Offenbar scheint mit der Aggression ein Filmriss einher zu gehen, so dass sie ab einer bestimmten Stelle nicht mehr weiß, was sie gesagt oder getan hat. Ich kannte mal jemanden, der im Zorn geschrien hat wie ein Rohrspatz und wenn man sich später über das Geschrieene beschwert hat, wollte sie nichts mehr davon wissen. Ich habe das für eine dumme Ausrede gehalten, wenn ich ehrlich bin. Gibt es das wirklich?Weiß Juli immer, was sie tut? Hat sie Blackouts?
Sie fragt sich ja selbst, warum sie beim Zusammensein mit Frauen immer den männlichen Part übernimmt (Tür aufhalten etc.). Fühlt sie sich als Beschützer?auch in der Beziehung scheint sie sich Jules genannt zu haben.
Diese emotionalen Verstrickungen hast du toll erklärt und zusammengefasst. Stimmt genau. Man macht sich ja gar kein Bild davon...Juli ist in diesem negativen Beziehungsgeflecht total verfangen, möchte die Mutter nicht alleine lassen, fühlt sich verantwortlich, möchte sie da raus holen - sie fühlt sich verantwortlich
Da könntest du Recht haben. Trotzdem ist der Grundton noch Juli. Mit 25 muss man ja auch noch keinen Erwachsenensprech habenSie wirkt auf mich weniger pubertär.
Interessanter Gedanke. Auf alle Fälle hat Max sich allem Anschein zum Trotz nicht aus dem Dunstkreis seiner Eltern befreien können.dass diese mächtige Position auch wieder perfekt für Vertuschung geeignet ist.
Der Grundton ist auf alle Fälle der gleiche! Ich bin nur über deine Anmerkung zur Sprache gestolpert, weil ich mir das Gegenteil notiert hatte - nämlich dass sich die Sprache verändert hat. Finde die Sprache absolut stimmig für Juli!Da könntest du Recht haben. Trotzdem ist der Grundton noch Juli. Mit 25 muss man ja auch noch keinen Erwachsenensprech haben
Ich glaube eigentlich nicht, dass sie das tut - lieber würde sie ins Gefängnis gehen.Möglicherweise muss Juli jetzt mangels Geld ihren Vater um rechtlichen Beistanf bitten. Das dürfte ihr schwer fallen.
Vermutlich schon - vielleicht kommt daher auch der Ausdruck "sich vergessen"?Ich habe das für eine dumme Ausrede gehalten, wenn ich ehrlich bin. Gibt es das wirklich?
Es wird sehr deutlich, dass emotionale Verstrickungen nur bedingt durch den Verstand gelöst werden können.Obwohl Juli alles immer glasklar analysiert hat, kann sie nur die äußere Distanz vergrößern, innerlich hängt sie noch immer an den Eltern. Noch immer verhält sie sich absolut loyal, niemandem erzählt sie irgendwas von ihrer schwierigen Kindheit oder ihren Narben, auch ihren nächsten Freunden nicht.
Die Bewertungsbögen, die sie von ihren Student:innen erhalten hat, haben mich ebenso erschreckt wie Sanyu.Sanyu spürt, dass etwas nicht stimmt mit Juli, kommt aber nicht an sie heran. Die Feedbackbögen beweisen eine offensichtliche Störung, Sanyu wirkt geschockt, die Distanz erweitert sich.
Weder Juli noch Bruno bekommen ihr Leben auf die Reihe, neigen zu Gewaltausbrüchen, wenn es emotional schwierig wird. In diesem Abschnitt ist mir klar geworden wie viel Julis Eltern bei ihren Kindern zerstört haben. Juli ist nicht in der Lage, sich gut um sich zu kümmern (Alkohol, Überlastung ….). Es war nie wichtig wie sie sich fühlt - Leistung war entscheidend, ein kaputtes Knie wurde vom Onkel so lange mit Spritzen versorgt, bis gar nichts mehr ging. Wenn die Seele und der Körper täglich misshandelt werden, ist es unmöglich ein Gespür dafür zu entwickeln, wann etwas nicht gut tut oder eine Pause nötig ist.Nach dem Eklat beim Konzert und der Trennung ist Juli von der Rolle. Ihr Leben scheint jetzt völlig zu entgleiten. Ihr heiliger Bruder hat sie um 5000 Euro geprellt, sie hat Schulden und eine Anzeige am Hals. Trotz bester intellektueller Fähigkeiten, kann sie nichts aus ihrem Leben machen. Zu unzuverlässig ist sie und ihren Stimmungsschwankungen ausgeliefert, die sie mit Alkohol und Drogen zu kanalisieren versucht. Sie läuft Gefahr, beide Jobs zu verlieren.
Das hat mich auch überrascht. Ich dachte sofort, dass diese mächtige Position auch wieder perfekt für Vertuschung geeignet ist. Ich bin gespannt auf das Familienfest.Max ist Bürgermeister im Heimatort? Hat der sein Leben tatsächlich hingekriegt und spielt die heile Familie weiter. Unglaublich! Vielleicht profitiert er sogar davon, dass Bruno und Juli "Gefallene" sind. Nun ist er das "Königskind".
