Genau. Das klang für mich aber schon in früheren Leseabschnitten an. Die Sichtweise auf die Mutter hat sich im Lauf der Zeit geändert. Suni hatte aber Schwierigkeiten, das einzugestehen. Ein Komplex verhindert, die Wahrheit zu sehen. Die Geschwister haben sich in die Idee, die Mutter zu retten, regelrecht verrannt.Mutterkomplex behandelt
Das finde ich auch. Man lernt sehr viel über die indischen Traditionen, insbesondere in Bezug auf die Familie.wie gesagt, ein moderner Roman.
Das ist ein bisschen mystisch: Mai entzieht sich dem Zugriff und der Bevormundung ihrer Kinder und macht (wieder einmal), was sie will. Das wird ein Anhänger der indischen Religionen gewiss für viel glaubwürdiger halten, als wir das tun. Abgesehen von ihrem krummen Rücken war die Frau gesund und höchstens 60 Jahre alt. Da stirbt es sich nicht so schnell...Woran Mai starb, wird auch nicht erzählt. Man ist auf Vermutungen angewiesen.
Das liegt am gegebenen finanziellen Hintergrund. Sie kann eigentlich tun, was sie will, es ist für sie gesorgt.Leider ist Suni ja kein Vorbild für die moderne Frau: zeitlebens hatte sie wenig Ehrgeiz.
Erstens das und zweitens, weil er als Mann sich nicht in seiner Mutter wiedererkennt wie es Sunaina z.B. auf den Fotos ihrer Mutter als Kind tut - außerdem teilen die Frauen unterschiedlicher Generationen die Erfahrungen der Rollenerwartungen, die geschlechtsspezifisch sind.Suna macht sich mehr Gedanken über die "wahre Mutternatur" als der Bruder. Sie sagt, für ihn sei es leichter. Warum eigentlich? Weil er früher in der echten Welt war? Insofern abgehärteter.
Es zeigt nur die Verbindung, die zwischen Frauen seit Generationen bestehen mit den immer wieder ähnlichen Erfahrungen.Suna hat Visionen ihrer Mutter. Das ist ein bisschen strange.
Dann hätten wir aber keinen Roman über Mai, sondern einen wesentlich dickeren Familienroman.Ich hätte zu gerne gewusst, was der Bruder studiert hat, wie er sich in London das Leben gestaltet und wie er es bezahlt,
Weil es ihr keinen Spaß machte - sie lieber malen möchte ... Ich verstehe das.warum Suna ihr Naturwissenschaftsstudium abgebrochen hat und zur Kunst wechselte,
Fremd für uns, aber typisch. Niemand darf in Indien alleine sein/leben.Ein wenig fremd ist es, dass nach Paps Tod die gesamte Verwandtschaft einfällt, nicht, um zu trauern, sondern um dort zu wohnen und mitzubestimmen.
Herzinfarkt, Schlaganfall?Woran Mai starb, wird auch nicht erzählt.
Sunaina merkt aber selbst, dass sie sich verrannt hat - sie ist reflektiert, sagt aber auch, dass es sich mit einer Lüge oft leichter leben lässt als mit der Wahrheit. Auch dieses Thema zieht sich durch den Roman. Wie bezeichne ich etwas, dass es annehmbar ist - Stichwort Medizin/Alkohol aber auch der Grund, warum Sunaina letztendlich nach London reisen darf - jemand aus der Familie muss sich um den kranken Bruder kümmern - da bleibt nur die Schwester.Suni hatte aber Schwierigkeiten, das einzugestehen. Ein Komplex verhindert, die Wahrheit zu sehen. Die Geschwister haben sich in die Idee, die Mutter zu retten, regelrecht verrannt.
Und das von Anfang an. Es lohnt sich, am Ende nochmal die ersten Seiten zu lesen. Der Roman ist in sich rund.Sunaina merkt aber selbst, dass sie sich verrannt hat - sie ist reflektiert,
Genau. Jeder ist ein Kind seiner Zeit. Das vergessen die Kinder zunächst...In diesem Abschnitt wird es mir vollständig klar, dass der Roman eigentlich ein recht moderner Roman ist und einen Mutterkomplex behandelt. Elternbeziehungen sind ja generell oft belastet und schwierig. Glücklich die Eltern, deren Kinder dies nicht sagen müssen, die haben alles richtig gemacht. Freilich sind Eltern eben auch immer Kinder ihrer Zeit. Das darf man nicht vergessen.
