber gelacht. hier nimmt der Autor die Tragik die dahintersteckt nicht nur auf die Schippe, sondern macht die Tragik erlebar, fühlbar und dreht das Ganze um;
Das finde ich an diesem Buch charakteristisch. Tatsächlich schlimme Dinge werden ins Lächerliche gezogen. Das aber so stark, dass es mich nicht, was naheliegend wäre, abstößt, sondern irgendwie anspricht. Ich kann noch nicht greifen, wie ich das einordnen soll.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Das Ganze liest sich wie eine Art Gegenentwurf zu Romanen, bei denen man als Gast in einen anderen Kulturkreis kommt, köstlich bewirtet wird und wunderbare Gespräche führt, die zu tiefen Freundschaften führen. ( „ Maria, ihm schmeckt‘s nicht“ in einer israelischen Siedlung ).
Da könnte etwas dran sein. Ich frage mich, warum es Grünberg so daran gelegen ist, seine Bewohner der besetztn Gebiete so schlecht dastehen zu lassen. Ist das ein Experiment? Um zu testen, wieviel davon von seinen Lesern als bare Münze genommen wird? So wie bei dem Buch über Walvish und die Therapie?