Jaaa!Nach wie vor gefällt mir der Schreibstil sehr. Auch wie diese neue Liebe zu Sanyu geschildert wird: zwischen Sanftheit, Verletzlichkeit, Leidenschaft, Unverständnis, Aggression und Streit werden die unterschiedlichen Phasen realistisch geschildert.
Ich finde schon, dass sich die Sprache verändert hat. Sie ist immer noch unverkennbar Juli, aber die Schnoddrigkeit hat nach meinem Empfinden deutlich nachgelassen. Sie wirkt auf mich weniger pubertär.Nach wie vor im rotzigen Juli-Ton. Dass sie älter geworden ist, merkt man an der Sprache nicht.
Ich finde die Bilder, die sie schafft einfach nur großartig - das mit den verbeulten Büchsen ist dermaßen ausdrucksstark - da braucht es keine ausschweifenden Beschreibungen.Die Vergleiche sind super! Bsp.: "Denn bei der Trennung sollten sie (die Beleidigungen) alle wieder aufrechte vor uns stehen wie verbeulte Büchsen in der zweiten Runde am Schießstand."184
Selbst Juli erwartet nichts Gutes! Ich auch nicht. Mich fesselt das Buch auch ... leider stehen jetzt erst einmal andere Dinge an ...Ich erwarte für den Heimatbesuch nichts Gutes. Lange habe ich kein Buch mehr als so fesselnd empfunden
Deine ganze Analyse empfinde ich als sehr zutreffend und stimmig. Die Auswirkungen der Gewalt durchwabern das ganze zukünftige Leben. Gut, dass es solche Bücher gibt, die die Problematik so glaubwürdig transportieren.Die Beziehung zur Mutter empfinde ich fast noch dramatischer als die zum Vater.
Sie scheint mitunter Aussetzer zu haben, wo sie nicht weiß, was sie tut, und im nachhinein auch keine Erinnerung an das Geschehene hat.Weiß Juli immer, was sie tut? Hat sie Blackouts? Sie behauptet im Gegensatz zu anderen, die Clubangestellte nicht geschlagen zu haben.
Ja, das stimmt. Juli macht alles mit sich selbst aus. Ob aber eine Therapie sie hätte befreien können, ist sdehr die Frage, finde ich. Ich denke, dass es bei massiven Gewalterfahrungen insbesondere in der Kindheit eher darum geht, besser mit den Folgen leben zu können. Ich denke, es gibt Dinge, die wird man NIE los und da kann auch die beste Therapie nicht helfen.Sie hat keine Therapie gemacht, für die das Reden auch Voraussetzung wäre. Dadurch kann sie sich nicht befreien und ihre Dämonen brechen immer wieder durch. Das Ganze wird erneut sehr plastisch und nachvollziehbar geschildert.
Ich denke, das ist sehr realistisch dargestellt. Von Außen gibt es IMMER die Erwartung, man müsse sich Hilfe suchen und in Therapie begeben. Es stimmt natürlich schon, dass man für das eigene Handeln und Verhalten selbst die Verantwortung übernehmen muss, was immer man auch erlebt hat. Oft zerbrechen Beziehungen daran, dass die Last für Partner zu groß ist. Sie wollen und können die Last ihres Partners / ihrer Partnerin nicht tragen.Aber Sanyu ist auch tough: sie akzeptiert nicht, dass Juli andere für ihr verkorkstes Leben verantwortlich machen will. Tenor: irgendwann ist man erwachsen und musst selbst für dich gerade stehen. Sanyu spürt, dass etwas nicht stimmt mit Juli, kommt aber nicht an sie heran. Die Feedbackbögen beweisen eine offensichtliche Störung, Sanyu wirkt geschockt, die Distanz erweitert sich.
Abhängigkeit zum einen, aber eben auch Ausdruck des Grundbedürfnisses nach Liebe, Anerkennung und Geborgenheit. Egal, was passiert ist, Familie ist und bleibt Familie. Dort wünscht man Halt zu finden, und für Familienmitglieder fühlt man sich oft auch noch dann verantwortlich, wenn einem geschadet wurde.Juli meint, ihren Bruder und ihre Mutter beschützen zu müssen. Das empfinde ich als krankhafte Abhängigkeit. Der Mutter gegenüber tritt Reue und schlechtes Gewissen hinzu. Juli fährt zu diesem vermaledeiten Geburtstag! Ich glaube nicht, dass das gut geht
Eine ganz große Stärke der Autorin"Die Vergleiche sind super! Bsp.: "Denn bei der Trennung sollten sie (die Beleidigungen) alle wieder aufrechte vor uns stehen wie verbeulte Büchsen in der zweiten Runde am Schießstand."184
Ich bin da auch gespannt, was passieren wird. Mein Bauchgefühl verheißt auch nichts Gutes... Und ja: mich fesselt das Buch auch enorm.Ich erwarte für den Heimatbesuch nichts Gutes. Lange habe ich kein Buch mehr als so fesselnd empfunden
Mal sehen, welche Rolle Max als amtierender Bürgermeister noch spielen wird. Bislang war er ja eher im Schatten von Bruno und Juli...Interessanter Gedanke. Auf alle Fälle hat Max sich allem Anschein zum Trotz nicht aus dem Dunstkreis seiner Eltern befreien können.
