3. Leseabschnitt: Fünfter und Sechster Teil

Literaturhexle

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2. April 2017
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Fünfter Teil: Abschied vom Althergebrachten (Abschied von der Vergangenheit)
Sechster Teil: Das Moskauer Kriegslager (Das Moskauer Heerlager)
 
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Yolande

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13. Februar 2020
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Jetzt arbeiten Shiwago und Lara im Lazarett miteinander und kommen sich etwas näher. Von Liebe kann man aber noch nicht sprechen, ich würde es eher gegenseitige Anziehung nennen.
Lara geht zurück in den Ural, Shiwago nach Moskau. Jetzt ist Revolution und alles geht drunter und drüber. Die Menschen müssen hungern und frieren, es gibt heftige Kämpfe in Moskau und anderswo. Selbst als Arzt geht es schlecht.
Immer wieder werden noch Begebenheiten nebenher erzählt, wie die Begegnung mit dem Taubstummen im Zug, wahrscheinlich hätte die Geschichte normalerweise nur knapp 200 Seiten :D
 
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Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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wahrscheinlich hätte die Geschichte normalerweise nur knapp 200 Seiten
Wie wahr…
Die Anziehung zwischen Lara Juri scheint in der Tat stark zu sein. Man spürt tatsächlich ein Knistern zwischen den beiden und auch Juris Frau ist eifersüchtig. Noch weist Juri alles von sich, obwohl er die Faszination, die von Lara ausgeht durchaus wahrnimmt. Er betont, dass sie immer unter außergewöhnlichen Umständen aufeinander treffen. Nachdem sie das Lazarett verlassen hat, wünscht er sie zurück. In der Nacht, als der Fensterladen klappert, glaubt er, sie klopfe an der Tür. In Moskau fühlt er sich einsam.
 
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Emswashed

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9. Mai 2020
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Abschied vom Althergebrachten - oder wie jeder versucht autonom zu werden. Haha, ich liebe diese Klatschweiber, sie bemerken alles (auch die Zuneigung zwischen Lara und Juri) und können sich ihre Kommentare nicht verbeißen.
Doch was machen Juri und Lara auf ihrer "Anstandswolke"? Juri will sich entschuldigen, weil ihm erst nach dem selbstlosen Angebot seiner Frau, bewusst wird, dass er sich bei Lara entschuldigen muss. Diese ist (genauso selbstlos) geschockt und lässt ihn nicht zu Wort kommen und schickt ihn weg. - Obwohl, ich wäre aus diesem Gestammel nicht schlau geworden. -
Eher noch verstehe ich das Geschwätz von Ustinja und Mademoiselle. Dachte ich erst noch, dass auch Rasputin ins Spiel kommt, bis ich nachschlug, dass "Raspu.." auch nur einfach liederlich bedeuten kann und sich dann vielleicht einzig auf den Taubstummen bezog, den Juri im Zug traf. Wird er noch eine weitere Rolle bekommen?

Ich muss noch die zweite Hälfte des 3. Abschnitts lesen.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
In Kapitel 3 in "Herangereifte Unvermeidlichkeiten" wird Laras und Paschas Hochzeitsnacht geschildert. Ich denke, es dürfte klar sein, dass Komarowskij sie "entjungfert" hat, da es (in meiner ÜBersetzung) heißt: "Seine (Paschas) Verdächtigungen wechselten mit Laras Geständnissen" usw. Laras Bild in seiner Vorstellung ist "vernichtet". Da haben wir den Salat.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Im Moskauer Kriegslager kündigen genesende Uhren den baldigen Typhus an. Und sehe ich das richtig? Ist Lara in Moskau, oder zumindest durchgereist?
Tonja schafft und organisiert... wenn auch mit mehr Eifer als Sachverstand (schlechter Ofen, schlechte Täusche) und opfert sich in der Pflege ihres Gatten auf.

Es ist weniger die große Liebesgeschichte zwischen Juri und Lara, die mich interessiert, sondern schon das Drumherum. In den Kriegsjahren wird die Gesellschaft einmal gründlich umgerührt, was zuunterst war, schwemmt nach oben... man muss nur aufpassen, dass der Quirl einen nicht zu Tode quetscht.
Der Tipp von Juris Halbbruder, sich für eine Weile den Ballungszentren fernzuhalten, halte ich für einen guten. Ab gehts an den Ural (in den?).
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Da ich gerade zum vorherigen Leseabschnitt geschrieben habe, dass ich die Erzählweise mag, nenne ich schnell zwei Beispiele aus diesem Leseabschnitt, die ich gerade vorhin beim Frühstück gelesen habe: einmal die Begegnung mit dem Gehörlosen im Zug, die etwas seltsam Esoterisches hat - der Gehörlose ist ja Fan des Müllers Blashjko, der, wenn ich es richtig behalten habe, einen Winzstaat der Anarchie errichten wollte, und der ebenfalls gehörlos ist. Und dann die Schilderung, wie Hinz erschossen wird. Dem ist ja das Wichtigste, dass er nicht das Gesicht verliert; er flieht nicht und versteckt sich nicht, sondern geht hoch erhobenen Hauptes von dannen, steigt in letzter Minute noch einmal auf ein Fass, um eine Rede zu halten, und findet tatsächlich Gehör - bis er ausrutscht und in lächerlicher Haltung mit einem Bein im Fass hängenbleibt - und prompt wird er erschossen. Für mich haben solche Einzelheiten irgendwie etwas Magisches, Phantastisches; Tragik und Komik sind beinahe deckungsgleich.

