3. Leseabschnitt: Don Giuseppes Sorgen Teil 1 und 2 (S. 123 - 204)

Wandablue

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In diesem Abschnitt erfahren wir viel.
Zunächst reisen wir zurück in Sepps Kindheit.
Die Familie trifft mehrere Katastrophen.
Die eine Schwester (Lina) erleidet einen grauenhaften Tod 1908 in Messina bei einem Erdbeben. Sie verhungert. (Heute würde sie von Spürhunden aufgefunden werden).

Bereits 2 Jahre später, 1910 (oder 1911?), kommt drauf an, in welchem Monat es passiert ist, wird Julchen ermordet. Die es leider mit der Treue nicht so genau genommen hat und ihren Seitensprung bitter bezahlen muss.

Auch Beatrice (Sepps Mutter) hat ihre Affären. Aber sie geht diskreter vor.

Während Beatrice im Prozess gegen den Täter aussagen muss und anwesend sein muss, bereitet sich zuhause die nächste Tragödie vor: Maria begeht Suizid.

Was für eine Familie!

Danach kommen wir wieder in die Jetztzeit, in der es allerdings auch Rückblenden gibt.
Sepp zog freiwillig in den Krieg. Erster Weltkrieg. Sepp bringt einen Menschen um! Schlimme Niederlage in Karfreit. Kriegsgefangenschaft in Ungarn. Hunger und Desillusionierung. Flucht nach Hause.

Seppl fasst sich ein Herz und erzählt Allessandra von seinem Leiden. Diese reagiert mit Liebesentzug. (Plöde Kuh).

Sepp lässt seinen Roman von Miranda ins Reine schreiben und ist sehr selbstverliebt in sich und seinen Roman, zumal ihm seine Frau bestätigt, dass er gut ist. (Kann ich ihm nicht übel nehmen, wer ist nicht von seinen eigenen Texten berauscht). Der Romaninhalt, das muss man sagen, ist ihm aber auch ziemlich einfach zugeflogen, es ist einfach die Geschichte seiner Familie. Das machen ja viele. (Ich sage nur "Herkunft").

Dann haben wir noch Kalamitäten Siziliens. Francesco wird von der Mafia entführt und gefoltert.

Um Alltagsangelegenheiten kümmert man sich höchst widerwillig. Lieber leidet und friert man, als dass man sich Rat holt und was ändert. Diese Adligen haben keine Hände und wenig Hirn.

Wir erfahren, dass Allessandras erster Mann homosexuell war. Allesandra und Seppl pflegen ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm.
 
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kingofmusic

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Hier haben wir den Beweis, dass Guiseppe wirklich verdrängen konnte - und das seit seiner Jugend:
[zitat]Doch ansatzweise hatt er bereits gelernt, dass er in der Lage war, den eigenen Kummer zu missachten, und dass sein Unbehagen sich dadurch verringern ließ. (S. 136)[/zitat]
 

Literaturhexle

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Was sagt ihr denn zu dieser dreifachen Schwesterntragödie?
Was soll man dazu sagen? Das wird ja iwie historisch belegt sein.
Natürlich ist das für Seppis Mutter ein Drama: alle drei Schwestern zu verlieren, noch dazu unter so tragischen Umständen. Dennoch macht sie großes Theater und Drama. Dem kleinen Sepp wird kaum etwas erzählt, er macht sich unsichtbar, um das Nötigste mitzubekommen. Er kann einem leidtun. In seinen Rückblicken spielt die Angst denn auch eine tragende Rolle. Sie tauchte immer wieder auf, nahm aber während dieses Familiendramas seinen Anfang.
[zitat]Seine Mutter veränderte sich nach Giulias Ermordung.Das Licht war in ihr ausgegangen, wenngleich er ein Leben lang brauchte, um das zu erkennen. S. 128[/zitat]
DIE Kindheit Guiseppes war von den Launen und Depressionen der Mutter geprägt, die wenig auf die Belange eines Kindes geachtet hat.

Sie nimmt ihn mit in die Ferien zum Künstler Ferri. Hier scheint sie ihre Fassade ein Stück zu verlieren. Sie wirkt entspannter, sie sitzt Modell (wirklich nur Modell;)?) Der Künstler kümmert sich auch um Sepp, so etwas kennt er noch nicht.

Spannend die Reflexionen über Mutter und Tante Giulia, die beide den Leidenschaften gefrönt haben. Giovanni wird klar, dass er selbst nicht dieses Schicksal erleiden wollte und ihm deshalb die tiefen Gefühle verschlossen blieben...(139)
Schade, wenn man das von sich sagen muss.
 