Das ist auch mein Gefühl. Ich könnte mir vorstellen, dass ihr Stolz ihr verbietet, den Vater um Hilfe zu bitten.Ich glaube eigentlich nicht, dass sie das tut - lieber würde sie ins Gefängnis gehen.
Auf jeden Fall. Beim Vater ist schon klarer, dass er ein Täter ist. Die Mutter ist zum einen "Tatortreinigerin", zum Anderen aber ja auch selbst betroffen. Letztlich hat Juli aber zu beiden eine ambivalente Beziehung. Sie berichtete ja im vorigen Abschnitt, dass immer ein Elternteil, durch ein plötzliches "süßliches" Auftreten es ihr unmöglich machten, nur gegen sie eingestellt zu sein. Da beschrieb sie auch, dass dann das Schuldgefühl für viel Gewaltvolles letztlich wie ein Bumerang auf sie selbst zurückfalle.Dass sie so loyal ist und noch nicht einmal mit ihren nächsten Freunden über ihre Familie spricht, zeigt wie weit sie von einer Verarbeitung entfernt ist. Die Beziehung zur Mutter empfinde ich fast noch dramatischer als die zum Vater.
Da bin ich komplett deiner Meinung! Aber sie sind wenigstens der Versuch einer Aufarbeitung. Dafür müsste sie allerdings das Schweigegelübde brechen und dazu scheint sie noch nicht bereit.Ich denke, es gibt Dinge, die wird man NIE los und da kann auch die beste Therapie nicht helfen.
*Schmunzel* das waren auch lauter 'böhmische Dörfer' für mich - muss auch erstmal googlen!Ich bin erst auf S. 153.
Hier musste ich erst einmal ne ganze Menge googeln, um zu verstehen, was Juli beruflich macht bzw. welche Drogen sie außer Alkohol noch konsumiert. Sie hat auf alle Fälle im Bereich Mathematik (Robotik?) studiert, promoviert jetzt und hat offensichtlich auch einen Lehrauftrag an der Uni. Gemeinsam mit ihrer Mitbewohnerin und Freundin hat sie den ersten Preis auf der Dubai Challenge gewonnen (da geht es um Robotik). Außerdem spielt sie inzwischen professionell im männlich dominierten Bereich e-sports - immer noch ihr Lieblingsspiel Counter Strike, ein Taktik-Shooter-Spiel.
Die Beziehung zu Sanyu fand ich auch ganz toll geschildert - so realistisch!Nach wie vor gefällt mir der Schreibstil sehr. Auch wie diese neue Liebe zu Sanyu geschildert wird: zwischen Sanftheit, Verletzlichkeit, Leidenschaft, Unverständnis, Aggression und Streit werden die unterschiedlichen Phasen realistisch geschildert.
Und ich habe das starke Gefühl, dass auch Bruno manipuliert! (Er hat's ja auch bestens gelernt in dieser Familie! ) Die 5.000,- € ließen bei mir diesen Verdacht aufkommen!Juli meint, ihren Bruder und ihre Mutter beschützen zu müssen. Das empfinde ich als krankhafte Abhängigkeit.
Oh ja, ich habe das Gefühl, da können wir uns auf einiges gefasst machen!Sie ist zumindest über Telefonate mit der Mutter in Kontakt geblieben und nun, da beim Vater ein runder Geburtstag ansteht und sich die Mutter wünscht, Juli beim Fest dabei zu haben, begibt diese sich auf die Reise in die alte Heimat. Da liegt wohl etwas in der Luft...
Das erinnert mich sofort an "Eine Laune Gottes" - da funktionierte es bei Rachel doch auch so.Offenbar scheint mit der Aggression ein Filmriss einher zu gehen, so dass sie ab einer bestimmten Stelle nicht mehr weiß, was sie gesagt oder getan hat.
Das empfinde ich auch so. Die Beziehung zur Mutter ist "trickreicher", weniger eindeutig und deshalb von einer stärkeren Verstrickung gekennzeichnet. Da findet sich eine ganz seltsame Beziehung von Beschützen und Abhängigkeit, während sie den Vater für sich klar einordnen kann und so Distanz erzeugt.Die Beziehung zur Mutter empfinde ich fast noch dramatischer als die zum Vater. Beim Vater ist alles klar: er ist ein Psychopath, Tyrann, der die ganze Bandbreite an Gewalt an seiner Familie auslässt.
Die Mutter ist sowohl Opfer als auch Täterin.