3. Leseabschnitt: "HERBST" (Seite 97 bis Seite 151)

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Violet in ihrer Hilflosigkeit mit ihrer Schwangerschaft hofft offenbar letztlich darauf, dass Mary mit Ralph spricht. Ich bin mir nicht sicher, ob sie vor dem Gang zum Pfarrhaus wusste, dass sie und Ralph von Mary beobachtet worden waren? Das ist mir durchgerutscht...

Der Status von Mary innerhalb der Familie hat sich verbessert. Und das merkt man nicht nur daran, dass ihr gegenüber der Großvater entsprechende Äußerungen macht. Sie wird wegen des Großvaters geholt, und ich denke, dass dies bezeichnend ist dafür, dass sie in der Familie eine Stimme bekommt.

Mary nimmt es zwar wie es kommt, aber das nur auf den ersten Blick. Sie wäre gern wieder zurück zu ihrer Familie gegangen nach dem Tod von Mrs. Graham, erkennt und äußert aber ganz klar, dass sie diese Wahl nie bekommen hat.

Ihre natürliche Intelligenz wird endlich erkannt und gefördert, und sie ist sehr aufgeregt darüber, dass sie Lesen lernt. Mir gefällt, wie der Großvater seinen Stolz darüber ausdrückt, wenn sie denn lesen kann.

Ob Ralph sich wandelt? Als er wegging waren ihm seine Mutter und Edna egal, er lehnte Verantwortung für sein Kind ab. Jetzt, nach dem Tod seiner Mutter spürt man, dass es manches vielleicht mit anderen Augen sieht.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich bin mir nicht sicher, ob sie vor dem Gang zum Pfarrhaus wusste, dass sie und Ralph von Mary beobachtet worden waren?
Nein, ich denke, das weiß sie nicht. Sie wird sich an Mary wenden, weil diese Möglichkeit hat, mit Ralph zu reden.
Ihre natürliche Intelligenz wird endlich erkannt und gefördert, und sie ist sehr aufgeregt darüber, dass sie Lesen lernt. Mir gefällt, wie der Großvater seinen Stolz darüber ausdrückt, wenn sie denn lesen kann.
Das hat mir auch gefallen. Ich Frage mich, ob das nicht mit ein Grund ist, warum sie weiter lernt. Mary muss ja immer einen Sinn hinter ihrer Arbeit sehen und der Großvater würde sich freuen (und wäŕe stolz), wenn sie ihm vorlesen könnte.
Die verschiedenen Vögel interessierten sie ja auch nicht über das ihr bekannte Maß hinaus. Sie braucht immer einen Nutzen. Das ist ihr Antrieb. Aber die Buchstaben entwickeln ihren eigenen Reiz.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Mir gefallen die Dialoge außerordentlich gut. Mary ist sehr pflichtbewusst, aber nicht unterwürfig. Sie sagt, was sie denkt. Das empfinden wir als "ungeschliffen". Sie wurde nie erzogen im Sinne von "was gehört sich und was nicht". Obwohl ihr Vater ein Tyrann ist, konnte er ihren Willen nicht brechen.

Auch Mr Graham erkennt ihre Begabung und fördert sie. Warum? Ist es Langeweile? Gutmenschlichkeit? Das ist mir noch nicht klar.

Ich finde diese Textstelle bezeichnend:
[zitat]der Herbst ist eine Zeit in der die Blätter braun werden und sich aufrollen und sterben. Und nie sieht man das erste Blatt bei dem das geschieht. Denn Sommer und Herbst gehen langsam ineinander über und es gibt keinen Tag an dem auf einmal alle Blätter braun wären (S. 131)[/zitat]

Das könnte sich auf die gesamte Situation beziehen. Bis jetzt ist ja noch alles in Ordnung. Ralph hatte sie erpresst - aber eher spielerisch, um sein Geheimnis zu bewahren. Ich lese jetzt gespannt den letzten Teil und finde das Buch außergewöhnlich reizvoll !
 