Aus dem Artikel von Susanne Klingenstein: "Pasternak hilft nach, indem er jene Künstlichkeit einführt, (...) eine steife Charaktergestaltung und ein Dutzend völlig unwahrscheinlicher Zufälle, die seine Helden miteinander verknüpfen. Doch Pasternak geht es nie um die realistische Darstellung von Geschehen, immer um die Verwandlung von Geschehen in Bedeutung, um die Erhebung des Vergänglichen ins Epische und damit Ewige."

Artikel hier (in der FAZ)
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Vielen Dank für den aufschlussreichen Artikel. Hier wurde mir bewusst, was mir alles an Wissen fehlt, um den Roman richtig einzuordnen.
Ich habe den Artikel gerade nochmal überflogen. Anlässlich der Erwähnung des Romans "Die toten Seelen" von Gogol - kennt ihr den eigentlich? Ich habe ihn irgendwann um die Jahrtausendwende mal gelesen und erinnere mich, dass ich sehr beeindruckt war. Da wäre auch mal ein Reread fällig. (Mich interessiert nur der fragmentarische erste Teil; ich glaube, den zweiten habe ich gar nicht da.)
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Doch Pasternak geht es nie um die realistische Darstellung von Geschehen, immer um die Verwandlung von Geschehen in Bedeutung, um die Erhebung des Vergänglichen ins Epische und damit Ewige."
Passt doch und so sehe ich das auch. Ein Rundumschlag der damaligen Geschehnisse und Gesellschaft, in die künstliche Form einer Liebesgeschichte "gepresst". Dafür nimmt er sich Raum und Zeit... in meinen Augen durfte er das. (Heute wäre das ein echter Rohrkrepierer.;))
 
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Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
und auch Juris Frau ist eifersüchtig
Das drückt sie aber auf eine seltsame Art aus, oder? Würdet ihr im gleichen Falle euch beschuldigen, ihr wärt nicht gut genug für ihn und er soll doch mit ihr gehen, weil nur sie ihm das Wasser reichen kann? ich finde das obermegadumm. Die Frauen im Roman sind alle ... schräg. Die Anna Dings, die Mutter von Tonja, ist im Sterben nur darum besorgt, dass die jungen Leute tanzen gehen ... *seufz*. Frauen kann er nicht. Ich bleibe erst mal dabei.

Dann diese komische Bügelszenerie:
Jura sagt:
"Ich wünschte, ein Mensch, der Ihnen nahesteht, ein Freund oder Ihr Mann (am liebsten ein Soldat) nähme mich an der Hand und bäte mich, um Ihr Schicksal keine Sorge zu haben und Sie mit meiner Aufmerksamkeit nicht zu belästigen. Ich aber würde meine Hand wegreißen, würde sie wieder ausstrecken, und ..."

Sie begreift das als Anmache.
Ich füchte, die meisten von uns hätten als Antwort: "Hä, was faselst du da?" gesagt.

Ginge das etwas moderner vllt so:
"Ich mache mir Sorgen um Sie"
"Wieso, mein Wohl geht Sie doch gar nichts an."
"Ja, aber ich habe etwas übrig für Sie ... für dich".
"Geh kalt duschen!".
 
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Wandablue

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18. September 2019
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In Kap. 5 Abschied vom Althergebrachten wird ein wenig erzählt, was Juri so erlebt hat in den letzten Jahren und was es zu verarbeiten galt. Zunächst riesiger Idealismus angesichts der Revolution 1905. Über diesen Abschnitt weiß ich am besten Bescheid.

Dann allmählich wird klar, was das alles zu bedeuten hat. Die alten Ordnungen sind aufgelöst, die neuen sind noch nicht etabliert. Es herrscht Kompetenzgerangel. Es bilden sich einige Sondersektierer heraus. Die wiederum bekämpft werden.
Der Kommissar Hinz wird ein Opfer einer Revolution in der Revolution. Und seiner Dummheit.

Dass man einfach so beschließen konnte, man fährt heim, Lara und Juri .. sonderbar. Wahrschl haben sich die Befehlsstrukturen aufgelöst, aber das muss man erraten ... erklärt wird gar nichts.

Die Szene mit dem Taubstummen im Zug ist sehr strange, ich weiß nicht, ob das wirklich so möglich ist.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Das drückt sie aber auf eine seltsame Art aus, oder? Würdet ihr im gleichen Falle euch beschuldigen, ihr wärt nicht gut genug für ihn und er soll doch mit ihr gehen, weil nur sie ihm das Wasser reichen kann? ich finde das obermegadumm.
Oder einfach nur Opfer ihrer Zeit und Erziehung!
Ginge das etwas moderner vllt so:
"Ich mache mir Sorgen um Sie"
"Wieso, mein Wohl geht Sie doch gar nichts an."
"Ja, aber ich habe etwas übrig für Sie ... für dich".
"Geh kalt duschen!".

Heute! Heute geht das so. Mensch, man sollte den Roman vielleicht in eine moderne Punkversion umschreiben!;)
Die Szene mit dem Taubstummen im Zug ist sehr strange, ich weiß nicht, ob das wirklich so möglich ist.
Etwas sehr hervorgehoben, aber doch schon möglich. Gleich bei den ersten Sätzen musste ich an Taubstummheit denken.
 
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Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Heute! Heute geht das so. Mensch, man sollte den Roman vielleicht in eine moderne Punkversion umschreiben!
Das würde ein Bestseller.
Gleich bei den ersten Sätzen musste ich an Taubstummheit denken.
Wie intelligent! Ich gar nicht. Ich dachte nur, dass der Doktor ganz schön viele Vorurteile hat. Warum mochte er ihn nicht? Dann habe ich noch an Helen Keller gedacht. Wer solche Handicaps zu händeln lernt, hat a einen starken Charakter und b muss ganz schön intelligent sein. Sonst schafft man das nicht. Und c. Wozu braucht man diesen Taubstummen im Buch? Für gar nichts. Pasternak ist auch ein elender Schwätzer.