Literaturhexle

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Wie beurteilt ihr Alexandras Verhalten? Ich verstehe, dass sie sauer ist wegen des Vertrauensbruchs, nichts von seiner Krankheit zu wissen. Aber wochen- und monatelange Funkstille?!? Im Angesicht des möglichen Todes?

Dabei waren sie sich vorher so nah: wenn du stirbst, sterbe ich auch. BEDENKE dies. Hat sie zu ihm gesagt.... Muss sie selbst vielleicht mit ihrer eigenen Angst klarkommen und ist deshalb so kalt? (Kommt mir gerade der Gedanke)

Vielleicht hätte Sepp das Problem auch ansprechen sollen. Versöhnung aktiv betreiben und nicht nur auf Gewährung warten? Überhaupt wird bei Fürstens wenig gesprochen. Sepp beobachtet, dass Gio Mirella nicht mehr bringt. Er vermutet eine Trennung des Paares. Er sieht Mirella weinen, im Gespräch mit seiner Frau. Aber er fragt nicht nach.

Als er Orlando trifft, tritt diese Schweigsamkeit auch zu Tage. Der junge Mann hat offenbar Probleme und Kummer. Sepp fragt ihn nicht. Ist das nur Schüchternheit/Diskretion? Auf mich wirkte er auch oberflächlich. Diese jungen Leute haben doch seine Sehnsucht nach Jugend und eigenem Nachwuchs befriedigt. Und dann so wenig Interesse an deren Leben? Nur Schönwetter-Freunde? Aber hier trägt seine eigene Erziehung wohl auch Früchte: wenig bis keine Empathie.

Das kam mir auch bei dem Entführungsfall von Agnello so vor. Wenig Mitgefühl. "Wir sind eine kranke Insel", sagt er nur.

Drastisch die Kriegserlebnisse als sehr junger Mann. Auch enorm prägend. Wieder das Angst-Motiv....

Wirklich markant, dass er finanzielle Engpässe von sich wegschiebt. Offenbar gibt es nicht mehr viel zu verkaufen. Verarmter Adel.
Mal sehen, ob er vom Ruhm durch den Roman noch was erleben wird.

Dieser Abschnitt hat mich wieder mitgenommen. Die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart ist gut gelungen. Man hat viel über den Protagonisten erfahren, was seinen Charakter geprägt hat.

Schön, wie sie sich am Ende des Abschnitts ganz selbstverständlich wieder versöhnen. Die Dame gewährt Vergebung. Kehrt jetzt die Liebe nach Sizilien zurück;)?
 

Wandablue

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Voll aus dem Leben gegriffen
Das meinte ich. So was ist doch ganz und gar unwahrscheinlich. oder? Also Unglück 2 (Mord) ist belegt, hab ich gegoogelt. Leider ist mein italienisch etwas rudimentär - das ich seinerzeit nur wegen der Oper ein wenig gelernt habe.
Das Messinaerdbeben hats 1908 gegeben.
Über die Maria hab ich noch nichts gelesen. Sich aus Scham umbringen? Und nur Bea ist stark genug mit den Paparazzis fertigzuwerden?
Strange. All dies.
 

Wandablue

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Kehrt jetzt die Liebe nach Sizilien zurück
Danke. Diese Überschrift hatte ich nicht begriffen.

Lissy. Echt schräg.
Seppl. Unempathisch? auf jeden Fall selbstzentriert.
Und dann ist es in seinen Kreisen so, dass man Dinge nur anzudeuten pflegt und braucht und man weiß Bescheid. Es ist eine Art Code.
Deshalb wissen Seppls und Co nicht, wie man Dinge anspricht und Konflikte austrägt. Das gehört sich nicht.
 

