3. Leseabschnitt: Buch Zwei, Erster Teil (Seite 117 bis 194)

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Klar. Wir sind die Kritiker.
Ich muss es nicht mögen.
Ich beurteile das wie bei einem Klassiker, bei dem man die Zeit, in der ein Text geschrieben wurde, mit in Betracht ziehen muss. Hier ist es der Kulturkreis, aus dem es kommt, den man auf dem Schirm haben muss. Nein, mögen muss man es nicht, aber legitim ist es auf jeden Fall.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Mögen musst du es nicht, aber du sagst, dass beides nicht geht - beides= Mystik und Realität. Da stellst du etwas als Tatsache hin, was aber nur deine Meinung widerspiegelt.
Für mich funktioniert das sehr gut.
Was ich meine ist, dass man als Mensch entweder der Aufklärung folgt - das ist die Stimme der reinen Vernunft - oder mystischen Ausflügen und Aberglauben Wirklichkeit zuspricht.
Tatsächlich leben Menschen beides ungereimt nebeneinder. Das sind meistens aber nicht die Menschen, die wir für vertrauenswürdig oder für klug halten.
Tatsächlich habe ich Menschen gekannt, die verhauene Prüfungen auf finstere Mächte zurückführten. Aber ich würde diese Menschen eben nicht für Menschen der Aufklärung halten.
Denn bei unseren abendländischen Aufklärern, Voltiare und Co. - ginge Aberglaube/Mystik/Voddo/Magie nie durch.
 

Barbara62

Bekanntes Mitglied
19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Was ich meine ist, dass man als Mensch entweder der Aufklärung folgt - das ist die Stimme der reinen Vernunft - oder mystischen Ausflügen und Aberglauben Wirklichkeit zuspricht.
Tatsächlich leben Menschen beides ungereimt nebeneinder. Das sind meistens aber nicht die Menschen, die wir für vertrauenswürdig oder für klug halten.
Tatsächlich habe ich Menschen gekannt, die verhauene Prüfungen auf finstere Mächte zurückführten. Aber ich würde diese Menschen eben nicht für Menschen der Aufklärung halten.
Denn bei unseren abendländischen Aufklärern, Voltiare und Co. - ginge Aberglaube/Mystik/Voddo/Magie nie durch.
Du legst immer unsere westlichen Maßstäbe an. Was, wenn diese Kombination in Afrika gelänge? Ich fühle mich als aufgeklärt und als Christin, obwohl ich weiß, dass ich mit zweiterem keinesweg der reinen Vernunft folge.
Wieviele Christen glauben, dass Gott ihnen bei Prüfungen hilft und beten dafür? Gott hilft = Glaube, finstere Mächte sabotieren = Aberglaube? Ersteres mit der Aufklärung vereinbar, zweiteres nicht?
 

Irisblatt

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15. April 2022
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@Barbara62 : auch in Afrika gibt es nur eine Wirklichkeit. Eben diese. (ich kann nix dafür).
Die Frage ist, ob der Mensch überhaupt in der Lage ist die "Wirklichkeit" als solche zu erkennen. Es gibt Wahrnehmungen von der Realität und die unterscheiden sich immens je nach Erfahrung, Wissen, kulturellem Hintergrund usw.
 

petraellen

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11. Oktober 2020
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ich finde den Begriff "westliche Maßstäbe" unerträglich. Wir reden über ein Buch, das unter anderem die Kolonialzeit anspricht, wo wir versucht haben "westliche Maßstäbe" einzusetzen. Wir kennen die Geschichte!
 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Welche sonst? Es ist ein Roman, der im westlichen Raum veröffentlicht wurde.
Wanda, du siehst alles so eng (es ist doch fast Weihnachten :p).
Wir lesen doch gerade Bücher aus anderen Kulturkreisen, um Neues zu lernen, andere Perspektiven.
Ich kann deine fundamentale Kritik echt nicht nachvollziehen. Zumal die Kolonialkritik auch sehr in den Hintergrund tritt mit zunehmender Lektüre.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Puh. Ich komme leider nur sehr langsam voran. Ich musste tatsächlich den Anfang des Abschnittes zwei Mal lesen, um zu erfassen, wer mir jetzt was erzählt. Aber nach und nach fand ich die Geschichte mehr und mehr berührend. Dass Elimane mit der Familie von Siga zu tun hat, hab ich relativ schnell gemerkt - keine Ahnung warum, aber es hat mich dann nicht überrascht, als es tatsächlich so war ha ha ha.
Der Roman ist wieder einer derjenigen, für die man den Kopf frei haben muss. :cool:
 

Barbara62

Bekanntes Mitglied
19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Vor lauter Diskussion ist mir inzwischen der Ausgangspunkt nicht mehr klar. Das einzige Mysterium ist doch die Erblindung von O., die durch den Unfall und das vielleicht verschmutzte Wasser eine völlig wissenschaftliche Erklärung haben könnte, von ihm aufgrund seines kulturellen Hintergrunds aber mit dem Flussgott in Verbindung gebracht wird. Wo sind die anderen konkreten Stellen, an denen du, @Wandablue, Anstoß nimmst?
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Andere Dinge wie der Flussgeist oder die bebende Erde, die Mossane verschlingt, gehören ins Land der Mythen.
Mich fesselt alles auf seine Weise. Ich kann die unterschiedlichen Ströme zuordnen und mich darauf einlassen.

