2. Leseabschnitt: Zweites Buch bis einschl. Kapitel 6

Literaturhexle

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Hier diskutieren wir die erste Hälfte des Zweiten Buches bis einschließlich Kapitel 6, bei mir von Seite73 bis 141.
 

Yolande

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Nach dem Tod des Vaters muss die mittelos zurückgelassene Familie für ihren Unterhalt sorgen. Zum Glück hat der Familienfreund Schimmelprester gute Ideen und seine Beziehungen spielen lassen.
So sind Felix und seine Mutter in Frankfurt gelandet. Felix wahrscheinlich nur übergangsweise.
Das herausragendste Kapitel ist meiner Ansicht nach, die Erzählung der Musterung. Offensichtlich, durch medizinische Lektüre, gut vorbereitet, schafft es Felix die Musterungskommision von seiner gesundheitlichen Untauglichkeit zu überzeugen. Hier zeigt sich schon sehr deutlich, wie gut er seine Umgebung und, nennen wir es mal, Kontrahenten einzuschätzen und zu manipulieren weiß. Sicherlich sehr hilfreich für seine Karriere als Hochstapler. Auch in Liebesdingen "bildet" sich Felix weiter.
Ich kann noch nicht sagen, ob mir Felix sympathisch ist oder nicht. Mir gefällt seine eloquente Ausdrucksweise und auch seine Gewitzheit mit der durchs Leben zu gehen plant. Aber er ist schon sehr von sich überzeugt und seine Selbstverliebtheit grenzt schon ein wenig ans Prahlerische. Auch wenn er vorgibt, demütig seine Erinnerungen wiederzugeben, hat man den Eindruck, dass es ihm gut gefällt, was er an Erinnerungen beschreibt und dass er keineswegs seine Handlungen bereut.
 

Literaturhexle

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Das herausragendste Kapitel ist meiner Ansicht nach, die Erzählung der Musterung.
Das war wirklich genial, wie er die versammelte Ärzteschaft zum Besten hält! Diese naive Verschlagenheit sucht ihresgleichen.

Ebenso interessant empfand ich die Weiterbildung in Liebesdingen. Auch damals hab es schon Prostituierte, Freier und Zuhälter. Wie gewählt derlei Geschäfte vorgestellt werden. Der Glitzer und die Pracht der Damen... - solange sie schweigen. Denn das Wort verrät ihre einfache Herkunft und zerstört den Schein.
Rosa lehrt unseren Felix das Liebesgeschäft. Herrlich frivol - ohne einen schlüpfrigen Begriff. Sprachkunst pur!
Auch wenn er vorgibt, demütig seine Erinnerungen wiederzugeben, hat man den Eindruck, dass es ihm gut gefällt, was er an Erinnerungen beschreibt und dass er keineswegs seine Handlungen bereut.
Ja. Er hält schon viel von sich. Aber ich gönne es ihm. Ich bin fasziniert, dass Thomas Mann auch dieses Genre beherrscht, das ja schon fast ans Komödienhafte grenzt.

Die Frage, ob er mir sympathisch Ist, stelle ich mir gar nicht;)
Ich genieße die Geschichte einfach.
 
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kingofmusic

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Das Kapitel mit der Musterung kommt jetzt erst dran, aber ich fand die "Wanderung" durch Frankfurt entlang der Geschäfte etc. sprachlich unfassbar atmosphärisch; ich glaube ich werde noch zum Thomas Mann-Fan; ist dieses Jahr immerhin schon meine zweite Begegnung mit ihm. Auch wenn man nach einer gewissen Zeit etwas anderes lesen muss, weil der Schreibstil schon anstrengend ist :rolleyes::D. Die Musterung werde ich morgen früh lesen.
 

kingofmusic

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Witzig finde ich auch, wenn die Leserschaft direkt angesprochen wird und Krull sich somit bzw. seinen ausschweifenden Stil selbst etwas auf die Schippe nimmt - schön schräg, aber genial :D.
 

kingofmusic

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:D Die Musterung ist großartig ha ha ha. Hat mich etwas an meine eigene Musterung erinnert. Bis zur Hauptuntersuchung sah es so aus, als wenn ich genommen würde (hätte natürlich verweigert!). Dann allerdings sollte ich Kniebeugen machen und muss den Arzt etwas treu-doof angeguckt haben. Auf jeden Fall sagte er dann "Ach wissen Sie was, Herr ..., lassen Sie's - ich mustere Sie aus." :p:D Okay, mir war es recht, dass ich voll untauglich geschrieben wurde - und das sogar am Tag der Silberhochzeit meiner Eltern. Ich habe dann noch meine Fahrtkostenerstattung mitgenommen und das Thema hatte sich erledigt :D.
Aber was Felix hier abzieht - große Klasse! Wie ist Thomas Mann wohl auf diese Szene gekommen?
 

kingofmusic

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Das frage ich mich an so vielen Stellen. Thomas Mann wirkt ja extrem seriös. Diese Szenen versprühen so viel Wortwitz und Situationskomik! Für mich ist das mal eine ganz neue Seite des Autors.
Tja, da zeigt sich mal wieder: Stille Wasser sind tief! :p:D
Wobei mir die Situationskomik schon in "Der Tod in Venedig" aufgefallen ist. Wenn natürlich nicht in dem Maße wie hier :cool:.
 
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