Rezension (3/5*) zu Terrorist von John Updike

P

parden

Gast

Ahmed ist achtzehn Jahre alt, gemeinsam mit seiner irischen Mutter lebt er irgendwo in New Jersey. Sein Vater, ein Araber, hat die Familie früh verlassen. Aber die Trennung der Eltern liegt lange zurück, und in New Prospect gibt es viele kaputte Familien. Ahmed ist ein ausgezeichneter Schüler, redegewandt und klug, ein junger Mann, der im amerikanischen System Karriere machen könnte. Doch er hat sich schon anders entschieden:
Konsequent kapselt er sich von seiner Umewelt ab und hat im islamischen Fundamentalismus ein neues Zuhause gefunden. Er ist bereit, für seinen Glauben sein eigenes Leben zu opfern - und das Leben anderer.

Eine Innenansicht von Terror und Fundamentalismus präsentiert John Updike hier, in dem Versuch, den simplen Schuldzuweisungen den Boden zu entziehen.

"Es gibt genug Menschen, die vor der arabischen Bedrohung warnen. Da mag man es mir zugestehen, den jungen Mann so sympathisch darzustellen, wie es mir möglich ist. Er ist mein Held. Ich habe versucht, ihn zu verstehen und seine Welt zu beschreiben."

So schreibt Updike es im Klappentext. Leider muss ich gestehen, dass mir Ahmed nie wirklich nahe kam. Ich konnte das gesamte Buch über kaum einmal so etwas wie Sympathie für den jungen Muslimen aufbringen. Zu distanziert wird er geschildert, zu abgehoben von der Welt. Die Charaktere insgesamt sind zwar detailliert und facettenreich dargestellt, doch blieben sie den gesamten Roman über für mich wenig greifbar.

Selbst die angedeuteten Gründe, weshalb Ahmed so fanatisch in seinem Glauben aufgeht, wirken wie ein Stück Stammtisch-Psychologie und waren für mich wenig überzeugend. Es werden viele religiöse Hintergründe aufgeführt, doch entsteht letztlich der Eindruck, dass sie über die gängigen religiösen Klischees z.B. bezüglich des Islam nur unwesentlich hinausgehen. So habe ich zwar verfolgt, wie aus Ahmed ein religiöser Fanatiker wurde, konnte es aber trotzdem nicht wirklich nachvollziehen. Schade.

Gut gefallen hat mir dagegen die Kritik am amerikanischen (westlichen) Leben der heutigen Zeit. Gut pointiert hat Updike die Oberflächlichkeit dargestellt, das unreflektierte Konsumverhalten, die Rolle von Wirtschaft und Medien im Hinblick auf die Kreation unkritischer Konsumenten - und die Haltlosigkeit der Jugend, ihre verzweifelte Suche nach Werten und Lebenssinn.

Der Schreibstil Updikes hat mich nach anfänglichen Schwierigkeiten doch überzeugt. Auch wenn es mir zeitweise zu ausschweifend, zu langatmig war und ich Sätze durchaus auch zwei oder drei Mal lesen musste, um ihren Sinn wirklich komplett zu erfassen, haben mich manche Schliderungen auch einfach nur bezaubert.

Und es wird nicht mein letztes Buch von Updike sein, da bin ich mir sicher...

© Parden

parden

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Renie

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Eine schöne Rezension, @parden !
Als ich das Buch vor einiger Zeit gelesen habe, hatte ich die gleichen Schwierigkeiten. Der Werdegang von Ahmed zum religiösen Fanatiker war auch für mich nicht nachvollziehbar. Das Buch hat mich daher noch lange beschäftigt, weil ich die Entwicklung von Ahmed verstehen wollte - was mir leider nicht gelungen ist.
 

parden

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Oh, danke Euch! Ja, ich bin wirklich hin- und hergerissen. Einerseits war es schon ein besonderes Buch, andererseits gab es da für mich diese Schwachstellen. Für meine Verhältnisse habe ich auch wirklich lange daran gelesen... :))) Im Blog basteln wir gerade an einer gemeinsamen Buchbesprechung, denn Uwe (karatekadd) und ich haben das Buch zeitgleich gelesen. Wenn diese Buchbesprechung fertig ist, teile ich das hier noch einmal mit.
In jedem Fall ein Buch, mit dem es sich zu beschäftigen lohnt...
 
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Hazel McNellis

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20. Mai 2014
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Ich hab den Roman in einem meiner Literaturwissenschaftsseminare an der Uni gelesen und ich persönlich fand ihn tatsächlich ziemlich gut. Es war spannend, beschäftigt sich mit relativ aktuellen Themen und zeigt deutlich wie schnell sich ein potentieller Attentäter entwickeln kann. Ich hab's gerne gelesen. :)