MRO1975

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11. August 2018
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Violet in ihrer Hilflosigkeit mit ihrer Schwangerschaft hofft offenbar letztlich darauf, dass Mary mit Ralph spricht. Ich bin mir nicht sicher, ob sie vor dem Gang zum Pfarrhaus wusste, dass sie und Ralph von Mary beobachtet worden waren? Das ist mir durchgerutscht...
Da ist dir nichts durchgerutscht. Violet hatte das nicht mitbekommen. Aber für sie ist Mary der einzige Zugang zu Ralph. Dass sie Mary bittet, mit Ralph zu reden, zeigt wie allein sie in ihrer Situation ist. Vater und Mutter hatte sie ja nicht gesagt, wer der Vater ist...
 

MRO1975

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Ihre natürliche Intelligenz wird endlich erkannt und gefördert, und sie ist sehr aufgeregt darüber, dass sie Lesen lernt. Mir gefällt, wie der Großvater seinen Stolz darüber ausdrückt, wenn sie denn lesen kann.
Das hat mir auch gefallen. Zu Anfang sieht Mary keinen Nutzen darin, lesen zu lernen - es nützt ihr nicht bei der Arbeit. Aber als ihr Großvater seinen Stolz ausdrückt, verspricht sie ihm vorzulesen und setzt sich damit selbst ein Ziel.
 

MRO1975

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Sie sagt, was sie denkt. Das empfinden wir als "ungeschliffen". Sie wurde nie erzogen im Sinne von "was gehört sich und was nicht".
Schön beschrieben! Mary handelt und spricht allein, wie ihr Herz es ihr vorgibt. Um gesellschaftliche Etikette kümmert sie sich nicht. Sie kann deshalb gar nicht anders, als ehrlich zu ihren Mitmenschen sein. Diese Unbekümmertheit rührt.
 

MRO1975

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Ich finde diese Textstelle bezeichnend:
der Herbst ist eine Zeit in der die Blätter braun werden und sich aufrollen und sterben. Und nie sieht man das erste Blatt bei dem das geschieht. Denn Sommer und Herbst gehen langsam ineinander über und es gibt keinen Tag an dem auf einmal alle Blätter braun wären (S. 131)

Das könnte sich auf die gesamte Situation beziehen. Bis jetzt ist ja noch alles in Ordnung. Ralph hatte sie erpresst - aber eher spielerisch, um sein Geheimnis zu bewahren. Ich lese jetzt gespannt den letzten Teil und finde das Buch außergewöhnlich reizvoll !
Diese Textstelle ist mir auch ins Auge gefallen. Sie passt zur Geschichte und zum Leben. Nie kommt das Böse auf einen Schlag, sondern Schritt für Schritt.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Siekann deshalb gar nicht anders, als ehrlich zu ihren Mitmenschen sein. Diese Unbekümmertheit rührt.
Sie ist vollkommen natürlich und kennt die Gepflogenheiten der Gesellschaft (noch) nicht, dass man nicht sagt, was man denkt. Schade eigentlich, wäre manchmal besser ;), aber auch verletzender.
Mary hat Glück, dass der Pfarrer ihr die Ehrlichkeit oder Unverblümtheit nicht übel nimmt. Allerdings weist er sie zunehmend zurecht.
 
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Violet in ihrer Hilflosigkeit mit ihrer Schwangerschaft hofft offenbar letztlich darauf, dass Mary mit Ralph spricht. Ich bin mir nicht sicher, ob sie vor dem Gang zum Pfarrhaus wusste, dass sie und Ralph von Mary beobachtet worden waren? Das ist mir durchgerutscht...

Sie hat es nicht gewusst, aber in einer Szene als Violet von Mary am Tag danach gefragt wird, wie sie geschlafen hat, hatte ich den Eindruck, dass Violet eventuell ahnen könnte, dass sie von Mary beobachtet wurde.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Schön beschrieben! Mary handelt und spricht allein, wie ihr Herz es ihr vorgibt. Um gesellschaftliche Etikette kümmert sie sich nicht. Sie kann deshalb gar nicht anders, als ehrlich zu ihren Mitmenschen sein. Diese Unbekümmertheit rührt.

