3. Leseabschnitt: Kapitel 13 bis 22 (S. 87 bis 140)

Querleserin

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Die Vermutung @Renies bestätigt sich, Old Lady Long ist Louis Tochter. Sie ist auf Spurensuche und will den Geburtsort ihres Vaters besuchen. Es wird erzählt, was vor der Szene, die im 3.Kapitel erzählt wird, geschehen ist.
In Australien hat sie bereits begonnen, die Wahrheit über ihren Vater herauszufinden. Im Gespräch mit ihrer Mutter erklärt diese, Louis habe sich nicht an die Gesetze des Stammes gehalten. Im Gegensatz dazu hat sie durchweg positive Erinnerungen an ihn, obwohl er sie plötzlich verlassen hat. Warum, das will sie herausfinden. Per Zufall findet sie 1921 einen Artikel, der von seinem Tod berichtet. Aber erst als sie das Buch - Short Man, Tall Tale - findet, beschließt sie, nach Europa zu reisen, um sich zu verabschieden.
Nach seiner Flucht hat Louis tatsächlich wieder geheiratet und einen Sohn gezeugt - Henry.
Jenen sucht Old Lady Long auf, ohne sich zu erkennen zu geben. Während sie positive Erinnerungen an ihren Vater hat, bezeichnet ihn Henry als Monster.
Wir erfahren aus der Sicht der alten Dame, dass Louis Guramarra getötet hat und die Alten des Stammes festgestellt haben, "ihr Vater habe einfach nicht verstanden, nach welchen Gesetzen sie leben würden, und es habe ihn auch nicht interessiert".
Er mag keine Unterschiede zwischen Weiß und Schwarz gemacht haben, aber ein Menschenfreund scheint Louis nicht gewesen zu sein - ein Außenstehender, der die zwischenmenschliche Kommunikation und Interaktion nicht verstehen kann, weil er selbst nie ein Teil einer Gesellschaft gewesen ist.
Trotz des positiven Bildes, das seine Tochter von ihm hat, wird er mir immer unsympathischer, vor allem wenn man sein Verhalten gegenüber Anne und seinem Sohn betrachtet. Nur seine Interessen - das Aufsuchen der Bibliothek - zählen.
Auch das Thema "Wahrheit" wird erneut zur Sprache gebracht:
"Das Problem war, dachte er, dass der Grat zwischen Fakt und Fitkion schmal und verwirrend und unnötig sei.
Die einzig zulässige Version der Wahrheit sei jene, die den Leser sofort in ihren Bann ziehe..."(110)
Und genau da liegt für mich das Problem dieses Romans - er zieht mich einfach nicht in seinen Bann. Interessiert verfolge ich die Geschichte dieses egoistischen "Lügners", der nur seine Tochter geliebt hat, aber sie berührt mich nicht.
Es ist amüsant, wie er den Zeitungsverleger und alle anderen betrügt, seine erfundene Geschichte publiziert und damit erfolgreich ist - aber auch nicht mehr.
 

Momo

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10. November 2014
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[zitat]Es ist amüsant, wie er den Zeitungsverleger und alle anderen betrügt, seine erfundene Geschichte publiziert und damit erfolgreich ist - aber auch nicht mehr.[/zitat]

Dasselbe habe ich auch gedacht, @Quer, aber am Ende, das Ende steht hier am Anfang, kommen alle Lügen raus.
 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Und genau da liegt für mich das Problem dieses Romans - er zieht mich einfach nicht in seinen Bann.
Das tut mir gut, @Querleserin. Ich habe mich so darauf gefreut, heute wieder Zeit für mich und damit zum Lesen zu haben. Aber dieser Roman? Einige wenige Kapitel hatten einen Sog entwickelt.
Sowohl Stil als auch Protagonist wirken auf mich dermaßen unterkühlt, dass ich keinen Zugang finde. Die Kapitel sind wie Episoden. Langsam fügt sich eines zum andern... Doch der Text lockt nicht und ich muss vieles doppelt und dreifach lesen, weil ich einfach nicht dran bleiben kann. So schade!
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Der dritte Teil nun verläuft geordneter, ist bestückt mit mehr Informationen über Louis Leben, das nun ortsfester in London stattfindet und er veröffentlicht dort seine Lebensgeschichte bei Sir Richards Zeitschrift und wird zur gefragten Berühmtheit. Denn:
"Die Leser hungerten nach Geschichten über Kannibalen und Meeresungeheuer." (S. 80) Aber, lieberMichael Hugentobler, tun das heutige Leser, denen die Medien exotische Gestade auf vielfältigen Wegen ins Haus liefern, immer noch? Sicher weniger stark und deshalb halten wohl die Abenteuer des Louis auch nur ansatzweise Einzug in den Roman. Ich fühle mich inzwischen etwas hinters Licht geführt in dem Buch. Ich erfahre nur Puzzleteilweise oder auch scheinbar zufällig etwas aus Louis Leben (so zum Beispiel die Sandbankepisode, die immerhin 2Jahre angedauert haben soll, s. Kapitel 20) und komme nicht dahinter, was ich von ihm halten soll und wohin mich das Buch tregen will und kann.
 

