2. Leseabschnitt: Zweiter Teil - Weit weg (Seite 75 bis 158)

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Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Nach dem, was der Autor dort schreibt, scheint die "Italienkrankheit" tatsächlich ein Fachbegriff zu sein für Burnout und Depressionen, an denen Arbeitsmigrantinnen (speziell wohl Pflegerinnen) leiden. Demnach wird - vermute ich - der größte Teil rumämischer Migrantinnen wohl tatsächlich in Italien arbeiten, und da bei uns diese Art Arbeitsmigrantinnen vorwiegend aus Polen kommen (glaube ich jedenfalls), leiden sie vermutlich an der Deutschlandkrankheit.
Man macht sich natürlich so seine Gedanken über die Situation der Frauen, auch in meinem Umfeld gibt es die Redensart "hol dir doch ne Polin", wenn alte Leute nicht mehr allein klarkommen und die eigenen Verwandten mit der Pflege überfordert sind. Aber dass das derart grassiert, war mir bisher nicht klar.
Die Vergleiche liegen nahe. Burnout gibt es übrigens auch massiv bei unseren Schwestern und Pflegern. Warum nur? ...
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

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Bereits relativ zu Beginn des 2. LA ein Gänsehautsatz:

Nimmt er wirklich die Schuld? Hat sie überhaupt Schuld? Was ist Schuld, wenn man keine Perspektive sieht für sich und die Familie? Fragen über Fragen...
Eine Schuld, die sie sich selbst gibt und die sie von ihrer Familie und ihrem Umfeld bekommt. Aber gibt es diese Schuld? Eine interessante Frage. Ich würde sagen nein. Aber ich stehe nicht an ihrer Stelle.
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

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Mit dem Schwinden von Manuels Bewusstsein übernimmt Daniela die Erzählperspektive, and I like! Sie kommt ans Krankenbett ihres Sohnes und so dürfen wir "mithören", wie es ihr in Italien ergangen ist.
Ich kann es sehr gut nachvollziehen, wie schwer ihr der Abschied gefallen sein muss. Ich kann es zwar auch nicht gutheißen, dass sie mit keinem aus ihrer Familie darüber gesprochen hat, könnte mir aber vorstellen, dass sie der Mut für diesen Schritt verlassen hätte, wenn sie auch nur die Spur von Traurigkeit in den Augen ihrer Kinder gesehen hätte.
Ihr Sohn ist zwölf, als sie ihn verlässt. Seine Welt ist sowieso schon im Umbruch, wie soll er da die Situation der Mutter nachvollziehen können. Seine Wut hilft der Mutter vielleicht auch beim Aus- und Durchhalten.
Daniela macht in Italien, was die Polen hier in Deutschland machen. Zum einen können sich Deutsche nicht leisten, eine professionelle Pflege zu engagieren und die Polen müssen zusehen, dass sie überhaupt Geld verdienen. So wird es wohl mit Rumänien und Italien auch sein.

Die Situation im Krankenhaus schätze ich so ein, dass Daniela emotional vor einer Wand steht. Sie ist gelähmt und will jetzt einfach nur in der Nähe ihres Kindes sein. Das Krankenhauspersonal kennt wahrscheinlich solche Fälle zu genüge, hat Mitleid, ist aber auch schlicht überfordert.
Wir empfinden Danielas Verhalten recht ähnlich. :)
 
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Was denkt ihr, warum Daniela nicht zu der Selbsthilfegruppe unter psychologischer Aufsicht will? Dort würden ihr keine Vorwürfe gemacht, sie bekäme im Gegenteil moralische Unterstützung

Ob der letzte Teil aus Angelicas Sicht ist?
Ich denke es ist ein Mischung aus einer Bestrafung und aus einer Schuld.

Hoffentlich kommt Angelica noch zu Wort, von den Personen der Familie wäre sie geeignet oder die Großmutter. Von der Perspektive wäre die Großmutter auch interessant. Mal sehen.
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

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Wie kommst Du darauf? Drastisch ausgedrückt: Für vergleichsweise wenig Entgelt machst Du Dir den Rücken kaputt (schwere Lasten heben usw.), musst Dich auch mit ausgesprochen unangenehmen Menschen abgeben, die nur im seltensten Fall ansehnlich sind und gut riechen, hast Schicht- und Wochenendarbeit und vielleicht sogar Nachts - da lässt sich das Geld mit Sicherheit bequemer und einfacher verdienen. Frag Dich doch mal, ob Du, 20 Jahre jünger, diese Arbeit auf Dauer machen möchtest. Und nicht schummeln ;)
Ich klatsche hier einen tosenden Beifall. Danke!

Und dazu kommt noch Arbeitsintensivierung durch Stellenabbau zur Gewinnmaximierung. Toll nicht!?!?
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

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Das lasse ich nur zum Teil gelten. Im einem gut geführten Heim stinken die Leute nicht und es gibt auch sehr dankbare alte Menschen.

Am Bau oder als Schreiner, Metzger etc. muss man auch heben. Man muss es mit Lehrberufen vergleichen. Auf alle Fälle ist es ein Beruf mit Zukunft, der tendenziell aufgewertet wird. Auch gibt es viele Hilfsmittel, die den Rücken entlasten.
Ich will es nicht schön reden. Aber du darfst jetzt auch keinen akademischen Beruf mit dem Pflegeberuf vergleichen. Ich persönlich finde den Friseurberuf z.B. unattraktiver.
Dennoch muss man sich darüber im Klaren sein, dass diesen Beruf kaum noch jemand machen möchte und es dafür viele Gründe gibt. Diesen Beruf aufzuwerten dürfte schwerfallen, eigentlich müsste die ganze Gesundheitsversorgung verändert werden. Aber leider lässt sich damit Geld verdienen!