Ja. Mary rührt ihre Umgebung auf jeden Fall. Aber so jemand wird auch an die Grenzen seiner Mitbürger kommen, ich bin sehr gespannt, ob dies hier auch passieren wird.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

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Auch Mr Graham erkennt ihre Begabung und fördert sie. Warum? Ist es Langeweile? Gutmenschlichkeit? Das ist mir noch nicht klar.

Sicherlich aus einer gewissen Väterlichkeit, vielleicht auch aus einer gewissen Dankbarkeit, wegen Marys Verhalten seiner Frau gegenüber, auch wegen der Einsamkeit des Pfarrers und auch wegen seiner Gutmenschlichkeit passiert dieses Lesen lernen von Mary in meinen Augen.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

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Ob Ralph sich wandelt? Als er wegging waren ihm seine Mutter und Edna egal, er lehnte Verantwortung für sein Kind ab. Jetzt, nach dem Tod seiner Mutter spürt man, dass es manches vielleicht mit anderen Augen sieht.

Ich glaube nicht, dass Ralph sich wandelt, ich denke eher dass Ralph eine absolut egoistische Person ist und schätze seine schauspielerischen Fähigkeiten sehr hoch ein.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Ich finde diese Textstelle bezeichnend:
[zitat]der Herbst ist eine Zeit in der die Blätter braun werden und sich aufrollen und sterben. Und nie sieht man das erste Blatt bei dem das geschieht. Denn Sommer und Herbst gehen langsam ineinander über und es gibt keinen Tag an dem auf einmal alle Blätter braun wären (S. 131)[/zitat]

Eine sehr treffende Umschreibung des Wirken des Bösen.

Mir kommt es so vor als würde Mary auf die zurückliegende Zeit aus dem Gefängnis heraus schauen, in Erwartung einer Strafe.
 

KrimiElse

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Das empfinden wir als "ungeschliffen". Sie wurde nie erzogen im Sinne von "was gehört sich und was nicht"
Ich denke doch, dass ihr von Vater und Mutter sehr genau beigebracht wurde, was sich gehört und was nicht, allerdings auf die harte Tour, mit vielen Schlägen vom Vater.
Aber du hast recht, sie unterwirft sich nicht.
 

KrimiElse

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Ich finde diese Textstelle bezeichnend:
der Herbst ist eine Zeit in der die Blätter braun werden und sich aufrollen und sterben. Und nie sieht man das erste Blatt bei dem das geschieht. Denn Sommer und Herbst gehen langsam ineinander über und es gibt keinen Tag an dem auf einmal alle Blätter braun wären (S. 131)

Das könnte sich auf die gesamte Situation beziehen.
Wow, ja, das trifft auch mein Empfinden, und du hast die Stelle rausgefischt. Der Roman ist geprägt von schleichender Gefahr.
 

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Sie ist vollkommen natürlich und kennt die Gepflogenheiten der Gesellschaft (noch) nicht, dass man nicht sagt, was man denkt. Schade eigentlich, wäre manchmal besser ;), aber auch verletzender.
Mary hat Glück, dass der Pfarrer ihr die Ehrlichkeit oder Unverblümtheit nicht übel nimmt. Allerdings weist er sie zunehmend zurecht.
Das ist mir auch aufgefallen, anfangs fand er es lustig, jetzt tadelt er mehr.
 

KrimiElse

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Sie hat es nicht gewusst, aber in einer Szene als Violet von Mary am Tag danach gefragt wird, wie sie geschlafen hat, hatte ich den Eindruck, dass Violet eventuell ahnen könnte, dass sie von Mary beobachtet wurde.
ah ja, natürlich. Ich habe inzwischen nochmal nachgelesen, sie war sich dessen wirklich nicht bewusst.
 

KrimiElse

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Ich glaube nicht, dass Ralph sich wandelt, ich denke eher dass Ralph eine absolut egoistische Person ist und schätze seine schauspielerischen Fähigkeiten sehr hoch ein.
Egoist - Ja, durch und durch. Schauspielern...hmmm, er vesteckt sich eigentlich nur hinsichtlich seiner Beziehung zu Violet, und ich denke, dass er Mary gegenüber durchaus ehrlich ist.
Aber du hast recht, er ändert sich wohl nicht.