Literaturhexle

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Puh! Endlich habe auch ich den Abschnitt beendet. Ein Stück Arbeit. Das soll das Lesen eigentlich nicht sein.
Dass Louis es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, wussten wir schon. Nun bringt er es mit seinen Geschichten zum Hochstapler. Das für sich allein finde ich einigermaßen amüsant.
Die "Liebe" zu seiner Tochter wird hier etwas verklärt. Als er noch bei ihr lebte, hat er sich da um sie und die Mutter gekümmert?!? Louis denkt in erster Linie an sich, die Liebe nehme ich ihm nicht ab, zumal er seine Tochter verlassen hat.
Im Grunde ist er ja schon am Anfang aufgeflogen, nun auf zum Endspurt!
 

Renie

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19. Mai 2014
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Der Roman hat sich für mich zu einem Verwirrspiel entwickelt. Ich habe das gleiche Problem wie Ihr: ich komme einfach nicht an Louis heran. Ich kann ihn partout nicht einschätzen, mal abgesehen von den negativen Seiten, die er uns bisher präsentiert hat. Doch mittlerweile glaube ich, dass ein anderer Aspekt in diesem Roman im Mittelpunkt steht, nämlich die Frage nach der Wahrheit.
Die einzig zulässige Version der Wahrheit sei jene, die den Leser sofort in ihren Bann ziehe
In dem Moment, in dem Louis bei dem Zeitungsverleger auftaucht und irgendetwas von "30 Jahre bei den Wilden gelebt" in den Zeitungen veröffentlicht wird, fühlte ich mich an Münchhausens Lügengeschichten erinnert. Die Öffentlichkeit (genau wie wir) versucht, sich ein Bild von Louis zu machen. Bei ihr ist es der Abenteurer, der unglaubliche Dinge erlebt hat, wobei dieses Bild von dem Engländer, der mit einer Wilden ein Kind bekommen hat, in den Vordergrund tritt. Wir sind auf der Suche nach dem wahren Louis. Mit dem wenigen, das er von sich präsentiert, versuchen wir ein Bild von ihm zu erschaffen und werden zu wahren Interpretationskünstlern.
Die Einzige, die ihn live und "ungeschminkt" erlebt hat, ist seine Tochter. Doch auch ihr reicht nicht, was sie von ihm weiß. Denn sie begibt sich auf die Suche nach seinen Spuren. Aber sie hat keine Erwartung, was die Persönlichkeit von Louis angeht. Sie nimmt, was sie bekommt, ohne es in irgendeiner Form zu bewerten. Denn das ist genau das, was alle anderen machen (uns eingeschlossen).
 

Querleserin

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Die Einzige, die ihn live und "ungeschminkt" erlebt hat, ist seine Tochter. Doch auch ihr reicht nicht, was sie von ihm weiß. Denn sie begibt sich auf die Suche nach seinen Spuren.

Ich kann @Renie uneingeschränkt zustimmen, Wahrheit ist definitiv ein Thema des Romans. Ich bleibe jedoch bei meiner Meinung, dass die Spurensuche für uns Leser*innen hätte freundlicher gestaltet werden können. Aufgrund dieser distanzierten Erzählweise verliert man die Lust, weiter zu suchen...ich hätte es besser gefunden, wenn wir auch in Louis Kopf hätten hinein schauen können - nur ab und zu. So bleibt alles Spekulation, seine Motive und Beweggründe.
Beeindruckend finde ich, wie er mit seiner Tochter umgegangen ist, das scheint ein anderer Mensch zu sein.
 