RuLeka

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Was soll man dazu sagen? Das wird ja iwie historisch belegt sein.
Natürlich ist das für Seppis Mutter ein Drama: alle drei Schwestern zu verlieren, noch dazu unter so tragischen Umständen. Dennoch macht sie großes Theater und Drama.
Ich denke auch, dass sich dies der Autor nicht ausgedacht hat. Aber diese Mutter ist so ich-bezogen, kennt hier nichts als ihren Schmerz. Neben so einer Mutter kann man sich nicht normal entwickeln.
Wie beurteilt ihr Alexandras Verhalten? Ich verstehe, dass sie sauer ist wegen des Vertrauensbruchs, nichts von seiner Krankheit zu wissen. Aber wochen- und monatelange Funkstille?!? Im Angesicht des möglichen Todes?
Eine ganz normale Ehe ist das nicht. Jeder lebt hier sein Leben ( naja, das machen auch viele Eheleute), aber für mich ist so ein Verhalten sonderbar. Ich wäre zwar auch sauer und gekränkt, wenn mein Mann mir so etwas verheimlichen würde ( wüsste aber nicht, wie er das machen sollte; allein den Arzttermin hätte ich gewusst und dann natürlich gefragt, was dabei rauskam ), aber ich würde mich dann verstärkt um ihn kümmern. Zigaretten und die vielen Kuchenstückchen wären schon mal gestrichen.
Ist das nur Schüchternheit/Diskretion?
Frage ich mich auch. Respektiert man hier die Gefühlswelt der anderen oder will man sich nicht damit belasten. Schon ein seltsames Verhalten, mir völlig fremd.
Mal sehen, ob er vom Ruhm durch den Roman noch was erleben wird.
Nein, leider nicht.
. Die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart ist gut gelungen. Man hat viel über den Protagonisten erfahren, was seinen Charakter geprägt hat.
Das kann Price wirklich gut, sehr elegant die Übergänge und immer passend. Dabei geht er in der Rückschau meist chronologisch vor. So erschließt sich nach und nach das Leben des Protagonisten und sein Verhalten wird verständlicher ( wobei es mir trotzdem fremd ist ).
 

kingofmusic

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Eine Verbundenheit zwischen Guiseppe und Licy scheint ja doch vorhanden zu sein; immerhin attestiert sie ihm am Ende des ersten Teils dieses Abschnittes, [zitat][...] wie differenziert er einen vielschichtigen privilegierten Menschen darzustellen wusste. (S. 144)[/zitat] Und etwas weiter unten heißt es dann, dass es ihn tief bewegt hat, dass sie Ähnlichkeiten zwischen seiner Mutter und seinem Protagonisten erkannt hat.
 
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Renie

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Ich denke auch, dass sich dies der Autor nicht ausgedacht hat. Aber diese Mutter ist so ich-bezogen, kennt hier nichts als ihren Schmerz. Neben so einer Mutter kann man sich nicht normal entwickeln.
Wundert sich eigentlich keiner über die krasse Trauer der Mutter als ihre Schwestern gestorben sind (wie auch immer)? ("Ein Licht war in ihr ausgegangen.") Welche Verbindung hatte sie zu ihren Schwestern, dass sie bis ins Mark erschüttert wird und sich vor allem verschließt.
Ich glaube auch nicht, dass man sie pauschal als ich-bezogen abtun kann. Immerhin hat sie Seppi mit zu dem Bildhauer genommen (ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen). Wäre sie ich-bezogen hätte sie Seppi zuhause gelassen. Irgendjemand hätte sich schon um ihn gekümmert. Schließlich hat Seppi einen Vater, wobei ich keine Ahnung habe, was dieser für ein Kaliber war. Denn er findet in dem, was Seppi bisher von seiner Kindheit geschildert hat, so gut wie gar nicht statt.

Das kann Price wirklich gut, sehr elegant die Übergänge und immer passend.
Ja, wenn es Übergänge gibt, sind diese passend.

S. 136:
"Als es auf den August zuging, wurde ihm bewusst, dass er wichtige Ereignisse erlebte, Ereignisse, die sich auf das künftige Leben seiner Mutter auswirken würden und damit auch auf sein eigenes."
Was denn für Ereignisse und welche Auswirkungen? Meint der Autor den Aufenthalt bei dem Bildhauer? Oder ist wieder irgendwas in Italien passiert?
 
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Wandablue

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@Renie : Miranda, Mirella. /M.E. geht es immer noch um das Verarbeiten des Todes der Schwester/n. Die Ereignisse sind die, die passiert sind. Und wie die Mutter darauf reagiert.
Ich hab mich nicht gewundert über die tiefe Trauer. Von dem Kind aus gesehen, war es krass und Sepp hat eine einschneidende Wesensveränderung bemerkt.
Was mich gar nicht wundert. Wenn zwei meiner Geschwister auf so tragische Weise umgekommen wären, hätte ich auch einen Schock.
 
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Literaturhexle

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Was mich gar nicht wundert. Wenn zwei meiner Geschwister auf so tragische Weise umgekommen wären, hätte ich auch einen Schock.
Nein, wundern darf man sich nicht. Trotzdem ist es bezeichnend, dass die recht ich-zentrierte Mutter primär ihre eigenen Gefühle auslebt. Wenn man Mutter ist, hat man aber auch eine Verantwortung dem Kind gegenüber. Man sollte sprechen über den Schmerz und Verlust. So etwas findet im Hause aber nicht statt... Der Junge muss sehen, wie er klar kommt in diesem Elternhaus.