Ich muss zugeben, dass es mir gerade schwerfällt, mich auf diese Aspekte einzulassen. Es passt zum Roman und fügt sich gut ein. Ich versuche aber, darüber hinwegzulesen, weil es grundsätzlich eher nicht mein Fall ist. Ich sehe es nicht so eng wie @Wandablue , aber mythische Elemente jeglicher Art sind nicht mein Ding. :grinning

Davon abgesehen, hat mich der Roman nun auch richtig gepackt. Ich muss mich etwas beim Lesefluss bremsen, denn einerseits möchte ich aus Neugier schnell mehr erfahren, andererseits erfordert es schon ein aufmerksames, sorgfältiges Lesen, um alles richtig zu verstehen.

Die Parallelen zu „Nachleben“ sehe ich auch. Für den Fall, dass jemand unter uns weilt, der/die den Roman noch nicht gelesen hat, gehe ich darauf lieber nicht ein, um nicht zu spoilern.

Je weiter ich vorankomme, desto mehr bewundere ich den geschickten, raffinierten Aufbau des Romans. Ich werde das Gefühl nicht los, dass noch mehrere Überraschungen warten.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Habe ihr auch die Parallele zu "Nachleben" von Abdulrazak Gurnah gesehen? Auch Assamane fühlt sich den Franzosen, die ihn unterrichteten, zu Dank verpflichtet und tritt an ihrer Seite 1914 in den Krieg ein, der nicht seiner ist. Während Gurnahs Protagonist seine kleine Schwester verlässt, verlässt Assamane Frau und ungeborenes Kind. Beide im Glauben, dass der Krieg schnell vorbei ist, beide verschwinden auf Nimmerwiedersehen. Das war also alles, nur kein Einzelfall!
Das ist tatsächlich fast wie ein Leitmotiv für mich gewesen und sehr überzeugend, dass die Erfahrungswelten der kolonisierten Völker sich unabhängig von der Nationalität der Kolonialmacht so stark ähneln. Das Narrativ und die Vorgehensweise, die Selbstwahrnehmung und die Zerrissenheit zwischen Schutz der eigenen Kultur und der Anpassung an die als "überlegen" inszenierte Herrschaft sind in Ost- und Westafrika also identisch. Neben "Nachleben" hat mich aber auch sehr viel an das hier bereits mehrfach erwähnte "Things Fall Apart" ("Alles zerfällt") erinnert. Der Gedanke, dass man die Weißen nicht mehr los wird, dass sie wie ein Fluch über das Land und die Kultur kommen und diese nie wieder verlassen, das wird in diesem Abschnitt doch auch sehr eindrucksvoll herausgearbeitet.
Das zeigt m.E. noch mehr, dass die Fremdwörterattacken des ersten Abschnitts ganz deutlich selbstironisch die Wortwahl eines aufstrebenden Autors spiegeln sollten.
Ja, dem Himmel sei Dank. Ich fand die ersten beiden Abschnitte in dieser Hinsicht schier unerträglich. Das löst sich jetzt zum Glück genau auf die Weise auf, die du beschreibst. Ich betrachte die Erzählinstanz der ersten beiden Abschnitte jetzt mit nachsichtiger Gelassenheit und einem Schmunzeln im Mundwinkel.

Großartiger Abschnitt - auf allen Ebenen. Inhaltlich mitreißend, mit einem Hauch Mystik und Legendenbildung, die aber so gestaltet ist, dass man abgesehen von leichten Verwirbelungen zu Beginn doch gut eintauchen kann. Dazu eine fast schon klassische Geschichte von Bruderdifferenz und -konkurrenz, die die großen Linien der Literatur über die Kolonialzeit mit aufnimmt und sogar ganz zum Schluss in Mossanes Erzählung sich klar und deutlich in die orale Erzähltradition Afrikas stellt. Das hat mir alles ausgezeichnet gefallen. Genau wie die Tatsache, dass es diesem Abschnitt gelingt Verbindungen deutlich zu machen: zwischen Siga und Elimane, zwischen Frankreich und Senegal. Wirklich, wirklich gut.