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Das stimmt. Jeder hat eine bestimmte Rolle im System auszufüllen. Ausbrechen ist nicht leicht, doch ich finde, anhand von Mai werden auch "stille" Formen des Protestes deutlich.Das finde ich auch. Man lernt sehr viel über die indischen Traditionen, insbesondere in Bezug auf die Familie
So sehe ich das auch. Ich denke, sie sehen die Mutter nicht im Kontext der sie prägenden Zeit, sondern durch die eigene Brille und der aktuellen Entwicklungen. Über weite Strecken zumindest. Am Ende stehen dann Zweifel im Vordergrund.Die Geschwister müssen den Spagat schaffen zwischen Indien und Europa, zwischen Tradition und Moderne. Sie sehen ihre Mutter zeitlebens in der Opferrolle. Sie erkennen nicht, dass sie zumindest seit dem Tod der Großeltern nicht mehr leidet, dass sie manche Dinge wirklich gern tut. (Man denke an die selbst genähte Jeanstasche und das Kochen. )
Mai sollte im Vordegrund stehen, und das ist hier gut umgesetzt. Andere haben umfassende Familienromane geschrieben. Ich mag zum Beispiel die Bücher Mistrys sehr.Dann hätten wir aber keinen Roman über Mai, sondern einen wesentlich dickeren Familienroman.
Im Grunde ist das eine Schwäche, die sehr viele Menschen haben: das gegenwärtige gesellschaftliche Ideal oder die eigenen Präferenzen werden auf andere Personen übertragen. "Wie kannst du nur so lange deine Enkel betreuen!?", "5 Stunden in der Küche - das ist doch verrückt!", "Was bringt dir das ehrenamtliche Engagement bei der Tafel?!", "Wie konnte sie nur ihren Beruf aufgeben?!" Und so weiter...Ich denke, sie sehen die Mutter nicht im Kontext der sie prägenden Zeit, sondern durch die eigene Brille und der aktuellen Entwicklungen.
Ich geben Dir voll und ganz Recht. Ich habe im Laufe des Lebens gelernt, mich mit Bewertungen oder gar Verurteilungen zurückzuhalten. Ich denke, ich bin nicht in der Welt, um Urteile über Andere zu fällen. Jede/r hat ja mit sich selbst ohnehin genug zu tun.Jeder hat andere Schwerpunkte. Wichtig ist die Zufriedenheit des einzelnen. Ein außenstehendes Urteil ist schnell gefällt. Toleranz heißt das Schlüsselwort
(Allerdings stelle ich fest, dass mich zunehmende Lebensjahre deutlich toleranter werden lassen. Man muss Suni zumindest anfangs ihre Jugend zugute halten.)
Sie scheint ja auch "nur" zu malen, sich nicht um die Vermarktung ihrer Bilder zu kümmern. Das würde in England der Bruder übernehmen.Leider ist Suni ja kein Vorbild für die moderne Frau: zeitlebens hatte sie wenig Ehrgeiz. Es bleibt ungewiss, ob sie sich von ihrer Kunst wird ernähren können oder ob der Bruder (oder ein reicher Ehemann) für sie sorgen muss.
Andererseits mag ich es, wenn nicht immer und überall das Klischee von der "starken " Frau bedient wird. Man kann Sunis Zweifel häufig am Text erleben. Es macht sie glaubwürdiger, dass sie keine Überfrau ist.
Ich wusste gar nicht, dass du so Happy-End-süchtig bist , eine ganz neue Wanda-Seite... Aber ich weiß, was du meinst. Ein bisschen weniger Rettung und ein bisschen mehr Drumherum hätte mir auch noch besser gefallen, beispielsweise das Studium des Bruders und seine Arbeit in England.Ich hätte gerne noch eine Ausstellung in England miterlebt.
Nein, ich sehe ihn genauso. Ein passiver Gewaltmensch, ein Augenzwinkern und die Mam sieht ihre Angehörigen nicht. Im Prinzip finde ich ihn fast schlimmer noch als opa. Der ist wenigstens kein Wolf im Schafspelz, sondern ein in der Wolle gefärbter Tyrann.Stört es euch eigentlich nicht, dass der Vater von den Geschwistern so durchweg negativ gesehen wird?
Nordkorea, China, Russland, Iran, Dtsch im NS, ach, die Liste ist lang.Als bedrückend empfinde ich den Blick des Bruders auf Indien als Land, in dem man nicht leben kann
Ich sage nicht, dass er mir auch nur ansatzweise sympathisch wäre. Aber ein klein wenig Anerkennung dessen, was er ihnen ermöglicht, wäre schon angebracht. Anderenfalls könnten sie natürlich auch die Unterstützung verweigern und selbst ihr Studium finanzieren. Alles mitnehmen, aber ihn hochnäsig verachten, ja, sogar hassen, ist nicht die feine Art. Und den Kindern lässt er ja erstaunlich viele Freiheiten.Nein, ich sehe ihn genauso. Ein passiver Gewaltmensch, ein Augenzwinkern und die Mam sieht ihre Angehörigen nicht. Im Prinzip finde ich ihn fast schlimmer noch als opa. Der ist wenigstens kein Wolf im Schafspelz, sondern ein in der Wolle gefärbter Tyrann.
Stören nicht. Ich finde es befremdlich. Allerdings wissen wir zuwenig über den Vater. Anfangs gibt es ein paar Andeutungen, dass er zu Gewalt neigt. Das Gewispere im Schlafzimmer wird von den Kindern ausinterpretiert, niemand ist dabei. Er hat eine Geliebte über Jahre, er lebt die traditionelle Männerrolle aus...Stört es euch eigentlich nicht, dass der Vater von den Geschwistern so durchweg negativ gesehen wird?