Literaturhexle

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Beeindruckend finde ich, wie er mit seiner Tochter umgegangen ist, das scheint ein anderer Mensch zu sein.
Aber auch hier können wir fragen: Was ist Wahrheit, was ist Fiktion?
Er hat die Kleine ja nicht mehr sehr lange erlebt. Also kein Geschrei, keine Dreckwindeln, keine Probleme... Er ist ja auf und davon. Was wurde da hinzugefügt oder verklärt?
SEIN Sohn bezeichnet denselben Menschen als Monster... Das kommt auch nicht von ungefähr.
 

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Aber auch hier können wir fragen: Was ist Wahrheit, was ist Fiktion?
Er hat die Kleine ja nicht mehr sehr lange erlebt. Also kein Geschrei, keine Dreckwindeln, keine Probleme... Er ist ja auf und davon. Was wurde da hinzugefügt oder verklärt?
SEIN Sohn bezeichnet denselben Menschen als Monster... Das kommt auch nicht von ungefähr.
Ich stütze mich weniger auf seine Äußerungen, sondern auf die Erinnerungen seiner Tochter, die am Ende von Liebe spricht. Ganz zu Beginn steht, er sei die ersten 7 Jahre für sie wichtig gewesen, das ist ja eine Zeitlang ;)
 
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10. September 2015
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Ich muss gestehen, dass ich mir mit diesem Roman sehr schwer tue. Immer wieder lasse ich es sinken und muss mich manchmal zum Weiterlesen motivieren.
Die Geschichte lässt mich seltsam kalt. Louis "Abenteuer" bleiben mir seltsam fern.
Lediglich als seine Tochter Old Lady Long von ihren Erinnerungen berichtete und von seinem Scheitern bei den Aborigines, fand ich etwas Zugang.
Überhaupt sind die Erinnerung der Beteiligten, die im Rückblick auf Louis sehen, für mich interessanter als seine eigene Geschichte.
Louis - ein Hochstapler und Blender - der mit Menschen nicht leben kann, aber sie benutzt, solange er sich einen Vorteil verspricht.
In London gelingt es ihm für einige Zeit seine Mitmenschen zu blenden, die Welt war begierig auf Abenteurer, es war schließlich die Zeit der großen Entdecker und der Eroberung fremder Kontinente.
Hugentobler schreibt die erfundene Geschichte eines Mannes, der seinerseits sein Leben erfunden hat, vielleicht erklärt das meine Distanz dazu.
 
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Und genau da liegt für mich das Problem dieses Romans - er zieht mich einfach nicht in seinen Bann. Interessiert verfolge ich die Geschichte dieses egoistischen "Lügners", der nur seine Tochter geliebt hat, aber sie berührt mich nicht.
Es ist amüsant, wie er den Zeitungsverleger und alle anderen betrügt, seine erfundene Geschichte publiziert und damit erfolgreich ist - aber auch nicht mehr.

Auch mir ergeht es so. Weder die Geschichte, noch der Erzählstil lösen in mir ein positives Leseerlebnis aus.
 
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Das tut mir gut, @Querleserin. Ich habe mich so darauf gefreut, heute wieder Zeit für mich und damit zum Lesen zu haben. Aber dieser Roman? Einige wenige Kapitel hatten einen Sog entwickelt.
Sowohl Stil als auch Protagonist wirken auf mich dermaßen unterkühlt, dass ich keinen Zugang finde. Die Kapitel sind wie Episoden. Langsam fügt sich eines zum andern... Doch der Text lockt nicht und ich muss vieles doppelt und dreifach lesen, weil ich einfach nicht dran bleiben kann. So schade!


Ich bin froh, dass ich nicht die einzige Leserin bin, die diese Schwierigkeiten mit dem Text hat.
 

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Wir sind auf der Suche nach dem wahren Louis. Mit dem wenigen, das er von sich präsentiert, versuchen wir ein Bild von ihm zu erschaffen und werden zu wahren Interpretationskünstlern.

Gibt es denn einen wahren Louis? Er bedient seine Zuhörer mit dem was sie hören möchten und scheint im Augenblick des Erzählens selbst daran zu glauben.
 

Bibliomarie

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Aber auch hier können wir fragen: Was ist Wahrheit, was ist Fiktion?
Er hat die Kleine ja nicht mehr sehr lange erlebt. Also kein Geschrei, keine Dreckwindeln, keine Probleme... Er ist ja auf und davon. Was wurde da hinzugefügt oder verklärt?
SEIN Sohn bezeichnet denselben Menschen als Monster... Das kommt auch nicht von ungefähr.

Sowohl Old Lady Long verklärt ihre Erinnerung, wie auch Louis. Die andere Sicht Henrys erklärt sich für mich aus den unterschiedlichen Kulturen.
Das kleine Mädchen ist weiterhin in ihrem Stamm - einer großen Familie aufgewachsen. Sie kann den Vater verklären. Henry ist wahrscheinlich mit den ewigen Vorwürfen seiner Mutter und seines Großvaters großgeworden.
 

Literaturhexle

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Ich stütze mich weniger auf seine Äußerungen, sondern auf die Erinnerungen seiner Tochter, die am Ende von Liebe spricht. Ganz zu Beginn steht, er sei die ersten 7 Jahre für sie wichtig gewesen, das ist ja eine Zeitlang ;)
Okay. Das mit den 7 Jahren hatte ich wohl überlesen. ich dachte, sie sei noch ein Kleinkind gewesen.
 
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wal.li

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1. Mai 2014
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Hm, das Buch als Lebensbeschreibung eines Abenteurers und Exzentrikers, ich denke, genau das ist es auch. Eine Beschreibung. Obwohl so viel passiert, wird es doch relativ ruhig beschrieben. Manchmal ist es sogar spannend, wenn die Tochter auf die Suche nach ihrem Vater geht, meist is es halt eine Beschreibung. Die allerdings ist ehrlich, glaube ich. Ansonsten wäre Louis auch mehr auf Sympathie aus. Die kann er bei mir nicht wirklich gewinnen, auch wenn ich seinen unsteten Geist nachvollziehen kann. Ich finde es schwierig, wenn er erst Kontakte und Bindungen knüpft, um dann kommentarlos abzuhauen. Und das zieht sich durch seinen ganzen Lebensweg. Er sucht um des Suchens willen..
 
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Dieser Abschnitt hat mir gezeigt, dass Louis ein sehr widersprüchlicher Mensch gewesen ist. Auf der einen Seite hat er seine Tochter sehr geliebt, für seinen Sohn scheint er gar nichts übrig gehabt zu haben. Erst dachte ich Old Lady Long erinnert sich nur an wenige, gute Dinge und lässt Louis so besser dastehen als er eigentlich ist. Aber als er bei dem hartnäckigen Journalisten über seine Frau spricht, behaart er darauf das seine Tochter bezaubernd ist. Das hat mir gezeigt, dass sie ihm wirklich wichtig war.
Nichts desto trotz macht mir die Geschichte nicht sehr viel Spaß. Um ehrlich zu sein bin ich an Louis Leben gar nicht interessiert. Vielleicht wäre das anders, wenn ich nachvollziehen könnte was in ihm vorgeht......für mich sind die Passagen um Old Lady Long Lichtblicke, sie machen für mich das Buch interessanter.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Hm, das Buch als Lebensbeschreibung eines Abenteurers und Exzentrikers, ich denke, genau das ist es auch. Eine Beschreibung. Obwohl so viel passiert, wird es doch relativ ruhig beschrieben. Manchmal ist es sogar spannend, wenn die Tochter auf die Suche nach ihrem Vater geht, meist is es halt eine Beschreibung. Die allerdings ist ehrlich, glaube ich. Ansonsten wäre Louis auch mehr auf Sympathie aus. Die kann er bei mir nicht wirklich gewinnen, auch wenn ich seinen unsteten Geist nachvollziehen kann. Ich finde es schwierig, wenn er erst Kontakte und Bindungen knüpft, um dann kommentarlos abzuhauen. Und das zieht sich durch seinen ganzen Lebensweg. Er sucht um des Suchens willen..


Der letzte Satz deiner Zusammenfassung trifft es glaube ich ganz gut. Selbst wenn Louis etwas mit Erfolg macht verliert er schnell die Lust. Er scheint wirklich auf der Suche zu sein. Aber wonach?
 
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